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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Neubau Pflegeheim in Walldorf

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

ABMP Architektur und Generalplanung Munkel Preßer PartG mbB

Architektur

AG FREIRAUM

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort
Mit dem Standort an der Spitze des Areals „Walldorf Süd“ bildet das Grundstück den Auftakt für die weitere Entwicklung des Wohngebiets und schließt an die „neue sozialen Mitte“ und die zentrale Walldorfer Wohnstadt an. Der Standort des Pflegeheims zwischen der ruhigen Wohnlage und der lebendigen Innenstadt spiegelt damit die beiden Anforderungen an den Entwurf wieder: Wie können die Bewohner Ihren Lebensumständen angemessen wohnen und am Leben Ihres Heimatorts teilhaben?

Der Baukörper wird um eine gemeinsame Mitte in drei rechteckigen Flügeln entwickelt. Das erhebliche Bauvolumen wird so in Bauteile gegliedert, die sich jeweils in die Maßstäblichkeit der Umgebungsbebauung einfügen. Die Bauflucht entlang der „Bürgermeister Willinger Straße“ wird aufgenommen. Am Astoriakreisel entsteht durch den Gebäudeversatz Raum für einen Vorplatz. Begrenzt durch die Innenecke des Gebäudes, münden auf diesen Platz die gesamtörtlichen Bezüge aus Richtung „neue soziale Mitte“ und Schloßweg. Das Pflegeheim wird so stadträumlich in den gesamtörtlichen Bezug eingebunden. Am Vorplatz liegt folgerichtig der Haupteingang des Pflegeheims und ein eigener Zugang zum betreuten Wohnen.
Die Erschließung der Tiefgarage, sowie Andienung und Zugang Personal erfolgt getrennt über die Gebäudewestseite. Der bestehende Parkplatz am Astoriakreisel wird um die notwendigen zusätzlichen Parkplätze ergänzt, der Vorplatz kann dadurch weitgehend autofrei sein.
Die Gärten des Pflegeheims, der Tagespflege und der Demenzgruppe liegen alle zum südlichen Grünzug. Durch die Gebäudesetzung parallel zur nördlichen Bauflucht entstehen auf dieser Grundstücksseite ausreichender Abstand zur angrenzenden Wohnbebauung und dreieckige Außenräume als Aufweitungen des Grünzugs.

Freianlagen
Die Gärten des Pflegeheims, der Tagespflege und der Demenzgruppe liegen alle zum südlichen Grünzug und erweitern diesen durch dreieckig angelegte Außenräume.
Durch die Gebäudesetzung parallel zur nördlichen Bauflucht entsteht auf der südlichen Grundstücksseite ausreichend Abstand zur angrenzenden Wohnbebauung und ermöglicht überschaubare Außenbereiche, die der Nutzung angemessen sind.
Über ein übersichtlich angelegtes Wegenetz wird das Pflegeheim im Quartiersgefüge verankert, wobei an bereits bestehenden Wegeverbindungen angeknüpft wird sowie neue Verbindungen geschaffen werden.
Der Demenzgarten ist mit einem Rundlauf und verschiedenen Stationen versehen, welche die fünf Sinne ansprechen und für Orientierung und Halt sorgen. Pergola, Hochbeete, Brunnen, verschiedenen klimaangepasste Blumen, Stauden- und Gräserflächen, etc. laden zum Sehen, Spüren, Erleben und Verweilen ein. Eine Hainbuchhecke schirmt die an Demenz erkrankten Bewohner ab.
Im Bereich der Tagespflege werden ebenfalls Stationen zu Schärfung der eigenen Sinne angeboten sowie verschiedene generationsübergreifende Möglichkeiten zum Ausruhen, Treffen, Spielen und Sport machen. Ergänzt werden die vom Pflegeheim benötigten Freibereiche durch ein Kinderspielbereich sowie Spielwiesen und Bauminseln. Dieser Bereich ist frei zugänglich, wird aber durch eine mittig platzierte Hecke teilweise abgeschirmt, sodass ein sanfter Übergang entsteht von innen nach außen.
Für die Wege- und Platzflächen ist wasserdurchlässiger, gebundener Schotterbelag vorgesehen. Für die Parkanlagen sind, wo möglich Großbäume und Großsträucher vorgesehen, gemischt verwendet, aus klimaverträglichen Bäumen wie z.B. Silber- Ölweide, Mehlbeere, Elsbeere, Hopfenbuche, Feldahorn, Spitzahorn und Scharlacheiche. Stauden-Gräser Mischungen bestehen aus trocken- und hitzeverträglichen Sorten.

Nutzung
Das Pflegeheim selbst ist über drei Geschosse organisiert. Die Erdgeschossebene nimmt die allgemeinen Funktionsbereiche auf: Haupteingang, Veranstaltungsräume und Küche, Verwaltung, Lager und Andienung.
Am Haupteingang liegen mit dem Mehrzweck- und den Jokerräumen die Nutzungen, die auch Angebote an Hausgäste sein können. Hier wird auch direkt die Tagespflege für die ambulante Betreuung erreicht.
Die Demenzgruppe liegt ruhiger im süd-westlichen Bereich und folgt in ihrem Aufbau den Wohngruppen in den Obergeschossen. Über die Loggia wird ein geschlossener Garten betreten, zusätzlich kann der Lichthof für die Demenzgruppe geöffnet werden.
Verbunden werden alle Etagen durch ein zentral liegendes Treppenhaus. Durch den angrenzenden Lichthof entstehen hier für Besucher und Bewohner Blickbeziehungen zwischen allen Stockwerken.
Die beiden nahezu baugleichen Obergeschosse beherbergen jeweils drei Wohngruppen. Am Treppenraum liegen zentral Arztzimmer und der Pflegestützpunkt, von dem aus bei Nachtwachen alle Wohngruppen im Geschoss betreut werden.
In den Wohngruppen ist im vorgesehenen Hausgemeinschaftskonzept der gemeinsame Aufenthaltsbereich der Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens in der Gruppe. Hier wird gemeinsam gekocht und gegessen. Der Wohnbereich lädt zum Aufenthalt ein. Davor liegt eine große Loggia. Die gesamte Wohngruppe ist um den zentralen Lichthof organisiert, über den Licht in den Kern des Gebäudes fällt. Mit den hier möglichen Blickbeziehungen, der Überschaubarkeit und dem Sonnenlicht entsteht an diesen Lichthöfen trotz großer Gebäudetiefen zusätzliche Aufenthaltsqualität.
Das Leben der Bewohner spielt sich zu einem großen Teil in ihren Zimmern ab. Das große Fenster mit einer niedrigen Brüstung bietet einen offenen Blick nach außen und ermöglicht das Beobachten des Lebens in der Umgebung.
Jede Wohngruppe verfügt über je zwei bauliche Rettungswege, zum einen über den zentralen Treppenraum zum anderen über den Zugang zu einer zweiten Treppe.
Das betreute Wohnen im Dachgeschoss ist unabhängig vom Pflegeheim als Gruppe von drei Häusern auf dem begrünten Flachdach entwickelt. Erschlossen wird es über einen eigenen Zugang neben dem Eingang in das Pflegeheim. Die drei Baukörper werden über offene Zuwege erreicht, im großen Dachgarten mit Blick über Walldorf bestehen Möglichkeiten zum Treffen und nachbarschaftlichen Austausch. Die Einbindung der Bewohner in Pflege und Bewirtschaftung einer intensiven Dachbegrünung ist ein zusätzliches Potential.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Baumasse des Gesamtbaukörpers entwickelt sich aus der Geometrie der Bürgermeister-WillingerStraße und gliedert sich orthogonal nach Süden mit drei stark verschränkten Baukörpern. Das Gesamtvolumen ist baukörperlich und durch drei Atrien gegliedert und je Baukörper, ist ein „Wohnhaus“ an den Dachaußenkanten orientiert mit Wohnnutzung aufgesetzt. Die Baumasse ist im nordwestlichen Bereich des Grundstückes konzentriert, sodass der Grünzug zum 1. Bauabschnitt Walldorf-Süd geweitet wird. Zum Astoria-Kreisel entsteht über eine Innenecke des Baukörpers eine Zugangssituation mit großzügigem gestaltetem Vorplatz. Anlieferung und Zufahrt Tiefgarage befinden sich untergeordnet auf der Westseite der Quartiersstraße. Für den Zugang zu den Seniorenwohnungen gibt es eigene Zugänge in zwei Ecksituationen. Das Gesamtkonzept der Entwurfsverfasser ist relativ einfach und unprätentiös, löst jedoch Zugänge und Freiraumbeziehungen sinnvoll und nachvollziehbar. Die guten zugeordneten Freiraumangebote könnten hinsichtlich Funktion und Gestaltung durchaus noch Optimierungen erfahren. Der bestehende öffentliche Stellplatz erhält eine moderate Erweiterung. Im Freibereich beim Hauptzugang sollten ergänzende gedeckte Fahrradabstellplätze angeboten werden. Mit dem gegliederten Volumen werden gut zugeordnete Freibereiche für das Gesamthaus mit einer stimmigen städtebaulichen Setzung geschaffen, die auf den jeweiligen Seiten eine entsprechende Orientierung erlauben. 

Vom gut sichtbaren Hauptzugang lassen sich über das östliche Atrium belichtet, die Haupterschließungselemente einfach finden. Die Tagespflege schließt sich direkt an dem Hauptzugang gut positioniert an. Hier wäre ein ergänzender separater Zugang wünschenswert. Die Demenzgruppe ist richtigerweise etwas nach Süden mit eigenem Garten abgerückt. Zum öffentlichen Straßenraum direkt an der BMW-Straße sind Funktionsräume angelegt. „Mehrzweckraum“ und „Raum der Stille“ sollten nebeneinander angeordnet werden. Die Pflegegeschosse werden über einen ausreichend dimensionierten belichteten zentralen Erschließungsbereich erschlossen, an den auch der Pflegestützpunkt liegt. Die Aufenthaltsbereiche der Gruppen spannen sich zwischen Atrium und Loggia außen auf und haben somit ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität mit Tageslicht. Die gut proportionierten Atrien belichten auch weite Teile der Flurbereiche in den Gruppen. Rundläufe in den Gruppen sind teilweise möglich. 

Das Wohngeschoss mit Seniorenwohnungen gliedert sich in drei von der Dachkante zurückgesetzte Häuser, die über eine Dachterrasse erschlossen werden. Die Wohnungen sind beidseitig orientiert und haben einen gedeckten Vorbereich. Eine ergänzende gedeckte Anbindung zu den Treppenkernen und Windfänge zu den Wohnungen wäre wünschenswert. Die rein nordorientierten Wohnungen könnte durchaus überdacht werden. Die Geländer der Freibereiche der Wohnungen sind im Bereich der Attika des Hauptbaukörpers nicht gelöst. Das Geschoss kann mit einem Aufzug angedient werden. Unter dem nördlichen Baukörper ist in einer Teilunterkellerung eine Tiefgarage mit ca. 38 Stellplätze angelegt, was zur Entspannung der Freianlagen beiträgt, aber auch zu ergänzendem Aufwand beiträgt. Durch die Tiefgarage sind teilweise Atrium unterbaut, hier wäre ein Erdanschluss im Sinne der Begrünung zu prüfen.

Der Baukörper ist als Skelettbau in Beton gedacht. Der räumliche Ausbau und die Fassaden der Obergeschosse sollen als Holzkonstruktionen ausgeführt werden. Hier wäre ein intensiverer Einsatz von Holzkonstruktionen wünschenswert und aufgrund der grundsätzlichen Geometrie auch denkbar. Die Gliederung der Fassaden unter einer auskragenden Attika ist bis auf das Erdgeschoss aus Holz gedacht und weist eine gute Befensterung mit Lüftungsklappen auf. Diese Gliederung ist teilweise etwas schematisch. Der Gesamtbaukörper wirkt mit seiner dreigeschossigen Basis sehr maßstäblich und zeigt einen sehr zurückhaltenden Gesamteindruck, welcher der sensiblen Nutzung durchaus nachkommt. Die Anbindung der Wohnhäuser auf dem Dach ist dabei zu konkretisieren.

Die Zuordnungen des Raumprogramms und die Verteilung der Funktionen sind angemessen und funktional gut abgebildet. Die Gesamtanlage erscheint kompakt, ohne eine Enge in den Räumen entstehen zu lassen. Baukörper und Ausformung liegen in einem guten mittleren Bereich leicht über dem Durchschnitt, dennoch macht die Gesamtanlage einen wirtschaftlichen Eindruck. Die Konstruktion weist nachhaltige Elemente auf, die jedoch in der Weiterplanung weiter zu optimieren wären.

Auch wenn die sachliche Zurückhaltung des Hauses wenig spektakulär wirkt, werden die Nutzungen mit hoher Qualität sehr gut bedient, die städtebauliche Maßstäblichkeit sensibel gewahrt und trotzdem ein Gebäude entwickelt, welches als Ankerpunkt im Umfeld in Walldorf-Süd seine wichtige Position einnehmen kann und eine angemessene zukunftsfähige Lösung darstellt.