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Werkstattverfahren | 12/2023

Fassadenplanung für das Quartier Burgtor in Dortmund

1. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

RKW Architektur +

Fassadenplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Situation
Das Tor in den Norden - das neue Quartier am Burgtor - befindet sich an dem nördlichen historischen Stadtzugang Dortmunds. Bereits im 13. Jahrhundert markierte die Porta Castris den Hauptzugang der aus Norden von den Städten Münster und Bremen führenden Handelsstraße in die Stadt. Auch heute noch stellen die das Plangrundstück begrenzende verkehrsberuhigte Münsterstraße und die vielbefahrene Leopoldstraße den nördlichen Zugang in die Stadt zum Burgwall dar. Im Norden wird das Plangrundstück von der Steinstraße begrenzt und im Süden befindet sich die Ost-West Bahntrasse zu dem nahe gelegenen Dortmunder Hauptbahnhof. Das geometrisch verzogene, trapezartige Grundstück ist somit zu allen Grundstückskanten von Straßen umschlossen. Die Basis für den städtebaulichen Entwurf und den vornehmlich zu erarbeitenden Fassadenentwurf bildet eine vorangegangene städtebauliche Studie, die eine Blockrandbebauung mit einem Hochpunkt an der Ecke Steinstraße / Leopoldstraße vorsieht.

Städtebau und Baukörper
Der städtebauliche Entwurf für das Quartier am Burgtor entwickelt seinen markanten Hochpunkt aus dem Baukörpervolumen der geschlossenen Blockrandbebauung. Das in seiner Grundfläche mit einem Verhältnis von zwei zu drei proportioniertem Hochhaus positioniert sich stadtraumwirksam an der nordwestlichen Blockrandecke. Es richtet sich mit seiner Schmal- und Längsseite anhand der jeweils gegenüberliegenden Bebauung trichterförmig in den Stadtraum aus. Die Längsseiten des Wohnturms orientieren sich zum einen nach Süden zur Stadt und bilden zum anderen mit ihrer Höhenentwicklung einen angemessenen stadträumlichen Endpunkt für die gegenüberliegende Bebauung im Norden am Freiherr-vom-Stein-Platz. Durch das Falten der Blockrandbebauung und die Ausbildung von prägnanten Baukörperkanten wird das Quartier in seiner Dimension auf einen für seine Umgebung passenden Maßstab abgestimmt. Leicht zurückgesetzte Staffelgeschosse schließen das Bauvolumen des Blockrandes in seiner Höhenentwicklung ab. Im Nordwesten entwickelt sich der Wohnturm aus der Flucht des Blockrandes in ein eigenständiges Baukörpervolumen.

Orientierung und Formfindung
Drei Hochpunkte - eine Geste – Die Eingänge der wesentlichen Nutzungen werden konsequent an den drei Blockrandecken verortet. Die Betonung der Hauptzugänge erfolgt durch das Zurücknehmen der Baukörpermasse mit raumwirksamen Stadtloggien und mit gezielten Baukörpererhöhungen. Die Faltung der Baumasse weitet den Außenraum vor den Hochpunkten zu Vorplätzen auf.

Adressbildung
Umlenken und Kante zeigen – Die drei Schenkel der Blockrandbebauung werden nach außen in den Stadtraum gefaltet, gliedern damit die Baumasse in der Längenabwicklung und setzen diese somit in Bezug zur Umgebung. Die Blockkanten im Norden und Westen leiten den Straßenraum mit der gegenüberliegenden Bebauung im Westen trichterförmig in Richtung Innenstadt ein.

Fassadenebene - Raster
Tribute to Tribune – Die unterschiedlichen Nutzungen der Bebauung werden durch eine einheitliche Fassadenstruktur im hilbersheimerschen Sinne zu einem gemeinsamen Baukörperensemble zusammengeführt. Der massive Baukörper wird in der Vertikalen anhand des strukturierenden Rasters ab der Blockrandbebauung vom flächigen Pfeiler in eine feine plastische Lisene überführt.

Fassadenebene - Füllungen
Nutzungen ausfüllen – Die klassische Gliederung der Fassaden wird mit differenzierten Fensterelementen umgesetzt. Überhöhte und über zwei Geschosse greifende Füllungen bilden den Sockel. Massive plastisch gefaltete Elemente schließen den Wohnturm als Krone ab. Die verschiedenen Nutzungstypologien bilden sich anhand von zwei unterschiedlichen Fensterelementen ab.

Fassadensystem - Struktur/Elemente
Das Fassadensystem wird durch vier wesentliche Gliederungselemente gebildet. Sich verjüngende, in Lisenen mündende Pfeiler, strukturieren das Hochhaus in die Vertikale. Massive Bänderungen halten den Baukörper zusammen. Verdachungen und Simse begrenzen die Öffnungen nach oben und unten und modulare Befensterungen formulieren die Öffnungen für die Nutzungen aus.

Fassadenkonzept
Das Konzept der Fassaden für das Quartier am Burgtor in Dortmund gründet sich auf dem neu ausformulierten, städtebaulichen Entwurf sowie den vorgegebenen unterschiedlichen Nutzungen der Polizei, dem Einzelhandel und Nahversorger, dem Gewerbe, dem Seniorenwohnen sowie dem Wohnen im Turm. Ziel des städtebaulichen Entwurfes ist die Gliederung der homogenen Baumasse in seinem Volumen. Die verschiedenen Nutzungen sollen durch einen zusammenhängenden Baukörper als eine Einheit das Quartier am Burgtor bilden. Städtebauliche Differenzierungen erfährt der Baukörper durch das Falten der Baumassen in den Stadtraum, die Staffelungen der Baumasse nach oben sowie die Überhöhung an den markanten Eingangsbereichen. Das durch die Struktur der Polizei vorgegebene Fassadenraster von 1,25 m wird auch für die weiteren Nutzungen als flexibles Grundraster identifiziert. Die Lochfassade der Blockrandbebauung wird mit einer Pfeilerbreite von einem Fassadenrasterfeld versehen. Die zwischen den Pfeiler angeordneten Öffnungen umfassen vier Rasterfelder und haben somit eine Achsbreite von 5,00 m. Mit der Nutzungsänderung zum Wohnen im Turm verjüngt und faltet sich die Pfeilerstruktur der Fassade zu einer filigranen Lisene, die mit der reliefartigen Umfassung der Technikebene im Dach das Hochhaus mit einer Krone abschließt. Der massive Charakter der Lochfassade wird so zu seinem aufstrebenden Hochpunkt immer weiter durch die Plastizität der Fassade aufgelöst. Massive horizontale Bänderungen bilden die Geschossigkeit der Bebauung ab und vernetzen die Baumasse zu einer gemeinsamen Struktur. Das fassadenbestimmende und für die Region des Ruhrgebietes typische Material des Backsteins unterstreicht die städtebauliche Grundidee eines neuen dauerhaften Stadtbausteins am nördlichen Eingang zur Innenstadt von Dortmund. Die steinerne Fassade wird im Bereich der Fassadenöffnungen jeweils von oben mit einer Verdachung und unten mit einem Sims aus Betonwerkstein aufgenommen. Auch im Bereich des überhöhten Sockelgeschosses werden zur Aufnahme von Werbeflächen der Gewerbeeinheiten Betonwerksteinelemente in der Fassade eingebracht. Betonwerksteinelemente, Backstein und Fugenfarbe sind farblich angeglichen und aufeinander abgestimmt. Die Fassadenfüllungen der Lochfassade ab dem Sockelgeschoss sind lediglich in zwei Grundelemente unterschieden, da auch in der zweiten Fassadenebene eine große Homogenität der Fassade angestrebt wird. Die Befensterung von Polizei, Gewerbe und Seniorenwohnheim werden mit einem Brüstungselement ausgebildet, welches sowohl die Einsehbarkeit von außen erschwert als auch Platz für die technische Versorgung der Innenräume ermöglicht. Die Teilungen der Fenster bieten regelmäßige Anschlussmöglichkeiten von Innenwänden. Die Befensterung für das Wohnen im Turm wird bodentief ausgeführt. Zur Ausbildung von Loggien werden die Fensterelemente in der Fassade stärker vertieft. Die metallischen Befensterungen und die eleganten Brüstungsgeländer werden in einem dunklen Bronzefarbton als Kontrast zum rötlichen warmen Backstein lackiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vorteile
  • Sehr gut durchgearbeiteter Entwurf
  • Starkes Erscheinungsbild, wirkungsvolles Auftaktgebäude zur Nordstadt
  • Großstädtischer Charakter, ortstypische Erscheinung durch Ziegel und mögliche Referenz zum Dortmunder U
  • Urbane Fassade mit robustem Grundgerüst, die nutzungsneutral und entsprechend nachhaltig ist; es kann jede Nutzung an jedem Ort auch im Laufe der Zeit umgesetzt werden
  • Markante tektonische Thematik der Fassade von der flachen Wand im EG zum körperhaft herausgearbeiteten Pfeiler im Turm
  • Zusammenhängend entworfener Block, Klarheit und Prägnanz des Baukörpers und des Fassadenrasters
  • Differenzierungen in den Höhen spannend und ausgewogen, Betonung der Ecken, dadurch weniger solitäre Wirkung des Blocks, sondern Einpassung in Stadtraum
  • Staffelung des Turms in der Höhe charmant, Frage ob das überhaupt wirkt oder zu wenig prägnant ist
  • Einschnitte mit Arkaden an den Ecken als Eingänge, Ecken wirken als Auftakt
  • Entwurf hält viele Vorgaben ein, wirtschaftlich gut zu realisieren
  • Viele Loggien/Balkone für Wohnen vorgesehen
  • Großstadtgefühl durch konsequent hohe Erdgeschossräum

Nachteile
  • Wenig Bezüge zur Umgebung
  • Wenige Untergliederung, geringe Vielfalt in der Einheit
  • Rücksprung des Turms evtl. zu gering, um im Stadtraum wirksam zu sein
  • Fassaden in Augenhöhe flach, bieten wenig Anreiz für das Auge im Unterschied zu den oberen Geschossen, bei denen die Fassade kontinuierlich raumhaltiger wird
  • Gliederung in Richtung Münsterstraße zu großmaßstäblich
  • Wunsch: Kleinteiligkeit, urbane Abwechslung in der Fassade an der Münsterstraße; evtl. Hauseinheiten entsprechend der Körnigkeit der benachbarten Münsterstraße, um Charakter dieser historischen Hauptstraße zu betonen
  • Wunsch: detailreichere Formung auch im EG an der Fassade in Augenhöhe
  • Wunsch: hochwertige Materialien und Konstruktionsweise, damit das Bild nachhaltig trägt
  • Wunsch: TGA auf den Ecken in Entwurf integrieren, Kronenbildung ähnlich wie im Hochhaus