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Offener Wettbewerb | 01/2024

Ersatzneubau Munotbrücke in Schaffhausen (CH)

4. Rang

Preisgeld: 2.000 CHF

Pfoser-Halblaub Beratende Ingenieure

Tragwerksplanung

Architekturbüro Josef Prinz BDA

Architektur

Architektin Hanna Stengelin

Architektur

Erläuterungstext

Das Projekt für die Neuerstellung der Munotbrücke in Schaffhausen, in direkten Kontext zum unbestrittenen Wahrzeichen von Schaffhausen am Baudenkmal von nationaler Bedeutung, erfordert eine sehr differenzierte und gründliche Auseinandersetzung mit den Belangen des Denkmalschutzes und den technischen und gestalterischen hohen Anforderungen an die neue Munotbrücke.

Geschichtlicher Hintergrund
Die Festungsanlage Munot geht in Ihren Grundzügen auf das Mittelalter zurück, wurde zwischen den Jahren 1563 und 1589 massiv umgebaut und erhielt in dieser Epoche ihre bis heute weitgehend erhaltene Form einer Zirkularfestung mit dem umlaufenden Graben. Die nördliche Munotbrücke ist derzeit der Hauptzugang in den Munot. 1835 wurde ein sehr einfacher Steg in den davor zwischenzeitlich verschlossenen Nordzugang erstellt, ob und welche Arten von Brücken eventuell nur für Materialtransporte davor gegeben falls existierten ist nicht zweifelsfrei überliefert. Der in Abbildung des Stadtarchivs 1941 dargestellte mit Streben auf einer Mittelstütze gelagerte Holzsteg wurde durch den 1961 als Spannbetonbrücke erstellten Munotsteg ersetzt. Dieser ist nun stark sanierungsbedürftig und bedarf einer umfangreichen Ertüchtigung oder eben einer Erneuerung.

Ortsbauliches und gestalterisches Konzept neue Munotbrücke
Die neue Munotbrücke wird folgerichtig in der exakt selben Position wie die Bestehende vorgeschlagen. Die neue Brücke soll sich unaufgeregt, selbstverständlich, stabil, auch ein wenig kühn und klar gestalterisch minimiert in die gewachsene Situation einfügen.
Die Dominante ist und bleibt der Munot.
Die Holzkonstruktion nimmt das historische Vorbild der handwerklich gefertigten Vorgängerbrücken in der Materialität wieder auf, wird aber durch die zeitgemäße industriell unterstütze Holzkonstruktion in eine klare, dienende Gestalt überführt. Holz für additive Bauteile bietet eine gute und sinnfällige Ergänzung zur durch Naturstein geprägten monolithischen Gesamterscheinung des Munot. Das Zusammenwirken der beiden Hauptträger in Kombination mit der statisch wirksamen Bodenbelagsplatte, das einen sehr effektiven Träger ausbildet, nutzt die statische Höhe des Geländers, die Brücke kann sich den Zielsetzungen somit gut anpassen. Die neue Brücke bildet in der Fernwirkung und beim Beschreiten eine erfassbare Räumlichkeit aus.
Die unaufgeregte in den Mitteln minimierte Gestalt kombinert mit einer dennoch technischen Raffinesse in Holz gesellt sich gut zum bedeutenden Denkmal, baut keine Konkurrenz auf und bereichert die Situation, der gewollte Brückenschlag über den Hirschgraben wird gestalterisch und technisch auf einfachste Weise versinnbildlicht.

Beleuchtung, technische Ausstattung
In der Nut zwischen innenseitiger Beplankung der Hauptträger und dem Bodenbelag entsteht eine Fuge mit Installationsraum, in der eine Lichtleiste eingebaut werden kann, mit der vielfältige Lichtszenarien generiert werden können, ohne Blendwirkungen zu erzielen oder unangemessen das gesamte Denkmal mit beleuchten würden. Ebenso kann der Handlauf integriert werden. Die erforderlichen Medien DN 100 o.ä. können im zweischaligen Boden der Brücke gut geführt und revisioniert werden, in den Mittelbereichen der zusätzlich im Auflagerbereich erforderlichen Endquerträgerkonstruktionen können entsprechende kreisrunde Aussparungen für die Leitungsführung hergestellt werden.

Tragsystem
Die Brücke wird als Balkenbrücke in Form eines Einfeldträgers ausgebildet. Die Spannweite beträgt 24m. Die Schlankheit der gewählten Konstruktion liegt bei 24/1,60=15. Die Brücke wird gemäß Auslobung für die Fälle 1 (LM1+2 nach SIA 260) und 2 (6to-Fahrzeug) bemessen.
Der Querschnitt wird als Trogbrücke ausgebildet mit unten liegendem Fahrbahndeck, damit sind die Hauptträger gegen Kippen nachzuweisen. Dieser Nachweis ist maßgebend für die Querschnittswahl.
Die elastischen Durchbiegungen betragen 14mm, der Verformungsanteil aus Verkehrslast weitere 22mm. Die Träger werden um 20mm überhöht hergestellt. Die quasi-ständige Enddurchbiegung beträgt damit abzüglich der Überhöhung 22mm, damit ist die Vorgabe der SIA 260 eingehalten (L/700=34mm).
Die erste vertikale Eigenfrequenz der Konstruktion errechnet sich zu 4,5Hz, somit sind die Richtwerte der SIA 260 eingehalten. Horizontalschwingungen sind aufgrund der großen Nutzhöhe der aussteifenden Fahrbahnplatte nicht zu erwarten.

Konstruktion
Haupttragverhalten: Die neue Brücke wird als Trogbrücke ausgebildet. Die beiden Hauptträger liegen beidseits des Fahrbahndecks und wirken gleichzeitig als Geländer.
Das Fahrbahndeck wird als Brettsperrholztafel ausgebildet und wirkt gleichzeitig als horizontale Scheibe. Durch die Anbindung des Fahrbahndecks an der Trägerunterseite werden eingeleimte Gewindestangen als Querzugverstärkung im Querschnitt erforderlich.
Der Fahrbahnbelag wird aus Gussasphalt geplant, die Abdichtung wird seitlich an den Trägern hochgeführt. Die Entwässerung der Brücke erfolgt in Längsrichtung.
An den Trägerenden wird ein vertikales Schlitzblech angeordnet, die Lastübertragung erfolgt durch an der Trägerunterseite konzentrierte Passbolzen- und Stabdübelverbindungen.
Zur Ausbildung einer Gabellagerung werden mittels hirnholzseitigen Stahlblechen und einem Querträger aus Stahl biegesteife Rahmen ausgebildet. Durch die größere Gesamtbreite des Neubauquerschnitts im Vergleich zur Bestandsbrücke können die Hauptträger nicht direkt aufgelagert werden. Daher wird in die Endquerträgerkonstruktion zusätzlich eine Einschubkonstruktion in Stahl angeordnet, die dann die Auflagerung der Brücke übernimmt. Als Material der Hauptträger wird Brettschichtholz gewählt (BSH). Die Ober- und Innenseiten der Hauptträger werden bekleidet, und können bei Bedarf in kürzeren Wartungsintervallen einfach ersetzt werden. Die Außenseiten sollen allerdings gezeigt werden und sind somit in die Nutzungsklasse 3 einzustufen (frei bewittert). Daher wird als Holzart der Träger Lärche gewählt, um auf einen chemischen Holzschutz verzichten zu können. Die Verleimung der Lamellen muss für Nutzungsklasse 3 zugelassen sein.
Quertragverhalten: Das Fahrbahndeck wird als eine 160mm starke Brettsperrholzdecke ausgebildet, diese wirkt als horizontale Scheibe.
Lagerung: Die Lagerung der Brücke erfolgt statisch bestimmt auf Einzellagern. Das Festlager in Längsrichtung wird einseitig angeordnet. Damit werden Zwängungsbeanspruchungen aus Temperatur vermieden. In Querrichtung werden an beiden Widerlagern Festlager angeordnet.

Montage:
Die Tragkonstruktion des Überbaus soll im Werk vorgefertigt und die Konstruktion dann im Ganzen mit einem Mobilkran eingehoben werden. Der weitere Ausbau (Fahrbahnbelag, Übergänge usw.) erfolgt dann vor Ort. Dies ermöglicht eine sehr wirtschaftliche Realisierung mit möglichst wenig belastenden Einwirken auf die örtliche Situation und den laufenden Betrieb.

Gründung:
Zur Gründung wird die bereits bestehende Widerlagersituation der Bestandsbrücke falls möglich weitgehend genutzt, wobei die Widerlagerbank zur Anpassung der Höhe aufbetoniert werden muss und die Vorderkanten soweit zurückgenommen werden, dass eine „Vormauerung“ ermöglicht wird und die Spuren der ehemaligen Spannbetonbrücke nicht mehr in Erscheinung treten.



Beurteilung durch das Preisgericht

Erfüllung Aufgabe
Der Projektbeitrag erfüllt die Aufgabenstellung gemäss Wettbewerbsprogramm im Grundsatz. Die Holzbrücke schiebt sich als kubisch geschlossen wirkender Monolith von der Grabenmauer aus zum Munot und bildet mit selbigem ein schlichtes, gelungenes Erscheinungsbild. Die Löschwasserleitung ist im Doppelboden der Brücke integriert. Durch einen hohen Vorfertigungsgrad und kleinstmöglichen Eingriffen am Munot wird die Bauzeit vor Ort kurzgehalten.

Gestalterische Qualität
Die konsequente Holzbrückenkonstruktion nimmt in der Materialisierung das historische Vorbild der hölzernen Vorgängerbrücke wieder auf. Das Projekt überzeugt durch seine minimalistische Formensprache und den eigenständigen kraftvollen Ausdruck, mit dem sich der Brückenkörper in den Munot schiebt. Die Brüstungen aus Brettschichtholzträgern tragen zum statischen Konzept der Brücke bei. Die schwarz gebeizte Oberfläche, durch die das Holz in seiner Struktur und Materialität sichtbar bleibt, überzeugt in Zusammenhang mit der steinernen Materialität des Munot. Die massiven geschlossenen Brüstungen geben der Brücke äusserlich einen monolithischen und innerlich einen starken raumbildenden Charakter. Ob die massive Gestaltung der Brüstungen beim Verlassen des Munots ebenso überzeugend sind, ist für die Jury nicht ganz eindeutig. Leider verhindern die geschlossenen Brüstungen für Kinder und Menschen im Rollstuhl die Sicht in den Hirschgraben.

Machbarkeit
Das Projekt scheint grundsätzlich bewilligungsfähig und technisch umsetzbar. Das Tragsystem wird schlüssig erläutert. Die eingeschlossen geführte Löschwasserleitung wird aus Sicht des Unterhalts als nicht ideal eingestuft.

Nachhaltigkeit
Dem Anspruch an die Nachhaltigkeit wird durch überwiegend verwendete Konstruktionsmaterial Holz entsprochen. Auf der Innenseite wird der BSH Träger verkleidet, die Aussenseite ist nicht konstruktiv geschützt. Auf einen chemischen Holzschutz wird verzichtet. Der Witterungsschutz ist damit fraglich, eine häufige Nachbehandlung sehr wahrscheinlich notwendig.

Gesamtwirkung
Das Brückenprojekt überzeugt durch seine unaufgeregte, schlichte Gestaltung. Die Materialität in Holz bleibt lesbar und bildet ein kraftvolles Gegenüber zum Munot ohne diesen zu konkurrenzieren.

Kosten
Der Kostenrahmen ist eingehalten. Die Plausibilität der Kosten kann nicht abschliessend beurteilt werden.

Fazit
Das Projekt überzeugt durch seine klare reduzierte Formensprache. Die geschlossenen Brüstungen tragen massgeblich zur monolithischen Architektur des Bauteils bei, verhindern jedoch leider den Blick in den Hirschgraben, der grade für Kinder spannend gewesen wäre.