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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neugestaltung der Von-Galen-Grundschule in Gescher

Außenperspektive

Außenperspektive

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

Scheidt Kasprusch Architekten GmbH

Architektur

HOLZWARTH Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Alt+Neu … SYMBIOTISCHES ENSEMBLE

Grundlage des Entwurfs für die von-Galen-Grundschule in Gescher ist die Wertschätzung der Bestandsgebäude in Bezug auf ihre Identität für die Schule und den Ort sowie auf die in ihnen gespeicherte graue Energie. So bleiben die beiden Schulgebäude aus den Jahren 1956 und 1938 weitgehend bestehen: lediglich deren zwei Seitenflügel und der Anbau von 2003 werden rückgebaut.
Dabei fällt das ehemalige Hauptgebäude von 1956 aus der Schulnutzung und kann anderweitig umgewertet werden – z.B. zur Etablierung anderer gemeinschaftlichen Nutzungen (Musikschule, Verwaltung, Jugendtreff …) oder zur Unterbringung der Flüchtlinge, die derzeit in Behelfsbauten am Rande des Stadtparks untergebracht sind. Damit kann der Stadtpark wieder frei gegeben werden. Für eine Realteilung sind ausreichende Abstands- und Erschließungsflächen berücksichtigt.
Das sogenannte Nebengebäude, der Schulbau von 1938, wird zum integrativen Bestandteil der neuen, kompakten Schule und schwellenarm in die dreigeschossige Schullandschaft verwoben. Es erhält neue Nutzungen, die den vorhandenen Raumgrößen besser entsprechen. Dabei stellt die Auflösung weniger Trennwände in Stützen und Unterzüge einen geringen Eingriff in die bestehende Bausubstanz dar. Von der Von-Galen-Straße aus wird die neue Nutzung durch eine vorgelagerte Terrasse, die z.B. als Außenmensa genutzt werden kann, kenntlich gemacht. Diese Terrasse mildert mit ihrer freien Gestaltung nicht nur den etwas rigiden, hierarchischen Charakter des 1930er-Jahre-Gebäudes, sie macht auch deutlich, dass hier nicht (mehr) der Haupteingang zu finden ist.
Die neu angelegte Haupterschließung führt – begleitet durch die Reihe Bestandsbäume – mittig in die Tiefe des Grundstücks am 1938er Gebäude vorbei, zum neuen ebenerdigen, schwellenlosen Haupteingang im Neubau mit großzügigem Vordach.
Der Neubau ist dreigeschossig, der 1938er Bestandsbau bleibt zweigeschossig mit Dach. Der Niveauunterschied zwischen Neubau und Bestand von ca. 1 m wird im Inneren über großzügige Sitztreppen und östlich über einen – alle Geschosslevel andienenden – Aufzug überbrückt. Zwischen Neu und Alt entsteht eine hochwertige Split-Level-Sitztreppenlandschaft, die niederschwellig und übersichtlich die verschiedenen Niveaus zwischen Alt und Neu überbrückt.
Zwei Lufträume – davon der südliche als großzügig überglastes Treppenatrium, der nördliche als offener begrünter Innenhof – zonieren den tiefen, quadratischen Baukörper mit seinen Kantenlängen von ca. 45m. Lichthof und Atrium bringen Tageslicht in die Erschließungen und anschließenden Räume. Sie unterstützen die visuellen Beziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen und schaffen eine kommunikative Orientierung über alle Geschosse. Das südliche Atrium nimmt die Motivik der Sitztreppe aus dem Inneren auf und stellt die Fassade des Bestands frei. Dadurch werden die konstruktiven Maßnahmen zwischen Bestand und Neubau auf das notwendige Maß reduziert.
Schwellenlos zu erreichenden sind im Erdgeschoss die Inklusionsräume, WC-Anlagen, Hausmeisterraum und der Ganztags-Aufenthalt, der – mit direktem Anschluss an die eigene Freifläche im Norden – bei Bedarf abgetrennt und separat betreut werden kann. Zentral im Erdgeschoss liegt die Aula, die nicht nur als ein abgeschlossener Raum für besondere Anlässe konzipiert ist, sondern als flexibler, multifunktionaler Raum:
- Aufteilung in zwei Teilbereiche für Musik- und sonstigen Unterricht,
- Abtrennung im Ganzen als „klassische“ Aula mit 175 m2 und Nebenraum als Hinterbühne,
- teilweise Öffnung für Ganztags-Aufenthalt und zur Erweiterung des Foyers,
- vollständige Öffnung zur Sitztreppe und zum Treppenatrium für Regenpausen und größere Veranstaltungen wie Schulfest, Einschulung etc.
Über die Sitztreppe und den Durchlader-Aufzug sind auch Mensa und Bibliothek, die im etwas höher gelegenen Erdgeschoss des Bestandes untergebracht sind, auf kurzem Wege zu erreichen. Bei vollständiger Öffnung aller Mensatüren entsteht ein nochmals größerer multifunktionaler Raumzusammenhang. Die große Terrasse vor der Mensa stellt eine zusätzliche Erweiterung dieser Raumfolge in den Freiraum dar und kann vielseitig genutzt werden.
Die Klassenräume verteilen sich gleichmäßig auf das 1. und 2. Obergeschoss des Neubaus, der hinsichtlich Raumproportionen, Anordnung, Belichtung, Materialität etc. für zeitgemäßen Unterricht optimiert ist. Jeweils zwei Klassenräume teilen sich einen Differenzierungsraum und sind zu je vier Klassen pro Klassenstufe gruppiert. Dabei erlaubt die räumliche Anordnung der Klassen auch eine flexible Aufteilung auf unterschiedliche Anzahl von Schüler:innen je Stufe (z.B. 3 + 5 Klassen). Die zwei Mehrzweckräume sind auf die beiden Neubau-Obergeschosse aufgeteilt und liegen in der Nähe der Haupttreppen, um schnell und unabhängig von den Klassenräumen erreichbar zu sein.
Begünstigt durch die versetzte Höhenlage der Geschosse (Split-level) liegen Lehrerzimmer und Verwaltung im Altbau-Obergeschoss genau zwischen 1. und 2. Neubau-OG, also mit kürzester und gleichwertiger Verbindung zu allen Klassenräumen.
Sowohl im Innen- als auch im Außenraum werden kommunikationsfördernde Zonen vorgesehen: breite Flurzonen, Nischen, Sitztreppen, Terrassen, organisch geformte Beete, Sport- und Bewegungsflächen, grünes Klassenzimmer …

SCHUL:LANDSCHAFT

Die mittig ins Grundstück führende Baumreihe, die orthogonal von der Von-Galen-Straße abgeht, führt auf einem repräsentativen Plattenbelag zum Vorplatz vor dem Haupteingang und teilt die Freiräume der Schule in den westlich gelegenen Spiel- und den östlichen Sportbereich.
Die Freianlagen der Grundschule interpretieren den Raum als Grünes Archipel zwischen dem Stadtpark und dem nordöstlich angrenzenden Wäldchen. Die Inseln erlauben differenzierte und lebendige Freiräume mit unterschiedlichen Funktionsbereichen und Atmosphären. Südlich der Mensa-Terrasse, die mit ihrer Form bereits das Inselthema aufnimmt, werden Inseln mit nach außen liegenden Sandspielbereich (extrovertiert) ebenso angeboten, wie Inseln, die durch Beete eingefasste Rückzugsbereiche bilden. Eine Grüninsel nimmt die Beete eines Schulgartens auf und bildet den Übergang zur Allee entlang der Von-Galen-Straße.
Östlich des Hauptzugangs bildet die Sportinsel mit variabler Grafik für Fußball, Volleyball und Basketball einen an drei Seiten mit einem Ballfangzaun gefassten intensiven Bewegungsraum mit anschließender Laufbahn und Weitsprunganlage.
Der Haupteingang wird durch eine großzügige Sitzinsel mit Holzlattung akzentuiert. Die nördlich davon platzierten neuen Baumstandorte rahmen den Zugang und lassen einen gut dimensionierten Vorplatz entstehen, der auch von den PKW- und Fahrradstellplätzen leicht zu erreichen ist. Die nördlichste Insel bildet von großen Bestandsbäumen beschattet die kleine Tribünenanlage des Grünen Klassenzimmers.
Die Beläge stufen sich in ihren Oberflächenqualitäten nachhaltig nach ihren Funktionen. Die umliegenden Wegeflächen und Flächen für die Feuerwehr erhalten einen mit hellem Naturstein abgestreuten Splittmastixasphalt. Die zentrale Zuwegung nimmt den warmen Farbton der Wegeflächen und der wassergebundenen Wegedecken mit einem Belag aus Betonplatten mit Natursteinvorsatz wieder auf.
Die technischen Einbauten, Mastleuchten, Abfallkörbe und Fahrradständer sind aus feuerverzinktem Stahl mit einer robusten Pulverbeschichtung. Die Spielgeräte in den Inseln und Randbereichen lassen sich den verschiedenen Bewegungsarten zuordnen und integrieren sich optisch in die aus dem Stadtpark entwickelte parkartige Atmosphäre.
Die an die Wegeflächen angrenzenden Beete erhalten eine trockenheitsresistente Bepflanzung mit Stauden und Bodendeckern, die jedoch auch in der Lage ist, die Niederschläge aus den befestigten Bereichen aufzunehmen und mikroklimatisch wirksam zu verdunsten.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit fügt einen dreigeschossigen quadratischen Neubau an das zentrale Bestandsgebäude. Stadträumlich werden die zwei prägenden Bestandsgebäude in die stadträumliche Situation integriert. Das Schulhofareal wird in drei Teilbereiche segmentiert. Parallel zur Straße schlägt die Arbeit eine große Sportfläche mit sich im Anschluss befindlicher Laufbahn vor. Die Erschließung der Grundschule erfolgt seitlich zur Laufbahn. Das Konzept sieht eine „Marktplatzähnliche“ Erdgeschossstruktur vor. Alle dienenden Funktionen werden im Erdgeschoß verortet. Dadurch wird allerdings auch eine selbstverständliche, lebendige Durchmischung der Tagesabläufe eingeschränkt. Die Neubauintegration zum Bestandsgebäude wurde sorgfältig entwickelt und weist wenig funktionelle Probleme auf. Die Treppenpodest-Erschließung öffnet sich zur zentralen Eingangshalle mit Atrium und Aula. In den Obergeschossen befinden sich die Klassenverbände mit vorgelagerten Lernzonen. Die Vermittlung der beiden Gebäudestrukturen, bestehend aus Altbau und Neubau, kann nicht überzeugen. Der Neubau mit seiner sehr hohen dreigeschossigen Struktur fügt sich nicht an die Bestandstruktur an. Hier wird deutlich, dass der konstruktive Anschluss beider Gebäude als ungelöst bewertet werden muss. Der sehr dominante Neubau wertet die kleinteilige Bestandsarchitektur sichtbar ab. So wirkt der Neubau wenig einfühlsam innerhalb der gewachsenen Struktur. Der Gebäudecharakter entspricht nicht der bestehenden städteräumlichen Fügung. Als problematisch sieht das Preisgericht die direkte Lage des nicht näher beschriebenen Bestandsgebäudes parallel zur Sportfläche. Hier wird eine Gebäudenutzungsvielfalt deutlich reduziert. Der Abstand des Gebäudes zur Sportfläche wird als zu gering bewertet.

Die rund um das zentrale Schulgebäude vorgeschlagenen platzartigen Bereiche bieten mit unterschiedlichen Spiel- und Bewegungsangeboten ansprechende Aufenthaltsräume für die Schüler. Die formale und funktionale Dominanz der raumprägenden Sportanlage kann allerdings nicht überzeugen. Zum einen wirkt sie eher trennend für das Gesamtgelände, zum anderen kann sie nicht als geeignete Hinführung auf den seitlichen Schuleingang wirken und nimmt dem für spätere, neue Nutzungen „ausgelagerten“ Bestandsgebäude im Osten jegliche freiräumliche Perspektive.

Der Entwurf zeigt gewisse Aspekte einer nachhaltigen Planung. Neben der Einsparung von grauer Energie bei der Bauerstellung soll ein robuster Holzhybridbau umgesetzt werden, was ökologisch positiv bewertet wird. Der konstruktive Holzschutz wird in der Fassade nicht berücksichtigt. Durch den Anschluss an den Bestand ist eine aufwändige innere Erschließung notwendig. Der Entwurf verspricht eine effiziente Aufteilung und gewisse Flexibilität durch die Gebäudestruktur und Konstruktion. Das Technikkonzept ist plausibel und im Hinblick auf Belichtung, Belüftung sowie Heiz- und Kühlwärme effizient umzusetzen. Der Versiegelungsanteil der Flächen ist vgl. hoch.

Innenperspektive

Innenperspektive

Leitidee

Leitidee

Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1.Obergeschoss

1.Obergeschoss

Wettbewerbsmodell

Wettbewerbsmodell

Wettbewerbsmodell

Wettbewerbsmodell