Offener Wettbewerb | 10/2023
Neugestaltung Park am ehemaligen Rangierbahnhof in Neumünster
©GREENBOX
"Weites Grün" mit Blick in Richtungen Norden
1. Preis
Preisgeld: 37.600 EUR
Erläuterungstext
EIN FACETTENREICHER KLIMAPARK
Entwurfskonzept: Der Entwurf transformiert das Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs zu einem klimagerechten und naturnahen Stadtpark, der Biodiversität und ökologische Dynamik in Kombination mit Spiel-, Sport- und Bewegungsangeboten, Umweltbildung und Mitmachgärten zu einem charakterstarken Gesamtraum verbindet. Die historischen Spuren und die Identität des Ortes, welche untrennbar mit der Eisenbahn verknüpft sind, bilden dabei die Basis der neu interpretierten Parklandschaft. Der Park wird zukünftig aus drei eigenständig funktionierenden, aber dennoch verknüpften Arealen mit jeweils eigenen Charakteren bestehen und als Klimainsel, grüne Infrastruktur, Refugium für Mensch und Tier sowie Naherholungsort für die Stadt dienen.
Messeachse / Freiraumplanerische Einbindung in den Bestand
Mit der Messeachse werden die Innenstadt Neumünsters mit den Holstenhallen nördlich des Parkareals verbunden. Im Bereich des Parks verläuft die Messeachse kommend aus der Innenstadt zuerst durch den Gartenpark und dann weiter entlang des „Weiten Grüns“. Dabei integriert die Verbindung das Aktivitätsband, wo Jung und Alt verschiedenste Beschäftigungsmöglichkeiten und Aufenthaltsplätze unter Bäumen vorfinden. Aus westlicher Richtung werden zwei Anbindungen der westlichen Wohnquartiere durch das Gewerbegebiet vorgeschlagen. Die Machbarkeit dieser Anbindungen ist in späteren Entwurfsphasen zu prüfen und wird daher ausdrücklich als optional angesehen.
Die Messeachse ist so großzügig dimensioniert, dass FußgängerInnen und RadfahrerInnen sich problemlos begegnen können. An den Ein- bzw. Ausgängen des Parks befindet sich jeweils ein kleines Entrée, welches den Auftakt zum Park bzw. die Schnittstelle aus Park und Stadt bildet.
Weites Grün
Die mittig im Park befindlichen großen Wiesenflächen erfüllen im Wesentlichen zwei Funktionen: Einerseits halten diese offenen Strukturen die Frischluftschneise, welche sich von Norden kommend über den Park erstreckt und bis in die Innenstadt Neumünsters führt, frei. Daneben bieten derartige große Wiesenstrukturen in einem urbanen Umfeld auch die Möglichkeit für vielfältige Nutzungen. Daher wurden die Wiesen bewusst nutzungsoffen gestaltet: Spontanes Fußballspielen, Drachen steigen lassen, Grillen, Sonnenbaden… die Möglichkeiten für BesucherInnen, dieses Areal zu nutzen, sind endlos.
Der nördliche Bereich der Wiese sowie die Schotterrasenfläche können für temporäres Parken zu Messezeiten genutzt werden, wobei die Fläche des Schotterrasens eine höhere Priorität gegenüber den Wiesen weiter südlich haben sollte (bei nicht voller Parkplatzauslastung)
Aktivitätsband
Das Aktivitätsband als ein „Zentrum“ des Parks bietet vielfältige Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten für Jung und Alt. Neben einem Angebot für sportliche Betätigung (Streetball, Tischtennis, Calisthenics, Pumptrack) findet sich hier ebenfalls Angebote für Kinder in Form von Spielgeräten und Klettergerüsten. Auch ältere Menschen bekommen hier Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung oder zur Rast auf einem der vielen Sitzangeboten. Zahlreiche Bäume sorgen für willkommenen Schatten an sonnigen Tagen.
Sukzessionswald und Outdoor-Eisenbahn-Museum
Der Sukzessionswald bildet den Kontrast zu den offenen Wiesenstrukturen des Parks. Hier finden sich zwischen den Bäumen und Sträuchern viele kleine introvertierte Orte zum Sitzen und Verweilen. Die großen, versiegelten Flächen im Bestand im Bereich A werden abgerissen und die Teile der Trümmer als „Steinschüttungen“ im Parkbereich B aufgebracht. Diese Steinschüttungen sollen bewusst als Sukzessionsflächen dienen und im Laufe der Zeit verwildern. Besucher können abseits der Wege auf diese 1,5-2 Meter hoch aufgetürmten Hügeln klettern und die dortige Wildnis entdecken. Zusätzlich bieten diese Steinschüttungen mit ihren vielen kleinen Höhlen und Spalten Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren (z.B. Eidechsen, Käfer etc.).
Das in den Sukzessionswald eingebettete Outdoor-Eisenbahn-Museum ist ein Vorschlag zur Nachnutzung des durch die denkmalgeschützten Mauern begrenzten Areals der ehemaligen Kohle-Lagerstätte. Innerhalb dieser Mauen könnte der Verein des Kulturlokschuppens einige weniger Vandalismus-gefährdete Relikte (bspw. Stahlteile alter Loks, Schienenteile etc.) dauerhaft öffentlich ausstellen. Dieser Ort soll einen stark introvertierten, ruhigen, schattigen und naturnahen Charakter bekommen, in dem sich Besucher gerne und für längere Zeit zurückziehen können. Ebenfalls ist aber auch denkbar, hier kleinere Veranstaltungen durchzuführen.
Die Gleise, welche dieses Parkareal durchlaufen, können vom Verein des Kulturlokschuppens als Abstellgleise oder Zubringergleise genutzt werden, sind ansonsten aber nicht in Betrieb. Daher fungieren diese Gleise auch als „heimliche“ Wege im Wald, die entdeckt werden dürfen.
Gartenpark
Der Gartenpark wird schrittweise zu seinem Endzustand entwickelt und ist zu Beginn der Baumaßnahme noch nicht umsetzbar, da die bestehenden Gartenparzellen noch verpachtet sein werden. Mit der zeitverzögerten Reduzierung des Parzellenbestands kann Raum für neue, öffentliche Freiräume geschaffen werden. Zukünftig soll der Gartenpark ein Ort der Gemeinschaft werden, in dem Menschen zusammen Gärtnern, verschiedene Vereine und Gruppen im Haus der Natur tätig sind und ein kleines Öko-Café den Raum rund um das Haus der Natur bespielt. Dieser Parkabschnitt steht ganz im Zeichen von Nachhaltigkeit und Ökologie: Eine Streuobstwiese sowie verschiedene Gartenflächen zum Obst- und Gemüseanbau bieten die Möglichkeit, in städtischem Umfeld gärtnerisch tätig zu werden und entsprechende Communities zu bilden.
Materialität
Die Messeachse, der parallel verlaufende Parkweg sowie die Entree-Bereiche werden aus Asphalt hergestellt, damit die Wegeverbindungen sowohl für Fußgänger, Radfahrer und auch Fahrzeuge (im nördlichen Parkabschnitt, wo die temporären Parkplätze verortet sind) gleichermaßen komfortabel genutzt werden können. Anfallendes Regenwasser wird in die anliegenden Grün- und Freiflächen entwässert.
Die Areale weiter östlich und rund um den Kulturlokschuppen bestehen aus kostengünstiger wassergebundener Wegedecke, um den extensiven und sehr naturnahen Charakter dieser Areale zu betonen und von den intensiveren Parkarealen unterscheidbar zu machen.
Ausstattung und Mobiliar
Als Mobiliar wurde eine einheitliche Stadtmobiliar-Familie gewählt, die mit ihrer Robustheit den vormaligen Eisenbahn-Charakter des Areals unterstreicht. Die Verwendung von Vollholz für die Bankelemente dient als Referenz auf die Holzschwellen der ehemaligen Gleisanlagen.
Entlang der Messeachse sowie dem parallel verlaufenden kleineren Parkweg finden sich eine großzügige Anzahl an Bänken, sodass für Jung und Alt genügend Sitzmöglichkeiten gegeben sind. Die Messeachse ist dabei mit großzügigeren Bänken ausgestattet als der Rest des Parks. In den wilderen und extensiveren Arealen unterstreichen kleiner dimensionierte Sitzmöbel den eher introvertierten und privaten Charakter dieser Parkareale. Hier gibt es für Besucher die Möglichkeit, sich im Schatten der Bäume aus dem Trubel der Stadt zurückzuziehen. Das Outdoor-Eisenbahn-Museum stellt wiederrum einen Sonderfall dar, hier finden sich neben kleinem Mobiliar in den Ecken auch großzügige Sitztribünen aus Holz, auf denen auch größere Gruppen komfortabel Platz finden.
Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung und Klimaangepasstheit
Neben dem Erhalt bzw. der Aufwertung bereits bestehender Biotope (beispielsweise Trockenrasen-Strukturen) werden auch einige Biotope neu geschaffen. Diese sind in erster Linie die verwilderten Gehölzsäume, welche den Park nach Westen in Richtung Gewerbegebiet abschirmen und mit Sträuchern und Schattenstauden unter den Gehölzen bepflanzt werden. Baumneupflanzungen werden mit Hilfe von Initialpflanzungen/Stecklingspflanzungen unterstützt, um zukünftig dichte, verwilderte Randbereiche zu erzielen. Diese „grünen Ränder“ sollen den bestehenden Kaltluftkorridor unterstützen und zusätzliche Frischluft generieren, die sich dann in Richtung Innenstadt bewegt.
Der Sukzessionswald mit seinem lockeren Baumbestand und den verwilderten Steinschüttungen hat einen ähnlichen Zweck, bildet aber darüber hinaus den extensiven, ruhigen und introvertierten Parkabschnitt.
Mit dem Maßnahmenkatalog von Aufwertung und Neuschaffung von Biotopen (schattig, halbschattig, sonnenexponiert) können bestehende Lebensräume wertvoller gemacht und neue etabliert werden, um eine Vielzahl zusätzlicher Tierarten anzulocken und so die städtische Biodiversität zu stärken.
Die Beleuchtung im Park ist folgerichtig entsprechend abgestimmt: Mastleuchten mit insektenfreundlichen Lichtfarben und Wellenlängen sorgen für eine ausreichende Beleuchtung bei Dunkelheit entlang der Messeachse. Der dazu parallel verlaufende Parkweg wird durch kurze, bodennahe Mastleuchten beleuchtet, sodass einige Areale des Parks (z.B. der Sukzessionswald) – aber insbesondere auch Baumkronen und Flugschneisen für Insekten und Fledermäuse - am Abend unbeleuchtet bleiben.
Beurteilung durch das Preisgericht
©GREENBOX
Vom nördlichen Entrée, Blick auf den Kulturlokschuppen
©GREENBOX
Übersichtsplan M1-1000
©GREENBOX
Städtebauliche Einbindung und Oberfunktionen M1-2500
©GREENBOX
Pikto - Erschließung & Wege - Räume & Raumaufteilung - Klimaanpassungen / Kaltluft-Korridor - Nutzung
©GREENBOX
Ökologische Aufwertung
©GREENBOX
Lageplan - Nördlicher Parkabschnitt M1-500
©GREENBOX
Schnitt AA' - Nördlicher Parkabschnitt M1-200
©GREENBOX
Lageplan - Südlicher Parkabschnitt
©GREENBOX
Schnitt BB' - Südlicher Parkabschnitt M1-200
©GREENBOX
Entwicklungsphasen des Gartenparks (Parkteil C)
©GREENBOX
Vertiefungsbereich "Parkfacetten"
©GREENBOX
Vom süd-westlichen Entrée mit Blick in den Gartenpark
©GREENBOX
Relikte im Park
©GREENBOX
Möblierung
©GREENBOX
Beleuchtungskonzept
©GREENBOX Landschaftsarchitekten