DIE GÜNZ ALS LEBENSADER DER STADT
Die Lagegunst im Mündungsdelta von Donau, Günz und Nau wurde bereits von den Römern geschätzt. Die Günz war über viele Jahrhunderte die Schlagader der städtischen Entwicklung und soll nun, wo sich die Stadt zu einer attraktiven Touristendestination wandelt, erneut eine starke Klammer bilden – eine Klammer zwischen Historie und Gegenwart. Während die Flussufer im innerstädtischen Abschnitt bebaut und wirtschaftlich erschlossen wurden (die historischen Mühlen liefern noch heute Zeugnis davon), weitet sich der verengte Korridor an beiden Enden zu den angrenzenden Landschaftsräumen auf und verändert seine Maßstäblichkeit. Im Süden an der Hagenweide teilt sich die Günz in mehrere Flussarme auf, im Norden mündet die Günz in den breiten Flusslauf der Donau. Eng mit dem Leben am Fluss und der Entwicklungsgeschichte der Stadt verbundene Aspekte wie die Große Bleiche und die Gerberhäuser am Werkkanal, die Flößer an der Donau oder die Fischer entlang der Butzengünz sind aus dem Stadtbild verschwunden und sollen über neuzeitliche Artefakte im Alltag der Stadt verankert werden.
Die besonderen Eigenarten Günzburgs haben sich aus der Landschaftsmorphologie heraus entwickelt und prägen die Atmosphäre des Städtchens bis heute. Die enge Verbindung zur Flusslandschaft mit einem Nebeneinander aus ganz unterschiedlichen Wasserläufen macht den Charme des Städtchens aus. Ein markantes Freiraumgerüst aus Wasseradern und Hangkanten, aus dichten Auwäldern und offenen Weiden schafft eine große Vielfalt auf kleinem Raum. Schmale, schattige Wasserläufe wechseln sich mit breiten, sonnigen Flussabschnitten ab. Die mit aktiv nutzbaren Freiräumen unterversorgte Innenstadt hat insbesondere in den flacheren Uferbereichen an Hagenweide und Günzmündung Potenzialflächen, die zu zeitgemäßen Parkanlagen mit einem vielfältigen Freizeitangebot entwickelt werden können. Die durchgehende Günzpromenade schafft eine starke Klammer zwischen den Parkanlagen.
DONAU-AU-PARK – DIE INNENSTADT TRITT ANS DONAUUFER
Die Fläche nördlich des Bahnhofs ist durch die räumliche Zäsur der Bahngleise von der Innenstadt abgeschnitten und kann ihrer hervorragenden Lagegunst direkt an der Donau mit kurzer Distanz zur Innenstadt nur ungenügend gerecht werden. Hier wurden bisher raumgreifende und in der kleinteiligen Altstadtstruktur störende Nutzungen wie Pendlerparkplatz und Volksfestwiese verortet. Diese monotonen Flächen werden nun durch einen abwechslungsreichen Uferpark reaktiviert und lassen die Innenstadt zukünftig direkt bis ans Ufer der Donau herantreten. Der neue Donau-Au-Park gibt der städtebaulichen Entwicklung nördlich des Bahnhofs einen wichtigen Impuls und bildet zukünftig das Herzstück des neuen Stadtquartiers am Auweg.
Die eng gefasste Uferpromenade entlang der Günz teilt sich im aufgeweiteten Mündungsbereich in mehrere Wegestränge, die den Donau-Au-Park rahmen und an die Umgebung anbinden. Der lineare Wegeverlauf entlang der städtisch gefassten Günzufer wandelt sich zu einer bewegten Uferlinie welche durch zusätzliche Nebenwege ergänzt und verdichtet wird. Der Hauptweg wird als 3,50 m breites Wegeband aus hellem Asphalt mit mineralischer Abstreu hergestellt, die Nebenwege aus wassergebundener Wegedecke. Der neue Donausteg bindet das nördliche Flussufer an und schafft eine direkte Fuß- und Radwegeanbindung an die Innenstadt. In der schattigen Waldlichtung wird ein Nebeneingang zum Waldbad mit kleinem Kiosk und Biergarten verortet. Das kleine Platzgelenk an der Nau stärkt das Angebot an Fahrradinfrastruktur für Radtouristen auf dem Donauradweg. Auf der Stadtseite bindet die Brücke an einen platzartigen Auftakt mit Blick über die Donau an. Hier wird das Parkforum verortet, ein multifunktional bespielbarer Pavillon für temporärere Veranstaltungen, Gärtnertreff oder eine Strandbar. Hier könnte auch eine kleine Fahrradwerkstatt in unmittelbarer Nähe zum Donauradweg untergebracht werden. Inspiriert von der Zunft der Flößer, die die Donau als wichtigen Transportweg nutzten, lagern sich entlang der neu modellierten Uferkante grob bearbeitete Holzbalken an und schaffen ein markantes Sitzobjekt an der Schnittstelle zum Wasser. Das gestapelte Holz setzt sich als Balancierlandschaft im naturnah gestalteten Auenspielplatz fort. Eine kleine Ufereinbuchtung mit Kiesstrand schafft einen abgeflachten Wasserzugang. Die übrigen Uferzonen werden zu strukturreichen Biotopen und Rückzugsräumen entwickelt, die nur punktuell über Trittsteine betreten werden können.
Die rückwärtige Parkkante am Auweg mit niedrigem Hochwasserschutzdeich wird zu einer abwechslungsreichen Parktopografie mit Sitzstufen modelliert, die als Naturbühne für temporäre Parkveranstaltungen genutzt werden kann. Der Park erhält somit einen starken Rahmen, der die topografischen Höhenversprünge zur Straße und zum Wasser geschickt zu nutzen vermag. Die robuste Wiesenfläche im Zentrum dient als nutzungsoffene Plattform und kann auch weiterhin für das jährlich stattfindende Volksfest genutzt werden. Ein Grünkeil verlängert den Park bis zum nördlichen Bahnhofsplatz und schiebt sich zwischen die neu entstehenden Stadtquartiere am Bahnhof. Ein urbanes Sportcluster am südlichen Parkkopf in direkter Nachbarschaft zur KITA bündelt verschiedene Nutzungen wie Multifunktionsspielfeld oder Calesthenics-Anlage. Das Platzgelenk in Verlängerung der Wegeachse stärkt die Verbindung über die Gleisunterführung bis in die Innenstadt.
HAGENWEIDE – EIN NATURNAHER AKTIVPARK
Die naturnahen Flächen der Hagenweide werden nur in Teilbereichen überarbeitet, sensible Bereiche bleiben unangetastet. Die Günzpromenade mit nur einem Hauptweg fächert sich am südlichen Übergang zur Hagenweide in mehrere Wegestränge auf. Die thematische Differenzierung der Wege erlaubt eine klare Zonierung in Abschnitte mit unterschiedlichen Landschaftstypen und Stimmungen: naturnaher Aktivpark, geschütztes Wäldchen, weitläufige Weideflächen. Der nördliche Wegestrang führt entlang von Günz und Weideflächen bis zum Biohof an der Bertelemühle, der mittlere Wegestrang führt entlang des wildverwunschenen Wäldchens über den östlichen Günzarm bis zu den Feldern am Stadtrand. Der südliche Wegestrang setzt im zentralen Bereich an und verknüpft vorhandene Nutzungen wie das Kinderhaus Hagenweide und das um einen Biergarten ergänzte ehemalige Wasserwerk mit den südöstlich gelegenen Waldlichtungen. Dieser von einer Art Rundweg gerahmte Bereich wird am intensivsten bespielt und stellt die eigentliche Parkfläche mit einer großen Vielfalt an Nutzungen und Aufenthaltsbereichen dar.
Ein Motorikband zieht sich als markante Spur von den naturnahen Ufern der Günz mit Strand und Wasserspielplatz bis zur neu gestalteten Kletterskulptur am Kinderhaus. Die mineralischen Oberflächen kombinieren ähnlich wie in einem Flussbett variierende Körnungen von feinem Sand über grobkörnigen Kies bis hin zu rauen Betonflächen, sorgen gleichzeitig aber auch für ausreichend Fallschutz. Ein gefaltetes Stahlrohr zieht sich als markante Farblinie durch die grüne Kulisse und integriert einen abwechslungsreichen Parcour aus Geschicklichkeits- und Fitnessübungen für unterschiedliche Fähigkeiten und Altersstufen. Im östlich gelegenen Übergangsbereich zur Günz werden vielfältige Wasserspielelemente, wie Regenvorhang oder Sprühnebel, in das skulpturale Band integriert. Der Jugendaktivbereich an der Schule Auf der Bleiche ist Teil dieses übergeordneten Aktivbandes. Der Skateplatz wird neu geordnet. Wie große Stoffbahnen aus Leinen formen sich die linearen Strukturen aus hellem Beton aus der Wiese heraus und verweisen auf die ursprüngliche Nutzung des Ortes als große Bleichwiese. Die wellenartige Modellierung integriert vielfältige Skate- und Pumptrack-Elemente. Am Platz mit Streetballfeldern faltet sich ein Band zu einem überdachten Pavillon mit Boulder- und Graffitiwand als selbstorganisierter Jugendtreff und geschützter Aufenthaltsbereich.
DURCHGÄNGIGE GÜNZPROMENADE – STEIGERUNG DES WASSERERLEBNISSES
Im innerstädtischen Bereich kann die Uferpromenade entlang der Günz nur abschnittsweise in einer Breite von 3,50m geführt werden. Neue Brückenquerungen erlauben jedoch eine barrierefreie Durchgängigkeit zwischen Hagenweide und Donau-Au-Park. Punktuelle Wasserzugänge und Uferbalkone erhöhen Vielfalt und Erlebniswert.
Das Quartier Am Gries mit seiner dörflichen Struktur wird in die übergeordnete Uferpromenade eingebunden. Im zentralen Bereich am vorhandenen Steg über die Günz sorgt der bewegte Verlauf für vielfältige Aufenthaltsbereiche. Die verkehrsberuhigte Fahrbahn wird innerhalb des Quartiers niveaugleich in einen durchgehenden Belag eingebunden nach dem Konzept der „weichen Separation“. Das Areal an der Oberen Mühle könnte zu einem musealen Ankerpunkt an der Günzpromenade entwickelt werden, mit einer Gastronomieterrasse direkt am Mühlkanal. Die angrenzenden, im Rahmen des Gartenschaujahrs temporär bespielten privaten Gartenflächen könnten einen dauerhaften Uferweg erhalten und somit eine attraktive Verknüpfung der Flächen rund um die historische Mühle abseits der Straße schaffen. Ein kleines Platzgelenk bildet den Auftakt zur Hagenweide und verknüpft die querenden Bestandsbrücken.
Der promenadenartige Uferweg definiert eine markante Uferlinie und bindet auf Höhe des Kappenzipfels über den erneuerten Fußgängersteg an die östlich gelegene Altstadt an. Ein Fischerspielplatz greift bekanntes Vokabular wie Reusen, Angelruten und Netze auf und übersetzt diese in neuartige Elemente mit hohem Spielwert. Abgeflachte Ufergärten schaffen vereinzelte Bezugspunkte zum Wasser. Die Unterführung unter der Bahnbrücke bleibt in der Höhe unverändert, wird aber auf 3,50m verbreitert und um eine vorgelagerte breite Sitzstufe direkt an der Wasseroberfläche ergänzt. Über den neuen Günzsteg wechselt die Promenade ans östliche Ufer und verbindet das neue Quartier am westlichen Auweg mit dem Kanuverein am Donauufer.
ALTSTADTGÜRTEL – EIN GRÜNER SAUM UM DEN HISTORISCHEN STADTKERN
Der grüne Saum rund um den historischen Stadtkern wird weiter fortgeschrieben und wichtige Lücken geschlossen. Monofunktionale Parkierungsflächen werden zugunsten einer zusammenhängenden Freiraumstruktur zurückgebaut was die Ablesbarkeit des historischen Stadtgrundrisses stärkt.
Der Hanggarten am Kuhberg mit seinen markanten grünen Terrassen, steilen Böschungen und dichten Baumbestand wird behutsam erschlossen und in das öffentliche Freiraumsystem eingebunden. Die bisher verschlossenen Gartenterrassen werden zugänglich gemacht und über den vorhandenen Treppenaufgang angebunden. Schlichte Rasenterrassen zum Aufenthalt wechseln sich ab mit bepflanzten Böschungen. Durch die gezielte Setzung von Stützmauern werden Einschnitte oder Auskragungen vorgenommen und somit Platz für kleine Sitznischen geschaffen. Die wechselnde Orientierung lenkt die Blicke auf unterschiedliche Teile von Günzburg. Die ehemalige Parkierungsfläche am Fuß der Terrassen wird entsiegelt und zu einer durchgehenden Parkwiese umgestaltet. Die 3 m hohe Stützwand wird an einer Stelle durchbrochen und durch eine bespielbare Böschung aus EPDM ersetzt. Ein kleines Platzgelenk mit Kiosk und Außengastronomie schafft einen attraktiven Ankerpunkt im Park. Die lineare Wegeachse aus der Altstadt setzt sich bis zum Günzufer fort und bindet über den neu verorteten Steg das Wohnquartier am Kappenzipfel fußläufig an. Ein kleiner Uferbalkon erweitert die Bushaltestelle und führt über einzelne Betonstufen bis ans renaturierte Ufer.
Der ehemalige Klostergarten nutzt die abgeschiedene Lage um einen ruhigen und kontemplativen Rückzugsort zu schaffen. Dichte Heckenstrukturen umschließen eine offene Wiesenfläche mit einer kreisförmigen Brunnenskulptur. Die Motive interpretieren das Thema eines klösterlichen Kreuzgangs. Die Durchwegung kann über eine neu gesetzte Treppe mit der unteren Stadtebene verbunden werden.
STÄDTEBAULICHE ENTWICKLUNG – NEUES QUARTIER AM KAPPENZIPFEL
Das Quartier am Kappenzipfel setzt einen markanten Schlusspunkt in einem ansonsten gewerblich geprägten Umfeld. Es nutzt die Lagegunst am Wasser, öffnet sich gezielt nach Süden und Westen und fügt sich so in die geplanten Wegenetze ein. Hier finden sich attraktive Sport-, Spiel- und Freizeitangebote. Zum Bahndamm begleitet eine höhere Bebauung die Grundstücksgrenze und wirkt abschirmend zum Lärm.
Im Zentrum der Quartiersentwicklung steht der Gemeinschaftshof. Um ihn herum ist die kompakte Hausgruppe angeordnet, die ein differenziertes Wohn- und Gewerbeangebot ermöglicht. Die Erdgeschosse insgesamt sind mit einer höheren Geschosshöhe nutzungsoffen gedacht. Im Anschluss an den bestehenden Gewerbestandort sind gewerbliche Einheiten entlang der Straße Am Kappenzipfel möglich. Im hinteren Bereich sind gemeinschaftliche Nutzungen in den Erdgeschossen vorgesehen, auch Wohnen ist partiell möglich. Die Obergeschosse sind in Wesentlichen dem Wohnen vorbehalten.
Die Erschließung der Wohnungen soll als kommunikatives Moment vom Hof aus erfolgen. Über die offenen Treppenhäuser und als Treffpunkt der Hausgemeinschaft gedachte, breite Laubengänge vernetzt sich die Nachbarschaft bis in die oberen Geschosse.
Typlogisch ist eine breite Mischung der Wohnangebote möglich, die unterschiedliche Interessengruppen anspricht und gemeinschaftliche Wohnformen mit einbezieht. Die Entwicklung dieses anspruchsvollen Quartiers kann attraktiv für eine Baugruppe oder Genossenschaft sein.
Für den ruhenden Verkehr gibt es einige offene Stellplätze am Wendebereich des Kappenzipfels. Zusätzlich ist das tiefe Erdgeschoss im Norden als kleine Quartiersgarage geplant. Auf eine Tiefgarage nah am Wasser wird aus baulichen, aber auch ökologischen Gründen verzichtet. Es wird ein reduzierter Stellplatzschlüssel angestrebt, der durch ein maßgeschneidertes Mobilitätskonzept unterstützt werden sollte.
AUSSTELLUNGSKONZEPT – LEBEN AM FLUSS
Das Ausstellungskonzept konzentriert sich auf zwei Schwerpunktbereiche – den Donau-Au-Park und die Hagenweide. Hier werden die Hauptattraktionen wie Themengärten, Veranstaltungsbühnen und Gastronomie verortet. Blumenhalle und Gärtnermarkt nutzen den Gebäudebestand in Bahnhofsnähe. Der nördliche Teil des Altstadtrings wird ebenfalls als eingezäunter Bereich in die Gartenschau eingebunden und um gärtnerische Beiträge ergänzt. Die Zwischenstücke im Bereich der historischen Mühlen und das Viertel Auf dem Gries werden als wichtige Trittsteine zwischen den Schwerpunktbereichen aufgewertet und temporär bespielt. Hier werden Aspekte der Stadtgeschichte mit zukunftsweisenden Themen der Stadtentwicklung verwoben. Das Leben am Fluss wird unterschiedlich beleuchtet und zum tragenden Thema der Gartenschau – die Präsenz von Günz und Donau im Stadtbild werden deutlich erhöht. Die historische Parkanlage „Städtische Anlagen“ wird aufgewertet, insbesondere die historische Baumallee zum Schloss Reisensburg wird als tragendes Strukturelement wieder stärker herausgearbeitet. Die östliche Märchenwiese wird als Teil der Gartenschau eingebunden. Hier liegt der Schwerpunkt auf kulturellen Veranstaltungen rund um Märchen und Sagen aus verschiedenen Teilen der Welt.
Die Aspekte Nachhaltigkeit und Schutz wertvoller Ressourcen nehmen bei der Gartenschaukonzeption einen ebenso zentralen Stellenwert ein wie die reiche Kulturlandschaftstradition Günzburgs und die enge Verwebung mit dem Element Wasser. Zahlreiche Gartenschaubeiträge beschäftigen sich mit zukunftweisenden Themen wie Wassermanagement, Klimaresilienz und Artenvielfalt. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich als übergeordnetes Thema durch sämtliche Ausstellungsinhalte und schafft einen eigenständigen Erzählstrang. Themen, die sich aus der Historie der Stadt ableiten, definieren einen zweiten Erzählstrang. Eng mit der Stadtgeschichte verbundene Artefakte bilden dauerhafte Hinterlassenschaften über das Veranstaltungsjahr der Landesgartenschau hinaus.