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Einladungswettbewerb | 12/2023

Quartier an der Marienburger Straße in München

Grünes Entrée

Grünes Entrée

2. Preis

Preisgeld: 27.000 EUR

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Stadtplanung / Städtebau

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Max-Niggl-Quartier „Grünes Wohnen an der Marienburger Straße“
Ein robustes städtebauliches und freiraumplanerisches Gerüst – in zwei Varianten


Städtebauliche und landschaftsplanerische Leitidee

Die zugrundeliegende Leitidee für die Entwicklung des Max-Niggl-Quartiers ist im Einklang mit den Zielen einer integralen Stadtquartiersplanung und den zentralen Anforderungen des Klimaschutzes (Klima- & CO2-Neutralität) sowie den notwendigen Anpassungen an den Klimawandel entstanden. Der Entwurf orientiert sich hierbei deshalb auch an den Leitbildern der Leipzig Charta und setzt nachhaltig auf die Minimierung von Flächenverbrauch und Flächenversiegelung, kompakte Baustrukturen, die Freihaltung von wichtigen Kaltluftleitbahnen zur Durchlüftung, die Reduzierung des induzierten Energieverbrauchs aber auch eine autofreie Erschließung, eine lebendige Nutzungsmischung, und die größtmögliche soziale Verträglichkeit. Dadurch ermöglicht das vorgeschlagene Konzept die Entstehung eines Wohnumfeldes, welches auch in Zukunft vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen ein attraktives und angenehmes städtisches Wohnen ermöglichen wird.

Durch die Verlagerung der auf dem Wettbewerbsgebiet ansässigen Bestandsnutzung ergeben sich für diesen vormals gewerblich geprägten Standort große Potenziale für eine integrale Quartiersentwicklung, aber auch herausfordernde Fragestellungen für eine zukünftige Wohnnutzung. Dabei spielt das städtebauliche Gefüge und der richtige Umgang mit den stark belasteten Verkehrsräumen von Englschalkinger Straße sowie der potenzielle Ausbau der östlich angrenzenden Bahntrasse die entscheidende Rolle, damit sich an diesem Ort ein attraktives neues wohngeprägtes Mischquartier entwickeln kann. Der südliche Teil ist der erste Realisierungsabschnitt einer etwas größeren Quartiersentwicklung und muss daher für sich selbst stark sein als auch später im Gesamtkontext aufgehen.

Ortsbildprägende Bauten, wie das denkmalgeschützte Bürogebäude sowie die bestehende Lagerhalle 2 geben dem Areal zusammen mit der erhaltenswerten Baumsubstanz einen eigenen Charme – der jedoch für die Öffentlichkeit durch die Nutzung als Gewerbefläche bislang weitestgehend nicht zugänglich war. Der Entwurf versteht die Integration des baulichen und des freiräumlichen Bestandes als eine wesentliche Grundlage. Diese bereits vorhandenen Orte werden zu wesentlichen Platzräumen und Begegnungsorten im zukünftigen Max-Niggl-Quartier.

Aufgrund der starken, auf zwei Seiten verlaufenden Verlärmung durch die hohe Verkehrsbelastung (mehrspurige Englschalkinger Straße im Norden, sowie viergleisiger Ausbau Bahnlinie im Osten), müssen innere Qualitäten mit einer spürbaren Großzügigkeit und einem großen Potenzial für Luftaustausch und ohne innere Verkehre entstehen. Um dies zu erreichen, werden zwei große grüne Wohnhöfe gefasst, die klare Kanten zur Bahngleise und einen behutsamen Übergang zur Marienburger Straße ausbilden. Private Grünräume ordnen sich lärmgeschützt nach innen. Schmale Sondernutzungsflächen erhalten mit wilden Blütenhecken ihre Privatsphäre. Zentral und von allen Treppenhäusern erreichbar, bieten die Innenhöfe Spiel- und Treffmöglichkeiten für alle Bewohner. Durch eine relativ geringflächige Unterbauung können nahezu alle Bestandsbäume stehen bleiben, neue Großbäume gepflanzt werden und Wiesenversickerungsmulden für das Dachwasser angelegt werden. Ergänzt werden diese Gemeinschaftsräume durch nutzbare Dächer mit Terrassen und Hochbeeten zum gemeinsamen Gärtnern. Durch eine intelligente Grundrissorientierung und Sicherheitstreppenhäuser ist eine Befahrung der Innenhöfe durch die Feuerwehr nicht notwendig. Die übrigen Dachflächen sind als Retentionsdächer mit Biodiversitätsbegrünung und Photovoltaik optimal ausgenutzt. Auch die Fassaden werden, wo immer sinnvoll, flächig begrünt.

Ergänzt werden die beiden Wohnhöfe durch zwei solitäre Bauten. Der im Norden an der Kreuzung Englschalkinger Straße und Bahngleise liegende Baukörper bildet durch seine teils VI-geschossige Höhe ein Merkzeichen am neuen Kreuzungspunkt für das Quartier. Der zweite solitäre Baustein mit Kita im Erdgeschoss bildet die Schnittstelle „am Wäldchen“ zur Marienburger Straße und der angrenzenden Nachbarschaft. Eine weitere Kita wird in den südlichen Hof integriert.

Die Bebauung der Höfe setzt sich dabei aus Einzelbaukörpern zusammen, die grundsätzlich eine IV- bis V-Geschossigkeit vorsehen, zu den Gleisen im Osten wird als Lärmschutz für die dahinterliegende Bebauung ein zusätzliches Geschoss vorgesehen.
In den Erdgeschosszonen entlang der Englschalkinger Straße werden Büro-, Dienstleistungs-, und Handelsnutzungen vorgesehen, eine großzügiges Fahrraddeck in Kombination mit einem Mobility Hub grenzt unmittelbar an die neu geplante U-Bahn-Station im Norden an und sorgt für eine gute Anbindung und Vernetzung an und rund um das Quartier und bildet im Norden den Auftakt für die zentral verlaufende Fuß- sowie Radwegeanbindungen an das Max-Niggl-Quartier. Auch die ost-west Vernetzung mit den beiden Quartiersgassen und den damit verbundenen Anschlüssen an die bestehende Libauer Straße und Putziger Straße sowie das, der Baltenstraße gegenüberliegende, Grüne Entrée am Wäldchen vervollständigen das engmaschige Fuß- und Radwegenetz im Quartier.

Entlang der südlichen Quartiersgasse Richtung „Halle 2“ uns somit zentral im Quartier orientieren sich in den Erdgeschosszonen die Pflegewohngemeinschaften sowie die ambulante Tagespflege mit ihren entsprechenden Garten- und Freiflächen. Das Quartier ist somit in allen Bereichen und Richtungen durchquerbar und immer wieder durch die Platzsequenzen zu Aufenthaltsbereichen aufgeweitet.
Die Gebäude werden alle von außen erschlossen, sodass zu keiner Seite hin Rückseiten gebildet werden müssen. Wohnnutzungen im Erdgeschoss werden als Hochparterre ausgebildet, um privates und sichtgeschütztes Wohnen auch im Erdgeschoss zu ermöglichen.

Insgesamt entsteht entlang der Englschalkinger Straße, der Marienburger Straße sowie entlang der Bahn ein selbstbewusster und urbaner Quartiersbaustein mit einer klaren Haltung nach außen und großer innerer Qualität.

Die Hauptverkehre durch den Individualverkehr werden unmittelbar am Norden von der Englschalkinger Straße aus abgefangen und in die abschnittsweise realisierbare Tiefgarage mit Stellplatzangebot für PKW sowie Fahrrad und Lastenräder mit entsprechender Ladeinfrastruktur für E-Mobilität geführt.

Freiraumangebot

Die drei, an den Quartiersgassen gelegenen, Platzräume im Quartier haben ihren ganz eigenen Charme und vielfältige Nutzungsprägung. Sie bieten für Jung und Alt, Quartiersbewohner und Nachbarschaft ein lebendiges Angebot.

Der Lesegarten
Der Garten an der denkmalgeschützten Villa im Norden entfaltet sich als ruhiger Aufenthaltsort, zum Treffen, Lesen, Boule, Schach oder Tischtennis spielen oder einfach nur um sich in den üppigen Stauden zu erholen und die darüber schwirrenden Bienen zu beobachten.

Das Wäldchen
Der wilde Hain, geprägt von seinen Bestandsbäumen und deren Unterwuchs, ergänzt um ein weites Rasenfeld mit Retentionsfunktion und naturnahe, wilde Spielangebote bildet an der Marienburger Straße das Grüne Entrée zum Max-Niggl-Quartier.

Die Halle 2
Der kleine offene Platz an der vorhandenen Lagerhalle 2, belebt von dem dortigen Quartiers- und Aktionsangebot, bildet eine weitere Begegnungsplattform für Quartiersbewohner und Nachbarschaft.

Ergänzt werden diese drei Orte durch neue Freiräume im Norden und Süden:

Am Eingang des Quartiers zur Englschalkinger Straße hin öffnet sich ein Baumplatz. Die vielfältigen Wegebeziehungen der mit ÖPNV, zu Fuß oder mit dem Fahrrad Ankommenden zeigen sich darunter offen, sodass vor den vielfältigen Erdgeschossnutzungen ein reges Quartiersleben entsteht. Unter den Baumgruppen bieten sich nichtkommerzielle Aufenthaltsangebote an.

Im Süden schafft der Grünfinger nicht nur die für das Klima gewünschte Frischluftverbindung, sondern auch einen ruhigen Aufenthaltsraum mit für das Quartier übergeordneten Spielangeboten.
Sowohl dieser südliche Grünkorridor, als auch der Baumbestand an der Marienburger Straße, welcher nach Süden ergänzt wird, schaffen einen klimatischen, als auch einen stadträumlichen Puffer gegenüber der Bestandsbebauung.

Soweit möglich wird großflächig der Baumbestand erhalten, geschützt, integriert und mit zahlreichen Großbäumen ergänzt. Die Retentionsflächen werden als sanft modellierte, artenreiche Wiesen angelegt, die mit ihrem wechselfeuchten Charakter zusätzlichen Lebensraum schaffen.

Nur die Haupterschließungen für Anlieferung und Rettung werden als Plattenwege ausgebildet, alle übrigen Verbindungen mit wassergebundener Decke. Alle notwendigen Verkehrsflächen können in jeweils benachbarte Wiesenmulden entwässern und dort versickern. Die Bäume am nördlichen Quartierseingang erhalten zusätzliche Baumrigolen.

(Auszug aus dem Erläuterungstext)

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit leitet sich aus der genauen Analyse des Ortes und der gegebenen Rahmenbedingungen her. Dabei wird nicht nur betrachtet, wie sich die Situation im Augenblick zeigt – der Blick geht weiter und schließt bereits auch die mögliche Stadterweiterung östlich der Bahn mit ein.

Auf dem Grundstück vorgefundene Baumbestände, das Baudenkmal der alten Fabrikantenvilla sowie eine der alten Lagerhallen der Fa. Niggl wurden als für den Entwurf bindend betrachtet und in die neuen Baustrukturen eingewoben. Dadurch gewinnt der Entwurf eine stabile Bindung zum Ort – die Formung der Baukörper leitet sich aus diesen Bindungen und der schlüssigen Integration in der Nachbarschaft vorhandener und zukünftiger Wegebeziehung her.

Zwei große Baufelder, die jeweils von außen erschlossen werden, bilden mit zwei Einzelbaukörpern die städtebauliche Figur des Entwurfs. Durch die äußere Erschließung und die dort verorteten Adressen entstehen gut einsehbare und sichere Durchwegungen im Quartier.

Die Baufelder teilen sich in jeweils zwei Höfe, die ruhige Rückzugsorte für die Nachbarschaft bieten. Die Höfe können aufgrund der vorgeschlagenen Sicherheitstreppenhäuser von Feuerwehrzufahren freigehalten werden – allerdings sind sehr breite befestigte Flächen in den Höfen dargestellt, die durchaus auch als Rettungsweg funktionieren könnten.

Die öffentlichen Funktionen haben einen Schwerpunkt an der Zugangssituation zu U- und S- Bahn an der Englschalkinger Straße. Die Kindertagesstätten und der Quartierstreff in der alten Lagerhalle liegen im Quartier richtig und sind den Wohnnutzungen gut zugeordnet. Bei Umsetzung des Bahntunnels kann der Quartierstreff sich zu einem wichtigen Bindeglied in die geplanten Quartiere östlich der Bahn entwickeln.

Die Höhenentwicklung reicht von sechsgeschossigen Gebäuden an der Bahn – die den Schallschutz für das dahinterliegende Wohnfeld herstellen – über fünf Geschosse im Mittelbereich zu vier Geschossen an der Marienburger Straße. Der Abstand zur Marienburger Straße und ihrem Baumsaum scheint allerdings zu knapp bemessen zu sein. Zwischen den fünfgeschossigen Baukörpern im Südwesten und der angrenzenden Einfamilienhausbebauung schiebt sich das öffentliche Grün als vermittelndes Element. Der viergeschossige Solitär gegenüber der Putziger Straße wird in seiner direkten Nachbarschaft zu den angrenzenden Einfamilienhäusern kritisch gesehen – vielleicht kann der Baukörper so gedreht werden, dass sein zweigeschossiger Teil zur Straße zeigt. Im Ideenteil lässt die dreigeschoßige Anschlussbebauung dem Denkmal genügend Raum, der Entwurf kommt ohne Hochhaus aus. Zwischen den beiden Varianten hinsichtlich der Lage der Bahn werden unterschiedliche Baukörpertiefen angeboten. Bei Führung der Bahn in Tunnellage können tiefere Baukörper geplant werden, die dann bei gleicher Geschoßfläche zusätzliche Fugen in der Randbebauung der Höfe erlauben. Die Variante mit den zusätzlichen Fugen wirkt besser in der Nachbarschaft integriert.

Die Grundrisse werden den Anforderungen an den Schallschutz weitgehend gerecht – lediglich an den Ecken mit Schallbeaufschlagung sind einige Grundrisse noch nicht gelöst. Die Grundrisse sind in der Regel mindestens Dreispänner und lassen eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Neben den intensiv begrünten Höfen liegen große Qualitäten des Entwurfs in der Integration des vorhandenen Baumbestands, die insbesondere in einem Pocketpark an der Marienburger Straße als zusammenhängende Gehölzgruppe erhalten werden können. Schwächen in den Freianlagen bestehen noch an der Memeler Straße – hier sollten die von Norden ankommenden Wege mit der Memeler Straße verknüpft werden – ob die Lage der Kitafreifläche richtig verortet ist, muss ebenfalls überprüft werden.

Zum Regenwassermanagement und zum Schwammstadtprinzip sind umfangreiche nachvollziehbare Aussagen gemacht.

Die IV-Erschließung muss für den Realisierungsteil temporär hergestellt werden, liegt aber grundsätzlich richtig. Die Lage der Tiefgarage achtet die Bestandsbäume. GF-Flächenkennwerte, Versiegelung, Grünversorgung sind nicht ganz eingehalten, bewegen sich im Vergleich der Arbeiten in einem günstigen Bereich.
Grüner Innenhof

Grüner Innenhof

Blick in den Lesegarten

Blick in den Lesegarten

Lageplan (Bahntrasse oberirdisch)

Lageplan (Bahntrasse oberirdisch)

Lageplan (Bahntrasse unterirdisch)

Lageplan (Bahntrasse unterirdisch)

Schemagrundriss Erdgeschoss

Schemagrundriss Erdgeschoss

Schemagrundriss Regelgeschoss

Schemagrundriss Regelgeschoss