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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Auf dem Weg zum See - Gestaltung Sichtachse Gut Müllenark zum zukünftigen Indesee in Inden

Wege zum See

Wege zum See

1. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ÜBERGEORDNETE LEITIDEE
Schophoven liegt im Spannungsfeld zwischen Tradition des Tagebaus, der die Region und Menschen über viele Jahrzehnte geprägt hat und der Gestaltung der Zukunft ohne fossile Energieträger. Das Gebiet ist ständigem Wandel unterzogen, gewachsene Strukturen werden aufgelöst und neue Siedlungen entstehen. Ziel unseres Entwurfes ist es, neue Identität im Zentrum von Schophoven zu stiften und Menschen wieder einen gemeinsamen Ort für den Austausch zu bieten. Der Schwerpunkt liegt darin, die Verbindung zwischen dem Gut Müllenark als historischen Anker und dem zukünftigen Indensee zu stärken und über die „Wege zum See“ neu zu inszenieren und dabei den Wandel sicht- und erlebbar zu machen.

WEGE ZUM SEE Der neue Park wird durch ein Wegenetz aus Gutspromenade (schnelle Verbindung), Aktivitätsband (langsame Verbindung), Verknüpfer in die angrenzenden Bereiche und dem zukünftigen Seerundweg durchgängig und barrierefrei erlebbar gemacht. Das Gut Müllenark und der zukünftige Indensee sind durch einen stringenten Hauptweg („Gutspromenade - Zeitachse!) und durch eine breite Sichtachse durch den Park visuell miteinander verbunden. Der Hauptweg wird vorrangig von Radfahrenden und Fußgänger*innen auf zwei parallel verlaufenden Wegen genutzt und von einer durchgezogenen Baumallee begleitet. Entlang der Achse befinden sich mehrere Rastplätze und Radstellbügel für Radreisende. Der Hauptweg mündet in den Seeplatz, welcher mit der zukünftigen Uferpromenade der Marina verbunden ist. Neben dem Hauptweg wird der Park von einem weiteren Fußweg erschlossen, welcher entlang der neuen Freizeitachse, dem „multifunktionalen Aktivitätsband“, zum See verläuft. Hier werden unterschiedliche Angebote für Spiel und Sport dargeboten. Auf der anderen Seite wird der Fußweg von einer Streuobstwiese begleitet, die punktuell Sitzangebote und eine Picknickstation mit Gewächshaus zur Verfügung stellt. Die Streuobstwiese knüpft thematisch an den Selbstversorgungscharakter des Guts an und transformiert bestehende Strukturen in die Zukunft. Kleinere Wege stellen die Verbindung von Norden nach Süden sicher und verknüpfen den neuen Freiraum mit bestehende Wege Schophovens. Aufgrund der Freilegung der Sichtachse zwischen Gut Müllenark und dem Indensee, wird die Bushaltestelle etwas weiter Richtung Nordwesten verschoben. Die Haltestellen werden um eine E-Bike-Tankstelle, eine Reparaturstation, sowie um Radstellplätze ergänzt. Der Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln kann somit gleichermaßen für Anwohnenden und Besucher*innen gewährleistet werden. Das Wegenetz wird bereits im ersten Entwicklungsschritt vor 2030 als ein Rundweg hergestellt und bis an den bestehenden Lärmschutzwall im Westen herangeführt. Von hier wird man über Stufen zu einem Weg auf der Wallkrone geleitet, welcher bis zu einer Aussichtsplattform führt, die sowohl Blickbeziehungen zum Tagebau als auch zum Gut Müllenark zulässt. Im weiteren Entwicklungsschritt werden mit dem Bau der Uferpromenade und der Marina Teile des Walls rückgebaut, sodass nur noch der Abschnitt mit der Aussichtsplattform erhalten bleibt und die Wege bis an die neue Uferpromenade hinter dem ehemaligen Wall verlängert werden können. Auf diese Weise wird der Park mit der neuen Marina und dem Zukünftigen Seeufer verbunden, auf dem die Rad- und Fußwegeverbindungen fortgeführt werden.

WANDEL INSZENIEREN Nach Stilllegung des Tagebaus bleibt der Lärmschutzwall in Teilen als Reminiszenz und Aussichtspunkt erhalten. Dieses Landschaftsbauwerk „Grubenblick“ inszeniert den Wandel von Tagebau zur Seenlandschaft und gibt vielfältige, sich ständig ändernde Blickbeziehungen in die Landschaft wieder. In der Phase der Zwischenlandschaft erfolgt hier die erste Aktivierung der Fläche durch den Bau einer Aussichtsplattform und einer skulpturalen Treppenanlage als Aufstieg. Der schmale Weg entlang der Wallkrone wird mit Beginn der dauerhaften Gestaltung wieder abgebaut. Der Rundweg wird in dieser ersten Phase ebenso angelegt und gibt bereits das Grundgerüst der späteren Gestaltung vor. Die Baumstrukturen entlang des Walls und der Wege werden nur partiell entnommen, um Sichtbeziehungen besser inszenieren zu können und die Stringenz der Wege zu betonen. Der Erhalt möglichst vieler Gehölze während der Zwischenlandschaft hat Priorität.

ZUKUNFT BRAUCHT ERINNERUNG: Die Gutspromenade wird als interaktive Zeitachse gestaltet, wo verschiedene Elemente auf die Tradition der Kohleförderung verweisen und spielerisch informativ an Thema heranführen. Infoelemente entlang des Hauptweges, der „Zeitachse“, informieren über Industriekultur sowie Historie und geben einen Einblick über den vielfältigen Naturraum rund um den Indensee. Über QR-Codes können mit dem Smartphone an ausgewählten Orten themenbezogene Audioformate/Audioguides über eine Seepark Inden- App abgerufen werden

ÖKOLOGISCHE VIELFALT: Der Entwurf „WEGE ZUM SEE“ setzt auf einen behutsamen und dem Ort angemessenen Eingriff in die bestehende Natur. Die Wege sind zurückhaltend gestaltet, Fußwege aus einer versickerungsfähigen Deckschicht aus wassergebundener Wegedecke. Der Radweg nutzt die vorhandene Straße als Basis, sodass die Versiegelung neuer Flächen nur sehr bewusst vorgenommen wird. Die Wege und die mittlere Rasenfläche werden von extensiven Wiesenflächen gesäumt. Diese Flächen können zusätzlich mehr anfallendes Niederschlagswasser speichern und langsamer verdunsten lassen, was zu einer deutlichen Abkühlung angrenzender Flächen führt. Der nördliche Bereich wird durch eine Streuobstwiese geprägt. Sie bietet mit ihren Gehölzstrukturen und der extensiven und nur 2x pro Jahr gemähten Wiese wertvolle Habitate für Insekten und Vögel.

EINHEITLICHE GESTALTUNG Durch die Verwendung einheitlicher Ausstattungselemente erhöht sich der individuelle Wiedererkennungswert des Parks. Wegebegleitend befinden sich Bänke mit Arm- und Rückenlehne, die aus massiven und robusten Holzplanken bestehen. Entlang der aktiveren Bereiche, wie Spiel- und Sportflächen, befinden sich lange, tribünenähnliche Holzbänke. Holzdecks und die „Himmelsliegen“ laden zum Entspannen und Genießen ein. Eine einheitliche Gestaltfamilie für die Grundausstattung aus Cortenstahlelementen macht eine der prägenden Materialien der Industriekultur im Park durchgängig sichtbar. Mastleuchte, Radparker, Mülleimer, Wegweiser und Infostelen gehören zur Grundausstattung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden entwickeln ein großzügiges gesamträumliches Konzept für die Verbindung zwischen Seeauftakt und Gut Müllenark. Sie inszenieren den Raum nicht abschnittsweise von Ost nach West. Vielmehr überzeugen sie mit der Zonierung des Raumes in Nord-Süd-Richtung über durchgehende und bekannte Elemente, wie Obstbaumwiese, das Aktivitätenband und die offene Wiesenfläche in der Mitte der Anlage. Räumlich gelingt den Verfassenden mit dieser Zonierung ein Kniff: Durch die Integration des Gutsnebengebäudes in den durchgehenden Baumhain rückt das eigentliche Gut prominent in die erste Reihe. Diese Zonen bilden ein resilientes Grundgerüst für die langfristige Umsetzung.
Am Anfangs- und Endpunkt orientieren sich Blickbeziehungen und Wegeverbindungen ganz selbstverständlich. Auch inhaltlich orientieren sich Gestaltungselemente, wie beispielsweise die Zeitachse entlang der Baumreihe an den beiden Ausgangspunkten. Die durchgängige Gestaltungssprache nimmt die Maßstäblichkeit des Ortes auf und wirkt als Bindeglied zwischen der angrenzenden Wohnbebauung und dem See. Gewürdigt wird zudem die Entscheidung, die Bushaltestelle zu Gunsten einer durchgehen Wiesenlandschaft mit Sichtachse nach Norden zu verschieben. Die Verfassenden konzentrieren an dieser Stelle vielfältige Verkehrsmöglichkeiten störungsfrei in den Obstwiesenhain.
Gewürdigt wird außerdem die Inszenierung eines dauerhaften Aussichtspunktes an der Seekante. Der Aussichtspunkt markiert seinerseits den Landschaftswandel: in der ersten Phase dient der Aussichtspunkt der Überbrückung des Walls. In der zweiten Phase wird der Aussichtspunkt zu einem Element, welches Historie des Wandels erzählt.
Das Verhältnis von intensiv und extensiv gestalteten Räumen erscheint insgesamt ausgewogen. Damit wird die Anlage wird als nachhaltig und langfristig gut zu pflegen eingeschätzt. Sie lässt dauerhaft sehr gute räumliche Bespielbarkeit und Erlebbarkeit erwarten.
Insgesamt überzeugt die Arbeit durch ihre Klarheit und Unaufgeregtheit. Sie wird damit dem Wandel der Zeit und möglichen künftigen Nutzungen gerecht.
Gesamtplan

Gesamtplan

Seeblick

Seeblick

Konzept

Konzept

Ausschnitt Freiraumbänder

Ausschnitt Freiraumbänder