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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Attraktivierung Ortskern in Everswinkel

Kirchplatz und Vitusstraße

Kirchplatz und Vitusstraße

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

EIN PLATZ IM GARTEN

POTENTIAL
Das ehemalige Ackerbürgerdorf Everswinkel fasziniert mit einem beeindruckenden Bestand an historischer Architektur sowie einem gelungenen Städtebau in der zentralen Ortserweitung der 80er Jahre. Weniger attraktiv erscheinen einzelne Lösungen zur fußläufigen Ortserschließung, die Qualität der Oberflächen sowie die Auffindbarkeit der Ortsmitte. Die Wiederentdeckung und vertiefende Erlebbarkeit der Geschichte von Everswinkel als ehemaliges Ackerbürgerdorf bildet den ideenstiftenden Rahmen einer Neugestaltung der Ortsmitte.

WERTIGE OBERFLÄCHEN INSZENIEREN
ORTSZUGÄNGE, ARCHITEKTUR UND BAUGESCHICHTE
Das historische Zentrum um den Kirchplatz mit angrenzender Vitusstraße, sowie die städtebauliche Ortskern-Erweiterung der 1980er Jahre mit ihren ortsbildprägenden Architekturen werden wertgeschätzt und ihre Qualitäten herausgearbeitet. Grundgerüst des Freiraumentwurfes sind zwei differenzierende Belagsteppiche aus Naturstein, die die beiden historischen Teilbereiche markieren. Die Ortsmitte erhält einen einheitlichen Naturstein-Plattenbelag und fasst den Bereich von Magnusplatz vor dem Rathaus, der Querverbindung „Am Magnusplatz“, den zwei Parkplätzen, sowie dem Verbindungsweg zwischen Kirchplatz und Magnusplatz angemessen hochwertig zusammen. Im Bereich der Ortskernzugänge Warendorfer Straße und Hovestraße tritt der Plattenbelag selbstbewußt nach außen und markiert den Zugang zusammen mit einladend blühenden Staudenpflanzungen. Wertige lineare offene Entwässerungsrinnen gliedern die Zugangswege und führen zum zentralen Magnusplatz. Der zentrale Bereich des Magnusplatz wird als Stadtteppich entsprechend eingefasst und mit lebendigem Granitsteinpflaster im Passe-Verband hervorgehoben. Davon abgesetzt werden Kirchplatz sowie Vitusstraße als historischer Ortsursprung wieder kenntlich gemacht und gestalterisch mit einem einheitlichen Granitpflaster zusammengefasst. Das Pflaster ist barrierearm oberseits gesägt und mit enger Fuge verlegt, um die anfallenden Verkehrsbelastungen aufnehmen zu können. Vorhandenes Pflaster um die Kirche wird aufgenommen, aufgearbeitet und im Pflaster eingemischt wieder verbaut. Die Homogenität und Schlichtheit der Oberflächen stellt den kleinteiligen Gebäudefassaden Ruhe entgegen und untermalt die ortsbildprägenden Gebäudefassaden im, für das Münsterland typischen, roten Backsteinklinker.

Ein Platz im Garten
Felder, Wiesen und Gärten haben im Ortskern Everswinkel eine lange Tradition.
Die besondere Historie Everswinkels, als einstiges Ackerbürgerdorf, wird aufgegriffen und
als Thema der Gemeinde gestärkt. Basis bildet dabei der bereits vorhandene qualitätsvoll gliedernde Baum- und Heckenbestand, welcher in den Zuwegungen zum Magnusplatz in einem einheitlichen Duktus modifiziert und mit Rücksicht auf die vorhandenen Anforderungen aus Gewerbe und Nutzung ergänzt wird. Als besonderes Highlight und einladende Geste in den Ortskern sind die Zugänge von der Warendorfer Straße und Hovestraße aus mit üppiger Staudenflor von robusten Mehrjährigen herausgearbeitet. Kirch- und Magnusplatz erhalten ebenso ergänzende Hecken-Stauden-Flächen, die in Ihrer Formensprache das Ankommen an einem wichtigen Ort in der Gemeinde verkünden und den „Platz im Garten“ spürbar werden lassen. Am Kirchplatz geben die Grünflächen, neben der atmosphärische Qualität, Auskunft über den Raum des historischen Kirchgarten/Friedhofs. Der Bereich der Vitusstr. bietet aufgrund des zur Verfügung stehenden Straßenprofils wenig Raum für Grünflächen. Die Ergänzung von Baumstandorten im Rhythmus der Hainbuchen des Bestandes komplettieren hier die grüne Prägung. Die Auswahl von Stadtmöbeln wie Bänken, Leuchten, Baumscheiben und Baumanfahrschutz sowie Fahrradbügeln erinnern mit eleganter Gestaltsprache ergänzend und eher assoziativ an einem Tag im Garten.

Kirchplatz / VITUSSTRASSE
Kirchplatz und Vitusstraße werden als historischer Ortsursprung wieder kenntlich gemacht und gestalterisch zusammengefasst. Der Kirchplatz wird zum „Kirchgarten“, die Vitusstraße zu einer begrünten aber urbanen Ortspromenade entwickelt. Die starke visuelle und tatsächliche Barriere des Parkplatzes am Südende des Kirchplatzes wird rückgebaut und durch einen sanften Übergang zwischen Kirch- und Vitusstraßenniveau ergänzt. Zwei schmale Stufen gliedern zwischen Platz und Straße und leiten mit natürlichem Schwung in den nördlichen Bereich des Kirchplatzes und entlang der historischen Häuserreihen. Ein dritte Stufe bildet den Abschluss der Treppenanlage und ein beidseitig nutzbares Sitzelement. Großzügige Grünflächen nehmen diverse Baumstandorte auf und verweisen auf den ehemaligen Friedhof bzw. Kirchgarten des Ensembles. Bestende Denkmale gliedern sich selbstverständlich ein.
Das auf dem Kirchplatz verwendete Granit-Naturstein-Pflaster im Passe-Verband bildet ebenso die Oberflächen in der Vitusstraße ab. Zwei Dreizeiler-Rinnen links und rechts gliedern den Straßenraum subtil. Die einheitliche Oberfläche vermittelt Großzügigkeit in dem eher knappen Straßenraumprofil. Baumscheiben sind so ausgelegt, dass der nötige Anfahrschutz einheitlich gestaltet ist und dabei wenig Raum in Anspruch nimmt. Leuchten sind als stimmungsvolle Pendelleuchten, welche auch je nach Saison Dekoelemente wie Herbst- und Weihnachtsschmuck aufnehmen können, als Hindernis aus dem Wegeraum entnommen. Der Parkraum bleibt in diesem Bereich weitestgehend bestehen während die wegfallenden Parkplätze im Bereich Kirchplatz einem sehr guten Angebot an Parkraum im Bereich Overbergstraße / Dr.-Pöllmann-Straße gegenüber stehen. 8 Stellplätze bleiben in Kircheingangsnähe erhalten, wovon 5 Stellplätze Menschen mit Mobilitätseinschränkung gewidmet sind.

MAGNUSPLATZ / ORTSKERN
Die Ortsmitte mit Ursprung in der Ortserweiterung der 80er Jahre wird einheitlich mit Natursteinplatten im Reihenverband aufgewertet. Eine Platzintarsie aus Natursteinpflaster markiert den zentralen Treffpunkt vorm Rathaus. Entsprechend der Bedeutung und Wertschätzung des Schweinchenbrunnens ist dieser prominent vor dem Rathaus platziert. Ergänzt um weitere Wasserdüsen, die im gebunden eingebauten und abgedichteten Belag eingebaut sind, wird der Magnusplatz zum Anziehungspunkt für junge Everswinkler mit Familie und Gästen. Neue Grünpflanzungen mit reichem Blühaspekt ergänzen den Ort. Die vorhanden Parkplätze im Planungsumgriff werden, nicht zuletzt aufgrund der vorhandenen Hecken und Bäume, als grüne Haine interpretiert und diesbezüglich entsprechend wenig im Grünvolumen reduziert. Die barrierefreie Erreichbarkeit sowie die Eindeutigkeit der Zugänglichkeit sowie Passage ( hier Richtung Kirchplatz) ist bei beiden Parkplätzen optimiert neu gedacht und die Parkierung entsprechend optimiert. Im inneren Bereich des Zentrums erhält „der Garten“ Einzug. Der Magnusplatz wird zum Stadtgarten und zentralem Treffpunkt für Jung und Alt. Die beiden Parkplätze werden als grüne Oasen weiterentwickelt.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit definiert den Kirchplatz und die Vitusstraße als eine historische Einheit, und würdigt den Bereich um den Magnusplatz mit seiner Bebauung aus den 80er Jahren.

Eine geschwungene Treppenanlage verbindet den Kirchplatz mit der Vitusstraße. Formal greift sie die Morphologie des Platzes auf und macht den Standort als höchste Stelle im Ort ablesbar. In der Materialität setzt sich die Einheit Kirchplatz und Vitusstraße vom Rest des Ortskerns ab: hier ist Granitpflaster im Passéverband vorgesehen. Der Straßenraum wird in Gänze ohne nennenswerte Zonierung ausgenutzt. Somit wirkt er großzügiger und funktioniert de facto als shared space. Die Baumstellung in der Vitusstraße kann wegen der entstehenden Enge und der nicht konsequenten Paar – Setzung nicht überzeugen.

Der Kirchplatz ist nun vergrößert und umfasst neben dem kirchlichen Grundstück auch städtische Flächen. Die Lage der Stufenanlage und der Eingriff in die Vitusstraße werden kontrovers diskutiert. Für die Realisierung der Treppe muss die Baumreihe am Fuße des Kirchplatzes mindestens teilweise entfallen. Leider suggeriert die gewählte Perspektive eine gewisse Dominanz und damit einhergehend eine Kühle der großen Pflasterflächen.

Der übrige Ortskern innerhalb des Straßenkarees Vitusstraße, Warendorfer Straße, Hovestraße und Nordstraße wird mit einem Stadtboden versehen. Die Eingangssituationen sind jeweils durch Staudenbeete und eine neue Baumstellung markiert. Der Binnenbereich (außer Vitusstraße mit Kirchplatz und Platzintarsie Magnusplatz) ist mit einem Plattenbelag aus Naturstein im Format 30x60cm ausgestattet. Die Materialverwendung der Bodenbeläge wurde sowohl im technischen und maßstäblichen Kontext als auch im Sinne der Angemessenheit kritisch diskutiert. Der Materialkanon ist auf Funktionalität und Gestaltung zu überprüfen. Neben dem Kirchplatz bildet der Magnusplatz den zweiten zentralen Platz im Ortskern. Er ist als rechteckige Fläche ausformuliert und setzt sich deutlich vom übrigen Stadtboden ab. Pflanzbeete und ein Wasserspiel lockern den Platz auf und bieten neben der langen Bank auf der südlichen Platzseite Aufenthaltsmöglichkeiten an. Die Setzung der Beete in den Platzrändern im Zusammenspiel mit den Baumstandorten wurde kontrovers diskutiert.

Organisation und Ausgestaltung der Gasse Am Magnusplatz werden gewürdigt. Beide Großstellplätze sind neu organisiert, befinden sich jedoch an gleicher Stelle.

Das Versprechen der Arbeit, einen „Platz im Garten“ zu schaffen, wird mit linsenförmigen Pflanzbeeten umgesetzt, die sich zusammen mit orttypischen Heckenstrukturen als verbindendes Element durch den Ortskern ziehen und als Verdunstungsflächen fungieren sollen. Gewünscht wäre, diese gärtnerischen Momente zu intensivieren.

Die vorgeschlagenen Ausstattungselemente sind angenehm unaufdringlich und passend für den ländlichen Maßstab.

Die Marktaufstellung auf dem Magnusplatz ist sinnvoll durch eine Erweiterung in der NordSüd-Achse zwischen Hovestraße und Vitusstraße ergänzt.

Insgesamt handelt es sich um eine gut durchgearbeitete und detaillierte Arbeit, die mit Ihrer Eleganz besticht. Sie geht mit der bisherigen Ortsgeschichte respektvoll um und stellt für die weitere Entwicklung ein robustes, tragfähiges Konzept dar.
Lageplan

Lageplan

Lageplan Kirchplatz und Vitusstraße

Lageplan Kirchplatz und Vitusstraße

Rathausplatz

Rathausplatz

Lageplan Rathausplatz

Lageplan Rathausplatz

Details

Details

Beete

Beete

Pflanzhügel

Pflanzhügel