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Offener Wettbewerb | 10/2023

Neugestaltung Park am ehemaligen Rangierbahnhof in Neumünster

Re-Wild

Re-Wild

Anerkennung

Preisgeld: 9.400 EUR

3:0 Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die neue Parkanlage am ehemaligen Rangierbahnhof versteht sich nicht nur als grünes Verbindungsstück, sondern auch als ökologisch wertvolle Naturlandschaft zwischen Messe und Innenstadt. Es entsteht ein Ort der Vielfalt mit großem Mehrwert für alle in Neumünster.

Entwurfskonzept

Prinzipien der Stadtwildnis
Einst Bahnhofsareal, heute Brache, morgen ein Ort für alle: Die neue Gestaltung des ehemaligen Rangierbahnhofes geht behutsam mit bestehenden Strukturen und Materialien um. Sie bildet einen weiteren Layer der Geschichte des Areals.
Drei Grundprinzipien bilden das Fundament der Stadtwildnis: Re-Wild + Re-Use + Re-Discover = Neumünsters Stadtwildnis.

Re-Wild
Auf dem ehemaligen Rangierbahnhof zieht neues Leben ein: Neumünsters Stadtwildnis. Der naturnah gestaltete Park vereint Natur- und Klimaschutz mit den Interessen der Parkbesucher:innen.
Die große Stadtwildnis schafft Lebensraum für zahlreiche geschützte Arten. Fragmente des ehemaligen Rangierbahnhofes, ortstypische Vegetation sowie traditionelle Landschaftselemente lassen die Identität am Ort hochleben.
Je nach Nutzungsanforderung werden in den verschiedenen Kämpen gezielte Maßnahmen gesetzt, die den zeitlichen Ablauf unterschiedlicher Pflanzengesellschaften - der sogenannten Sukzession - widerspiegeln. Dies macht das Areal zu einem interessanten Mosaik verschiedenster Atmosphären und Nutzungen, die dem zeitlichen Wandel unterlegen sind. Durch gelenkte Sukzession (gezielte Pflegeeingriffe) werden die Kämpen in ihrem arttypischen Charakter gehalten.

• Aufbruch – Wiederbelebung: Versiegelte Flächen sind bereits aufgebrochen. Die Natur holt sich ihren Platz langsam zurück und bahnt sich ihren Weg. Schollen sind nutzbare Inseln inmitten der aufkommenden Gräser und Stauden.
• Ruderalflächen: Hier entstehen artenreiche Magerrasen. Diese werden durch ein angepasstes Beweidungsregime mit Schafen erhalten.
• Pionierflächen: Höher wachsende Gräser, Stauden und Gehölze (z.B. Birken und Pappeln) bilden dichte und üppig grüne Einheiten. Die Pflege erfolgt über die Mahd und Weide.
• Zwischenwald – multifunktionale Fläche: Der sogenannten Zwischenwald wird von bereits etwas größeren Baumgruppen geprägt. Helle Birken wechseln sich mit dunklen Föhren ab und bilden so ein ansprechendes Ensemble.
• Klimaxwiese: Als Klimax wird in der Ökologie das ‚Endstadium‘ der Sukzession bezeichnet. Auf der nutzungsoffenen Wiese wachsen große Solitärbäume, die bereits bei der Pflanzung im Sinne des frühen Grüns eine höhere Qualität haben.
• Super-Sukzession: Neben den Sukzessionsflächen entsteht westlich des Haupterschließungswegs ein wilder und ökologisch sehr wertvoller Streifen, der sich vollständig selbst überlassen wird und alle Phasen der Sukzession ohne Eingriffe durchläuft.

Re-Use / Wiederverwendung
Das Prinzip der Wieder- und Weiterverwendung sowie des Recyclings spielt für das Gebiet und für die Zukunft eine besondere Rolle. Nicht nur Abbruchmaterialien werden zur Ressourcenschonung wiederverwendet, es werden auch vorherrschende Strukturen aufgegriffen und weiterentwickelt.
Vor Ort aufbereitet, wir das abgebrochene Material etwa für Wegedecken oder Tragschichten verwendet.

Re-Discover / Wiederentdecken
Für die Menschen in Neumünster gibt es in der neuen Stadtwildnis viel zu entdecken: Zahlreiche Spiel- und Sportangebote für alle Altersgruppen gliedern sich in das Parkgefüge ein. Neben Boulebahnen, Trainingsgeräten und Tischtennistischen stehen eine offene Fußballwiese, ein Urban Boulder-Bereich, Volleyball- und Basketballplätze zur Verfügung. Ein Waldklettergarten und ein Motorikparcours fördern naturnahes Spielen. Punktuell führen Stege (‚Stegel‘) und Plattformen in die wilde „Super-Sukzession“, wo man ganz in Ruhe die Natur beobachten kann.

Das Areal wird als Lebensraum für die Mensch, Flora und Fauna wiederbelebt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee ‚Rewilding is more‘ ist ein spannender Ansatz für die Weiterentwicklung der Eigenarten dieses Ortes. Das Konzept nutzt das Vorfindbare und entwickelt in dieser Logik den Ort weiter.
Es entsteht ein gegliederter Raum, der zur Stadt im Westen dichter begrünt und durch zahlreiche Angebote aktiviert wird. Zur Bahn im Osten entsteht ein weitestgehend offener Raum, der besonders viel Naturnähe und –erfahrung anbietet.
Mit dem Ansatz ,re-use, re-wild, re-discover‘ wird ein innovativer Planungsansatz mit Beitrag zum Klimaschutz (Nutzung vorhandener Ressourcen) und zur natürlichen Klimaanpassung (Schatten, Vielfalt der Vegetationsformen, Offenhalten der Luftleitbahn, biologische Vielfalt) verfolgt.
Die Frage stellt sich allerdings, ob sich diese Zielbilder tatsächlich so einstellen werden. Die Anlage von Knicks an diesem ‚Bahnort‘ wird sehr kritisch diskutiert. Sie erscheinen als ein Versatzstück der historischen Kulturlandschaft, die mit diesem Ort wenig zu tun haben. Mit dem Rand-Knick wird die Sicht auf den Lokschuppen leider stark beeinträchtigt.
Es entsteht ein schlüssiges Wegesystem. Neben der Veloroute (Mischfläche) werden weitere Parkwege angeboten, über die der Park erlebbar wird. Die Eingangsbereiche sind allerdings nicht als besondere Orte herausgearbeitet. Der nördliche Übergang zu den Gewerbeflächen überzeugt nicht.
Es werden zahlreiche Sport-, Spiel-, Nutzungs- und Aufenthaltsangebote für unterschiedliche Altersstufen geplant, die sich an der Holsten-Chaussee konzentrieren. Das vielfältige Angebot wird positiv bewertet, ein klares Image und Nutzungsprofil mit Ausstrahlung wird damit allerdings nicht geprägt.
Die Kleingartenanlage wird mit der Parzellennutzung weitestgehend aufgelöst. Die hier neu angebotenen Nutzungen könnten auch im großen Park untergebracht werden.
Die Wirtschaftlichkeit und die Unterhaltbarkeit sind gegeben. Das Konzept des wachsenden Parks erfordert allerdings ein sehr differenziertes Pflege- und Entwicklungskonzept, um aus dem Bestand die gewünschten Zielbilder zu erreichen. Der Einsatz von Schafen zur Pflege ist ein interessanter Ansatz, der bei den kleinflächigen Zielbildern der Vegetation schwierig umsetzbar sein wird.
Der Entwurf überzeugt insbesondere, weil er auf die Eigenart des Raumes eingeht und einen ressourcenschonenden Ansatz verfolgt. Die biologische Vielfalt wird an diesem Ort besonders gefördert werden. Kritisch wird gesehen, dass die Offenheit und die Weite des Raumes eingeschränkt werden und wenig Verbindung zum Lokschuppen hergestellt wird. Die Konzentration der Aktivitäten am Kombiweg der Veloroute und Fußweg kann Konflikte verursachen.
Insgesamt stellt die Arbeit einen wertvollen Beitrag zum Umgang mit den Ressourcen des Raumes und der Förderung der biologischen Vielfalt dar. Allerdings überzeugt das Gesamtkonzept hinsichtlich der funktionalen und gestalterischen Anforderungen an eine neue Parklandschaft am Rand der Innenstadt Neumünsters nicht.

Play & Park

Play & Park

Kleingartenpark

Kleingartenpark

Grundriss

Grundriss