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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neubau einer Wohnanlage in Sulzberg-Moosbach

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

Yonder – Architektur und Design

Architektur

koeber Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

SETZUNGEN - STĂ„DTEBAULICHE STRUKTUR UND EINBINDUNG IN DIE UMGEBUNG

Mit den neuen Baukörpern für Sulzberg-Moosbach entsteht eine moderat nachverdichtete Wohnbebauung, die sich in Proportion und Anmutung ganz selbstverständlich in die vorhandene Siedlungsstruktur einfügt, ohne zukünftiger Nachverdichtung eine Absage erteilen zu müssen. Durch geschickte Setzung von Kommunikationsräumen in der Erschließung der Gebäude sowie Aufweitungen für gemeinschaftliche Flächen mit Sitz- und Spielmöglichkeiten im Freiraum wird die tägliche Begegnung der Bewohner:innen bewusst provoziert und damit eine solide Grundlage für ein Wohnen in Gemeinschaft ermöglicht.

In direktem Bezug zur offenen Bebauung vor Ort, bei der ein Wechsel von giebel- und traufständigen Gebäuden im Bestand auszumachen ist und immer wieder Firstrichtungen zueinander verdreht vorzufinden sind, wird auch im vorliegenden Entwurf der Giebel des Eckgebäudes ganz bewusst um etwa 90° in Richtung Dorfstraße gedreht. Dergestalt können 29 Wohneinheiten und die gewünschte Anzahl von 75 Bewohnern auf dem Gelände ermöglicht werden und die Bauvolumen des neuen Quartieres präsentieren sich dennoch in alle vier Himmelsrichtung angenehm moderat. Dieser Eindruck wird zudem dadurch gestärkt, dass die einzelnen Häuser so versetzt zueinander positioniert werden, dass das private Grün mal zur Rechten, mal zur Linken der Bauten liegt. So gelingt, dass die Kubatur der neuen Gebäude sich wohltuend in den Bestand der Höfe vor Ort einfügt und deren Integration in das Dorfgefüge geradezu spielerisch möglich wird.

Für einen ersten Bauabschnitt werden zwei identische, nahezu im rechten Winkel zueinander verdrehte Doppelhäuser vorgeschlagen, die wirtschaftlich besonders effektiv mit nur jeweils einem zentral gesetzten Treppen- und Aufzugskern für beide Gebäudeteile erschlossen werden. Ein weiteres freistehendes einzelnes Gebäude kann in einem zweiten Bauabschnitt am nördlichen Rand des Wohnquartiers ergänzt werden. Notwendigen Aufstellplätze für Handleitern oder Feuerwehrfahrzeuge können auf dem Grundstück nachgewiesen werden.

FREIRAUM
Eine Nachbarschaft definiert sich über einen gemeinsamen Freiraum, der hier mit einer durchgehenden Wegeverbindung durch das kleine Quartier am Ortsrand von Sulzberg-Moosbach von Nord nach Süd verbunden ist. Aufweitungen dieses Wegs ergeben Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität für die Gemeinschaft. Informelle Sitzgelegenheiten aus Stampfbetonmauern mit Holzauflagen ermöglichen Blickbeziehungen in alle Himmelsrichtungen und in die schöne Landschaft. Zwischen den beiden Gebäudepaaren liegen Hochbeete zum gemeinschaftlichen Gärtnern. Im Anschluss an den Gemeinschaftsraum befindet sich ein kleiner Quartiersplatz mit einem solitären Baum und angeschlossenen Spielangeboten für die kleinen Bewohner:innen. Die befestigten Flächen werden wasserdurchlässig ausgeführt und entwässern ins Grün.

Die Peripherie des kleinen Quartiers wird zur Steigerung der Biodiversität naturnah gestaltet und nimmt eine Entwässerungsmulde zur Ableitung des Oberflächenwassers nach Süden auf. Die offene Wiesenmulde verläuft entlang der Westgrenze und wird von einer artenreichen feuchten Hochstaudenflur aus vornehmlich Mädesüß, echtem Baldrian und behaartem Weidenröschen gesäumt. Entlang der Ostgrenze an der Dorfstraße, wo über das gemeinschaftliche Wegnetz auch direkt die dortige Bushaltestelle erreicht werden kann, sind es dann eher wärmeliebende Säume mit unter anderem blutrotem Storchschnabel, traubigen Graslilien, Diptam und nickendem Leinkraut, die den Übergang vom Landschaftsrasen um die Häuser zur Landschaft bilden. Die räumlich wirksame Durchgrünung des Quartiers geschieht mit Bäumen der ersten, zweiten und dritten Wuchskategorie. Hier werden vornehmlich Arten der potenziellen natürlichen Vegetation berücksichtigt, ergänzt mit Gehölzen der Klimabaumliste und entsprechend ihren Ansprüchen den feuchteren oder trockeneren Standorten zugeordnet. Vereinzelt können nach Absprache mit den Bewohner:innen auch Obstbäume Verwendung finden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Gestaltung überzeugt in ihrer Körnung durch die übergeordnete Integration in die gewachsene Umgebung. Trotz der kompakten Anordnung der Baukörper schafft die differenzierte und leicht versetzte Situierung eine harmonische Verzahnung mit den angrenzenden Baugebieten und der historischen Körnung der Dorfmitte. Die ausformulierte Fuge zwischen den Gebäuden wird seitens der Jury als offen gelesen und in dieser Lesart auch hinsichtlich der zu erwartenden, raumbildenden Dichte als notwendig empfunden. Die topographisch ansprechende Höhenstaffelung der Gebäude trägt zusätzlich zur Qualität der städtebaulichen Struktur bei.

Besonders gelungen erscheint die klare Trennung zwischen Individualbereichen und öffentlicher Durchwegung, wodurch ein ansprechender, zentraler Quartiersplatz im Norden und differenzierte Einzelplätze innerhalb des Quartiers entstehen. Durch eine frei formulierte Wegeverbindung über die Erschließungsgelenke gelingt die Vernetzung der Freiräume östlich und westlich der Gebäude zu einem kohärenten Ganzen. Gelegentliche Aufweitungen und Schwerpunktbildungen sind schlüssig an den Gebäudefugen angeordnet und verdichten sich im Norden zu einem erweiterten Angebot an Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Die Organisation der Tiefgarage lässt im Osten zwar größere Bereiche unversiegelt, der Spielplatz im Norden und weite Teile der westlichen Freiräume sind jedoch unterbaut und bieten langfristigen Baumpflanzungen wenig Raum. Entlang der westlichen Grundstücksgrenze wurde die Tiefgarage zwar etwas abgerückt, die daraus entstehende nicht unterbaute Zäsur wirkt jedoch sehr schmal und könnte ggf. vergrößert werden.

Die Setzung des Gebäudes im 2. Realisierungsabschnitt wird als ein logischer Schritt wahrgenommen, der das Gesamtensemble weiter abrundet und zur räumlichen Ausformulierung des Quartiersplatzes im Norden auch notwendig erscheint. Die mögliche Anzahl der Bewohner*innen liegt aber auch ohne Erweiterungsbau des 2. Realisierungsabschnitts im oberen Bereich. Das öffentliche Erschließungssystem mit seinem mäandernden Verlauf schafft adressbildende Kommunikations- und Aufenthaltsangebote, die elegant zu den äußerst kompakten, giebelseitigen Zugängen der versetzt angeordneten Baukörperpaare führen. Die giebelseitig angeordneten Grünzimmer und Balkone sind dabei nicht nur privat wirkende Rückzugsorte, sondern auch prägende Elemente des Quartiers.

Die Fassadengestaltung hingegen wirft etwas gemischte Gefühle auf. Die sich vertikal weitenden Lisenenstrukturen verleihen den ansonsten schlichten Baukörpern ein relativ stringentes Raster und damit Duktus, der der sonst subtil gestaltenden Gesamtanlage nicht ganz entspricht. Auch die vorgeschlagene Dacheindeckung aus Wellblech in Kombination mit der Photovoltaikanlage und die als etwas zu zeitgeistig empfunden Farbgestaltung der Holzfassade sollte in ihrer Angemessenheit nochmals hinterfragt werden.

In Bezug auf die Funktionalität der inneren Erschließung und Raumqualitäten zeigt sich ein durchdachtes Konzept. Die Grundrisskonfiguration gewährleistet trotz der zu schmal ausformulierten Stichflure - konzeptbedingt resultierend aus der giebelseitige Erschließung - eine optimale Ausrichtung und damit Belichtung und Belüftung der Wohn-, Individual- und Nassräume entlang der Außenfassaden, schränkt jedoch gleichzeitig die gewünschte Flexibilität in Bezug auf den geforderten Wohnungsmix ein und ist dahingehend zu überprüfen.

Die geschickte Anordnung der Baukörper auf dem Tiefgaragenraster, gepaart mit den kompakten Bauvolumina und den effizienten Erschließungswegen, lässt eine wirtschaftliche Ausführung und Betriebsführung erwarten.
Konzeptdiagramme

Konzeptdiagramme

Grundrisse

Grundrisse

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt