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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Entwicklung Areal Nördlich Kalkumer Schloßallee in Düsseldorf

Perspektive

Perspektive

ein 3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Machleidt GmbH

Stadtplanung / Städtebau

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KALKUM FÜR ALLE

Leitidee

Der Entwurf sieht die städtebaulich-freiraumplanerische Arrondierung der bestehenden Siedlungsbereiche entlang der Stadtbahnstrecke und des Theodor-Fliedner-Gymnasiums vor. Der gewachsene Übergang von Stadt zu Landschaft wird neu definiert und eine intuitiv ablesbare Siedlungskante ausformuliert. Dabei liegt einerseits besonderes Augenmerk auf der Weiterentwicklung der landschaftlichen Qualitäten hin zum Schwarzbach und andererseits auf der Implementierung eines vielfältigen Stadtquartiers mit positiven Synergieeffekten für die umgebenden Nachbarschaften und den ganzen Stadtteil.

Städtebau und Typologie

Entlang des historischen Pfaffenmühlenwegs spannt sich Richtung Osten ein klar gefasstes und von öffentlichen Räumen durchzogenes Stadtquartier auf, das sich aus unterschiedlichen Bausteinen zusammensetzt. Verbindendes Element der Teilbereiche ist die Campusachse. Sie wird im Süden vom Theodor-Fliedner-Gymnasium und im Norden von den Clustern des Mehrgenerationenquartiers mit seinen aktiven Erdgeschossnutzungen gesäumt. Im Osten passiert sie den Schulhof der neuen Gesamtschule und endet im Sportpark, von wo Übergänge in die offene Landschaft bestehen.
Die Baufelder südlich und östlich des Stadtteilplatzes erhalten einem Schwerpunkt im Bereich der Mehrgenerationeneinrichtungen und zeichnen sich durch eine große Flexibilität und starke Verwebung miteinander aus. Bereits auf der typologischen Ebene wird die Grundlage für ein lebendiges Zusammenleben innerhalb des Mehrgenerationencampus mit aktiven EG-Zonen, gemischten Bau- und Wohnformen und intuitiv anzueignenden Freiräumen gelegt.
Die nördlich der Quartierspromenade angeordneten Baufelder sind zum einen zu dieser hin ausgerichtet, werden aber weitgehend von Innen über Nachbarschaftsanger erschlossen, die als kleinmaßstäbliche Ebene des nachbarschaftlichen Zusammenlebens eine wichtige Funktion im Quartiersgefüge übernehmen. Die Gärten der meist mit Wohnungen belegten Gebäude orientieren sich zu öffentlichen Dungwegen und dem landschaftlichen Saum und erzeugen ein vielfältiges Bild eines offenen Quartiers. Es wird ein Mix sehr unterschiedlicher Typologien vorgesehen mit dem Reihenhaus als kleinster Einheit, gefolgt von Mehrgenerationenhäusern in unterschiedlichen Konfigurationen und Geschosswohnungsbauten. In allen Typen wird der geforderte Anteil an sozialem Wohnraum abgedeckt. Eine höchstmögliche Mischung von Bauherrenschaften und Bewohnenden ist das Ziel.

Freiraum

Im Herzen des Quartiers gruppieren sich soziale Nutzungen und Angebote wie Schulen, Kita, Mehrgenerationenwohnen sowie Spiel- und Sportflächen. Der Freiraum dient als verbindendes Element und schafft Raum für Begegnungen und Zusammenkünfte. Die Campusachse mit Sitz- und Bewegungsangeboten verbindet die beiden Schulstandorte untereinander sowie mit dem Sportareal im Osten. Zwischen Mehrgenerationenwohnen, Nachbarschaftstreff und Kita liegt der Stadtteilplatz. Der nachbarschaftliche Treffpunkt vereint Platz, Spielort und Naturraum mit Retentionsfläche in einem. Die Verbindungen zur Landschaft und zum Schwarzbach werden über die bestehenden Wege hergestellt, die im Sinne der Biotopvernetzung mit Baumreihen und Gehölzsäumen aufgewertet werden. Ein grüner Saum mit einem Weg puffert die privaten Gärten von den landwirtschaftlich genutzten Flächen ab. Somit entsteht eine klare naturräumliche Kante, die spazierend erlebt werden kann und zusätzliche Habitate für Insekten und andere Tiere schafft. Sie leitet zentral über bestehende Grünflächen in Richtung der Flussauen des Rheins.
Auf den Baufeldern bilden die Nachbarschaftsanger gemeinschaftliche Höfe und Treffpunkte. Die grünen Fugen zwischen den Baufeldern verbinden die Quartierspromenade mit der Landschaft und bieten zusätzliche Retentionsräume. Am Pfaffenmühlenweg entsteht ein jugendlicher Spielort neben der Kita. Der Reiterhof wird als besondere Einheit dem Stadtteil vorgelagert im Landschaftsraum verortet, die Weideflächen liegen direkt daran angrenzend.

Nutzungen und Mehrgenerationencampus

Innerhalb des Entwurfsgebiets werden unterschiedliche Schwerpunktsetzungen hinsichtlich der Nutzungsmischung vorgenommen. Mit dem Mehrgenerationenwohnen und dem Stadtteiltreff wird das Zentrum des Quartiers gerahmt. Im Bereich zwischen Kalkumer Schlossallee und der Quartierspromenade entsteht ein Quartier mit hoher Durchmischung von Nutzungen und Wohnformen. Neben den Bildungseinrichtungen werden Versorgungseinrichtungen, unterschiedliche Pflege- und Betreuungskonzepte und flexible Angebote für aktivierte Erdgeschosse in einer Mischung mit Wohnungen für ein breites Spektrum an Bewohnenden verortet. Zusammen ermöglichen sie ein buntes und inklusives Quartier, das durch seine Lebendigkeit und Offenheit zu den bestehenden Stadtteilen in der Umgebung Mehrwerte nach Innen und Außen schafft.
Der bestehende Schulstandort des Theodor-Fliedner-Gymnasiums wird in direkter Nachbarschaft durch die neue Gesamtschule ergänzt. An ihrer gemeinsamen Schnittstelle ist ein zentraler Zugangsort in guter fußläufiger Entfernung von der Stadtbahn vorgesehen, der zugleich die bestehenden Sportflächen um weitere schul- und freizeitbezogene Angebote ergänzt. In unmittelbarer räumlicher Nähe entstehen Sportanlagen, die Sporthalle und eine dreigruppige Kita am Stadtteilplatz. Eine weitere, zweigruppige Kita wird im nördlichen Bereich vorgesehen.
Turnhallen und andere Infrastrukturen können sowohl von beiden Schulen als auch von den Nutzergruppen der neuen Sportanlagen genutzt werden, die durch ihre direkte Nähe zu den Bildungs- und Sozialeinrichtungen ebenfalls in deren Bedarfe einbezogen werden können.

Mobilität und Infrastruktur

Die Haupterschließung wird bügelförmig an zwei Stellen an die Kalkumer Schlossallee angebunden und nach Norden bis zur kleiner Quartiersgarage weitergeführt, vor der Eine Wendemöglichkeit besteht. Sie gewährleistet eine leistungsfähige und zugleich auf ein Minimum zurückgestufte Erschließung für Bedarfsfahrten per PKW und die Ver- und Entsorgung sowie die Rettungszufahrten. Eine Durchfahrt zur Straße „Am Mühlenacker“ ist nur für Einsatzfahrzeuge und Radfahrende möglich.
Stellplätze werden nur im Einzelfall im Straßenraum angeboten und überwiegend in insgesamt vier dezentralen und teilweise in größere Baukörper integrierte Quartiersgaragen angeboten. Sie bieten in den offenen Erdgeschosszonen und direkt vorgelagerten Flächen unterschiedlich große Mobilitätsstationen an, die den Umstieg auf alternative Mobilitätsformen attraktiv machen und mit Sharingangeboten aufgewertet werden können. Die größte der Stationen wird in unmittelbarer Nähe zur Stadtbahnhaltestelle Kalkumer Schlossallee angeordnet und kann die Besucher- und Angestelltenstellplätze, die sich dort heute befinden, qualitätvoll ersetzen. Perspektivisch könnte ein zusätzlicher Halt der Buslinien an der Kalkumer Schlossallee innerhalb des Gebietes die Attraktivität der ÖPNV-Angebote weiter steigern. Ergänzt wird das Hauptnetz durch ein feingliedriges Angebot von Fuß- und Radwegen, die zum Teil im Bedarfsfall auch der Anlieger- oder Rettungsbefahrung dienen. Fahrradabstellanlagen werden in den Quartiersgaragen, zusätzlich dezentral in und an den Gebäuden und im öffentlichen Raum angeboten. Insgesamt wird eine weitgehend autofreie Wohnumfeldgestaltung und ein auf Zufußgehende und Radfahrende zugeschnittener öffentlicher Raum angestrebt.
Zur Müllentsorgung wird jedem Baufeld eine erschließungsnah verortete Unterflur-Sammelanlage zugewiesen. Die Ver- und Entsorgungsinfrastruktur ist im gesamten Gebiet effizient in den Straßenprofilen unterzubringen.

Nachhaltigkeit und Wassermanagement

Der Entwurf setzt auf die effiziente und ressourcenschonende Flächennutzung im Sinne einer verträglichen Dichte und eines breit gefächerten Angebots an Wohn-, Lebens- und Arbeitsformen. Die kompakten Baukörper ermöglichen den energieeffizienten Bau und Betrieb der Gebäude, Dach- und teilweise Fassadenbegrünungen in Kombination mit gestalterisch eingepassten Photovoltaikanlagen werten die Entwicklung ökologisch und stadtklimatisch auf. Die Umsetzung sämtlicher Gebäude in recyclebarer Holzbauweise wird empfohlen.
Die erhaltenswerten Bestandsbäume verbleiben weitgehend am heutigen Standort. Durch eine große Anzahl an klimaresilienten Neupflanzungen erhält das Quartier eine besondere Atmosphäre, die Biodiversität wird erhöht und der sommerliche Hitzestress gemindert. Neue Versiegelung wird durch kompakte Baukörper und optimierte Erschließungswege soweit wie möglich vermieden, Ausgleichsmaßnahmen können unmittelbar im vorgelagerten Grünsaum und offenen Landschaftsraum erfolgen. Durch das auf nachhaltige Mobilität ausgerichtete Erschließungskonzept wird zudem ein Beitrag zur Verkehrswende geleistet.
Das unbelastete Oberflächenwasser wird durch eine Retentionskaskade „begrüntes Flachdach – private Außenfläche – Überlauf in Retentionsmulden und Regenbeete“ vor Ort gehalten und versickert/verdunstet. Leicht belastetes Oberflächenwasser aus Straßenräumen wird zum zentralen Regenklärbecken geleitet, von wo aus es zeitversetzt in den Schwarzbach abfließen oder ortsnah versickert werden kann. Auch die Rigolenbevorratung zur Versorgung der Bäume in Trockenphasen wird vorgesehen. Im Sinne der Schwammstadt ist das Quartier entsprechend auch im Starkregenfall abflussarm ausgelegt. Bestehende Senken wurden bei der Planung der Retentionsbereiche weitgehend berücksichtigt.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee der städtebaulich freiraumplanerischen Arrondierung der bestehenden Siedlungsbereiche von Wittlaer und Kaiserswerth ist als klare Siedlungskante ablesbar. Allerdings werden die zwei Siedlungsbereiche Wohnen und gemischtes Campusquartier kontrovers diskutiert, denn eine Mischung der verschiedenen Nutzungsbausteine in beiden Bereichen hätte mehr zu einem aktiven Mehrgenerationenquartier beigetragen.

Der urbane Charakter des Campusquartiers fügt sich aufgrund seiner Körnung nicht in die städtebauliche Struktur seiner kleinteiligen Nachbarschaft ein. In der Anlage der Erschließung und Ausgestaltung des Umgangs mit der Landschaft überzeugt der Entwurf nicht als Abschluss des Siedlungsrand.

Die bügelförmige Haupterschließung über zwei Stellen an der Schloßallee ist gut – auch die parallele Führung zur Bahntrasse ist nachvollziehbar, allerdings wird die Art des klassisch MIV dominierten Bild der Straße kritisiert und auch die lange Gerade der Quartierspromenade wirkt unmaßstäblich und verleitet zum schnellen Fahren. Zudem führt die nördlich angeordnete Quartiersgarage dazu, dass viele Verkehre durch das gesamte Quartier geleitet werden.

Das untergeordnete Fuß- und Radwegenetz ist gut angelegt und greift bestehenden Verbindungen in die Landschaft und die angrenzenden Quartiere auf. Die Überlagerung der Wege im Bedarfsfall durch Anlieger- und Rettungsfahrzeuge widerspricht der autofreien Wohnumfeldgestaltung. Die Idee der zentralen Campusachse ist gut und verbindet sowohl die Schulen mit den Sportanlagen als auch das Mehrgenerationenquartier miteinander.

Die Nähe des nördlichen Sportplatzes zur angrenzenden Wohnbebauung wird kritisch bewertet. Insgesamt schotten die Sportanlagen das Quartier zur Landschaft im Osten ab.

Die Größe des nachbarschaftlichen Stadtteilplatzes wird kontrovers diskutiert, bietet aber gute Aufenthaltsqualitäten an. In seiner städtebaulichen Figur nimmt er jedoch wenig Bezug zum Ort auf und wirkt dementsprechend beliebig oder austauschbar.

Die Vielzahl der angebotenen aktiven Erdgeschosszonen im Mehrgenerationenquartier wird mit Skepsis gesehen – ebenso, ob sich die nötige Urbanität an dem Standort einstellen kann.

Der Rhythmus der grünen Fugen mit Spiel- und Aufenthaltsbereichen ist gut gesetzt und verbindet das Quartier mit der Landschaft. Die gebildeten Hofstrukturen der Wohnbaufelder sollen ein offenes und durchlässiges Quartier bilden. Allerdings führt die innere Erschließung über die Höfe und die Orientierung der privaten Gärten nach außen nach Einschätzung des Preisgerichtes eher zu einem geschlossenen Quartierseindruck und zu einem unbelebten öffentlichen Raum. Die Heterogenität der baulichen Typologien innerhalb der einzelnen Hofensemble wird hinsichtlich eines nachvollziehbaren Stadtbildes kritisch bewertet.

Der Übergang zur Landschaft wird über eine klare naturräumliche Kante im Bild eines grünen Saums gebildet, der mit seinen Landschaftsfenstern gut gestaltet ist und Aufenthaltsqualitäten verspricht.

Sowohl die blau-grüne Infrastruktur als auch die Durchlüftung des Quartiers ist gut umgesetzt.
Lageplan

Lageplan

Isometrie

Isometrie

Schnitte

Schnitte