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Einladungswettbewerb | 12/2023

Quartiersentwicklung südlich des Bahnhofs in der Gemeinde Übersee

Grüne Mitte

Grüne Mitte

ein 2. Preis

Preisgeld: 16.550 EUR

Schellenberg + Bäumler Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

DEUTZGELÄNDE ÜBERSEE: VERWOBENE VIELFALT - GRÜNE HÖFE, LEBENDIGE NACHBARSCHAFTEN

In Übersee, zwischen Chiemsee und den malerischen Chiemgauer Alpen, entsteht auf dem ehemaligen Deutzgelände ein spannendes und wegweisendes Projekt. Ein Quartier, welches nicht nur vielfältige Anknüpfungspunkte zur Siedlungs- und Freiraumstruktur sucht, sondern auch moderne und nachhaltige Lebensweisen fördert.

Das Herzstück dieses Projekts ist die Einbettung in die übergeordneten Grünraumstrukturen, die den Ort strukturell prägen. Die Auen entlang des Moosbachs werden über die „Grüne Mitte“ zu einem grünen Band entlang der Wolferstraße verkettet. Die harmonische Verbindung zur Natur ist ein grundlegendes Konzept, das die Schönheit der Region in die Mitte des Quartiers trägt. Die große grüne Mitte dient nicht nur als Ort der Begegnung und Erholung, sondern ermöglicht auch eine lokale Versickerung des Regenwassers. Über ein Mulden-Rigolen System und ein dichtes Netz dezentraler Versickerungsflächen, folgen wir dem Prinzip der „Schwammstadt“.

Der „Deutzplatz“, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof Übersee, bietet eine breite Palette von Nahversorgung und Dienstleistungen. Dieser Platz ist das geschäftige Herz des Quartiers und bietet alles, was für das tägliche Leben benötigt wird. Die Integration von Geschäften und Gastronomie fördert ein pulsierendes soziales Leben und trägt zur Attraktivität des Quartiers bei.

Der Panoramaplatz hingegen bietet eine unverbaute Aussicht auf die Chiemgauer Alpen, sowie engen Kontakt zur grünen Mitte und dem Storchennest. Dieser Platz dient nicht nur als Aussichtspunkt, sondern kann mit dem „Generationen-Treff“ und einem Cafè mit Gastronomie im kurzfristigen Bauabschnitt die Funktion eines lärmgeschützten zentralen Ortes gewährleisten.

Das Quartier ist über vielfältige Wegebeziehungen eng mit dem alten Stadtzentrum und dem Bahnhof Übersee vernetzt. Bestehende Verbindungen werden erhalten und gestärkt. Die vorhandene Radweginfrastruktur wird über das Quartier ergänzt. Kompakte und kosteneffiziente Mittelgaragen wickeln einen Großteil des ruhenden Verkehrs ab. Ergänzt werden diese durch einen geringen Teil oberirdischer Stellplätze, die bei Anpassung des Mobilitätskonzepts zu qualitätsvollen Orten für die Quartiersgemeinschaft umstrukturiert werden können.

In Übersee sind Hofstrukturen weit verbreitet, sodass im neuen Quartier diese Typologie zum zentralen Thema erklärt wird. Diese Wohnstrukturen fördern soziale Interaktion und ein starkes Nachbarschaftsgefühl. Die Bewohner*innen haben die Möglichkeit, in einer engen Gemeinschaft zu leben und von den Vorteilen des gemeinsamen Lebens zu profitieren.

Das Ergebnis ist die Schaffung einer „Neuen Nachbarschaft“ – ein grünes Quartier, das die Verflechtung zwischen Neu und Bestand feiert. Unser Ziel ist es, eine lebendige, nachhaltige Gemeinschaft zu schaffen, die nicht nur den Bedürfnissen der Bewohner gerecht wird, sondern auch einen innovativen Beitrag zur Stadtentwicklung leistet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit schreibt mit einer fein auf den Ort abgestimmten Anordnung von Hofgruppen die bestehende Baustruktur von Übersee weiter. Der Blick auf den Schwarzplan zeigt, dass die vorgeschlagene Bebauung mit dem bestehenden Umfeld verschmilzt. Dies ist um so verblüffender, als die Arbeit eine vergleichsweise hohe Dichte aufweist und dennoch in der Mitte eine große öffentliche Grünfläche bereithält. Dies ist Resultat einer sensiblen Analyse, die die umgebende Grünstruktur, Gebäudestruktur, Wegestruktur und Blickbeziehung nach Süden in den Entwurf geschickt implementiert und einen feinfühligen Umgang mit dem Umfeld aufzeigt.

Die Bebauung setzt sich aus vier Hofgruppen zusammen, die aus zwei Gebäudetypen bestehen, nämlich Reihenhaus und Geschosswohnungsbau, die über eine innere Erschließung zu Nachbarschaften zusammengefasst werden. Es entsteht eine gute Zonierung zwischen privaten, gemeinschaftlichen und öffentlichen Freiräumen. Die Erschließungswege sind relativ schmal und ergänzen passend das zurückhaltende Konzept. Der Geschosswohnungsbau wird als 4 - und 5-Spänner ausgebildet und hat dadurch ein sehr wirtschaftliches Verhältnis von Wohn- zu Erschließungsflächen.

Die Anordnung des Quartiersplatzes im Norden reagiert angemessen mit Dienstleistungsnutzungen auf die Nähe zum Bahnhof. Dieser Platz ist Richtung Süden an die große Wiese angeschlossen, die den Mittelpunkt des neuen Quartiers bildet und mit einem kleinen Panoramaplatz zur Bebauung mit Blick nach Süden ergänzt wird. Ob dieser große Wiesenraum in dieser Lage als belebter Quartiersmittelpunkt angenommen wird und ob das Café und die Gastronomie abseits vom öffentlichen Platz im nördlichen Bereich Bestand haben können, wird im Preisgericht kontrovers diskutiert.

Der ruhende Verkehr wird in kleinen und mittelgroßen Tiefgaragen direkt unter den Hofgruppen untergebracht. Dabei stellt sich die Frage, ob die kleinen Tiefgaragen nicht zu größeren Einheiten zusammengefasst werden sollten. Auch wäre die Zufahrt der nördlichen Tiefgarage über den Deutz-Platz aus Sicht des Preisgerichts noch zu optimieren.

Die aufgezeigte Abfolge der Bauabschnitte ist gut nachvollziehbar. Die angebotene Nutzungsverteilung überzeugt. Die Arbeit schlägt variable Wohnungsgrößen durch flexible Strukturen vor. Auf das bestehende Lärmschutzerfordernis geht der Entwurf mit der offenen Baustruktur nicht ein. Ein Rettungswegekonzept wird nicht vorgelegt. Eine Anfahrbarkeit der Gebäude erscheint aber aufgrund der erkennbaren Erschließung gegeben.

Hinsichtlich der angebotenen Geschossfläche liegt die Arbeit im Durchschnitt. Positiv fällt der große Anteil an (öffentlicher) Grünfläche und an unversiegelter Fläche auf. Die erforderlichen Stellplätze werden erfüllt. Insgesamt setzt die Arbeit das geforderte Raumprogramm mit einem sehr zurückhaltenden, sensiblen Ansatz um, der insbesondere durch die Weiterführung der bestehenden Körnung des Umfeldes besticht.
Lageplan 1.1000

Lageplan 1.1000