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Werkstattverfahren | 03/2023

Testplanung Bahnhofareal Uetikon a.S. (CH)

Teilnahme

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Schneiter Verkehrsplanung AG

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Freiraum / Gestaltung
Das Projekt platziert drei markante Neubauten und fügt ein begrüntes Dach ein, das den nutzbaren Freiraumbereich deutlich erweitert. Durch die neue Kreiselanlage auf der Bergstrasse und die leichte Verschiebung der Bahnhofstrasse entsteht ein grosszügiger Freiraum zwischen Gleisen und Strasse, der durch die Setzung des Neubaus eine natürliche Lenkung der Nutzer erreicht. Notwendige Parkplätze werden entlang der Zufahrtsstrasse angeordnet. Der Bahnhofsplatz wird mit einem Baumblock akzentuiert. Der Perronbereich erweitert sich davor und dahinter platzartig mit Aufenthalts- und Wartezonen, Ab- und Aufgängen sowie Velostellplätzen.

Das sich aus dem Gelände schälende Parkdach schützt und ergänzt die aktive bewegte Nutzungsebene durch eine hochliegende grüne Oase mit Aussicht. Die Pflanzenauswahl achtet auf Nachhaltigkeit und eine bewusste Artenauswahl für die anspruchsvolle örtlichen Gegebenheiten.

Dem Projekt gelingt es, auf die freiräumlichen Fragen anregende Antworten zu finden und durch einen fliessenden, jedoch gegliederten und gut nutzbaren Freiraum neue räumliche Qualitäten zu schaffen. Der hochliegende Park als neues Freiraumelement ist mutig und schafft eine ökologische und klimatische Steigerung mit einer grossen Nutzungschance.

Das Projekt geht seinen eigenen Weg mit einer artikulierten Antwort für den Ort. Die Eingriffe (u.a. Kreisel) sind jedoch tief und mit dem Parkdach aufwändig. Das Projekt akzentuiert die Teilräume sehr klar, was im Umkehrschluss jedoch die nötige Leichtigkeit und informelle Raumstimmung und Raumnutzung unterbindet. Der Ort erfährt eine hohe urbane Verwandlung, was final dennoch die Frage aufwirft, ob der Entwurf in diesem ehr ländlichen mit sehr attraktiven Naturräumen umgebenem Kontext die richtige Antwort ist.

Verkehrsbetrieb
Das Verkehrskonzept überzeugt durch eine elegante Verortung der für Bahnhöfe wichtigen Funktionen wie Velo- und MIV-Parkplätze, Flächen für die Mobilität der Zukunft und das Bahntechnikgebäude. Im Osten des Areals können gedeckte Veloabstellflächen sowie die geforderte Anzahl P&R-Plätze und eine Buswendeschlaufe (23 m statt 25 m) angeboten werden. Im Westen des Areals sind die Kiss&Ride-Plätze wie auch weitere Veloabstellplätze im Güterschuppen und Aussenraum untergebracht.

Der Knoten Alte Landstrasse / Bergstrasse wird als Normkreisel ausgebildet. Die gewählte Knotenform ermöglicht die Busmanöver ohne Anpassung des Strassenverlaufs der alten Landstrasse, bringt für die Projektierung aber auch grosse Herausforderungen betreffend Neigungssituation wie auch der Bereitstellung direkter und fahrbarer Fahrbeziehung aus den verschiedenen Knotenarmen der alten Landstrasse.

Durch die Gebäudesetzung und -ausgestaltung wird die Fussgängerführung vom CU-Areal auf den Bahnhofplatz unterstützt, im Bereich des Kreisels können aber nur bedingt attraktive Fuss- und Veloverkehrsverbindungen angeboten werden.

Städtebau
Die städtebauliche Struktur des Bahnhofsumfelds wird in topografischen Schichten gelesen. Demnach wird die lineare Organisation entlang des Seeufers mit der Seestrasse, der Alten Landstrasse und den Bahngleisen erkannt, welche das mobilitätsinfrastrukturelle Rückgrat der Seegemeinden bildet. Der nördlich der Alten Landstrasse anschliessende, relativ steile Geländeabschnitt wird von einer kleinteiligen, als ländlich bezeichneten Bebauungsstruktur geprägt. Auf dieser topografisch und entwicklungsgeschichtlich bedingen Differenz fusst der städtebauliche Vorschlag, der seeseitig der Alten Landstrasse ein Bahnhofsareal ausscheidet – ein bekannter Raumtypus an hiesigen Infrastrukturknoten. Dieser Raumtyp umfasst Logistik- und Aufenthaltsgebäude und -räume wie Perrondächer, Schuppen, Vorplätze, Betriebsgebäude und entlang der Strasse ein Mobilitätshub als Umsteigeknoten zwischen MIV, Bus und Bahn. Dieser Logik folgend wird ein Vorschlag entwickelt, der diese soeben benannten, bekannten Themen mit neuen Anforderungen an Bahnhofsareale zeitgemäss und – zumindest auf dem Areal – in einer möglichst integralen Art und Weise umsetzt. Insbesondere das zentral liegende, horizontale Element, das auf ca. 4.5 m über Gleisniveau – typologisch innovativ – Perrondach, Park, Parkplatzdeckel und Gebäudesockelabschluss mit integrierter Bahntechnik vereint, zeugt von diesem zeitgemässen, integralen und vor allem vielfältigen Anspruch an Bahnhofsareale, der auch ökologische Qualitäten umfasst. Neue, ähnlich gestaltete, 3-4-geschossige Gebäude an beiden Enden des Areals bilden die räumlichen Auftakte des Areals, das als ein Ganzes, räumlich eigenständiges Areal südlich der Alten Landstrasse konzipiert wird. In ihrer Massstäblichkeit nehmen alle drei den Bahnhofsvorplatz flankierenden Neubauten Bezug auf die Kleinteiligkeit des gebauten Umfelds. Die Nutzung ihrer Erdgeschosszonen ermöglicht kleingewerbliche und gastronomische Angebote auf dem Bahnhofsplatz. In den oberen Geschossen können Büroflächen oder Wohnnutzungen vorgesehen werden.

Insbesondere der am westlichen Kopf disponierte Bau weist interessante Eigenschaften auf: Er weicht in Relation zum Bestand (Bahnhofgebäude und Schuppen) etwas nach Norden und weist auskragende Obergeschosse auf. Somit ist erstens der Blick auf den Güterschuppen freigegeben, zweitens der Raum für den gleisbegleitenden Personenfluss von Westen her grosszügig bemessen, und drittens entsteht eine attraktive überdachte Gebäudevorzone für die Erdgeschossnutzung. Die Diskrepanz der Topografie, Bebauungs- und Nutzungsart beidseits der Alten Landstrasse wird im Bereich des Bahnhofplatzes mittels Vegetation und Bodenbelag überbrückt – eine plausible Strategie im Rahmen des gewählten Konzepts. Als westliche Eröffnung ist ein Kreisel vorgesehen, der – kreiselgemäss – nicht nur aus der Logik des motorisierten Verkehrs entspringt, sondern auch die Strassenhierarchien zwischen Alter Landstrasse und Bergstrasse entkräftet.

Die östlich an den Bahnhofplatz angrenzende Bebauung nutzt den nach Nordosten steigenden Geländeverlauf, indem das nach Südwesten ebenerdige, jedoch nach Nordosten unter dem Terrain liegende Erdgeschoss als offene Parkgarage ausformuliert wird, die für die P&R Nutzenden einen (fast durchgehend) gedeckten Zugang zu den Perrons erlaubt. Das verschiedene Nutzungen integrierende Konzept weist zusätzlich ein begrüntes Dach mit Aussichtsqualitäten auf. Auffallend ist die ausserhalb des nachvollziehbar kompakt gehaltenen Bahnhofplatzes konzipierte strikte Trennung der Verkehrsträger, die klare Raumhierarchien zwischen MIV und LV unterstützt und dabei dem integralen Ansatz der Bebauung nicht ganz gerecht werden kann. Zudem stellt sich die Frage, ob das östliche Gebäude etappierbar resp. im Falle hinfälliger Stellplätze adaptierbar ist.

Ortsbild- und Denkmalschutz
Der Vorschlag akzentuiert das Gebäudeensemble Aufnahmegebäude/Güterschuppen westlich mit einem expressiven viergeschossigen Gebäudevolumen. Im östlichen Bereich ist eine grosse parkartige Anlage auf dem Dach / Plattform einer ebenerdigen Parkierung vorgeschlagen, die mit zwei wuchtigen, viergeschossigen Gebäudevolumen ergänzt sind. Das Nebengebäude wird abgebrochen. Die Einmündung in die Bergstrasse wird mit einem Kreisel gelöst. Die Bushaltestellen befinden sich vor dem Gebäudeensemble auf der alten Landstrasse, eine Buswendeschleife unter der Plattform.

Der Vorschlag sprengt die Massstäblichkeit des Ortes und nimmt keinen Bezug auf die vorhandenen, kleinmassstäblichen Qualitäten. Aus ortsbildlicher und denkmalpflegerischer Sicht entsteht eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebäudeensembles Aufnahmegebäude/Güterschuppen durch die östliche Plattform sowie der Baugruppe G 0.2 durch das Neubauvolumen im westlichen Bereich und das Verkehrsinfrastrukturbauwerk des Kreisels.