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Einladungswettbewerb | 11/2023

Neubau Büro- und Handelsgebäude am Goetheplatz in Frankfurt am Main

ein 3. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

SCHMIDTPLOECKER - Schmidt Plöcker Architekten PartG mbB

Architektur

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung, Brandschutzplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Nachhaltigkeitskonzept

Veomo Consulting GmbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Setzung und Architektonisches Konzept
Im Herzen der Frankfurter Innenstadt, am Rande des Bankenviertels, entsteht das neue Bürogebäude Goetheplatz 1. Der Neubau fungiert als Bindeglied zwischen dem traditionellen und dem modernen Frankfurter fügt sich harmonisch als letzter Baustein in das ONE Goetheplaza Ensemble ein, umrahmt behutsam das historische Deutsche Bank Gebäude und eröffnet gleichzeitig einen beeindruckenden Ausblick auf die Frankfurt Four Türme. Der Entwurf kombiniert geschickt die klaren geometrischen Linien des benachbarten Gebäudes und integriert figürliche Elemente sowie historische Motive des Deutsche Bank Gebäudes.
Diese ästhetische Verbindung zur Umgebung wird durch eine subtile Interpretation charakteristischer Gestaltungselemente erreicht, die zu einer einzigartigen architektonischen Sprache und eigenständigen Identität des neuen Gebäudes führen. Als bezeichnendes Markenzeichen Frankfurts wird das Motiv des Bogens aufgegriffen, dass sich innerhalb des Innenstadtkerns in unterschiedlichsten Ausprägungen – u.a. als Fassadenöffnung, als Bogengang oder Arkade – findet. Der raumbildende Arkandengang entlang der Junghofstraße dient als Publikumsmagnet für die Einzelhandelsbetriebe mit bodentiefen Schaufensterfronten und lässt einen fließenden Übergang von außen nach innen entstehen. Das Bürogebäude Goetheplatz 1 wird somit zum herausragenden Abschluss dieser besonderen Adresse.
Die Fassade des Neubaus untergliedert sich in zwei Zonen: Die in erster Linie aus der Fußgänger*innenperspektive wahrgenommene Sockelzone verankert den Bau an seinem prominenten Standort. Die obere Zone wirkt dagegen leicht und aufgelöst, womit ein Bild von Transparenz und Offenheit erzeugt wird. Die Höhe der umliegenden Gebäude bildet den untersten Referenzpunkt für die gestufte Fassade – von hier aus steigt sie allmählich an und bildet eine prägnante Eckerhöhung in Richtung Goetheplatz aus. Diese Vertikalität stellt einen neuen Startpunkt für Frankfurts Skyline dar und integriert in seiner Krone einen Stadtgarten, der sowohl von den umliegenden Türmen, als auch aus Fußgängerebene stets sichtbar ist.

Innere Organisation
Während sich das Erdgeschoss als öffentlicher Raum durch seine Lebhaftigkeit auszeichnet, eröffnen die Obergeschosse 1.-8. ein modernes, zukunftsfähiges Arbeitsumfeld. Die zwei Erschließungskerne bieten Zugang zu jeweils vier Miet- und Nutzungseinheiten pro Regelgeschoss mit jeweils ca. 200qm Fläche. Insgesamt können bis zu 25 Mieteinheiten in den Obergeschossen angeboten werden. Hierdurch ist eine maximale Sicherheit für alle Vermietungsszenarien der Zukunft garantiert. Die flexible Schaltbarkeit macht sowohl eine horizontale, als auch vertikale Verknüpfung von Nutzungseinheiten über zwei Geschosse als eine Mieteinheit möglich. Durch das Open-Space-Konzept werden der Austausch und die Kommunikation unter den Mitarbeitern gefördert und identitätsstiftende Orte geschaffen. Zusätzlich bieten individuelle Außenbereiche qualitativ hochwertige Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien. Es entstehen intime Outdoor-Arbeitsplätze, Pausenräume oder Orte der Entspannung, die flexibel und entsprechend der Nutzung möbliert werden.

Außenraum und Begrünungskonzept
Schon vom Roßmarkt und dem Goetheplatz sind die üppigen Gründächer des Gebäudes wahrnehmbar und bilden einen Gegenpol zur stark versiegelten Umgebung der Frankfurter Innenstadt. Unter dem Motto „NATURE TAKEOVER“ nimmt das Thema Biodiversität bei der Gestaltung der Dachflächen eine zentrale Rolle ein und bildet auf verschiedenen Geschossebenen identitätsstiftende Orte, die im Sinne einer nachhaltigen Planung einen wichtigen Beitrag leisten. Die Dachflächen werden extensiv begrünt und in ausgewiesenen Bereichen zusätzlich mit einer PV-Anlage ausgestattet. Neben einer hohen Pflanzenvielfalt, wird eine Vielzahl an Bereichen für Insekten und Bienen mittels Totholzes, Substratanhügelungen sowie Kies- und Sandflächen geschaffen. Auch Großsträucher und Kleingehölze bieten Lebensräume für Kleintierarten und Vögel.
Auf den Dachflächen des 8. OG sind im Bereich der Biodiversitätsgärten Nistplätze für Falken angedacht. Diese können auf natürliche Weise dazu beitragen, die Population der Tauben einzudämmen. Auf den Terrassen des 2., 6. und 7. OG sind jeweils kleine Aufenthaltsterrassen für die angrenzenden Mieteinheiten vorgesehen. Die intensive Dachbegrünung von 670 m² wird durch eine Fassadenbegrünung von ca. 1100 m² ergänzt. Dies verbessert das lokale Mikroklima und trägt zur passiven Kühlung des Gebäudes bei. Durch die sich Großteils selbst verschattende Fassade werden Kohlendioxidemissionen langfristig reduziert und es kann der architektonischen Vision einer bündigen Fassade, ohne außenliegenden Sonnenschutz, nachgekommen werden. Versickerungsoffene Pflastersteine sorgen ebenso wie die Vegetation für die Entwässerung der Freiflächen und setzen Aspekte der „Schwammstadt“ im lokalen Maßstab um.

Innenraum
Die nachhaltige Holzhybridbauweise lässt sich im Inneren in der Deckenstruktur ablesen und bietet eine angenehm naturnahe Atmosphäre und einen flexiblen Grundriss. Das Ausbauraster von 1,35 m lässt sich über alle Geschosse und Funktionsbereiche auch an der Fassade anwenden, aufgrund der geplanten Öffnungsflügel in jeder zweiten Achse und geeignete konstruktive Anschlusspfosten können als kleinste Einheit stets auch 2-Achs-Räume umgesetzt werden. Im Inneren sind die Materialien reduziert auf helle Holzverkleidungen mit akustisch wirksamen Einlagen. Helles Holz, warme helle Farben und akustisch wirksame Decken mit Heiz- und Kühlfunktion schaffen energieeffizient eine freundliche Atmosphäre mit angenehmer Raumakustik.

Nachhaltigkeitskonzept
Die technische Gebäudeausstattung und bauliche Konzeption sind mit dem Energiekonzept eng verknüpft und werden für die energieeffiziente Bauweise und zur Erreichung des DGNB Zertifikates präzise aufeinander abgestimmt. Energieverluste werden minimiert, in dem eine kompakte Bauweise und eine hocheffiziente Gebäudehülle (≤ 15 kWh/(m²a) vorgeschlagen wird. Die Planung hat das Ziel, Raumqualitäten mit einem minimalen Einsatz von Technik zu generieren und in Kombination mit Niedrigenergielösungen, wie natürlicher Belüftung, guten Tageslichtverhältnissen und Nachtauskühlung die Kohlendioxidemissionen langfristig zu reduzieren. Durch das konsequente Verwenden nachwachsender Ressourcen und Recyclingmaterial wird ein kreislaufgerechtes Bauen sichergestellt, und gleichzeitig CO2 direkt gebunden.
Die Fassade erlaubt durch die raumhohe Verglasung trotz der dichten Bebauung einen hohen Grad an Tageslichtautonomie. Die bauliche Verschattung der Nachbarschaft wird für den sommerlichen Wärmeschutz berücksichtigt. An der Ostfassade kann ggf. ein innenliegender, hinterlüfteter Sonnenschutz die solaren Lasten absorbieren. Ein eigenes Hinterlüftungssystem entzieht dem Zwischenraum zwischen Fenster und Vorhang die warme Luft über Dach. Die modularen Fassadenelemente werden ebenso wie das aus vier gleichen Teilen bestehende Arkadenmodul vorgefertigt, sind einfach de-/montierbar, erlauben verkürzte Bauzeiten und hochwertige Sichtbetonqualität.
Während im Sommer und in den Übergangszeiten natürlich gelüftet wird, ggf. auch unterstützt über eine mechanische Abluft, werden die Räume bei milden Temperauren über Decken Heiz-/Kühlsegel temperiert. Im Winter werden die Räume mechanisch belüftet, um die Vorzüge der Wärmerückgewinnung zu nutzen. Die Strahlungsheizung/-kühlung benötigt milde Temperaturen, die durch die Wärmepumpe sehr effizient erzeugt werden können. Diese entzieht die Wärme einem Eisspeicher, der durch den Heizvorgang abkühlt und gefriert. Ein in die Ostfassade integrierter Solarabsorber kann den Eisspeicher wieder natürlich auftauen und ihm Wärme zuführen.
Der Strom, der zum Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird, kann teilweise durch die PV Anlage auf dem Dach generiert werden. Erste Analysen zur solaren Einstrahlung zeigen, dass sich Teile der Dachflächen trotz der dichten Bebauung zur Stromerzeugung eignen, und nur minimal verschattet sind. Abgefangenes Regenwasser wird für die Bewässerung der Grünflächen und als Grauwasser für WCs wiederverwendet. Die intensive Begrünung der Außenanlagen dient als natürlicher Puffer und ermöglicht eine passive Kühlung der Umgebung, sowie Feinstaubbindung für bestmögliche Luftqualität.

Barrierefreiheit und Inklusion
Die Erschließung der Außenanlagen erfolgt durchgängig barrierefrei. Die Eingangstüren werden als Automatiktüren bzw. mit Kraftbetätigung ausgeführt. Ein ergänzender Aufzug wird für die barrierefreie Erschließung im zentralen Eingangsbereich vorgesehen. Barrierefreie Toilette werden im Erdgeschoss, sowie erstem Obergeschoss vorgesehen. Weitere Anforderungen können nach Nutzungskonzept ergänzt und vervollständigt werden.

Mobilität
Die prominente Lage in der Frankfurter Innenstadt bringt ideale Anbindungsmöglichkeiten an den ÖPNB hervor – in 4 Minuten erreicht man die zentrale U- und S-Bahnstation Hauptwache. Auch viele Car-, Bike- und E-Scootersharingangebote sind in starker Anzahl und in geringer fußläufiger Entfernung vorhanden.
Doch auch innerhalb der Gebäudestruktur wird nachhaltige Mobilität gefördert: per Aufzug gelangen Mitarbeitende direkt in den Fahrradkeller, der neben 160 Stellplätzen auch Platz für ein Fahrradservice und Umkleiden bietet. Optional stellt die gegenüberliegende Tiefgarage Parkmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge bereit.

Tragwerkskonzept
Bei der Wahl der Konstruktionsmaterialien wurde darauf geachtet, dass Materialien mit einem möglichsten geringen CO2-Ausstoß zum Einsatz kommen. Ein klar gegliedertes Holzhybrid-Tragsystem leitet die Lasten effizient und direkt in die Fundamente. Die Holzhybriddecken bestehen aus einer Stahlbetonplatte mit einer Höhe von h= 12 cm und Holzbalken mit einem Querschnitt von b/h= 24/24cm. Sie reduzieren im Vergleich zu einer herkömmlichen Stahlbetondecke den Bedarf an CO2 intensiven Beton um ca. 25% kg CO2 pro m². Die Spannweiten des Tragwerks machen minimale Querschnittsabmessungen möglich, ohne die Anforderungen an ein modernes Bürogebäude zu ignorieren. Die Kerne und Brandwände sind in Massivbauweise geplant und sollen in Teilen aus dem existierenden Kern bzw. aus rezyklierten Beton aus dem Abbruchmaterial erstellt werden. Die Stützen in Holz im Fassadenraster mit a= 5,40 m geplant. Um den CO2-Fußabdruck des Projektes so gering wie möglich zu halten, wurden im Wesentlichen drei verschiedene Design Strategien verfolgt:

  • Reduce: Die Wiederverwendung von Materialien wird maximiert, indem Teile des bestehenden Kerns, der Untergeschosse und der Kellerdecke in die Neuplanung integriert werden. Dadurch wird der Lebenszyklus der Materialien verlängert und Abfall gezielt minimiert.
  • Re-Use: Hierbei besteht der Anspruch alles, was wiederverwendbar ist, erneut zu nutzen: Die Wände des bestehenden Kerns werden in Segmente (ähnlich einem Fertigteil) rückgebaut. In diese Segmente wird für die zukünftigen Anschlüsse Bewehrung eingebohrt, so dass sie dann aufgestellt und mitvergossen werden können. Auf dem Dach des derzeitigen Gebäudes befinden sich Stahlträger. Das Ziel ist, den vorhandenen Stahl an geeigneter Stelle dem neuen Gebäude zurückzuführen. Die neu in das Gebäude eingebrachten Bauteile werden möglichst lösbar miteinander verbunden. Dies betrifft insbesondere die Knotenverbindungen der Holz- und Stahlbauteile. Dies verbessert die Möglichkeiten einer zukünftigen Wiederverwendbarkeit.
  • Recycle: Eines der angestrebten Ziele für den Wettbewerb ist es, ein möglichst großes Volumen an Bestandsmaterialien für den Entwurf zu verwenden und somit die Sprache des zirkulären Bauens zu integrieren. Im Rahmen des Rückbaus können Ziegel- und Betonsteine der Außenwände, Pflastersteine aus dem Außenbereich, Natursteinplatten aus der Bestandsfassade etc. als Zuschlag in Beton oder Estrich sowie für Schüttung in den Decken verwendet werden. Abbruchmaterial von Stahlbetondecken wird zerkleinert und als rezyklierte Gesteinskörnung in den neuen Stahlbetonbauteilen und der Betonschicht unserer Holzhybriddecken verwendet. Dies schont Ressourcen und reduziert Deponieabfälle.

Brandschutzkonzept
Das Bürogebäude wurde gemäß der Hochhausrichtlinie geplant. Es verfügt über zwei ausreichend dimensionierte Sicherheitstreppenhäuser, die im Falle eines Brandes eine schnelle und sichere Evakuierung der Nutzer*innen ermöglichen. Pro Geschoss bietet das Gebäude vier Nutzungseinheiten, die auf 200 m² pro Einheit begrenzt und jeweils an eines der zwei Sicherheitstreppenhäuser angeschlossen sind. Die Rettungsweglängen von >35m werden eingehalten, eine vorgesehene Brandwand im westlichen Teil des Gebäudes gewährleistet die Einhaltung der maximal zulässigen Brandschnittlänge.
Die Sicherheitstreppenräume grenzen an einen Vorraum und dieser an den notwendigen Flur mit jeweils zwei Aufzügen. Das Brandschutzkonzept wurde so gestaltet, dass die 200 m² großen Nutzungseinheiten sowohl horizontal, als auch vertikal miteinander verbunden werden können. Die hybride Bauweise wird im Rahmen des Brandschutzkonzeptes schutzzielorientiert bewertet. Durch die rein tragende Funktion des Holzes werden Zulassungsprobleme im Raumabschluss vermieden.
Zusätzlich ist ein spezieller Feuerwehraufzug mit eigenem Vorraum installiert, der im Notfall den raschen Zugang für die Feuerwehr ermöglicht. In seinen Schacht kann weder Feuer, noch Rauch eindringen. Neben den vorgesehenen Feuerlöschern, verhindern die Sprinkleranlagen die Ausbreitung des Feuers. Des Weiteren sind getrennte Rettungswege für die Untergeschosse und Obergeschosse vorhanden und diese im gesamten Gebäude ausreichend mit Sicherheitskennzeichen markiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf sieht eine eigenständige Fassadengestaltung vor, die bewusst den Duktus der nördlich anschließenden Nachbarschaft (One Goetheplaza) aufbricht, und sich dabei durch Materialität und Formensprache gut einfügt. Dennoch wurde auch die Fassadengestaltung kontrovers diskutiert, da die rhythmisch abgestuften Fassadenelemente an der Traufkante eine klare Kubatur verhindern. Nachteilig wird bewertet, dass diese kulissenartigen Elemente nicht als untergeordnete Bauteile gewertet werden können und somit Abstandsflächen auslösen, die zu entsprechenden Unterschreitungen der zulässigen Abstandsflächen führen. Kontrovers diskutiert wurde auch die Gliederung in einen Sockel mit Rundbögen und die langgestreckten rechteckigen Fassadenelemente der Obergeschosse, die das Gebäude in zwei Themen gliedern.

Die waldartige, extensiv begrünte Dachlandschaft ist aus der Fußgängerperspektive sichtbar, was positiv bewertet wurde. Es wurde jedoch auch die Frage nach der Tragfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der obersten Geschossdecke in Verbindung mit den erforderlichen Substrathöhen gestellt. Zudem führt diese hohe Bepflanzung aus Sicht der Jury ggfs. zu weiteren Nachteilen bei der Belichtung der Nachbarn.

Die Kerne für die Bürogeschosse sind gut gelöst und können vier flexibel aufteilbare Nutzungseinheiten gewährleisten. Die Lage des Einzelhandelszugangs wird als gelungene Fortführung der straßenseitigen Ladenfassaden des benachbarten One Goetheplaza bewertet. Besonders positiv wird die großzügige Arkade hervorgehoben, die zwar die Innenraumfläche der Einzelhandelsnutzung mindert, dafür aber einen besonders qualitätvollen Raum vor den Einzelhandelsflächen schafft. Dem Entwurf wird durch die spannungsvolle Arkadengestaltung eine höhere Wertigkeit der Einzelhandelsflächen zugeschrieben, die wiederum eine höhere Retail-Miete erwarten ließe.