modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren
3. Rang 4 / 4

Offener Wettbewerb | 09/2023

Neugestaltung Dorfzentrum in Stallikon (CH)

Blick in den Laubengarten

Blick in den Laubengarten

Unter Lauben

4. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 10.000 CHF

studio komaba

Stadtplanung / Städtebau

Anna Jacob Architektin

Architektur

NUWELA Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

ZPF Ingenieure AG · ZPF Structure AG

Tragwerksplanung

Kasburg Siemon Ingenieure

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Unter Lauben – Eine gemeinschaftliche Siedlung im Zentrum von Stallikon

Im Zentrum Stallikons entsteht ein neuer Siedlungsraum, der das Dorfzentrum stärkt, attraktive öffentliche Plätze schafft und zukünftiges, generationenübergreifendes Wohnen um einen kollektiven Laubengarten ermöglicht. Um den Charakter der historisch gewachsenen Dorfmitte zu wahren, werden Bestandsbauten erhalten, renoviert oder umgebaut. Es entsteht eine Mischung aus Neu und Alt. Die neuen Hauspaare werden durch gemeinsame Lauben verbunden, so wird zum einen die Durchlässigkeit und Körnung der bestehende Bebauung beibehalten, zum anderen wird das Zusammenspiel der Lauben am gemeinsamen Garten zur sozialen Mitte der Siedlung.

Die bestehenden räumlichen Qualitäten des Dorfkerns Stallikon - der fliessende Übergang in die Landschaft, die charakteristische Topographie und die Körnung des Kontextes - werden im vorgeschlagenen Projekt aufgenommen und weiter gestärkt. Die ortsbildprägenden Bestandsbauten werden in das Projekt integriert und teilweise umgebaut oder erweitert. Ergänzend zum Bestand entstehen vier Neubauten. Diese fügen sich sanft in die gewachsene Struktur der Bestandsbauten ein und generieren durch ihre städtebauliche Setzung situativ sensible Freiräume und qualitativ hochwertige Nachbarschaften.  
So werden differenzierte Freibereiche, wie der Dorfplatz, der Laubengarten oder der Reppischtalplatz geschaffen und deren Vermittlung zur Kantonsstrasse oder der Landschaft geformt.
Die Körnung der neuen Baukörper orientiert sich dabei am Bestand und verhandelt zwischen Flächeneffizienz und Ortsbild, zwischen Durchlässigkeit und Verdichtung. Es wird ein spezifischer Bautypus vorgeschlagen, welcher je nach Materialisierung, Ausführung und Setzung im Gelände, als ein Haus organisiert werden kann, aber zudem, um die Durchlässigkeit und die Sichtbeziehung zur Kirche Stallikon zu gewähren, in zwei Volumen unterteilt ist. Die Positionierung der Baukörper geht dabei stark auf die Topografie ein, die Setzung der Volumen vermittelt zwischen lockerer Streuung, Parzellengrenzen, Abstandsflächen und Lärmschutzanforderungen.

Um das Ortsbild und den bestehenden Charakter des Dorfkerns zu stärken und um andererseits graue Energie zu vermeiden, werden die bestehenden Bauten weitestgehend erhalten und in das neue Konzept integriert. Im Sinne einer sozio-ökologisch nachhaltigen Weiterentwicklung des Dorfes wird vorgeschlagen, die Gebäude je nach Zustand umzubauen oder auf dem bestehenden Sockel neu aufzubauen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt setzt sich mit der Frage auseinander, wie so viel Neues in den historisch gewachsenen Bestand implantiert werden kann, so dass aus diesem Teil von Stallikon ein neues Ganzes entsteht. Es setzt dabei auf den Erhalt allen noch verwendbaren Bestandes, ob es sich nur um den Sockel eines Gebäudes handelt, oder ob mit einem Umbau eine neue Nutzung denkbar erscheint. Als zweites werden Neubauten vorgeschlagen, die als Hauspaare eine dem Ort angemessene feine Körnung und Durchlässigkeit quer zum Hang ermöglichen und die vorgefundene Topografie erhalten. Als drittes werden drei Freiräume etabliert. Der Reppischtalplatz auf Strassenniveau beim Gemeindehaus und der Dorfplatz unterhalb der Kirche – beide als Beiträge zur Festigung des ganzen Dorfes Stallikon. In Ergänzung dazu ein Binnenraum als soziale Mitte der neuen Siedlung, die Alt- und Neubauten verbindet, aber auch Alt und Jung, sowie Wohnen, Kleingewerbe und gemeinschaftliche Einrichtungen. Ein Längsweg durch diesen als Obstgarten ausformulierten «kollektiven Laubengarten» ist zwischen Coccolino und Dorfplatz barrierefrei angelegt und verbindet alle Gebäude im engeren Perimeter miteinander. Damit entsteht der erwünschte innere Zusammenhalt, allerdings in einer räumlichen Dichte, für die die vorgeschlagenen Blumenwiese nicht zu überzeugen vermag, zu sehr widerspricht sie den Nutzungsbedürfnissen der zukünftigen Bewohnerschaft. Eine differenzierte Auseinandersetzung bezüglich privater, öffentlicher und gemeinschaftlicher Bereiche wird vermisst.

Die Nutzungsverteilung ist sinnvoll. Das Alterswohnen wird an den beiden Plätzen angesiedelt, wodurch die älteren Personen von den jeweiligen Infrastrukturen und gemeinschaftlichen Einrichtungen profitieren können. Am Reppischtalplatz finden sich nebst der Bushaltestelle und der Gemeindeverwaltung im Haus ein Gemeinschaftsraum, eine Velowerkstatt, sowie der öffentliche Zugang zur Tiefgarage. Am Dorfplatz sind der Dorfladen mit Kafi und die Praxisgemeinschaft angeordnet; die alte Scheune bietet Gemeinschaftsflächen auf zwei Niveaus. Der vorgeschlagenen Zonen- und Landabtausch ist sinnfällig und rechtlich durchführbar.

Für drei der vier Neubauten wurde eine spezifische Haustypologie entwickelt, die jeweils zwei Gebäude mit einer L-förmigen Laube zu einer Hausgemeinschaft zusammenbindet. Alle Lauben sind dem Binnenraum zugewendet und sollen nach dem Vorschlag der Projektierenden als Begegnungs- und Aufenthaltsraum funktionieren. Dies ist allerdings gemäss Brandschutzvorschriften ausschliesslich dann möglich, wenn ein zweiter, vom Laubengang getrennter Fluchtweg besteht (z.B. innenliegendes Treppenhaus), was im Vorschlag nicht berücksichtigt ist. Die Haupterschliessung der Häuser ist folgerichtig «von aussen » an den Strassen und Plätzen zu finden, was insgesamt eine klare sozialräumliche Struktur entstehen lässt. Kritisch hinterfragt wird die räumliche Ausbildung der kleinen Zugangshöfe an der Strasse. Sie sind leider nicht näher dargestellt, weshalb bezweifelt wird, ob sie die erwünschte angenehme Adressbildung leisten können.

Die neuen Häuser weisen eine differenzierte, auf den Ort Bezug nehmende Materialisierung auf. Während das Hauspaar am Dorfplatz als Massivbau vorgeschlagen wird, sind die übrigen Wohnhäuser als Holzbauten konzipiert. Ihr bescheidener und direkter Ausdruck ist gut vorstellbar.

Am wenigsten ausgereift sind die Wohnungsgrundrisse. Die ost-west-ausgerichteten Baukörper, wie auch die nord-süd-ausgerichteten sind mit derselben Grundrisstypologie belegt, die zwei Raumschichten um eine Mittelzone anordnet. Dieses an sich bewährte, effiziente und flexible symmetrische System verwundert im Zusammenhang mit der einseitigen und sehr tiefen Laube. Es kann damit kein adäquates Entrée geschaffen werden und so sehr es geschätzt wird, dass die Raumstruktur eine hohe Belegung ermöglicht, so ist doch der Preis bei einigen Wohnungen eine dunkle und schlecht möblierbare Mitte. Dies ist naturgemäss bei den Punktbauten weniger ein Problem als bei den Längsbauten, bei denen allerdings dazukommt, dass teilweise Individualräume sehr ungünstig direkt am Laubengang liegen. Zwei Treppen pro Laube ergeben auf allen Niveaus eine gute und attraktive Vernetzung der Hauspaare mit der Umgebung, sie tragen aber leider nicht dazu bei, die Lauben auch als Aussenraum möblieren zu dürfen.

Gewürdigt wird das Konzept der Parkierung, die drei kleinere Garagen anbietet. Die Lage im Schnitt ist sehr hangschonend, allerdings mit dem Preis, dass eines der Neubauten mit einem geschlossenen Erdgeschoss an der Strasse steht. Die Zufahrten sind teilweise noch nicht bewilligungsfähig. Dank geringem Volumen unter Terrain, weist das Projekt ein eher kleines Volumen auf bei mittlerem Angebot an Hauptnutzfläche. Dies führt dazu, dass das Projekt trotz seiner sehr grossen Aussengeschossflächen eine relativ gute Wirtschaftlichkeit aufweist.

Insgesamt ist das Projekt «Unter Lauben» von grosser Klarheit und Konsequenz. Es schafft sowohl im Inneren eine qualitativ hochstehende Siedlung für die Genossenschaft wie gegen aussen klare Mehrwerte für das Dorf. Der Erhalt von möglichst viel Altbausubstanz bildet die Grundlage dafür, dass Neu und Alt zusammenwachsen. Es ist gelungen, einen ortsspezifischen Haustyp zu entwickeln, der Potential hat. Die Schwachstellen liegen in der etwas oberflächlichen Gestaltung der Freiräume, vor allem aber in der generischen Grundrisstypologie, die für die Genossenschaft zu viele Nachteile mit sich bringt.
Schwarzplan

Schwarzplan

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Blick auf den neuen Dorfplatz

Blick auf den neuen Dorfplatz

Konstruktionsschnitt

Konstruktionsschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Ausschnitt Wohnungsgrundriss

Ausschnitt Wohnungsgrundriss

3. Rang 4 / 4