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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Attraktivierung Ortskern in Everswinkel

2. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

brandenfels landscape + environment

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Grundidee
Die Innenstadt Everswinkels soll an heutige und künftige Herausforderungen angepasst, und so zukunftsfest umgestaltet werden. Insgesamt soll erreicht werden, dass die Innenstadt grüner wird, um proaktiv mit den Folgen des Klimawandels umgehen zu können. Weiterhin ist die barrierefreie Ausgestaltung des öffentlichen Raums für alle Personen ein Gewinn.

Städtebaulich- freiraumplanerische Konzeption
Der Kirchplatz wird gestalterisch in den Ortskern eingebunden. Die Mauer, die derzeit eine visuelle Grenze darstellt, wird entfernt, so dass leicht geneigte Grünflächen mit Sitzaufkantungen die Besucher einladen, zum Kirchplatz zu kommen. Der bestehende Höhenunterschied wird durch barrierefreie Rampen überwunden. Die Grünflächen sind mit biodiversen, blühenden Bodendeckern bepflanzt und mit Klimabäumen (Gleditschien) zusätzlich zu den größtenteils erhaltenen Bestandsbäumen ergänzt. Das Erscheinungsbild des Kirchplatzes wird in seiner heutigen Form als angenehm und wertig erfasst, daher bleibt das Bestands-Kleinsteinpflaster und die Pflasterintarsien erhalten. Zu den Eingängen wird mit großformatigen Natursteinplatten die Barrierefreiheit hergestellt. Der „Pflasterring“ entlang der historischen Baustruktur wird im Grundsatz erhalten, jedoch durch das für das Münsterland typische Material des Grauwacke-Großsteinpflasters mit gesägter Oberfläche barrierefrei ausgestaltet.

Die Vitusstraße wird durch Pflanzinseln, Spielbereiche und Außengastronomieflächen aufgewertet. Das vorhandene Betonsteinpflaster wird durch beige-sandfarbenes Klinkerpflaster (hochkant als Riemchen gesetzt) ersetzt. Das Betonsteinpflaster wird gebrochen und als Grobschlag mit Substrat versetzt als baumverfügbare Baumrigole verwertet, so dass das Oberflächenwasser gespeichert wird. Die Seitenrinnen werden durch eine Natursteinwerksteinrinne als taktil nutzbare Mittelrinne ersetzt, die Vitusstraße wird zur Spielstraße umgewidmet. Bestehendes Natursteinpflaster wird in einem Streifen an den Fassaden eingesetzt, so dass Einbauten Fallrohre etc. gut eingebunden werden können. An der historisch belegten Stelle im Übergang zum Kirchplatz entsteht wieder eine Platzsituation, die mit einem Schweinchen-Trinkbrunnen, der Trinkwasser auf Knopfdruck für Erwachsene, Kinder und Tiere spendet, belegt wird. Im Bereich der Eisdiele wird ebenfalls die Außengastronomiefläche vergrößert und mit einem Spielbereich mit Kunststoff-Fallschutzbelag ergänzt. Ladenlokale werden über seitlich angelegte, gepflasterte Rampen barrierefrei angebunden. Im Bereich der Wohnnutzungen werden bestehende Versiegelungen durch versickerungsoffene Baumbeete ersetzt. Die Sonderflächen werden mit hochwertigen Sitzelementen aus heimischem Granit, teilweise mit Holzauflage markiert und als besondere Flächen inszeniert.

Im Übergang zwischen Kirchplatz und Magnusplatz führt am Hochzeitsgarten, der für Fotos der Hochzeitsgesellschaften genutzt werden kann, vorbei zur Spielachse, die die bestehenden Spielangebote um weitere Spielangebote wie z.B. Wippen, Schaukeln und Picknicktische etc. ergänzt. Die bestehenden Bäume werden erhalten und deren Wurzelbereich durch den Rückbau von Stellplätzen vergrößert.

Im Bereich des Magnusplatzes werden die bestehenden Bäume erhalten (eine süd-östlich stehende, erkrankte Kastanie wird entnommen) und durch Neupflanzungen von einem Tulpenbaum, Amberbäumen und mehrstämmigen Hopfenbuchen ergänzt. Die Fassung des Platzes wird durch ein Natursteinband aus großformatigen, gestockten Granitplatten übernommen, wobei die bestehenden Randflächen integriert werden. Hierdurch entsteht genügend Fläche, um den Wurzelbereich der bestehenden Bäume großflächig zu entsiegeln (wassergebundene Wegedecke, gebundene Splittoberfläche). Innerhalb der Platzfläche wird eine biodiverse Grünfläche geschaffen, die als Blühgarten an die Ursprünge der historischen Gärten erinnert. In diesem Bereich ist ebenfalls eine Spielstation mit einem barrierefrei nutzbaren Karussell und weiteren Spielangeboten angeordnet. Im Bereich des Baumhains ist der neue Standort des Schweinchenbrunnens, so dass Eltern und Kinder Aufenthaltsmöglichkeiten in einem beschatteten Spiel-Bereich haben. Die Platzoberfläche wird aus robustem, gesägtem Grauwacke-Großpflaster hergestellt. Große Fahrgeschäfte finden weiterhin Platz.

Im Übergang zum nördlichen Parkplatz, der durch versickerungsoffenes Pflaster entsiegelt wird, schließt sich ein leicht geneigter Stadtgarten als „Essbare Stadt“ mit blühenden Obstbäumen an, die ebenfalls auf die Historie der Nutzgärten in diesem Bereich verweisen. Die ehemals versiegelten Flächen werden entsiegelt, durch die geschwungene Wegeführung wird der Stellplatz barrierefrei über eine 3%-Rampe an den Magnusplatz angebunden.

Ein besonderes Element stellt der „Schweinchenspaziergang“ dar: In den Pflasterbelag eingelassene Messingplatten weisen per QR-Code und Text auf besondere historische Elemente im Stadtraum hin: Im Bereich des Kirchplatzes z.B. auf einen digitalen Gedenkort, an der Vitusstraße auf die ehemalige Baustruktur (als virtuelle Realität), am Magnusplatz auf wichtige Themen der Stadtgesellschaft...
Wichtig ist der Umgang mit Ressourcen, die Beleuchtung soll möglichst zielgerichtet durch Hängebeleuchtung erfolgen, die bestehenden Materialien werden vor Ort belassen. Das neue beige-sandfarbene Klinker-Pflaster wird als robustes Riemchenpflaster verlegt und hat einen guten Albedo-Wert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit bietet hinsichtlich der Wegeverbindungen und Verknüpfungen durch das Planungsgebiet einen besonderen Beitrag.

Der Auftakt am Kirchplatz wahrt in Teilen den Bestand und ergänzt und öffnet diesen durch neue, barrierefreie Rampenzugänge. Anstelle der bisherigen Mauer wird der Höhenversprung zur Vitusstraße durch zwei große Pflanzbeete bewältigt, deren diagonale Ausrichtung auf eine gewünschte stadträumliche Verbindung Richtung Magnusplatz und Rathaus verweist, Das östliche Beet wird formal fortgeführt und definiert damit geschickt einen Raum für Trinkbrunnen und gastronomische Nutzung durch den Vitus Grill. Stellplätze auf der Kirchebene sind nur noch für temporäre Nutzung vorgesehen Kritisch zu bemerken ist, dass die angeordneten Pflanzbeete die Grundstücksgrenzen überschreiten.

Der nördlich der Kirche angedachte Hochzeitsgarten entwickelt vor dem Standesamt einen Spot. Die Jury würdigt, dass es damit gelingt, auch dem rückwertigen Raum der Kirche einen ansprechenden Charakter zu geben. Auch die Fortführung des vorhandenen Spielplatzes in eine neue Spielachse stellt eine sinnvolle Maßnahme dar. Lage und Ausformulierung dieser Achse schaffen ein weiteres verbindendes Element im Sinne der vorher genannten Diagonale durch den Ort.

Der Magnusplatz wird mit seiner Einfassung aus Natursteinplatten in seiner wahrnehmbaren Definition als Platz gestärkt. Diagonal über den Platz erfolgt eine Verknüpfung zum nördlich befindlichen Parkplatz und dem neu angelegten Stadtgarten.

Die Ausformulierung des Magnusplatzes wird als positiv bewertet. Als Multifunktionsfläche scheint er die Funktionen Ruhe, Spiel, Gastronomie und Grün miteinander zu vereinen und insbesondere das Grün weiter gen Norden in Form des neuen Stadtgartens fortzuführen. Die Neuordnung der Vitusstraße mit dem Auftakt am Kirchplatz stellt einen sinnhaften Umgang mit den Flächen für den ruhenden Verkehr und Bereichen für die Gastronomie dar. Die Stellplätze sind in der Anzahlt ausreichend dimensioniert und in Ihrer Verortung größtenteils passend angeordnet.

Die Ausformulierung und Einfassung der gastronomischen Flächen im Bereich der Vitusstraße wird jedoch eher als trennend in Raum und kritisch bewertet. Der Einsatz einer mittelläufigen Rinne zur Führung in einem offenen Straßenraum und die starke Zäsur der Einfassungen der Gastronomischen Bereiche überzeugen nicht.

Während die Arbeit durch die ablesbare Verknüpfung der einzelnen Teilbereiche durchaus besticht, können die Ausarbeitungen der Details nicht überzeugen. So erscheinen dem Preisgericht weder der vorgeschlagene „Schweinchenweg“, noch die dargestellten Details wie (Messingnägel / Messingintarsien) dem Ort und Charme von Everswinkel angepasst. Auch der vielfältig eingestreute Einsatz von Betonsitzelementen und - Einfassungen wirkt überzogen. Ein behutsamerer und deutlich reduzierter Umgang mit diesen Ausstattungselementen wäre hier wünschenswert gewesen.

Weiter beurteilt die Jury unter Ökologie- und Nachhaltigkeitsaspekten kritisch, dass die Bodenbeläge in weiten Teilen des Plangebietes aufgenommen und durch ein neues Klinkerpflaster ersetzt werden sollen.

In Summe stellt die Arbeit einen sehr amivalenten, in der stadträumlichen Grundhaltung jedoch gelungenen Beitrag dar, der aufzeigt, wie Wege und Plätze im Gemeindekern neu gedacht und miteinander verknüpft werden können. Der Entwurf überzeugt jedoch in seinen Detailausformulierungen nicht, da viele Gesten dem Ort nicht angemessen, zu kleinteilig oder zu verspielt erscheinen.