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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Neubau und Neuordnung Luisenschule in Bielefeld

4. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

POLA

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND FREIRAUM
Mit den Neustrukturierungen der beiden Standorte an der Paulus- und der Josefstraße ergibt sich der
Luisenschule Bielefeld die Chance für einen modernen, funktionstüchtigen Schulcampus. Wesentliches
Ziel für die Neuordnung der beiden Standorte ist die Optimierung der Funktionsabläufe und Bedarfe
gemäß des pädagogischen Konzeptes.


Am Standort Josefstraße erfordern der Teilabbruch der Bestandsgebäude und der Umbau eine neue
Definition des Ortes, der die stadträumliche Situation und die Einbindung in die Nachbarschaft
berücksichtigt, wobei Neu- und Bestandsbebauung funktional „verheiratet“ werden müssen.


In diesen Kontext fügt sich das neue Schulgebäude als freistehende, markante Figur in das Gelände ein
und setzt durch seine Form und Positionierung einen neuen Bezugspunkt – eine neue Adresse für die
Luisenschule an der Josefstraße.


Der Baukörper mit seiner freien Form liegt dabei wie eine Insel im Freiraum, die sich nach allen
Richtungen öffnet und einen bewussten Kontrapunkt zu der Gruppierung der riegelhaften
Bestandsbauten, die das Grundstück sehr flächig bebauten, bildet.


Der Neubau erzeugt keine „Rückseiten“ und berücksichtigt mit seiner einladenden, in Empfang
nehmenden Geste seine mehrfache Ausrichtung in der städtebaulichen Situation. Nach Nord-Westen
orientiert sich das Gebäude mit seinem Haupteingang zu dem großzügigen, repräsentativen Vorplatz.
Nach Osten fasst der Neubau im Gegenüber zum Bestandsgebäude 95 den Schulhof und stärkt so das
Zusammenspiel des neuen Schulbaus und des Bestandes 95 sowie der Sporthalle wie auch die
Verbindung der Bauten auf kurzem Weg. Zur dritten Seite, nach Süden öffnet sich das Gebäude in
Richtung der Hellingskampschule mit einem zusätzlichen, eigenen Eingang, der den Grundschülern
den, von der Schule unabhängigen Zugang zu den OGS- und Mensabereichen auf kurzem Weg
ermöglicht.


Die kompakte Bauform lässt die großzügigen Freiflächen zu und stärkt so das Wechselspiel aus
Gebäuden und Grünräumen. Die Freiflächengestaltung unterstützt das Zusammenfließen der Bereiche
und Außenräume zusätzlich. Das Spiel unterschiedlicher Flächen und Aufenthaltsangebote bewirken
das harmonische Gesamtbild und die nahtlose Einfügung in die Umgebung. Gleichzeitig erfahren die
Freibereiche eine Gliederung, werden zu differenzierten Pausenflächen für die Schüler und spannen ein
dichtes Netz an Wegen auf.
Ergänzend zu den bestehenden Sportflächen bietet der Freiraum Bewegungsmöglichkeiten wie
Tischtennisplatten oder auch eine multifunktional bespielbare Wiese. Auch öffnet sich der
Schulcampus mit seiner neu gewonnenen, hohen Durchlässigkeit dem Quartier.


Durch die Position des Neubaus kann die räumliche und klimawirksame Qualität des alten
Baumbestands weitgehend erhalten werden. Gleichzeitig sichert die Lage und Ausrichtung des
Baukörpers die Umsetzung in wenigen Bauabschnitten, den reibungslosen Ablauf sowie klare
Nutzungsszenarien für jede Phase.


Die Freiraumplanung reagiert auf die Klimaveränderung und führt das Niederschlagswasser in den
Kreislauf zurück. Dachflächen des Gebäudes werden als Retentionsdächer ausgeführt und können
Regenwasser zurückhalten und speichern. In den Außenanlagen wird das Niederschlagswasser
versickert, Baumstandorte als Baumrigolen hergestellt und die Beläge durchlässig ausgeführt. Eine auf
das notwendige Maß beschränkte Versiegelung von Oberflächen und die Wahl der Belagsart
unterstützen die klimawirksame Freiraumplanung.
Artenreiche Wiesenflächen in Verbindung mit standortgerechter Pflanzenverbindung unterstreichen
den Ansatz der Biodiversität.
Die Stellplätze für PKW und Fahrräder werden behutsam in die Umgebung eingefügt.

RÄUMLICHE ORGANISATION UND GESTALTUNG
Der neue Haupteingang für den Standort 2 liegt nach Nord-Westen zur Josefstraße orientiert und lädt
mit transparenter Geste in die Luisenschule ein. Er führt direkt in das großzügige, zentrale Foyer, das
sich licht und offen präsentiert und zum Zentrum der Anlage wird. Die freien Durchblicke ermöglichen
bereits beim Betreten des Gebäudes die Wahrnehmung des Ganzen und die schnelle Orientierung.
Flankierend und flexibel zuschaltbar liegen um diesen freien Raum die zentralen Funktionen wie die
Mensa, das Forum sowie die Freizeitflächen und ermöglichen die selbstverständliche Verknüpfung der
einzelnen Bereiche zu einem hochattraktiven Eventbereich mit einer großen Bandbreite an
Bespielungsvarianten. Die Räume liegen mit direktem Außenbezug zu den vorgelagerten bespielbaren
Freiflächen orientiert und bieten somit in den Sommermonaten zusätzliche Aufenthaltsqualitäten.


Nach Osten öffnet sich der Raum mit einem zusätzlichen Zugang in Richtung der Pausen- und der
begrünten Außenflächen und ermöglicht den Schülern den schnellen Übergang zum Bestandsgebäude
95, der Sporthalle und den Sportflächen. Ein dritter, nach Süden orientierter Aus-/Eingang erweitert
den Innenraum zu der Außensitzfläche der OGS-Mensa sowie dem Schülergarten und erlaubt der
Hellingskampschule die kurze Anbindung.


Auch direkt dem Eingang und Foyer zugeordnet liegen im Norden des Erdgeschosses die Verwaltungs-
und Lehrerbereiche.

Die offene Treppe im Zentrum der Anlage erschließt das ganze Gebäude auf kurzem und attraktiven
Weg. Ein Aufzug ist diesem zentralen Punkt als behindertengerechte Verbindung und zum
Lastentransport zugeordnet.


Die vier Jahrgangsklassen-Bereiche sind als jeweils in sich geschlossene und klar identifizierbare
Raumgruppen in den beiden Obergeschossen flankierend zu dem zentralen Haupterschließungspunkt
angeordnet. Die zentrale Mitte von jedem Cluster bildet der Mehrzweckbereich, der unmittelbar an alle
Klassenräume grenzt und so nicht nur den direkten Zugang, sondern auch Sichtbeziehungen sichert. Er
liegt direkt an der Fassade, so dass seine Form und seine guten Tageslichtverhältnisse die
unterschiedlichsten Nutzungen als Selbstlernzentrum und zur Differenzierung ermöglichen. Der direkte
Zugang zu einer Terrasse von jeder Clustermitte erweitert das Aufenthaltsangebot noch weiter.


Der Fachunterrichtsbereich ist gleichermaßen klar strukturiert im Bestandsgebäude 95 auf die zwei
Ebenen verteilt und über die Bestandstreppenhäuser erschlossen.


Die Form des Neubaus ermöglicht trotz einer hohen Kompaktheit ein Höchstmaß an außenliegenden
Belichtungsflächen mit Ausblicken und besten Tageslichtverhältnissen für alle Räume. Die
Klassenräume selbst sind nahezu rechtwinklig, lassen sich frei nutzen, vielfältig möblieren, auch
unterteilen und zusammenfassen zu größeren und kleineren Räumen.


Die Bestandsbauten an der Paulusstraße (Standort 1) werden mit der gleichen Klarheit neustrukturiert
und die Räume exakt entlang der Vorgaben der Auslobung und der Anforderung geschichtet. Der
zentrale Freizeit- und Mensabereich erhält direkten Bezug und Zugang zu den Außenräumen und bietet
hohe Aufenthaltsquailtäten.
MATERIAL UND NACHHALTIGKEIT
Die geometrisch klare und einfache Abwicklung der Fassade sowie die kompakte Bauform des
Neubaus, die zu einer Minimierung der Hüllflächen führt, stellen die Grundlage einer wirtschaftlichen
Erstellung und Unterhaltung der Fassade dar. Die horizontale Gliederung, die dem Gebäude
Maßstäblichkeit und strukturelle Ordnung gibt, leitet sich aus der Nutzung ab. Die betonten
Geschossdecken unterstreichen die horizontale Gliederung und geben dem Baukörper eine
unaufdringliche Eleganz und Dynamik. Die Fenster haben einen Flächenanteil von unter 50%, so dass
der solare Energieeintrag, der durch den effizienten, textilen außenliegenden Sonnenschutz minimiert
wird, in einem günstige Verhältnis zur Tageslichtnutzung steht.


Holz spielt eine wesentliche Rolle im Materialkonzept, da es sich um einen natürlichen,
nachwachsenden Baustoff handelt, der wie kaum ein anderer Baustoff in haptischer und visueller
Hinsicht die Raumatmosphäre positiv beeinflusst. Die tragende Struktur ist in Holz-Hybrid-Bauweise
konzipiert. Durch die Verwendung von Holz und Beton für die tragende Struktur, kann die Betonmenge
gegenüber einem reinen Massivbau auf ca. 50% reduziert werden, ohne jedoch „zu leicht“ zu werden.
Die Geschossdecken enthalten mit 16cm Beton gerade soviel Masse, dass die Anforderungen an die
Akustik im Schulbausbau erfüllt werden. Durch die Lateinsparung können die Gründungsbauteile
wesentlich geringer dimensioniert werden.
Für die aussteifenden Erschließungskerne wird die Stahlbetonbauweise vorgeschlagen. Die
durchgehende Deckenplatte der Holz-Hybriddecken wird schubsteif mit den Kernen verbunden.


Die Bauzeit kann aufgrund der hohen Vorfertigung im Werk, auf ein Minimum reduziert werden. Dies
sichert neben einer schnelleren Fertigstellung eine geringere Baustelleneinrichtung und weitere
Folgekosten.


Der Altbau verfügt über einen Fernwärmeanschluss, der berücksichtigt wird. Für den Neubau ist eine
Wärmepumpe mit Tiefensonden (Geothermie) zu prüfen. Als ergänzende regenerative Energiequellen
wird Photovoltaik auf den Dachflächen installiert.
Die Technikzentralen für Wärme, Sanitär und Elektrotechnik sind im Untergeschoss positioniert. Unter
dem Neubau ist die RLT-Zentrale für die Mensa angeordnet. Die RLT Anlage ist mit einer
hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet.
Das Dach und Teile der Fassade der Schule sind begrünt. Das Regenwasser wird in zwei Zisternen
gesammelt und zur Bewässerung der Außenanlagen genutzt. In den WC’s werden wassersparende
Objekte eingesetzt.
Für alle außenliegenden Räume der Schule ist eine natürliche Lüftung über die Fenster möglich. Für
innenliegende Räume, Mensa, WCs ist eine mechanische Belüftung vorgesehen.
Ein wirksamer außenliegender Sonnenschutz reduziert die solaren Einträge in die Klassenräume
wirksam.
Die Beleuchtung aller Räume erfolgt über energiesparende und wartungsfreie LED Leuchten mit einer
hohen Lebensdauer und geringen Betriebs- und Verbrauchskosten.
Auf den Schulparkplatz sind Ladepunkte für E-Mobilität vorgesehen.




Beurteilung durch das Preisgericht

Standort Paulusstraße
In dem bestehenden Schulgebäude an der Paulusstraße sind die Funktionen gut neu sortiert, so dass die geforderten pädagogische Zusammenhänge umgesetzt werden können. Die Räume der Jahrgangscluster sind zusammenhängend auf jeweils einem Geschoss organisiert. Leider konnten keine offenen Lern- und Kommunikationszonen geschaffen werden. Die Nutzungen sind auf die Geschosse so verteilt, dass ein aufwendiger Ausbau des Dachgeschosses nicht notwendig wird. Die Barrierefreiheit wird durch einen Aufzug an der Schnittstelle zwischen den Gebäudeteilen erfüllt. Nichtzufriedenstellend ist die Lage der Verwaltung, die weit vom Eingang entfernt liegt und sich auf zwei Geschosse verteilt.
Standort Josefstraße
Der Neubau an der Josefstraße „versteckt“ sich hinter der Seniorenresidenz und schafft damit einen großen Quartiersplatz. Durch diese Lage ergibt sich nach Südwesten ein nur sehr kleiner Schulhofbereich. Durch die Orientierung des Gebäudes zu drei Seiten öffnet sich der Baukörper auch hin zum Durchgang zur Grundschule und bildet auch nach Südosten einen großzügigen Freibereich aus. Das Potenzial der unterschiedlichen Angebote im Freiraum und der Öffnung der Flächen zum Quartier wird kritisch diskutiert. Durch die dreiseitige gleichmäßige Orientierung entsteht keine klare Adresse der Schule. Der Eingang ist von der Josefstraße nicht einsehbar. Die Gemeinschaftsräume sind sinnfällig im Erdgeschoss angeordnet. Die Mensa orientiert sich zu zwei Seiten und ist dadurch von den Grundschulkindern gut zu erreichen und wird so auch von zwei Seiten belichtet. Positiv wird der zentrale Luftraum zur Erschließung und als Mitte oder Herz der Schule bewertet. Allerdings wird dieser nicht bis nach oben weitergeführt, so dass nur ein nicht natürlich belichteter Innenraum entsteht. Die Cluster sind funktional gut umgesetzt. Alle Lehr- und Lernräume sind an die offene Kommunikationszone angebunden. In jedem Jahrgangscluster erweitern Terrassen das räumliche Angebot im Außenraum. Die Kommunikationszonen sind durch die zur Mitte auseinandergehenden Flügel nur eingeschränkt natürlich belichtet. Die Teamstationen bieten keine Sichtverbindungen zu den Kommunikationszonen. Dadurch, dass die rundumlaufenden Balkone als Fluchtweg genutzt werden, stellen die Balkone keine erweiterte pädagogische Fläche dar und können auch nicht für eine Begrünung genutzt werden. Die vorgeschlagenen Fassaden bilden nicht die Lebendigkeit der Schule und die unterschiedlichen Funktionen sowie Atmosphären innerhalb des Gebäudes ab. Der Entwurf bietet mit der gleichförmigen Fassade wenig zusätzliche, pädagogisch-räumliche Qualitäten. Insgesamt stellt der Entwurf in seiner Kompaktheit und Grundkonzeption einen wertvollen Beitrag da, der aber aufgrund der städtebaulichen Lage des Neubaus, der Gewichtung der Freiflächen und bezogen auf die räumliche Ausdifferenzierung nicht gänzlich überzeugt.
Freiräume und Außenanlagen
Das Konzept sieht eine Verschmelzung von Gebäuden und Außenraum vor. Die Schaffung eines Vorplatzes, Schulhofes und dem separierten Grundschulhof schafft klar gegliederte Teilräume, die auch hinsichtlich der jeweils zugewiesenen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder Vorzüge aufweist. Die Verortung der PKW-Stellplätze im Norden erscheint für diesen Entwurf passend gewählt und stellt so die Möglichkeit dar den südlich liegenden Grundschulhof frei von PKW halten zu können. Auch die dezentral an den einzelnen Gebäudearmen angeordneten Fahrradstellplätze stellen einen angemessenen Umgang zur Erschließung der jeweiligen Teilräume dar. Die Zusammenhängende Schulhoffläche wird auf Grund der räumlichen Eingrenzung unterschritten, weil zu viele verschiedene Teilräume geschaffen werden und die Fläche des Vorplatzes als unpassend und zu groß dimensioniert bewertet wird. In Summe stellt der Entwurf einen interessanten und sehr individuellen Beitrag dar, dem es gelingt, den Außenraum und die Gebäudenutzungen sinnhaft miteinander zu verbinden, der jedoch in der Tiefe der Ausformulierung Schwächen hinsichtlich der Gewichtung der Funktionen in ihrer Dimensionierung und Lage der einzelnen Teilräume aufweist.
Wirtschaftlichkeit
Der Entwurf ist wirtschaftlich positiv einzuschätzen. Die zu erwartenden Lebenszykluskosten sind in fast allen Bereichen auf einem geringen Niveau. Die Anlagentechnik in Form von Wärmepumpen und einer hybriden Lüftung ist effizient und nachhaltig und erzeugt das gewünschte Raumklima, ohne die Kosten für Instandhaltung hochzutreiben. Als Auffälligkeit kann der Laubengang identifiziert werden.