modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

geladener Ideen- und Realisierungswettbewerb in einem kooperativen Verfahren | 11/2023

Innovationsquartier Frankfurter Ring in MĂĽnchen

1. Preis / Realisierungsteil

Preisgeld: 145.000 EUR

ROBERTNEUN™

Architektur

LOHRENGEL LANDSCHAFT

Landschaftsarchitektur

werk5 GmbH, Modellbau Berlin

Modellbau

Erläuterungstext

FRANKFURTER RING 227 IN MĂśNCHEN

Die gewachsene, produktive Stadt
Bei der Fragestellung nach einem zeitgenössischen Gewerbehofquartier, also einer Mischung aus Verwaltungs- und Produktionsaufgaben kommen uns Assoziationen in den Sinn, die wenig mit dem Rahmenplan und tabula rasa zu tun haben, also dem weißen Blatt.
Viel mehr haben unsere Assoziationen mit den von uns bekannten, gewachsenen Städten zu tun.
Da alles schon da ist, geht es eher um Umwandlungsprozessen, statt der Reproduktion von heroischen Bildern eines komplett neuen, von der Historie abgekoppelten Gebiets.
Es geht uns um einen fortdauernden Umwandlungsprozess, einem ständigem Mischmasch aus alt und neu, keine Anfangs- und Endzustände, sondern einen fortlaufenden Stadtumbau, in dem alle Zwischenstände eine eigenständige Qualität fordern.

Zweitens haben die Assoziationen etwas mit Quartieren zu tun, wir alle kennen z.B. die Schlachthofquartiere, aber auch viele andere gewerbliche Quartiere, wo man an einem Pförtnerhäuschen vorbei in eine eigene Welt eintaucht.
Solche Quartiere erzeugen nach Außen, sowie nach innen ein Gesicht, eine Identität.
Sie sind geprägt von dem Zusammenstellen funktionaler Bauten zu einem vielfältigem Ganzen mit spezifischen Stadträumen, wie Liefergassen, Rangierhöfen und architektonischen Elementen, wie Shed- und Vordächer, Laderampen, Toren, Kranbahnen usw.

Boulevard, Biotop und Campus
An den Rändern bietet sowohl der Boulevard mit seinen tollen Bestandsbäumen, sowie das Gleisfeld im Norden Anknüpfungspunkte.
Die räumlichen und architektonischen Besonderheiten solcher mediokren Areale wie diesem hier wurden oben bereits beschrieben.
Unser Vorschlag sieht den Erhalt und den ReUse von strategischen Bestandsfragmenten vor.
Das Denkmal, das Pförtnerhäuschen, ein aufgearbeitetes Hallenfragment im Zentrum.

Um dieses Fragment orientieren wir drei unterschiedlich proportionierte Stadträume, die das exzentrische Grundstück erschließen.
Und zwar so erschlieĂźen, dass alle Baufelder eine klare Adresse an diesem inneren Raumgewebe erhalten.
Es gibt keine zweite Reihe, sondern eine Art Campus, eine Raumabfolge mit dem Potential einer inneren Identität, die über seine Grundstückgrenze hinaus wirkt.
So liefern der Bestand und die Fragmente Orientierung, Gliederung und Anhaltspunkte für die ergänzenden Bauten.

Die 5 Gebäudegruppen greifen den Maßstab der benachbarten Bauten auf und setzten sich aus verschiedenen Bauteilen zu einem vielfältigen Ensemble zusammen.
Das Gleis-Biotop erweitern wir bis an die Bauten heran und aktivieren es minimal mit einem linearen Radweg zur potentiellen S-Bahnstation oder als alternative Fahrradroute im GrĂĽnen.

An und unter dem StraĂźenviadukt verorten wir die aktiven Freiraumnutzungen, wie Sport und Spiel, sp dass hier eine AnknĂĽpfung an das benachbarte Quartier gelingen kann.

Im Zentrum der drei Inneren Stadträume liegt die umgenutzte Hallenstruktur, als vertikaler Garten, die wir als gefassten, aber offenen Außenraum vorschlagen, durch den, wie selbstverständlich, die Grünfuge mit Fahrrad und Fußgängerweg verläuft.
Das aufgearbeitete und wieder aufgestellte Bestandsgerüst bildet die identitätsstiftende Mitte und bietet mit seinen Pavillons die Möglichkeit als Veranstaltungsort und soziale Infrastruktur.

Das Entree als Quartierszugang mit Pförtnerhäuschen als Stadtplatz am Boulevard, die Plaza zwischen den Büronutzungen als Adresse und mit Gastronomie, Außenbereich und der Werkhof mit umgebenen Produktionshallen bilden die zentrale Raumabfolge.
Statt eines großen, leeren Stadtraumes schlagen wir ein vielfältiges Raumgeflecht mit unterschiedlichen Nutzungspotentialen vor.

Ă–kologisches Freiraumkonzept fĂĽr ein klimaangepasstes Gewerbehofquartier
der Freiraum des Gewerbehofquartiers ist ein grünes Tableau, in das die Gebäude, Wegeverbindungen und Nutzungen eingebettet und miteinander verbunden sind.
Es beschreibt einen durchgehenden gestalteten grünen Raum mit graduellen Standortunterschieden in Bezug auf die Gründichte, die Pflanzenauswahl (Arten für trockene, wechselfeuchte und feuchte Standorte) sowie die Nutzungen sind darauf abgestimmt. So bilden die Ränder, vor allem entlang der lauten Gleise und des Frankfurter Rings trockenere Standorte, hier liegt der Fokus auf sportliche und dynamische Aktivitäten, während im Inneren des Quartiers die Plätze ruhigere Aufenthaltsorte mit feuchteren, kühleren, üppig begrünten Standorten zur Erholung und Begegnung bieten. Das Konzept schafft dadurch vielfältige Nutzungsangebote, fördert gleichzeitig die Biodiversität und stärkt somit die Stadtnatur.
Der Vertikaler Garten bildet das zentrale Herz des Quartiers. Ein grüner Senkgarten mit zu Rankgerüsten recycelten Elementen der vorherigen Bebauung mit üppiger Bepflanzung, ausreichend Raum zur Begegnung, kleinen Biergarten, Platz zum Arbeiten im Freien und für Veranstaltungen. Das Regenwasser wird von den gemuldeten Pflanzflächen aufgenommen, bei Starkregen kann der Platz temporär überfluten.
Der Werkhof ist ein abgesenkter topographisch gestalteter Garten mit ruhigen kleinen schattigen und sonnigen Aufenthaltsbereichen, die in Pausen Erholung bieten. Hier wird der Hauptteil des Regenwassers gesammelt, erlebbar gemacht, verdunstet und versickert. Senken mit einer Tonsperrschicht halten das Wasser, erhöhen die Verdunstungskapazität und kühlen die Umgebung im Sommer. Die geschichtete Bepflanzung aus Bodendecker-, Strauch-, und Baumschicht bietet vielfältige Habitate und lädt zu Naturerfahrungen ein.
Die Entrée Wiese mit einem Begrüßungsplätzchen ist ein Schwellenraum, der die Besucher in das Gebiet leitet. Die Wiese mit Einzelbäumen erhöht die Biodiversität durch insektenfreundliche Bepflanzung.
Die städtebaulich gesetzte Grüne Fuge ist Teil des grünen Tableaus und verknüpft die Umgebung mit dem Gebiet. Sie ermöglicht Fußgängern und Fahrradfahrern ein vom MIV unabhängigen Zugang mit besonderen Angeboten, wie eine Calisthenics Station für Work-out auch bei schlechtem Wetter unter dem Viadukt, oder eine Fahrradreparatur-Station für stets aufgepumpte Reifen.

Die neue Werkhofstraße ist ein zweiteiliger klimaresilienter Stadtraum. Eine breite Ladezone mit geschliffenem Kopfsteinpflaster garantiert eine barrierefreie Zugänglichkeit, während die Fahrspuren aus Schwerlast- Rasengitter die Versiegelung mindern und das Regenwasser über die bewachsenen Bodenzone versickert.
Das bestehende Biotop entlang der Gleise wird erweitert und mit trockenheitsverträglichen Baum- und Straucharten ergänzt. Eine Strecke für Fußgänger und Fahrradfahrer verbindet das Gebiet mit der Umgebung und lädt zu Naturbeobachtungen ein.
Die Gründächer mit insektenfreundlichen Arten dienen als Bienenweide und sind als Retentionsdach mit Wasseranstau ausgebildet, trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei.
Neben den vielfältigen Freiraumqualitäten für die Nutzer schafft der Entwurf einen nachhaltigen Raum von hoher ökologischer Relevanz. Das Regenwasserkonzept schafft ein abflussfreies Quartier und orientiert sich an dem „Schwammstadtprinzip“. Es wird mit der grünen Infrastruktur verknüpft, zur Förderung der Biodiversität und der Resilienz gegen die Klimawandelfolgen. Die Auswahl der Pflanzen ist darauf abgestimmt.

Typologien

Im Sinne der zu Beginn erwähnten historischen Gewerbebauten mit ihrer pragmatischen Struktur interessieren uns die funktionalen Parameter.

Die Bundtiefen der aufgehenden Bauten zwischen 15 und 20m je nach Typologie und Lage.
Als Einheitengrössen haben wir 400qm angenommen und diese möglichst effizient erschlossen.
Als Raumhöhen in den Regelgeschossen 3,65m, im Sockel als hallen mit Potential für zwischenebenen 7,3m und im Dach als Basishöhe 3,65 plus eventuelle Dachformen.

Die Gebäudehöhen integrieren sich erstens im Bereich der Hallen und der Sockel, zweitens in der Höhe der Stadttextur in Anlehnung an die benachbarten bauten, einem aufgesetzten Dach und den Hochpunkten zur Markierung.

Hieraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, die einer reinen Abfolge von Strasse, Bund und Hof, alle 15m deutlich überlegen ist.

Ergänzend und eher als Ausblick schätzen wir Analogien und architektonische Details, die wir uns gerne zunutze machen wollen. Shed- und Giebeldächer, Laderampen und Vordächer, aussenliegende Erschließungen oder Fluchtwege, Regenwassersilos oder Kranbahnen als Regenwasserspeier in die Versicherungsflächen, sowie Stege in den Nassbereichen der Freiräume.

Figur und Stadtraum
Die gliedernde Figur der Stadträume mit dem vertikalen Garten im Zentrum.
Die umlagernden Hallen als urbanem Sockel.
Die aufgehenden Bauteile mit verschiedenen Anordnungen und Dimensionen.
Dachformen als Charakterisierungen bieten ein zusätzliches besonderes Raumangebot.
Und die Hochpunkte sind vom Boulevard zurückversetzt, markieren die innere Raumstruktur des Quartiers und bilden die Stirnseiten der Stadträume.

Der vertikale Garten mit Pavillons und als Veranstaltungsort bietet in unseren Augen einen stadtaktiveren, niedrigschwelligen Ort, der allseits zugänglich ist.

So entstehen 5 Gebäudeensembles mit verwandtem, aber unterschiedlichen Möglichkeiten, Qualitäten und bilden ein ausdrucksstarkes Quartier.

Sie setzen sich aus den Elementen Halle als Sockel, regelgeschossen als Stadttextur, aufgesetzten Dachformen und Hochpunkten zusammen und sind teilweise in Subgruppen teilbar.

Entlang des Boulevards entsteht eine einheitliche Bebauung mit großzügigem Gehsteig, den vorhandenen Bäumen, dem Entree und den kleinen erhaltenen Bestandsfragmenten.
Die Hochpunkte sind an die Stirnseiten des inneren Raumgeflechts gesetzt.
Andere Bausteine stellen differenziert den Anschluss an die Nachbarbauten und bieten so die Chance auf qualitative Zwischenzustände.

Übergang zu Nachbarbauten her und ermöglichen so eine dynamische Entwicklung.
Und greifen generell den Maßstab der Umgebung auf und fügen sich so selbstverständlich ein.
Nicht Alt und Neu, sondern Weiterbauen.

Zusammenfassend ist unser Vorschlag der Versuch aus den Eigenarten des Vorhandenen, sowohl des konkreten Ortes, seiner Bauten, aber auch dem kulturellen Kontext der Aufgabenstellung ein selbstverständliches, sich einfügendes und zugleich unverwechselbares Quartier mit vielfältigen Stadträumen zu entwickeln.

Nutzungsverteilung
Am Boulevard liegt blau das Kulturhaus mit Club im Gewerbegebiet, das Gewächshaus in der Tiefe des Entrees und das Hotel, also die urbanen Nutzungen am Boulevard. Das Hochhaus in Verlängerung des Gewächshauses, am Plaza, neben dem Hotel, dann in den Erdgeschossen die Produktionsflächen und darüber die Büroflächen.
Wir genau die geforderten Werte. Flexibel sind natĂĽrlich Zuordnungen im Bereich Gastronomie und Einzelhandel, Showrooms, etc..

Verkehr
Für den Lieferverkehr (aber auch Feuerwehr und Müll) ergibt sich ein Loop durch das Quartier, der alle Bauten erschließt, aber vom Fahrrad und Fußgängerverkehr unabhängig funktioniert.

Der motorisierte Individualverkehr verwendet den gleichen Loop und erschließt die unter allen Bauten liegenden unzeitgemäßen Tiefgaragen. Um die geforderten 1400 Stellplätze zu erreichen sind 2 Untergeschoss erforderlich, die Stadträume, den aktiven Viadukt und Biotop unterbauen wir nicht, um ausreichend Bodenanschluss für sinnvolle Vegetation, Versickerung, etc. zu erreichen.

Die Haupterschließung für den Fahrradverkehr spannt über die Günfuge von Nord-Ost nach Süd-West durch das Quartier und führt dabei über verschieden ausgeprägte Platzsituationen.
Die Individualerschließung der einzelnen Baukörper schließt sich an die Grünfuge an und spannt
Netz zwischen den beiden übergeordneten Ost/Westwegen auf, das Quartier ist vollkommen durchlässig, die Stellplätze schlagen wir dezentral an den Hauptadressen der Bauten im Erdgeschoss vor.

Typologie Hochhaus
Die Idee des Hochhauses als Landmark, das eine QuartierĂĽbergreifende und Stadtmarkierende Funktion ĂĽbernimmt, stellt auch immer die Frage nach der Verankerung im eigentlichen Quartier.
Wie gelingt der der Zwiespalt zwischen einem sehr hohen Haus und der Verortung, Nutzung und Akzeptanz im Quartier?

Der Turm ist in seiner Höhe und Funktion in verschiedene Bereiche gegliedert.
Der Sockel, mit seinen öffentlichen Funktionen und den darüber liegenden Bürogeschossen.
Der Sockel nimmt mit seiner Höhe die Umgebungsbauten auf und bringt die öffentlicheren Funktionen
alltäglicher Gebäudeeingang, Fittness, Gastronomie, Coworking und Konferenzbereich in eine maßstabsgerechte, deren Funktion gerecht werdenden Höhe.

Die Büroetagen bestehen aus zwei „Regalen“ gen Nord und Süd, mit einer Bundtiefe von 10.20m im Lichten. Zwischen diesen beiden Flügeln ist zentral die Erschließung als Sicherheitstreppenhaus und Aufzügen, sowie weiteren dienenden Funktionen organisiert. In Verlängerung der Kernzone liegen die besonderen Orte mit der Möglichkeit nach draußen zu treten.

Sockel
Der urbane Sockel fasst die öffentlicheren Bereiche des Turms zusammen, verbindet diese über eine alternative, zusätzliche Erschließungsmöglichkeit miteinander.
Es wird so ein Zusammenhang innerhalb des Sockels hergestellt, der über seine bloßen Funktionen hinausgeht und ihn zu einem erlebbaren Raum macht, der vielseitig Nutzbar, anpassbar und aneignungsfähig bleibt auch wenn sich die Nutzungen ändern.

Im Erdgeschoss befindet der alltägliche doppelt hohe Gebäudeeingang mit Foyer, Orientierung zum Platz, die Fahrradgarage mit Werkstatt, direkter Anschluss an die Fahrradverbindung der Grünfuge.
Und Gastronomie mit Orientierung zum Foyer und dem Stadtplatz.
In den zwei darüber liegenden Geschossen ist das Fitness untergebracht, das mit einer großen Treppe, sowie einer Möglichkeit zum Klettern, eine interne Verbindung herstellt.
In den 3 nachfolgenden Geschossen befinden sich die Coworking Bereiche, die ebenfalls ĂĽber eine zweite interne ErschlieĂźung verfĂĽgen.
Nach Westen, zum Stadtplatz öffnet ein 3-geschossiger Wintergarten zur Grünfuge und Stadtplatz und schafft so eine niedrigschwellige Verbindung von Außen- und Innenraum.
Die Konferenzgeschoss befinden sich im Bikinigeschoss.
Mit Hilfe der Dachterrasse im Osten wird nicht nur sichergestellt, dass ein Empfang und Pausen im Freien möglich sind, sondern die umgebene Bebauung mit ihrer Höhe aufgegriffen und verortet.

Mithilfe dieser MaĂźnahmen gelingt eine einfache und klare Eingliederung des Turmes in den Stadtraum

Arbeitswelt
Die geometrische Setzung basiert auf den gewĂĽnschten 3 x 400 qm, 400, 800, 1200 qm je Etage.
Eine längliche Geometrie ermöglicht sehr gute und flexible Organisation entlang Nord und Süd, mit einer Mittelzone inkl. Kern, potentiellen Querverbindungen, sowie besonderen Zonen an den Stirnseiten.
Durch die Ausbildung von Stützenfreien „Regalen“ im Norden und Süden mit einer lichten Bundtiefe von 10.20m, bilden sich verschiedene Typologien des eineignungsfähigen Regals aus.
Es können alle Bürotypen, wie Zelle-, Kombi-, Team- und Openspace Büro realisiert werden.
Insgesamt entstehen so Arbeitswelten, die alle üblichen Bespielungen zulassen und darüber hinaus eine Vielfalt an räumlichen Möglichkeiten, Schaltbarkeiten und Einheitengrößen bieten.

Konstruktion
Der Turm ist als 26-Geschossiger Skelettbau geplant.
Die Decken werden je nach Anforderungen entweder als Fertigteilflachdecke (in der Kernzone), oder als PI- Decke (innerhalb der „Regalzone“) ausgebildet.
Die Aussteifung erfolgt ĂĽber die zwei ErschlieĂźungskerne in Ortbetonbauweise.
Die StĂĽtzen als Fertigteil- oder OrtbetonstĂĽtzen realisiert werden.
Bei allen vertikalen Elementen im Ortbetonbereich kann Recyclingbeton eingesetzt werden.

Die gesamte Konstruktion setzt sich aus den Grundelementen Platte, Träger, Stütze und Wandscheibe zusammen. Durch den großflächigen Einsatz von Fertigteilen und Halbfertigteilen ist eine schnelle und präzise Realisierung möglich.

Der vertikale Lastabtrag erfolgt ohne Abfangungen über Stützen und Kernwände und wird bis in das UG durchgeführt.

Alle horizontalen Einwirkungen werden effektiv durch Membrankräfte über die Stahlbetonwandscheiben der Kerne in die Gründung übertragen.

Material und Ausdruck
Die Fassaden des Turms sind als Elementfassaden vorgehängt und je nach Himmelsrichtung an Anforderung konzeptioniert.

Nord und SĂĽd
Eine mit opaken Brüstungselemten hinterlüftete Metallfassade mit minimiertem Glasanteil (Süd) und größerem Glasanteil (Nord).
Im Süden davor geblendet ideal geneigte PV- Brise-Solei, die zugleich den Sonnenschutz gewährleisten und eine Energieversorgung ermöglichen.
Im Sockelbereich wird vor die Fassade Rankgitter vorgeschlagen, das Bewachsen kann und so auch einen Teil zum sommerlichen Wärmeschutz beiträgt.
Die Fassaden ziehen sich im Osten und Westen ĂĽber die Regale hinweg.
Der besondere Mittelteil erhält einen davorgesetzten Stahlbalkon, der mithilfe eines Stahlfachwerkträgeres getragen wird und so den Baukörper vertikal in 3 Teile gliedert, die trotzdem eine Verwandschaft aufweisen.

Energie- und Nachhaltigkeitskonzept
Der Baukörper weist eine gute Kompaktheit und damit ein ernergetisch vorteilhaftes A/V- Verhältnis auf.
Der Einfluss auf die städtischen Windströmungen und das Stadtklima soll somit gering gehalten werden.
Gleichzeitig ist der Baukörper für eine gute Tageslichtversorgung und eine gute Durchlüftung optimiert.
Die Gebäudehülle wird mit einer hohen thermischen Qualität geplant, ist durchgehend hochwärmegedämmt, mit optimierten Wärmebrücken und hoher Luftdichtigkeit ausgeführt.
Der Fensterflächenanteil ist nach den Himmelsrichtungen optimiert, um Wärmeverluste im Winter und solare Lasten im Sommer zu minimieren und gleichzeitig eine maximal Tageslichtversorgung zu erzielen. So sind die Fensterflächen nach Süden reduziert, um eine sommerliche Überhitzung zu verhindern und sind dort zusätzlich mit einem feststehenden baulichen Sonnenschutz in Form von auskragenden Brise-Soleil oder Photovoltaik-Elementen versehen. Die Fensterflächen nach Norden sind maximiert, um hier eine hohe Tageslichtausbeute an Diffuslicht zu erzielen. Nach Westen und Osten werden die solaren Lasten mit einem beweglichen, außenliegenden Sonnenschutz minimiert, der automatisch nach Sonnenstand aktiviert wird. Alle Öffnungen sind zudem mit einem innenliegenden Blendschutz in Form eines textilen Screens mit 10% Lichttransmission versehen, um einen hohen visuellen Komfort zu gewährleisten.

Ziel dieses Energiekonzeptes ist die Entwicklung von ökologisch und ökonomisch optimierten Bürogebäuden, die hohe Komfort- und Behaglichkeitsansprüche erfüllen, niedrige CO2-Emissionen verursachen, günstig im laufenden Betrieb funktionieren und damit nachhaltig sind.

LĂĽftung
Die Gebäude können über Öffnungsflügel in der Fassade natürlich belüftet werden.
Eine zusätzliche fassadenunabhängige Lüftung sorgt für einen hygienischen Luftwechsel.
Boden integrierte Lüfter verteilen die Luft im Doppelboden weiter, von wo sie als Quellluft mit niedriger Impulsgeschwindigkeit in die Räume gelangt. Die Abluft wird mit einer Wärmerückgewinnung abgeführt Im Sommer kann die Strömungsrichtung umgekehrt werden.
Mit dem vorgeschlagenen Lüftungskonzept wird eine Verbreitung von Aerosol gebundenen Krankheitserregern minimiert. Die Quellluft erfolgt impulsarm mit geringer Durchmischung der Raumluft, durch die Fensteröffnungen kann die Luft bei Bedarf schnell erneuert werden. Die Zu- und Abluftströme werden ohne Umluftanteil komplett getrennt.

Heizung und KĂĽhlung
Die Heiz- und KĂĽhllast im Hochhaus wird ĂĽber Heiz- KĂĽhlsegel abgedeckt.
Für den individuellen Komfort der Gebäudenutzer können partiell zusätzlich schnell regelbare Heizelemente (Heizkörper oder Unterflurkonvektoren) installiert werden.
Kühldeckensegel sorgen für eine milde strahlungsbasierte Gebäudekühlung. Die Server- und Besprechungsräume mit hohen Kühllasten können mit zusätzlichen leistungsstarken Kühlsystemen versehen werden.
Die Wärmeversorgung soll so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien erfolgen. Mit Hilfe von Erdsonden wird dem Erdreich Wärme entzogen und mit reversiblen Wärmepumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau zur Gebäudebeheizung gebracht.
Zur Kälteerzeugung sind die reversiblen Wärmepumpen vorgesehen, die Abwärme des Gebäudes wird über die Erdsonden an das Erdreich bzw. Grundwasser abgegeben und dient idealerweise zur Regeneration der Erdreichtemperatur, um eine ausgeglichene Jahresbilanz im Erdreich zu erreichen.
Eine Anbindung an das Fernwärme- und ggf. Fernkältenetz wird zur Spitzenlastdeckung herangezogen. Die Trinkwarmwassererzeugung für die Bürobereiche erfolgt aufgrund des minimalen Bedarfs dezentral über elektrische Durchlauferhitzer. Nur in der Kantine wird das Wasser zentral erwärmt.

Stromerzeugung, Beleuchtung und Akustik
Neben den auskragenden Brise-Solei PV-Elementen in den Süd Fassaden werden auf dem Flachdach Photovoltaik-Paneele zur Stromerzeugung installiert. Die Paneele sind aufgeständert zur Sonne geneigt, die darunter liegende Dachhaut wird extensive begrünt. Der produzierte Strom wird aufgrund der hohen technischen Installationen überwiegend selbst genutzt, Überschüsse können mit Ladestationen für E-Fahrzeuge oder in Batteriespeicher gespeichert werden, oder in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
Die Beleuchtung erfolgt so weit wie möglich über Tageslicht, hierfür wurden die Gebäudeformen und Fensterflächen optimiert. Das Kunstlicht wird mit energiesparenden LED-Leuchten erzeugt, diese sind mit Bewegungsmeldern und tageslichtabhängiger Steuerung ausgestattet, um Strombedarf zu minimieren. Eine Anpassung des Beleuchtungsniveaus und der Farbtemperatur des Kunstlichtes zur positiven Beeinflussung des circadianen Rhythmus ist vorstellbar.
Die Nachhallzeiten im Innenraum werden durch schallabsorbierende Möbel und Fußbodenbeläge minimiert. Zusätzlich werden die Decken mit Schallabsorber versehen.

Gebäudeautomation
Aufgrund des zuvor beschriebenen Klimakonzeptes kommen die Gebäude mit einem geringen Bedarf an Technik und Energie aus, um einen optimalen Nutzerkomfort zu ermöglichen.
Neben den bereits beschriebenen smarten Features (Beleuchtungs- und Sonnenschutzsteuerung, Präsenzmelder etc.) wird eine moderne Sensorik und Gebäudeautomation vorgeschlagen, um den Nutzerkomfort zu maximieren und den Energiebedarf im laufenden Betrieb zu minimieren. So wird das Gebäude mit einer Wetterstation (Temperatur, Feuchte, Wind, Einstrahlung, Niederschlag) versehen, um es witterungsgeführt steuern zu können. Alle größeren Energieverbraucher und -erzeuger sind mit Energiemengenzählern ausgestattet, die ein Live-Monitoring der Energieflüsse zulassen, über eine Fernsteuerung sind direkte Eingriffe in den Betrieb möglich. Nutzer können über Bedientableaus oder eine App Eingriff in ihr direktes Umfeld vornehmen (Licht, Temperatur, Sonnenschutz). Für Besucher werden sichtbare Monitore installiert, auf denen die Energieproduktion, -Speicherung und der Verbrauch sichtbar dargestellt wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das aus dem Umwandlungsprozess den dargebotenen städtebaulichen Konzeptes heraus entwickelte Hochhaus, schöpft seine besondere Ausstrahlung und Signifikanz aus einer vielschichtigen und facettenreichen Nah- und Fernwirkung. Mit klugen rhythmischen Höhenstaffelungen passt sich das 96 m hohe Haus geschickt in die jeweiligen bauplastischen Nachbarschaften ein und bietet somit auch in der Außenwirkung eine einladende Adressierung auf Fußgängerebene, eine feinsinnige Übersetzung einer Bel Etage über mehrere Ebenen sowie eine sehr plastische „Fernwirksamkeitsfassade“, die einen guten Auftakt hoher Punkte im transformierenden Band des Frankfurter Rings im Osten abgeben könnte.
Die Nutzungsvielfalt der angebotenen Grundrisse bietet vielfältigen Mietszenarien gute Entfaltungsmöglichkeiten und erlaubt auch unterschiedlichste Flächenlayouts in der Aufteilung wenn auch optimierungsbedarf beim Flächenanteil der Verkehrsflächen besteht. Strukturell ist das Haus klar und einfach aufgebaut, bietet eine maximale Stützenfreiheit und eine dem hohen Haus angemessene Kernzone. Lediglich die Anzahl der angebotenen Aufzüge gilt es zu optimieren, ebenso die Frage nach dem in der Vorprüfung aufgeworfenen hohen spezifischen TGA-Kosten.
Eine Sprinklerung ist derzeit nur in den Sockelgeschossen notwendig, nicht jedoch in den oberen Ebenen mit einem ausreichend dimensionierten BrandĂĽberschlag.
Das Thema FassadenbegrĂĽnung ist im Sockelbereich dargestellt, sollte aber nochmals qualifiziert ĂĽberprĂĽft werden. Die vorgeschlagene Positionierung der PV-Module innerhalb der Fassaden ist nachvollziehbar und sehr effizient.
Eine öffentliche Nutzung der obersten Ebene ist bislang nicht vorgesehen, könnte aber durchaus einen qualitativen Mehrwert für das Haus und den Standort darstellen.
Insgesamt ein klarer und einfach nachzuvollziehender Entwurf, wirtschaftlich gut ĂĽbersetzbar und signifikant in seiner Nah- und Fernwirkung.