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Offener Wettbewerb | 11/2023

Genossenschaftliches Wohnprojekt Freimundo in München-Neufreimann

4. Preis

Preisgeld: 9.666 EUR

Schenk Hattori Architecture Atelier

Architektur

MAURUS SCHIFFERLI, LANDSCHAFTSARCHITEKT

Landschaftsarchitektur

Tandem Ingenieurs BV

Architektur

ZRS Architekten Ingenieure

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer Grundstruktur von Stützen und Scheiben geht das Projekt von der Idee des offenen Wohnens aus. Die individuelle Wohnung wird über einen räumlichen Zweizeller gebildet: Der Nukleus besteht aus einem Bad und einem Raum mit Küche und kann mit einer fast beliebigen Vielzahl von Zimmern zu einem Raumkonglomerat zusammengeführt werden. Über ‚Scharniere‘ - Bauelemente wie Wandscheiben, Türen und Fenster - die in die Stützenstruktur eingestellt werden, wird eine Vielzahl von unterschiedlichen räumlichen Verknüpfungen und Beziehungen ermöglicht. Das Projekt ist ein radikaler Vorschlag, der von der Jury genauso stark gewürdigt wie kritisiert wird. Die verschlungenen, überraschend unterschiedlichen Raumabfolgen innerhalb der Wohnungen versprechen ein im höchsten Maße eigenwilliges Raumgefühl. Orientierung und Hierarchie der traditionellen Wohnung werden aufgelöst und neu definiert. Gerade die über die Diagonale gesetzten «Scharniere» ermöglichen auf engstem Raum unterschiedliche Wege durch die Wohnung und differenzieren auf raffinierte Weise private und gemeinschaftliche Raumzonen und -kammern. Im Gegensatz dazu wirkt die Erschließung, die über schmale Laubengänge entlang der vielen Schlafzimmer zum Hof erfolgt, kaltschnäuzig und indifferent gegenüber den fein verästelten Graden von Privatheit. Die Qualität von Belichtung und Belüftung einzelner Räume wird kontrovers diskutiert. Während Teile der Jury die teils dunklen innenliegenden Räume als besondere Qualität empfinden, wird dies von anderen als No-Go beurteilt. Nicht hilfreich sind die spärlich beschrifteten Pläne, die erst auf den zweiten Blick den Unterschied zwischen Zimmer und Wintergarten/Loggia erkennen lassen. Diese kalten Räume sind in die Wohnfläche eingerechnet. Zieht man diese von der vermietbaren Fläche ab, weisen die Wohnungen zu kleine Flächen auf. Die Gestalt des Baukörpers interpretiert in freiem Maße die Vorgaben des Bebauungsplans. Die kräftige Fassade, in der blockartige Platten zwischen Bändern gestapelt werden, verfügt über eine hohe individuelle Kraft, die der Innovation des Grundrisses angemessen ist. Über die Artikulation des Sockels und ihre Flächigkeit fügt sie sich trotzdem gelassen in die urbane Fassadenkultur Münchens ein. Der zum Himmel offene Hochpunkt scheint gleichermaßen im Zustand des Werdens wie des Verfalls zu sein. Das ruinenhafte dieser Struktur verweist auf die imaginierte andauernde Transformation des Lebens im Inneren des Hauses. Die Jury begrüßt, wie auf dem Dach PV-Module als verschattende Elemente in eine Pergola integriert sind. Die teilweise Begrünung der Fassaden, sowie das üppige Grün auf dem Dach sind ein positiver Beitrag zur Abkühlung und steigern die Wohnqualität. Die geringe Unterbauung des Hofraumes mit seiner wilden Natur wird als zielführend im Sinne der Nachhaltigkeit und Klimaanpassung bewertet. Dieser ruhige und private Raum entspricht den Vorgaben des Gestaltungsleitfadens. Einzig die Öffnung zwischen der Grünen Gasse und dem Hof ist zu klein und lässt einen angemessenen Bezug zum Quartier vermissen. Das Projekt verspricht ein Leben in einem sich permanent verändernden Bienenstock. Die Architekt*Innen schaffen eine Struktur, die privates und gemeinschaftliches Wohnen als ein fluides Ganzes zu begreifen scheint. Sie begnügen sich jedoch damit, den Entwurf einzig als architektonisches Konstrukt zu beschreiben. Über die soziale Vision, Orte der Gemeinschaft und das Verhandeln und Ringen der Individuen innerhalb dieses hoch flexiblen Konglomerates schweigen sich die Verfassenden leider aus.

Brandschutz: Die außenliegenden Treppen sind ohne Treppenraum ausgebildet. Die Wände im Bereich der Treppen müssen daher brandschutztechnisch klassifiziert ausgebildet werden und die Türen über eine Selbstschließung verfügen.

Wirtschaftlichkeit/ Statik: Die technische Vertretbarkeit der gewählten Konstruktion aus Holzstützen und -träger und einachsig im Raster von ca. 4,5 m spannenden Brettstapeldecken ist voll gegeben, die Lösung ist zudem wirtschaftlich. Die Außenwände in Holztafelbauweise können gut vorgefertigt werden und sind wirtschaftlich darstellbar. Die angedachte Bekleidung mit Vor- und Rücksprüngen aus hydraulischem Kalkputz bergen bauphysikalische und technische Schwierigkeiten. Der angedachte hohe Anteil an Re-use-Elementen birgt einen wirtschaftlichen Grundgedanken. Die passgenaue Verfügbarkeit der Materialien in den erforderlichen Mengen ist zu hinterfragen und erscheint nicht realistisch.

Nachhaltigkeit: Die Layer-Struktur und Grundrissgestaltung führt zu unzureichender Belichtung und Belüftung der teilweise innenliegenden Räume. Die Zuordnung und Ausführung von Wintergärten und Loggien kann nicht eindeutig nachvollzogen werden.