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Ideenwerkstatt | 12/2023

Entwicklung Lokschuppenareal und Digitales Innovationszentrum in Neubrandenburg

2. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

Gewers & Pudewill GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

1. Leitidee DIZ - Areal

Der Bereich des Neubrandenburger Lokschuppenareals nördlich der Bahnstrecke wird seit etwa 30 Jahren für die Stadt leider nur als großeBrache wahrgenommen und wirkt
eher abwertend uns als starke Zäsur zwischen alter gewachsener Stadt und den neuen Wohnquartieren im Norden.

Die geplante Wiederbelebung dieser hochkarätigen Baudenkmäler und seiner Umgebung bietet die Chance, eine neue attraktive Klammer zwischen diesen Quartieren der Stadt zu etablieren und gleichzeitig einen neuen kleinen Stadtteil mit öffentlicher Strahlkraft, zukunftsweisenden Inhalten und sichergestellter Nutzung zu etablieren. Unter folgenden Vorzeichen wird die Aufgabe und der Lösungsansatz verstanden:

Wiederbeleben, Stärken, Erhalten, Einbeziehen, Verbinden und Ausstrahlen

2. Städtebau - Fernwirkung - Freiraum

Der gegebene Städtebau aus der vorletzten Jahrhundertwende wird selbst als wertvolles Denkmal an sich gesehen, aufgegriffen und sensibel weiterentwickelt.

Hauptaugenmerk liegt auf Neuausrichtung und Umnutzung der zwei vorhandenen Lokschuppen mit den drei Wassertürmen und den zwei Drehscheiben.
Als neues Gebäude wird optional zum westlichen Bestandsbau ein ebenfalls segmentförmiger Neubau vorgeschlagen, der Atmosphäre und Richtungen des Bestands aufgreift – hier wären die Schulungen im EG und das Hostel im OG untergebracht.
Dieses Element kann bedarfsweise auch als späterer Bauabschnitt realisiert werden, wenn die Ressourcen gestreckt werden müßten.
Der aktuell nur in Resten vorhandene mittlere Wasserturm wird eigens aufgegriffen und als „Landmark“ in seiner Höhe modern erweitert als weithin sichtbares Zeichen und zukunftsweisendes neues Element in der Kombination: „Alt mit Neu“.
Es soll auch, wie bei den großen Dächern, mit Photovoltaik ausgerüstet werden und nachts als Lichtkunstwerk ausstrahlen.

Die beiden weiteren Wassertürme sollen nicht verändert werden, sondern als historische Teile des Museums bzw. einer Ausstellung maximal bauzeitlich erhalten bleiben.

3. Architektur - Nutzungskonzept - Funktionalität

Die geforderten Nutzungen fügen sich gut in die vorhandenen Gebäude ein und
zeichnen dabei eine gewisse Zweiteilung auch vor.
Der westliche Lokschuppen deckt konkret die Anforderungen des DIZ ab und ist dafür eine ideale Einheit.
Der östliche Lokschuppen bedient in seiner Ausformung die weiteren Nutzungen sehr gut wie z.B. Versammlung, Sportflächen, Cafe, Büro und das „Museum“, das die drei Wassertürme am östl. Rand auch miteinbezieht.

DIZ
Das DIZ befindet sich im Lokschuppen 2. Sein Eingang befindet sich im südwestlichen dreigeschossigen Annex dieses Lokschuppens,- einem präsenten Bauteil direkt an der neuen Durchwegung gelegen und von wo aus die verschiedenen internen Bereiche des DIZ gut verknüpft werden können.
Die große „Halle“ des Gebäudes deckt die verschiedenen Flächenbedarfe ab mit Erweiterungspotenzial für Sonderbereiche und Nebenräume.
Die alte Nutzung bleibt noch in Erinnerung, da die langen tiefliegenden Wartungs- schächte unter den Gleisen nicht abgedeckt werden, sondern abschnittsweise für eine vielfältige Innenbegrünung genutzt werden.
Zur Flächenoptimierung wird im Nordbereich zusätzlich eine Nutzgalerie auf Ebene Plus 1 in leichter Holzbauweise vorgeschlagen- dafür eignet sich die Raumhöhe.
Der sog. „Makersspace“ wird in einem verglasten Pavillon vorgeschlagen, der auf der zu erhaltenden Drehscheibe von L 2 errichtet wird.
Die visuelle Verbindung schaffen die weitergeführten Pflanzabschnitte der inneren Gleise im Außenbereich, die im gleichen Duktus wie Innen radial angeordnet werden und auf den Mittelpunkt weisen.

Cafe - Sport /Event – Flex Nutzungen - Museum
Diese verschiedenen Nutzungen bieten sich gut für den Lokschuppen 1 an und verteilen sich folgendermaßen:

Cafe : An der Südostecke befindet sich das öffentliche Cafe, das direkt an der Durchwegung des Areals liegt und zusätzlich eine attraktive Süd-Außenterrasse erhält.

Sport / Event : Im Großen Mittelbereich ist der Sport- bzw. der Veranstaltungs-
bereich, - auch mit eingeführter Galerie in Ebene Plus 1-, über mehrere Achsen angeordnet.
Hierzu wird auch die zu einer kleinen Bühne bzw. „Agora“ mit Treppungen ergänzte vorhandene Drehscheibe gezählt, die nach Süden zur Bahn ein Schallschutzelement erhält und die auf vielfältige Weise intern oder extern genutzt werden kann.

Flexible Nutzungen : Im Südwesten liegen flexibel nutzbare Flächen wie z.B. für Büro- oder Besprechungsflächen geeignet. Die obere der zwei Ebenen ist
auch als Galerie ausformuliert.

Museum: Das kleine Museum befindet sich im Norden und bezieht die drei Wasserreservoirs mit ein. Es besteht aus einem schmalen aber gut bespielbaren
5 m breiten Segmentbogen und den EGs und OGs der drei Wassertürme mit
der besonderen Aussichtsplattform auf dem neu ergänzten Lichtturm (Turm 2)

Die Hauptverkehrswege und wichtigsten Verteilungen laufen über die Mitte der zwei Lokschuppen und führen direkt zum neuen Ausgang der Bahnhofsunterführung mit Anschluss zum alten Zentrum der Stadt. Alternativ kann die vorhandene Brücke im Osten genutzt werden mit neuer kurzer Rampe bei den Wassertürmen.

4. Denkmalschutz

Grundhaltung im Umgang mit wertvollen Baudenkmälern wie hier ist eine klare lesbare Abgrenzung zwischen Alt und Neu.
Diese zwei Merkmale sollten nicht vermischt oder jeweils verwässert werden,
sondern sauber nebeneinander wirken können, - und das Neue vorsichtig und respektvoll gegenüber dem Bestand eingesetzt werden.
Unter dieser Überschrift werden Modernisierung und Neubauelemente in diesem Entwurf angegangen.

5. Wirtschaftlichkeit

Die Eingriffe und Neubaumaßnahmen unterliegen hohem wirtschaftlichem Druck und ggfs. auch Zwängen. Diese gilt es zu berücksichtigen bzw. darauf zu reagieren.

Einfache und pragmatische Konstruktionen und gute Machbarkeiten stehen im
Fokus der Umsetzung, wie Vorschläge und Bauweisen, die z.B. auch mit regionalen Firmen abgedeckt werden können.
Vorhandene Elemente wie die vielen „Wartungstunnel“ unter den Gleisen werden beispielsweise so, wie sie vorhanden sind, genutzt und nicht rückgebaut.
Sie werden für die interne Raumbegrünung genutzt und weiter verwendet, was Aufwand spart und ein gutes Raumklima fördert.

6. Nachhaltigkeit

Grundsätzlich werden von vornherein anspruchsvolle Ziele
zu einer nachhaltigen Zertifizierung und zum behutsamen
Umgang mit Substanz und Freiraum im weiteren Sinne
Gesteckt.(z.B. DGNB-Gold, oder Leed)

-Energie
Es sollen konsequent erneuerbare Energien eingesetzt / genutzt werden wie PV,
Geothermie. Photovoltaik findet auf den nach Süden bzw. Westen geneigten
Lokschuppendächern Anwendung. In Kombination mit Geothermie soll so ein
modernes und effektives Energiekonzept entwickelt werden.
Größere Erdsondenfelder lassen sich gut nördlich der zwei Lokschuppen anlegen.

-Wasser
Die Haltung und Nutzung von Regenwasser ist ein weiterer Aspekt des
Nachhaltigkeitskonzeptes. Wertvolles Wasser kann mittels Retentionsdächern und
Zisternen für verschiedene Zwecke auf dem Campus gut verwendet werden.
Anwendungen wären beispielsweise Grauwassernutzung und z.B. Bewässerung der vorgesehenen Innenbegrünungen in den Lokschuppen.

-Baustoffe „Cradle to Cradle“.
Es werden möglichst nur recyclefähige Baustoffe und Materialien
verwendet und solche, die einen niedrigen Primärenergieaufwand vorweisen.
Gerade Holz, aber auch Lehmbau soll verstärkt für die Baukonstruktion und den Innenausbau zum Einsatz kommen.

-Mobilität
Ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept ist wichtiger
Baustein der Nachhaltigkeit auf dem DIZ- Campus. Ein Verkehrs-Hub wird im südöstlichen Bereich bei der Heidenstraße platziert.
PKW- Verkehr soll für den innerstädtischen Verkehr zugunsten von Fahrrädern
und E- Bikes sowie öffentlichem Nahverkehr moderat reduziert werden. Entsprechende Anreize und Kompensationen müßten angeboten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gewers Pudewill Architekten präsentieren einen Entwurf von bemerkenswerter Zurückhaltung und Eleganz. Das durchdachte Erschließungskonzept, die zugängliche Gestaltung des Areals und das überzeugende Energiekonzept wird durch die Jury besonders positiv hervorgehoben. Die gelungene Integration vorhandener Strukturen, insbesondere die Idee des aufgestockten Wasserturmes als Leuchtturm, wird als herausragend betrachtet.

Die größte Kritik des Entwurfs liegt im Bereich der Außenanlagen. Die Verbindung zum bestehenden Wegenetz und die neue Platzgestaltung im nördlichen Bereich zwischen den Lokschuppen werden als gelungen empfunden. Dennoch äußert die Jury Bedenken bezüglich der bestehenden Besucherfrequenz, insbesondere im Hinblick auf die gleichzeitige Nutzung des multifunktionalen Raums, des neu entstehenden Platzes und der Drehscheiben im südlichen Bereich. Im nördlichen Bereich hinter den Lokschuppen besteht die Gefahr, dass dunkle Ecken in den Freiräumen entstehen, die nicht aktivierbar sind. Innerhalb des Entwurfs fehlt eine entsprechende Zonierung und Verortung von den Nutzungen des Außenraums, um diesen erlebbar und nutzbar zu machen.
Die Entscheidung, den multifunktionalen Raum des Neubaus im Norden als sozialen Raum separat vom DIZ zu platzieren, wird als guter, aber herausfordernder Ansatz angesehen. Der Pavillon als Maker Space in der zweiten Drehscheibe wird aufgrund logistischer Herausforderungen und vermuteten Nachteilen in der dauerhaften Bespielung als problematisch gesehen, wenngleich die Idee an sich honoriert wird.

Die architektonischen und baulichen Qualitäten, insbesondere in Verbindung mit dem Leuchtturm, werden von der Jury sehr gelobt. Die Wiederherstellung der historischen Dachform beim Lokschuppen I wird aus denkmalerischer Perspektive positiv bewertet. Kritik wird jedoch an der Auskragung im Dachbereich als Sonnenschutzelement in Lamellenform geäußert, da dies zu Streiflicht führen kann und das Gebäude aus Denkmalsicht umformt. Die Erweiterung des Lokschuppens II in seiner Form wird hingegen als äußerst positiv wahrgenommen, insbesondere der Abstand zwischen Bestand und Neubau wird lobend erwähnt.

Die Platzierung des Leuchtturms wird als sehr gelungen betont, insbesondere im Hinblick auf die Perspektive von der Innenstadt auf das neue DIZ-Areal. Die Attraktivität des Quartiers bei Ankunft vom Bahnhof wird als entscheidend angesehen und der Entwurf von Gewers Pudewill wird als Beitrag zur Steigerung der Anziehungskraft des Areals für Menschen aus umliegenden Großstädten gewürdigt.

Zusammenfassend präsentiert Gewers Pudewill einen Entwurf mit klaren Stärken in den architektonischen Qualitäten, die vor allem auf einem sicherlich eleganten Umgang mit dem Denkmal beruht, wenngleich auch Schwächen in der Gestaltung der Freiräume erkennbar sind. Insgesamt wird dieser Entwurf von der Jury als sehr überzeugend angesehen und mit einem zweiten Platz honoriert.