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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neugestaltung der Deichstraße in Cuxhaven

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

IST Ingenieurbüro für Straßen- und Tiefbau Tjardes · Rolfs · Titsch PartG mbB

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Deichband | Cuxhaven
Mit dem Deichband eröffnet sich der Stadt Cuxhaven ein Paukenschlag der Freiraumentwicklung. Das Deichband zeigt die Transformation des räumlich stark trennenden Infrastrukturbandes aus Straßenräumen und Hochwasserschutz in ein verbindendes Freiraumband aus öffentlichen Platzflächen und Grünflächen unter den Vorzeichen des Klimaschutzes. Hierbei wird der Bezug von der Innenstadt zur Nordsee und zum Hafen durch Öffnungen und Querungen gestärkt, gleichzeitig die Stadt von Nord nach Süd um ein verbindenden Grünraum, dem Deichpark, angereichert. Hierbei wird die lange Historie der Stadtgeschichte der Entwicklung an und mit dem Wasser inszeniert und aufgegriffen. Die Teilstücke „Am Slippen“, „Deichstraße“ und „Deichfenster“ bilden den südlichen Abschnitt des beim Zenneck-Denkmal beginnenden Deichbands Cuxhaven. Hier bildet das Deichfenster den vorerst letzten Baustein auf dieser bedeutenden Achse entlang der Uferlinie der Stadt und leitet Besuchende geschickt über die Innenstadt in Richtung Schloss Ritzebüttel weiter. Historisch wertvolle, sowie landschaftlich und stadträumlich interessante Abschnitte reihen sich entlang des rund 4km langen Deichbands auf und bieten Ein- und Ausblicke, Bewegungs- und Aufenthaltsräume für Jung- und Alt, Einwohner*innen und Tourist*innen.

Platz „Am Slippen“
Der Platz „Am Slippen“ empfängt Besucherinnen und Besucher durch seine neu geschaffene Großzügigkeit und präsentiert sich als das neue grüne Tor zum Lotsenviertel. Die Fußgängerbrücke ist Geschichte, an ihrer Stelle laden neue, barrierefreie Auf- und Abgänge des Deiches zu einem Spaziergang in Richtung Zenneck-Denkmal oder Schloss ein. Den Auf- und Abgängen vorgelagert sind Sitzelemente, die den Blick auf den Platz und in Richtung gegenüberliegenden Deichabschnitt lenken. Weiterhin führen linear angeordnete Baumpflanzungen den Verlauf des Deiches über den Platz hinweg fort und spenden, ähnlich anmutend eines Laubenganges, genügend Schatten in heißen Sommermonaten. Die Verkehrsflächen werden auf ein Mindestmaß reduziert und in der Oberflächengestaltung integriert. Es entstehen bequeme, offene und übersichtliche und nicht zuletzt barrierefreie Wegebezüge

Deichstraße
Die Deichstraße schließt an den Platz am Slippen an und führt, parallel zum Deich stringent weiter in Richtung Süden. Auf diesem Abschnitt lassen sich unterschiedliche Geschwindigkeiten erleben - das „Urbane Deichband“ führt entlang der Gebäudefassade, lädt zum Flanieren und Schlendern ein und bietet Platz für gastronomische Nutzungen. Ein taktiler Streifen trennt die „langsamen“ Nutzungsarten voneinander. Parallel hierzu verläuft der „schnellere“ Bewegungsstrang - die Deichstraße. Durch die Umwidmung zur Fahrradstraße finden Radfahrende hier nun eine sichere und schnelle Verbindung vor. Punktuell sind Anlieferungs- und Parkmöglichkeiten vorgesehen.

Deichfenster
Der letzte Abschnitt im Süden des Deichbands ist das „Deichfenster“. Durch eine Öffnung des Deiches wird die natürliche Wasserbeziehung als spürbarer Sichtbezug für Verkehrsteilnehmende (Fuss/Rad/Auto), die sich entlang der Konrad-Adenauer-Allee fortbewegen, hergestellt und der Blick auf das Hafenbecken freigestellt. Auf der teilweise erhaltenen Rückseite des Deiches, befinden sich in Richtung Hafenbecken ausgerichtete Holzliegen, - perfekt für einen kurzen Zwischenstopp auf dem Weg vom Bahnhof in die Stadt.

Deichpark
An den Dreiklang vom Platz „Am Slippen, der Deichstraße und dem Deichfenster gliedert sich wie selbstverständlich der Deichpark ein. Der Deich ist der Namensgeber vieler Straßennamen und Orte und gleichzeitig ein wichtiges, raumprägendes Element der Stadt Cuxhaven. Ursprünglich errichtet, um die Menschen vor schweren Hochwasserereignissen zu schützen, ist durch die Verlegung der Schutzlinie obsolet geworden und wird im Rahmen Entwurfs einer vollkommen neuen Bedeutung überführt. Der Deich wird vom trennenden zum verbindenden Element und anstelle des Hochwasserschutzes tritt der Klimaschutz im Sinne eines ökolisch wertvollen, Baum geprägten Freiraums. Der Deich wird in seiner Lage und dem Verlauf erhalten, erfährt aber eine räumliche, qualitative und ökologische Aufwertung. Der Deichweg, verlaufend auf der Deichkrone, stellt eine durchgängige fußläufige Verbindung in Nord-Südliche Richtung dar. Die Deichmauer aufder östlichen Seite bleibt als Reminiszenz erhalten und wird durch das Beranken mit bodengebundener Begrünung (Wilder Wein) oder durch ein Aufbrechen an wichtigen Verknüpfungspunkten in West-Ost-Richtung in ihrer Stringenz unterbrochen und somit in ihrer trennenden Wirkung geschwächt. An präzisen gesetzten Punkten führen thematische Treppen über den Deich. In regelmäßigen Abständen befinden sich Bänke auf dem Deichweg. Diesen dient die Mauer als Rückenlehne und trägt deren schwebende Sitzfläche.Der neue Deichpark stellt durch die Etablierung heimischer Pflanzenarten wie Hornklee oder Witwenblume, sowie durch die vielen jetzt möglichen Baumpflanzungen im Deich, eine wichtige Funktion in Sachen Klimaschutz dar und bringt in den urban geprägten Kontext die blühende Vielfältigkeit typischer Deichbepflanzungen entlang der Nordseeküste hinein.
Materialität
Bei den verwendeten Materialien wurde sich stark am Bestand orientiert. Die Gehwege bzw. die sehr langsamen Verkehrsbereiche greifen das Klinkerpflaster der bestehenden Fußwege im Lotsenviertel auf, die Fahrbahn besteht aus dem angrenzend vorzufindendem rotem Granitstein. Durch die Weiterführung der Bestandsmaterialitäten lässt sich mit dem Entwurf nahtlos an den Bestand anknüpfen. Die optische und funktionale Erweiterung des Lotsenviertels stellt einen wichtigen gestalterischen Aspekt in der neuen Planung dar. Weiterhin weisen Natursteine eine hohe Lebensdauer auf und können häufig wiederverwendet werden.

Verkehr
Durch den Wettbewerb soll die Deichstraße sowie die Bereiche Am Slippen und Deichfenster neugestaltet werden. Das vorrangige Ziel ist, dass der gesamte Abschnitt mit einer neuen Begegnungsart mit hohen Aufenthaltsqualitäten und Sichtbezügen auf den Hafen realisiert wird. Hinsichtlich der bereits ausgearbeiteten Konzepte (Radverkehrskonzept, etc.) ist für die Deichstraße eine Einrichtung einer Fahrradstraße prädestiniert. Da in der Deichstraße auch zukünftig der Kfz-Verkehr durch Zusatzzeichen freigegeben werden soll, stellt die Fahrradstraße eine Sonderform des Mischverkehrs auf Straßen dar. Hier wird die Zielvorstellung aus dem Radverkehrskonzept aufgegriffen, dass die Radfahrenden entsprechend auf der Fahrbahn geführt werden sollen. Die Kfz-Verkehre dürfen den Radverkehr künftig nicht behindern oder gefährden, da der Radverkehr bevorrechtigt ist. Zudem wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h reduziert. Hierdurch steigt vor allem die Verkehrssicherheit und der Fußgänger- sowie Radverkehrsanteil kann entsprechend gefördert werden. Eine Fahrradstraße sollte nicht nur einen möglichst hohen Radverkehrsanteil erreichen, sondern sollte sich auch gestalterisch als Fahrradstraße vom übrigen Verkehrsnetz abheben und klar erkennbar sein. So wird an Einmündungen, Kreuzungen sowie Anfangs- und Endbereiche zusätzlich zur Beschilderung die großflächige Markierung von Fahrradpiktogrammen empfohlen. Bei einer Bevorrechtigung der Fahrradstraße sollten die Knotenpunktbereiche entsprechend der erforderlichen Beschilderung sowie einer bevorzugten Einfärbung des Asphalts mit roter Farbe hervorgehoben werden, da ansonsten die „Rechts-vor-Links-Regelung“ gilt. Es wird eine Fahrbahnbreite von 6,00 m vorgesehen, um auch künftig den Begegnungsfall Bus – Bus bzw. Lkw – Lkw gewährleisten zu können. Ebenso ist berücksichtigt, dass die Deichstraße als Umleitungsstrecke genutzt werden kann, falls die Zollkaje, die Fährstraße oder beispielsweise die Kapitän-Alexander-Straße gesperrt sein sollten. Des Weiteren wurde der Knotenpunkt am Slippen wesentlich übersichtlicher von den Verkehrsströmen sowie der Anbindungssituation der Straße Am Schleusenpriel gestaltet. Außerdem wurde der südliche Knotenpunkt Konrad-Addenauer-Alle (B 73) / Deichstraße etwas angepasst, da die Verkehrssituation im Bestand, hinsichtlich der zusätzlichen Anbindung der Straße Am Schelusenpriel im unmittelbaren Knotenpunkt ein entsprechendes Gefährdungspotenzial darstellt. Somit wurde die Anbindung der Straße Am Schleusenpriel nun etwas nördlicher an der Deichstraße vorgesehen, so dass der Knotenpunkt strukturierter und sicherer wird. Zudem wird die Nebenanlage bis zur neuen Anbindung verlängert, damit die Fußgänger und Radfahrer ebenfalls sicherer geführt werden. Des Weiteren wurde die westliche Nebenanlage etwas verbeitert, damit die Radfahrenden, welche aus der Deichstraße in Richtung Süden fahren, bewusst auf die Nebenanlage geführt werden können. Die Radfahrer sollten im Knotenpunktbereich auf die Nebenanlage geführt werden, da entlang der Konrad-Addenauer-Allee die Benutzungspflicht der Fußgänger und Radfahrer auf der Nebenanlage angeordnet ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die klare Formulierung eines städtischen Raums mit dem vorgelagerten Deichkörper. Die Ausgestaltung des Deichs mit dem erhaltenen Baumbestand am Deichfuß wirkt selbstverständlich und für den Ort angemessen. Auch die niveaugleiche Pflasterung des Straßenraumes kann überzeugen.
Die verkehrlichen Funktionen für die Verkehrsarten werden erfüllt, wobei dem Radverkehr durch die ‚Ausweisung‘ als Fahrradstraße Vorrang eingeräumt wird. Überzeugend ist auch die gestalterische Verknüpfung mit dem Straßenraum des Lotsenviertels und der hochwertig ausgebauten Schillerstraße. Im südlichen Abschnitt ist aber die Asphaltdecke zu überprüfen.

Die Interventionspunkte am Deich, wie die Querung zum Hafenkopf der Marina sind gut gesetzt. Auch die Gestaltung des Deichfensters ist in seiner Schlichtheit gelungen und könnte ggf. noch weiter nach Süden geöffnet werden.

Die Verkehrsführung am Knoten ‚Am Slippen‘ ist durch die weiche Trennung der Bewegungsräume gut gelungen. Die 6 m breite Fahrbahn bietet die erforderliche Flexibilität in Bezug auf Busverkehr und den zu berücksichtigen Umleitungsverkehr.

Am Platz ‚Am Slippen‘ tritt die Bestandsbebauung an den neuen Stadt raum heran, da hier der Deichkörper ein Stück weit zurückgezogen wird.

Die schlichte Ausformulierung der Rampen auf den Deichkörper erscheint angenehm unaufgeregt.

In der weiteren Bearbeitung sollte geprüft werden, ob die Besonderheit des Orts als ehemaliger Teil der Flutverteidigung gestalterisch noch stärker herausgearbeitet werden kann. Ebenso sollte das Element der Mauer auf dem Deich hinsichtlich besserer Aufenthaltsqualität überprüft werden.
Lageplan

Lageplan

Perspektive

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