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Offener Wettbewerb | 12/2023

Bayerische Landesgartenschau 2028 ZukunftsFest in Penzberg

Lageplan Daueranlage

Lageplan Daueranlage

1. Preis

Preisgeld: 49.000 EUR

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

EINLEITUNG - ASPEKTE VON SIEDLUNGSGRÜN UND LANDSCHAFT VERKNÜPFEN
Die Lage Penzbergs ist in seiner landschaftlichen Einbettung sehr privilegiert. Dicht an den Siedlungskernen lagern vielfältige und spannende Landschaften, die jeweils starke und eigenständige Charaktere aufweisen. Moore, Wälder, offene Wiesen, die städtische Berghalde, Bachauen und Seen bieten abwechslungsreiche Naherholungsmöglichkeiten für die Penzberger. Zwischen Stadt und Landschaft vermittelnd kann der zu entwickelnde Grünzug diese Landschaften aufnehmen und mit gärtnerischen und urbaneren Aspekten von Stadt und Siedlung verknüpfen. Streuobstwiesen, Gärten, Anlagen für Spiel und Sport bilden attraktive Kontraste innerhalb der zukünftigen Penzberger Park-Landschaft. Die Landesgartenschau bietet dafür den perfekten Rahmen.

ERLEBEN, WERTSCHÄTZEN, WEITERENTWICKELN
Das Erleben und Vermitteln der natürlichen und kulturellen Reize Penzbergs und seiner vielseitigen Umgebung wird als gesellschaftliche Aufgabe verstanden und bildet das zentrale Anliegen des Entwurfes. Das Verschränken von Stadt und Landschaft in allen Facetten soll helfen, Gegensätze auch in den Köpfen aufzulösen. Umweltschutz und Landnutzung, Naturerleben und Sportaktivitäten, Bewahren und Erneuern sollen keine Gegensätze sein. Vielmehr wollen die unterschiedlichen Aspekte von Landschaft sortiert, behutsam gewichtet und spürbar kontrastiert werden. Wer Natur schützen soll, muss ihren Wert erkennen. Dieses gemeinsame Entdecken und Erkunden versucht der Entwurf in seiner Grundstruktur zu ermöglichen. Es entstehen großräumige Ausblicke, Rundumblicke sowie detailgenaue Einblicke in die Landschaft.

SZENEN DER LANDSCHAFT
Die fünf charakteristischen, landschaftlich unterschiedlichen Abschnitte des zentralen Grünzugs werden als individuelle Atmosphären erkannt, abgesteckt und in ihrem individuellen Charakter gestärkt. Dabei werden die Trennlinien bewusst entschärft, indem prägende und begleitende Elemente in den Abschnitten kombiniert auftreten. Gleiswildnis im Bahnbogen, Bacherleben in der Bachmeile, Mooreindrücke und Naturwald im Abschnitt der Urbanen Wildnis und Parklandschaft am Schloßbichl stärken sich gegenseitig zu einem zusammenhängenden Grünen Band, das die Penzberger Stadtteile miteinander verknüpft. Eine durchgängige Promenade dient als kraftvoller Verbinder und leitet die Flaneure durch vielfältige Szenen der Landschaft.

PENZBERGER PERLEN
Entsprechend des jeweiligen Charakters des Grünzugs werden passende punktuelle Maßnahmen in die Landschaft integriert, die allen in Penzberg zur Verfügung stehen. Vorhandene Elemente wie der Säubach oder die Säubachwiese, Moorreste, Wälder und Wiesen bleiben erhalten oder werden sanft zugänglich und erlebbar gemacht. Urbanere Elemente wie Gemeinschafts-Gärten, die Spielplätze ,Biberburg’ und ,Lore’ oder der Breitfilz-Turm schaffen intensive Anziehungspunkte entlang der Perlenschnur (Promenade). Einen besonderen Aspekt bilden abwechslungsreiche Blickpunkte, deren Inszenierung zum Genuss der Landschaft beiträgt.

Rurale Wildnis im Bahnbogen
Vom Bahnhof kommend werden die Besucher*innen und Penzberger*innen entlang des historischen Bahnbogens durch die Strahlkraft des markanten Breitfilz-Turms eingeladen das gesamte Gelände des Grünrings zu erkunden. Der vorhandene Charakter der Bahnwildnis im Bahnbogen wird durch Ergänzungen von Birken und Schwarzkiefern gestärkt. Blühende Ökoschotter-Flächen sowie in den Weg eingebrachte Gleisrelikte erinnern an die industrielle Nutzung des Bahnbogens zu Zeiten des Bergbaus.

ImZusammenhang mit dem Stegsystem wird die Landmarke des Breitfilz-Turms gesetzt. Die Verortung des hölzernen Turmes in der Sichtachse des südlichen Bahnbogens leitet die Besucher in die nördlichen Abschnitte des Grünrings. Weite Ausblicke über die Baumkronen zum Breitfilzmoor sowie auf die gesamte Parkstruktur bieten Orientierung.

Bachrenaturierung als Prämisse
Um das vorhandene Potential des Grünzugs durch den Säubach zu entfalten und den Wert des Bachlaufs zu erhöhen werden Maßnahmen zur Renaturierung vorgeschlagen. Abgeflachte Uferabschnitte schaffen Retentionsvolumen und Feuchtwiesen, leichte Bachschwünge sowie Flachwasserzonen schaffen durch Prall- und Gleithänge spezifische Lebensräume und unterschiedliche Strömungen und durch das gezielte Einbringen von Ansitzsteinen, Totholz und bachtypischen Ufergehölzen wie Weiden und Erlen werden neue Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten geschaffen.

Gärten für Alle
Die große Freifläche an der Bachmeilen-Promenade wird als „Gartenakademie“ zu einem gesellschaftlich produktiven Ort für Alle entwickelt. Heckenstrukturen formen kleinere Parzellen, die von Schulen, Kitas, Vereinen und allen engagierten Penzbergern zum Gärtnern und Ernten, sowie als Urban Farming-Acker oder Gemeinschaftsgarten genutzt werden können. Ein grünes Klassenzimmer und der Gartenpavillon mit Ausstellungs- und Geräteraum bieten simple Infrastrukturen zur Umweltbildung vor Ort.

Die Säubachwiese - Rundumblicke in die Natur
Als offener, multifunktional nutzbarer Grünraum wird die Säubachwiese als nördlicher Auftakt/Abschluss der Bachmeile und als „Stadteingang“ betont. Die Fußgänger-Promenade, die alle Abschnitte des Grünzugs durchläuft, wird hier zu einem Rundweg gestaltet. Zwischen einer zentralen Wiese und den naturnahen und gärtnerischen Partien rundherum vermittelnd, hebt sich der Ort als nutzbares Penzberg-Diorama hervor. Als besonderes Highlight werden steinerne Sitzstufen zum renaturierten Säubach eingebracht, um den direkten Bezug zum Wasser herzustellen. In der flachen Bachschlaufe sowie auf der Kiesinsel entstehen neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Natürliches Kneipen, kontemplative Blicke aufs Wasser, Spielen auf der Wiese, Flanieren, Joggen, Schaukeln - für alle Generationen gibt es sanfte und ruhige Nutzungsangebote. Der Bach wird zum spürbaren Erlebnis.

Urbane Wildnis
Zwischen geschütztem Naturwald und sportlichen Angeboten verläuft der natürliche Abschnitt des Säubachs, welcher weiter renaturiert wird und insbesondere mit einem weiteren und flacherem Profil gestaltet wird. Großzügige Retentionswiesen bieten Volumen im Hochwasserfall und bieten lange Wiesenstufen zum Aufenthalt. Die Promenade wird durch eine direkte Treppe vom Schloßbichl kommend ergänzt. Im weiteren Verlauf ist die Promenade als Höhenweg entlang der Retentionswiesen gestaltet und leitet gen Norden zum markanten Moorerlebnisring. Die Bündelung von geschützten Landschaftsbestandteilen an der Bachgabelung des Säubachs wird zum Anlass genommen diesen besonderen Ort zu einem Highlight für die Besucher*innen zu entwickeln. Die markante Geste des Moorerlebnisrings als schwebender Infinity-Ring schafft einen hohen Wiederkennungs- sowie identitätsstiftenden Wert. Die barrierefreie Erschließung des unteren Niveaus lädt alle Menschen ein die wertvolle Natur im Detail zu betrachten. Einblicke ins Wasser des Säubachs, die Biotopfläche des Restmoores mit seinem Wollgras, Totholz-Strukturen und der angrenzende Naturwald als Kulisse bieten eine eindrückliche Naturerfahrung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser erkennen in der Ortssituation Szenen einer Landschaft, die sie unter das Motto Erleben, Wertschätzen und Weiterentwickeln stellen. Als Szenen werden im Realisierungs- und Ideenteil der Bahnbogen, die Bachmeile und die Urbane Wildnis unterteilt, die sich über den Schlossbichl und die Stadtmeile zukünftig zu einem Gesamtgefüge zusammenführen. Innerhalb dieser Räume bewegt sich die neue Gestaltung im Wesentlichen entlang des bestehenden Wegenetzes und greift zum großen Teil sehr behutsam in Bestandsstrukturen ein. Die Wege selbst sind dabei gestaltende Elemente. Mit sensiblem Gespür für Materialität werden einzelne Wegeabschnitte charakteristisch herausgearbeitet, wie beispielsweise am Bahnbogen mit Zitaten der Gleise oder naturnahe, untergeordnete Wege als Holzstege durch die Restmoorflächen.

Das Thema Erleben inszeniert die Arbeit in jedem der 3 Teilbereiche mit markanten Elementen, die in starker Formensprache kreisartig angelegt werden. So wird im Bahnbogenareal im Bereich der Restmoorflächen ein großer Aussichtsturm gesetzt, von dem aus Blickbezüge in das Hochmoor Breitfilz verknüpft werden. Zweites Element ist ein starker Zirkelschlag im Bereich der Seeshaupter Straße an der Säubachwiese. 3. Element bildet eine sich an den Fluss nach unten wendelnde Spirale, die nasse, moorige Waldund Wiesenflächen erlebbar macht. Die Setzung des Aussichtspunkts und das wertig gestaltete Moorerlebnis können gut überzeugen. Sehr kritisch bemerkt wird die fast erzwungen wirkende kreisrunde Wegeführung und Gestaltung an der Seeshaupter Straße auf der biotopgeschützten Wiese. Hier scheint die Arbeit fast einem Formalismus zu erliegen und schwächt deutlich den sonst sensiblen Umgang mit den Naturräumen und dem Bestand. Positiv gesehen wird die punktuelle und ansprechende Inszenierung des Bacherlebnisses entlang der Bachmeile. Ebenfalls überzeugt die zurückhaltende Wegeführung entlang des neuen Hochwasserdamms mit ihren Abtreppungen, die Aufenthaltsflächen und Sichtbezüge zum Naturwald möglich machen.

Die Arbeit setzt sich mit Umlenkungen und Anknüpfpunkten des Wegenetzes auseinander. So wird hier z.B. am Bahnbogen in einer Aufweitung ein Bauspielplatz zum Thema Bahn gesetzt, ein kleiner Auftaktplatz an der Bachmeile gestaltet und eine neue Treppe am zukünftigen Einlaufbauwerk am Schlossbichl angeboten. Der Bahndamm selbst bleibt im Wesentlichen im Bestand erhalten und wird mit Rastmöglichkeiten bestückt, die im Dialog zum mit Schwerpunkt Bewegung und Sport gestalteten Bahnbogen stehen. Die Arbeit leistet im Übergang zu den Baustrukturen sinnhafte Beziehungen, wie z.B. der Spielplatz an der Schule und passende Freiflächennutzungen im Friedhofsbereich. Dem Grünen Klassenzimmer fehlt dort leider der Bezug zu den Bildungseinrichtungen.

Das Ausstellungskonzept weist alle notwendigen Flächen aus, der Rundweg scheint schlüssig, allerdings sind wichtige alltägliche Wegeverbindungen derzeit durch Zaunanlagen abgekappt (ehemaliger Bahndamm). Weiterhin befinden sich zentrale Ausstellungsflächen wie Bühne und Blumenhalle in Biotopbereichen der Feuchtwiese. Dies wird als Standortwahl kritisch gesehen.

In Hinsicht auf den Hochwasserschutz funktionieren die Gestaltung an den Schulen und die Promenade auf der Dammkrone am neuen Schwimmbad sehr gut. Weitere Aufschüttungen (Bermen) als zweite Promenade am Damm reduzieren den Retentionsraum und können ohne Ausgleich nicht realisiert werden.

Insgesamt überzeugt die Arbeit in der Daueranlage durch das Herausarbeiten und Erlebbarmachen der bestehenden verschiedenen Natur- und Stadträume und durch die qualitätvolle Ausformulierung und Gestaltung der gewählten Aufenthaltsbereiche, die für alle Nutzergruppen gut gedacht sind. Die Weiterentwicklung der Biotopstrukturen und Artenvielfalt ist im Konzept erkennbar. Die Inszenierung des Hoch- und Tiefpunktes zum spektakulären Naturerlebnis ist im Kontrast zur sonstigen Zurückhaltung gut gewählt. Sehr kritisch hinterfragt wird die Überformung und der Eingriff im Biotopbereich der Feuchtwiese, die weder räumlich noch inhaltlich hier überzeugen kann.
Moorerlebnisring am Säubach

Moorerlebnisring am Säubach

Bahnbogen mit Blick zum Breitfilzturm

Bahnbogen mit Blick zum Breitfilzturm

Lageplan Gartenschau

Lageplan Gartenschau

Moorerlebnisring am Säubach

Moorerlebnisring am Säubach

Moorerlebnisring am Säubach

Moorerlebnisring am Säubach

Ausblicke und Einblicke

Ausblicke und Einblicke

Szenen der Landschaft

Szenen der Landschaft

Lageplan

Lageplan

Säubachwiese

Säubachwiese

Gartenakademie

Gartenakademie

Penzberger Perlen

Penzberger Perlen

Breitfilzturm am Steg

Breitfilzturm am Steg

Säubachrenaturierung

Säubachrenaturierung

Bahnbogen und Dammweg

Bahnbogen und Dammweg