modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2023

Freiraumgestaltung Brückenschlag in der Parkstadt Donauwörth

Visualisierung

Visualisierung

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

UTA Architekten und Stadtplaner BDA

Architektur

str.ucture GmbH

Tragwerksplanung

Pfrommer + Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

“Wir treffen uns am Schellenberg!” 

Die Situation
Der Wunsch nach einer direkten und attraktiven Verbindung zwischen Kernstadt, Parkstadt und dem neuen Alfred-Delp-Quartier führte, nach mehreren Studien, 2023 zu der Entscheidung, den Brückenschlag Donauwörth zwischen Kalvarienberg und Freibad zu verorten. Rund 70 Höhenmeter, eine 4-spurige Bundesstraße und eine barrierefreie bzw. -arme Strecke mit über 1000 m gilt es zu überwinden und zu einem abwechslungsreichen Weg zu entwickeln. Dabei bedarf es auch einer Identität für diese Strecke im Stadtraum, eines Imageträgers sozusagen. Und der Schellenberg bietet genau das Potential! Nicht nur durch die Geschichte des Ortes drängt sich eine Verankerung dieses Landschaftsraums im erweiterten Stadtgefüge auf. Vor allem die Höhenlage mit seinen beeindruckenden Panoramen und der Wiesenhangs als vernetzender Grünzug stellen die Qualitäten einer Verbindung über die bisher empfundene Trennung der Stadtteile.

Die Idee
Ein kontinuierlicher Aufstieg (5% im Mittel) im Duktus eines sanften Schwingens mit wechselnden Perspektiven und vielfältigen Anbindungen. Eine Strecke, die Spaziergang, Radschnellweg, Fitness Parkour, Spielwiese und Landschaftserlebnis in einem ist. Mit der Qualität eines Landschaftsparks gewinnt der Schellenberg sein Potenzial als Treffpunkt! Damit wandelt sich der Berg von einer Barriere im Stadtraum zum sozialen Ort im Grünen, auf Tuchfühlung mit der Landschaft und mit Blick über die Stadt. Die notwendige Brücke über die B 2 ist nur ein Teil dieses Weges, gestalterisch durchgängig, leicht und unaufgeregt. Und vor allem eine sehr wirtschaftliche und nachhaltige Lösung, die im wahren Sinne des Wortes auf den Fundamenten der bisherigen Brücke aufbaut.

Das Ingenieurbauwerk
Die besondere Form der Brücke über die B2 hat das Potential, identitätsstiftend für Donauwörth zu werden, sie kann zu einem gut sichtbaren Zeichen über der Straße werden. Die sichtbare Collage aus Bestehendem (Weiterverwendung der bestehenden Brückenpfeiler) und Neuem (Brückenkonstruktion aus Holz) zeigt zukunftsweisendes ressourcensparendes Bauen. Der Materialeinsatz für die neue Brücke ist so gering wie möglich und die tragende Holzkonstruktion speichert CO2.

Der Landschaftspark
Neben einer angenehmen Begeh- und Befahrbarkeit steht der Erlebniswert des Wiesenhangs im Vordergrund. Der Eingriff in den Landschaftsraum wird auf ein Minimum beschränkt. Der Weg soll sich in Form und Materialität harmonisch in die Wiesenlandschaft einfügen. Mit platzhaften Setzungen in den südlichen Kehren wird das Angebot für Spiel und Sport pointiert erlebbar. Vom Panoramabalkon mit Grillstelle, zum Fitness Parkour und Waldspielplatz gelangt neben dem Weg auch über Landschaftstreppen, für das Wiesenerlebnis und zusätzliche Fitness. Und wer Spaß haben will, nimmt die Rutsche! Der steile Weg in Verlängerung der Jennisgasse wird aufgewertet durch die Integration der rückzubauenden Betontreppen der alten Brücke. In der Breite halbiert (und bautechnisch aufbereitet) können diese Elemente im Re-Use-Verfahren auf einfache Anker aufgesetzt werden. Damit entsteht eine gut begehbare Treppenwegverbindung in einer Breite von 1.30 m.

Anfang und Ende
Der Kalvarienberg wird in seiner raumgreifenden Inszenierung respektiert und in der talseitigen Wahrnehmung nicht gestört. Eine Wegführung über die Wiese südlich vom “Kreuzweg” wurde aufgrund des entstehenden Ungleichgewichts verworfen. Auch wenn der Schneegarten nicht auf Anhieb als Teil des Schellenberg-Weges erkennbar ist, wird sich der Einstieg mit einer neuen attraktiven Anbindung zum Schellenberg schnell im Gedächtnis der Stadt verankern. Ein entsprechendes Leitsystem (historisch, kulturell, sozio-ökologisch aufgeladen) wird den Ortsfremden leicht auf die Spur bringen. Den talseitigen Auftakt bildet ein kleiner Platz mit raumfassendem Bankelement und einer Infotafel zum Schellenbergpark. Über die ersten Wegschleifen gelangt man auf die verschiedenen Niveaus des Kalvarienberges, zu den Pilgerstationen und zur Kapelle. Bergseite bindet auf beiden Seiten der B 2 der parallellaufende Landschaftsweg direkt an die neue Wegfigur und die Brücke an. Unterhalb des Freibads wird damit eine barrierefreie Anbindung möglich, die trotz neuer Anknüpfung an den Tunnel nicht möglich ist. Durch den Wegeverlauf über die Sternschanze kann das 10-12 % Gefälle oberhalb des Tunnels nicht geändert werden. Der Schellenbergweg mündet in seinem Verlauf entlang der Schanzenstraße schließlich oberhalb des Freibad-Parkplatzes in einer neuen platzhaften Aufweitung an der Einmündung zur Jurastraße, um hier eine übersichtliche Querung zum Alfred-Delp-Quartier zu ermöglichen.

Materialität
Die neue Wegeverbindung über den Schellenberg soll durchgängig erlebbar sein, die gestalterische Qualität läuft optisch durch. Die erdgebundenen Wege werden als natürlich anmutender Possehl-Belag vorgeschlagen. Die rutschsichere asphaltgebundene Abstreuung erfolgt mit regionalen hellen Naturstein-Splitten. Auf dem Brückenbauwerk bilden Karbonplatten mit einer epoxidharz-gebundene Besandung den Deckbelag, die Farbigkeit wird auf den Possehl abgestimmt. Für die Landschaftstreppe sind die erdgebundenen Stufen aus regionalem Naturstein oder -je nach Verfügbarkeit- aus wiederverwendetem bzw. recyceltem Beton gedacht. Nachhaltigkeit wird hier als Dauerhaftigkeit (gegenüber Holz) aufgefasst. Die Möblierung ist mit Bänken aus unbehandeltem, vorbewittertem heimischem Holz vorgesehen. Geländer sind aus verzinktem Stahlrohr mit engmaschigem Drahtgeflecht, in Anlehnung an die neue Brücke. Für die Beleuchtung wird der erdgebundene Weg mit robusten zurückhaltenden Mastleuchten ausgestattet, nach unten abstrahlend und mit insektenfreundlichem energieeffizientem Leuchtmittel bestückt. Eine bewegungsgesteuerte Aktivierung der Lichtmasten soll den Energieverbrauch und Umwelteinfluss reduzieren. Die Brücke ist dagegen mit geländerintegrierter LED-Beleuchtung ausgestattet, die (blendfrei) den Steg nach Innen erhellen und das Brückenbauwerk durch das Mesh-Geländer sanft leuchten lässt.

Nachhaltigkeit
Das vorliegende Projekt hat den Anspruch, ein zukunftsweisendes Projekt für nachhaltiges Bauen zu sein. Für die Brückenkonstruktion werden so viele Teile wie möglich wiederverwendet, die neue Tragkonstruktion besteht aus witterungsgeschütztem Holz. Die Treppenstufen können im Sinne des zirkulären Bauens für eine bequemere Wegeführung der bestehenden Verbindung wiederverwendet werden. Auch die Attraktionen im Bereich des Fußweges sind überwiegend in Holzbauweise ausgeführt, wo aus konstruktiven Gründen Beton erforderlich ist, wird Recyclingbeton verwendet. Nur die Unterkonstruktion der Geländer wird aus verzinktem Stahl hergestellt, um statische Erfordernisse zu erfüllen. Ebenso wie die Intervention Brücke sollen auch die baulichen Eingriffe in den Landschaftsraum in einem planungs- und baubegleitendem Bewertungsverfahren überprüft werden. Der Wiesenhang und die Gehölzränder sollen in ihrer natürlichen Typologie gestärkt und im Zusammenwirken mit den angrenzenden Biotopen als artenreiches Habitat weiterentwickelt werden. Die Zonierung der Nutzbereiche und die darüber hinausgehenden Trittsteine sollen dabei die Beziehung Mensch und Natur in einem respektvollen Verhältnis lenken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Brücken- und Wegeentwurf verfolgt das Ziel, eine Verbindung der Unter- zur Oberstadt vom Kaibach zum Alfred-Delp-Quartier, vom Start- bis zum Zielquartier, vollständig und umfassend zu denken. Dieser ganzheitliche und interessante Nachhaltigkeitsansatz ist gut vorgetragen und dies wird gewürdigt. Sinnvolle, alltagstaugliche aber auch abwechslungsreiche Wegestationen sind lobenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Grundsätzlich fügen sie sich allesamt sinnvoll in Hang, Landschaft und Stadtkörper. Sie bilden damit eine kontinuierliche Folge. Die Kehren der Schneegartenquerung setzen sich dann hangaufwärts großmaßstäblicher in sechs Hangkehren fort, die dann als Kreuzungsbauwerk auf den bestehenden Stützen ausschwingen. Das Wegesystem im Freibad bleibt erhalten, der Tunnel behält seine Nutzung. Die Behandlung der freibleibenden Hangflächen wirkt mit den eher als Zäsur auftretenden Hangterrassen etwas willkürlich.

Als sehr interessant und lobenswert wird der bestandsorientierte Ansatz gesehen, die bestehenden Stützen der Querung weiterzuverwenden. Damit werden die kostenintensiven Bauteile der Gründung und Aufständerung gemieden, was großen Charme birgt. Eine provisorische Querungshilfe wird allerdings während der Bauzeit von Nöten sein. Der Re-use Gedanke wird von den Verfassern glaubwürdig und ernsthaft vorgetragen. Die harten gestalterischen Brüche, die mit diesem Ansatz einhergehen, werden aber äußert kritisch bewertet. So wird die Ausbildung der variierenden Anschlüsse an die Bestandsstützenköpfe als wenig vorzeigbar, ja sogar in die „bricolagehafte“ abrutschende Geste interpretiert. Die Materialwahl des Überbaus ist nicht nachvollziehbar: ein verdübeltes, 40cm hohes Brettstapelelement ist in gekrümmter Form nicht herstellbar. Auch der 18m lange gekrümmte Gerber-Träger wirft große statische Fragen auf, die bis zum Transport bei Vorfertigung reichen.

Die Restlebensdauer der weiterverwendeten Bestandsstützen bleibt offen. Fahrdynamisch stellt die für die Brücke vorgeschlagene doppel-S-Trassierung, die mit zusätzlichen Stützenstellungen erkauft ist, nicht den für Radfahrerinnen und Radfahrer optimalen Weg dar. In der Bilanz der Höhenüberbrückung entspricht der Beitrag den Vorgaben der Auslobung. In der Gesamtschau ist aber ebenso festzustellen, dass die Wegebreite durchgängig unter den Vorgaben bleibt. Die beidseitige Wegeanbindung an den Bestand wurde wiederum sehr gut gelöst.

Insgesamt stellt die Arbeit einen an den Fragen der Zeit orientierten Lösungsansatz dar, der einen guten wirtschaftlichen Gesamteindruck hinterlässt. Die gestalterischen Brüche, die der Vorschlag aber mit sich bringt, mindern jedoch dessen Qualität.
Abgabeplan Seite 1

Abgabeplan Seite 1

Abgabeplan Seite 2

Abgabeplan Seite 2

Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000

D1 - Platz am Schneegarten

D1 - Platz am Schneegarten

D2 - Waldspielplatz

D2 - Waldspielplatz

D3 - Panorama-Balkon

D3 - Panorama-Balkon

D4 - Brückenbeginn

D4 - Brückenbeginn

D5 - Brückenübergang am Freibad

D5 - Brückenübergang am Freibad

Visualisierung

Visualisierung