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Offener Wettbewerb | 11/2023

Ersatzneubau Gefängnis Bezirksanlage in Zürich (CH)

1. Rang

Preisgeld: 80.000 CHF

rw+ Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Hartwich Bernhardt INGENIEURE GmbH

Tragwerksplanung

bnvb – planen & beraten Ingenieurgesellschaft GmbH

TGA-Fachplanung, Energieplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung des Projekts orientiert sich an der T-Form des bestehenden Gefängnisbaus. Der einfache und zurückhaltende Ansatz lässt die klare und wohltuende Hierarchie der Hofräume innerhalb des Blockrands bestehen. Der Gerichtshof bleibt in seiner bisherigen Grösse erhalten und wird entlang der Kanzleistrasse neu von einer klaren Kante begrenzt. Der mächtige Mittelrisalit des Gerichts erhält damit ein neutrales Gegenüber – der Gefängnishof wirkt austariert und sein Potenzial als öffentlicher Raum gestärkt. Rückseitig sind die beiden neuen Gefängnishöfe für ihre Zwecke (Belichtung der neuen Gefängniszellen und Korridore der bestehenden Staatsanwaltschaft) gut proportioniert und dimensioniert. Die Verkehrsflächen auf Ebene Erdgeschoss sind betrieblich zwar optimiert, können aber in Kombination mit der grossflächigen Unterbauung nicht bepflanzt werden und somit keinen Beitrag zum Stadtklima und zur Qualität des Ausblicks der Inhaftierten leisten. Insgesamt wirkt sich die Klarheit der Setzung äusserst positiv auf die räumliche Qualität der gesamten Anlage aus.

Die gewählte Architektursprache der Hauptfassade ist abstrakt und repetitiv, bleibt dabei ernst und zurückhaltend – ganz der städtebaulichen Grundhaltung und der Nutzung entsprechend. Ein engmaschiges, mit Naturstein bestücktes Raster differenziert die Fassade in die klassische Dreiteilung bestehend aus Sockel, Mittelteil und Attika. Die Verfassenden verpassen dem neuen Gefängnisbau damit einen repräsentativen Auftritt, der einer öffentlichen Institution angemessen ist. Sehr überzeugend ist auch, dass 132986 auf diese Art und Weise erfolgreich zwischen den unterschiedlichen Bestandsbauten innerhalb des Blockrandes zu vermitteln vermag. Im Gegensatz zur repräsentativen Hauptfassade stehen jedoch die beiden Gefängnishöfe, deren Zellenfenster einfache Lochfassaden erzeugen. Dass zwischen Haupt-und Rückfassade differenziert wird, wurde vom Preisgericht durchaus begrüsst. Die Wirkung dieser Rückfassaden ist in der vorliegenden Form aber eher unattraktiv und bedarf einer Überarbeitung hinsichtlich der Proportionen. Der vorgetragene architektonische Ausdruck dieses Projekts bildet insgesamt aber eine sehr gute Grundlage für die weiteren Arbeitsschritte.

Neben der Bezugnahme auf den bestehenden T-Typus des heutigen Gefängnisbaus und der zurückhaltenden Gesamtwirkung überzeugen in denkmalpflegerischer Hinsicht insbesondere die Anschlusskanten an den bestehenden Blockrand. Fugen vermitteln als Puffer zwischen Alt und Neu, sodass einerseits die Übergänge geometrisch bewältigt werden. Andererseits gewinnt die Höhenentwicklung des Neubaus aufgrund dieser Passstücke viel Freiheit, was sich positiv auf die weitere Bearbeitung auswirken wird. Die Breite des Anschlusses an den bestehenden Blockrand ist minimal breiter als beim bestehenden Gefängnis, was dazu führt, dass im Westen ein bestehendes Fenster wohl weichen muss. Insgesamt darf behauptet werden, dass es den Verfassenden gelingt, die herausfordernden denkmalpflegerischen Fragen, die sich bei diesem Bauvorhaben stellen, sehr schlüssig und überzeugend zu beantworten.

Die Grundrisse stechen durch eine einfache und klare Organisation heraus. Die Erschliessung der verschiedenen Personengruppen – namentlich Inhaftierte sowie Personal – sind geschickt voneinander entflochten, ohne unnötige Umwege zu erzeugen.

Das Grundriss-Layout lässt eine vergleichsweise hohe Flexibilität bei der Organisation der Wohngruppen zu. Durch die grosse Distanz zu den Treppenhäusern kann jedoch die gewünschte Einteilung in vier Wohngruppen nicht ganz erreicht werden. Die genaue Einteilung dieser Gruppenbereiche bedarf im Projektverlauf noch weiterer Optimierungen. Der Besuchsbereich ist in Bezug auf die Personenströme pragmatisch und mit dem eigenen Innenhof räumlich attraktiv gestaltet. Die Abgrabung für diesen Innenhof ist in baurechtlicher Hinsicht noch weiter mit der Bewilligungsbehörde zu prüfen. Die Bereiche Eingang sowie Verwaltung sind im Erdgeschoss an der richtigen Stelle und durch ein Abstandsgrün vom Gerichtshof abgesetzt. Die Ein-und Austritte erfolgen ebenfalls im Erdgeschoss, aber folgerichtig im rückwärtigen Bereich. Der Aussenbereich für Inhaftierte befindet sich wie gewünscht von der Fassade zurückversetzt auf dem Dach. Er ist U-förmig um die Erschliessungskerne und den Lichtschacht herum angelegt und so in verschiedene Bereiche gegliedert. Leider ist, etwas unpraktisch, der Aussenbereich des Personals ebenfalls hier angeordnet. Der vorgeschlagene Lichtschacht hat beim Preisgericht nicht vollumfänglich überzeugt, genauso wenig wie die Korridore im rückwärtigen Bereich, die über keinerlei natürliche Belichtung verfügen. Die Geschosshöhe von 3.20 m ist nicht üppig und muss in der weiteren Projektierung hinsichtlich Leitungsführung überprüft werden.

Das Gebäudevolumen ist mit ca. 23’000 m3 im Vergleich eher kompakt. Zusammen mit der durchschnittlichen Flächeneffizienz lässt es somit eine gute Wirtschaftlichkeit in der Erstellung und im Betrieb erwarten. Der angepriesene Low-Tech-Ansatz wird nicht weiter beschrieben beziehungsweise wird nicht erwähnt, inwiefern das vorgeschlagene Haustechnikkonzept Low-Tech ist. Dieses bedarf weiterer Ausführungen.

Das Untersuchungsgefängnis Zürich erhält mit dem Projekt 132986 einen in vielerlei Hinsicht überzeugenden Neubau. Es besticht in erster Linie mit seinem einfachen und zurückhaltenden städtebaulichen Ansatz. Darüber hinaus meistert es mit dem gewählten Ansatz die denkmalpflegerischen Gegebenheiten sehr gut. Auch in Sachen Nutzwert dürfte das Projekt für die zukünftigen Nutzenden einen Mehrwert generieren. Der gewählte architektonische Ausdruck ist sicherlich angemessen. Ein besonderes Augenmerk in der weiteren Bearbeitung muss der Architektursprache gewidmet werden. Das Gebäude soll weniger abstrakt und seelenlos wirken – ganz besonders in den Gefängnishöfen. Insgesamt ist das vorliegende Projekt nach Ansicht des Preisgerichts aber flexibel und robust genug, um die weiteren Planungsschritte gut zu meistern.