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städtebaulicher Realisierungswettbewerb mit hochbaulichen Ideenteil | 12/2023

Stadteingang Nord in Offenburg

Blick der Okenstraße gen Innenstadt

Blick der Okenstraße gen Innenstadt

ein 1. Preis

Preisgeld: 23.750 EUR

sacker

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau und Freianlagen
Der städtebauliche Entwurf für den Stadteingang Nord in Offenburg gliedert das Grundstück südlich des neugeplanten Bundespolizeigebäudes in drei Baufelder. Die südlichen Baufelder bestehen jeweils aus zwei Baukörpern, die je einen Innenhof umschließen. Das dritte Baufeld wird als Mobilitätsspeicher zur Unterbringung des ruhenden Verkehrs genutzt und befindet sich im nördlichen Bereich des Grundstückes. Durch diese dreiteilige Gliederung entsteht ein angemessener städtebaulicher Maßstab, der das Bundespolizeigebäude integriert. Das Grundstück selbst wird durch die Bundesstraße / Okenstraße um Westen und die Maria-und-Georg-Dietrich-Straße im Osten sowie die neue Planstraße im Norden begrenzt. Im Bereich der Okenstraße werden Fuß-, und Radweg entlang der Grundstücksgrenze weitergeführt. Die Bushaltestelle wird im nördlichen Teil des Grundstücks angrenzend zum Mobilitätsspeicher vorgesehen, so dass hier die Möglichkeit besteht auf kürzestem Wege das Verkehrsmittel zu wechseln. Die Baukörper sind so platziert, dass eine Realisierung der Nordquerung zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist.

Die Gebäudekante der Bundespolizei entlang der Bundestraße wird zur maßgeblichen Bauflucht für die weitere Bebauung. Die straßenbegleitenden Grünzüge im Westen und Süden des Grundstückes werden weitergeführt und bilden eine attraktive Vorzone zu den Gebäuden. Die Hofstruktur der Bebauung bildet hierbei die städtebauliche Reaktion auf das hohe Verkehrsaufkommen auf beiden Längsseiten des Baufeldes und die unmittelbare Nähe der Gleise. Die überwiegend fünfgeschossige Bebauung orientiert sich an der Höhenvorgabe des Neubaus der Bundespolizei und stuft sich zu den Innenhöfen hin ab.

Das südliche Baufeld formuliert den Auftakt zur Innenstadt und den nördlichen Stadteingang nach Offenburg über einen Hochpunkt. Das zwölfgeschossige Gebäude bildet einen baulichen Schwerpunkt an der Kreuzung Okenstraße / Maria-Georg-Dietrich-Straße räumlich und markiert den westlichen Fußpunkt der geplanten Nordquerung. Durch ein Zurückspringen aus der Bauflucht erhält das Hochhaus einen angemessenen Vorplatz, der durch eine öffentliche Nutzung im Erdgeschoss belebt wird. Das oberste Geschoss des Turmes reiht sich durch seinen einprägsamen Dachabschluss markant in die Offenburger Stadtsilhouette ein.

Alle Gebäude besitzen eine klare Adressbildung zum jeweils angrenzenden Straßenraum. Das Treppenhaus ermöglicht auch einen Zugang zum Innenhof für jeden Nutzer des Areals. Die Zufahrt zum Mobilitätsspeicher erfolgt von der Maria-und-Georg-Dietrich-Straße.

Um eine üppige und naturnahe Durchgrünung der Höfe zu ermöglichen und das anfallende Regenwasser leicht versickern zu können wurde konsequent auf eine Unterbauung der Innenhöfe und weitere Versiegelung des Baugrundes verzichtet. Zudem ermöglicht der Verzicht auf eine Tiefgarage eine deutliche Einsparung von CO2 und die Reduktion der grauen Energie. Die Höfe sind ein attraktiver Freiraum, der einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und dem stadträumlichen Mikroklima leistet. Ein Bestandteil dieser Maßnahme ist die zentrale Unterbringung des ruhenden Verkehrs im Mobilitätsspeicher.

Architektur und Struktur
Um eine möglichst hohe Flexibilität in der Nutzung zu ermöglichen, erfolgt die Bebauung mit wenigen, gleich tiefen Gebäudetypen. Winkelförmige Gebäude entlang der Okenstraße integrieren den Baukörper der Bundespolizei in die städtebauliche Struktur und sorgen für eine räumliche Fassung der Höfe. Gebäuderiegel stehen straßenbegleitend entlang der Maria-und-Georg-Dietrich-Straße. Die Gebäude erhalten eine einheitliche Gebäudetiefe von 16m, die sehr gut für die unterschiedlichsten Nutzungen geeignet ist. Der Hochpunkt verfügt über eine kompakte Kernzone und ist ebenfalls flexibel nutzbar. Riegel- und Winkeltypologien verfügen über eine identische Grundfläche und können pro Etage mit bis zu zwei Nutzungseinheiten versehen werden. Ein zentrales Sicherheitstreppenhaus kompensiert den zweiten baulichen Rettungsweg und erhöht die Flexibilität und die Flächeneffizienz der Gebäude. Die modulartige und flexible Grundstruktur der Gebäude erlaubt die wirtschaftliche Konstruktion in Holz- beziehungsweise Holzhybridbauweise. Innenhöfe und Dachterrassen stellen attraktive Außenbereiche für die Nutzer zur Verfügung. Dachflächen und Fassaden können zur Stromerzeugung genutzt werden. Als Pergola ausgeführte PV-Flächen auf den Dächern dienen als Sonnenschutz.

Mobilität
Der Mobilitätsspeicher integriert sowohl die erforderlichen Stellplätze für die Fahrräder wie auch die der PKWs. Im Erdgeschoss befindet sich zudem eine Leih- und Servicestation für Fahrräder. Durch die unmittelbare Nähe der Bushaltestelle und die sehr gute Anbindung an das Radwegenetz wird das PKW-Aufkommen im Quartier reduziert. Auf der großen Dachfläche des Mobilitätsspeichers befindet sich eine Kita, deren Freibereich sich nach Süden zum Quartier orientiert. Die Adressbildung und die Anlieferung der Kita erfolgen über die Maria-und-Georg-Dietrich-Straße. Die Dachflächen und Dachterrassen werden mit Photovoltaik versehen und zum Kraftwerk des Quartiers, die Fassaden wird mit Rankpflanzen begrünt.

Der Mobilitätsspeicher ist der Grundstein für die Entwicklung auf dem Areal. Parallel oder nach seiner Errichtung kann mit der Bebauung der weiteren Baufelder begonnen werden. Bis zum Abschluss der baulichen Entwicklung können überzählige Stellplätze an die umliegenden Gewerbebetriebe vermietet werden.

Materialität und Gestaltung

Durch die geringe Versiegelung des Grundstücks können die Fassaden des Innenhofs und zur Okenstraße leicht erdgebunden begrünt werden. Durch die Kombination aus einerseits technischen Elementen zur Energiegewinnung und Fassadenbegrünung gepaart mit einer Bauweise in Holz erhält das Quartier eine zeitgemäße Anmutung und kann einen wichtigen Beitrag zum klimaschonenden Bauen leisten. Die zu den Straßenräumen weisenden Fassaden der Gewerbebauten werden mit fassadenintegrierter Photovoltaik versehen.

Etappierung und Umsetzung
Beginnend mit der Umsetzung des Mobilitätsspeichers ist eine flexible städtebauliche Entwicklung des Areals, mit Einzelgebäuden oder ganzen Höfen möglich.

Energie und Nachhaltigkeit
Am Grundstück ist Grundwasser oberflächennah vorhanden. Mit Grundwasser ist eine sehr wirtschaftliche natürliche Wärme- und Kältequelle mit einem gut nutzbaren Temperaturniveau (typisch 10-14°C) vorhanden. Das Grundwasser wird über Saugbrunnen gefördert, über Wärmetauscher den haustechnischen Anlagen zugeführt und über Schluckbrunnen oder Versickerung zurückgeführt. Das Grundwasser wird im Sommer direkt zur Kühlung bei angepasster Auslegung der Übergabesysteme genutzt, auch zur Kühlung von Server- und EDV-Räumen. Im Winter wird das Grundwasser über Wärmepumpen zur Beheizung der Gebäude genutzt.

Auf den Dachflächen und an den nach Außen gewandten Fassaden der Gebäude wird eine Photovoltaik-Anlage errichtet. Der erzeugte Strom wird primär selbst verbraucht, zur Erhöhung des wirtschaftlicheren Eigenverbrauchs wird ein elektrischer Speicher vorgeschlagen. Überschüsse werden entsprechend der gesetzlichen Regelungen eingespeist.

Der Heizwärmebedarf ist sehr gering. Mit dem vorgeschlagenen Energiekonzept und der regenerativen Stromproduktion der Photovoltaik-Anlage werden die Anforderungen eines KfW-Effizienzgebäude 40 deutlich unterschritten.

Die Gebäudehülle weist eine sehr gute Wärmedämmung auf. Das Gesamtgebäude ist sehr kompakt und weist ein sehr günstiges Oberflächen-Volumen-Verhältnis A/V auf.

Die Innenhöfe werden für ein positives Mikroklima mit Fassadenbegrünung ausgeführt. Das Regenwasser der Dachflächen wird gesammelt und in einer Zisterne, welche das Split-Level des Mobilitätsspeichers nutzt, zur Bewässerung der Fassadenbegrünung genutzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt mit einer klaren städtebaulichen Grundstruktur. Diese orientiert sich an der Umgebung, indem sie Gebäudeflucht und Höhe des nördlich angrenzenden Polizeigebäudes mit ihrer 5-Geschossigkeit aufnimmt und den Stadteingang im Süden mit einem 12-geschossigen Hochpunkt markiert. Das Mobilitätsgebäude im Norden lässt dem Neubau des Polizeigebäudes dabei ausreichend Raum und nimmt die erforderlichen Stellplätze auf. Dadurch wird eine hohe Flexibilität für die Grundrissgestaltung der weiteren Gebäude erhalten und es unterbleibt richtigerweise eine Unterbauung der Freiflächen.

An der Okenstraße schaffen zwei winkelförmige Gebäude gut nutzbare Hofbereiche, die dennoch von Westen und Osten leicht zugänglich sind. Die Gebäuderiegel an der Maria-und-Georg-Dietrich-Straße bilden deren logisches Gegenüber. Die Raumbildung wird im Hof durch das Abstaffeln der Winkelgebäude gekonnt unterstützt. Die gut eingebundenen Dachterrassen erhöhen die Aufenthaltsqualität der Gebäudenutzer. Mit den vorgeschlagenen Setzungen entstehen sowohl westlich an der Bundesstraße als auch östlich an der Maria-und-Georg-Dietrich-Straße eindeutige und gut erreichbare Adressen für jedes Gebäude.

Mit einer Tiefe von 16 m bieten diese Gebäude eine flexible städtebauliche Grundstruktur für unterschiedliche Nutzungen an. Die wird auch anhand der dargestellten exemplarischen Nutzungsverteilung überzeugend erläutert. Das Mobilitätsgebäude im Norden und der Hochpunkt im Süden sehen schlüssigerweise höhere Gebäudetiefen vor.

Das Quartiersparkhaus nimmt im Erdgeschoss direkt neben der neuen Bushaltestelle die Mobilitätsstation auf und trägt so zur Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsarten bei. Die Kitanutzung im Dachgeschoss wird als weiterführender Nutzungsvorschlag gesehen, deren Adresse an der Maria-und-Georg-Dietrich-Straße logisch an die Fuß- und Radweganbindung aus Richtung Innenstadt anknüpft.

Durch die städtebaulichen Setzungen werden die Freiräume überzeugend zugeordnet. Die Gebäude sind klar an Straßen- und Hofseiten orientiert und haben beidseitige Zugangsmöglichkeiten. Der öffentliche Raum an der Bundesstraße erhält einladende Vorzonen. Die Fassaden können erdgebunden begrünt werden.

Die städtebauliche Dominante im Süden tritt wohltuend von der Gebäudeflucht an der Bundesstraße zurück. Der Vorplatz ist richtig positioniert und angemessen dimensioniert. Die flexible Lage des Gebäudeeingangs im Westen oder Norden erlaubt eine Reaktion auf die mögliche Umgehungsstraße. Der Hochpunkt ist hier gut gesetzt, wenngleich das Gebäude schlanker und eventuell etwas höher sein könnte, um eine elegantere Proportion zu erreichen. Das Thema des oberen Gebäudeabschlusses wird vom Preisgericht gerne aufgenommen und bleibt Gegenstand der Debatte. Insbesondere im architektonischen Ausdruck wird hier noch das Besondere des neuen städtebaulichen Hochpunktes vermisst.

Die Arbeit erlaubt eine hohe Flexibilität in der Ausbildung der Grundrisse und Fassaden. Die angebotenen Vorschläge erlauben sowohl eine homogene Ausbildung der Gebäude als auch eine heterogene Ausgestaltung. Der architektonische Ausdruck bleibt damit noch im Vagen, wenngleich die vorgeschlagenen Materialien gute und zukunftsgewandte Lösungen verheißen.

Fazit: Die Proportion des städtebaulichen Hochpunktes und der noch offene architektonische Ausdruck werden kritisch diskutiert. Insgesamt aber überzeugt die Arbeit als gelungener städtebaulicher Entwurf mit hoher Nutzungsflexibilität, guten Adressqualitäten und nutzbaren Freiräumen, der sich wohltuend mit der Umgebung vernetzt und den Wandel des Quartiers positiv fördern kann.
Lageplan

Lageplan

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Blick aus Richtung Innenstadt gen Norden

Blick aus Richtung Innenstadt gen Norden

Blick von einer Dachterrasse ins Quartiersinnere

Blick von einer Dachterrasse ins Quartiersinnere

Konzeptdarstellungen

Konzeptdarstellungen