modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Neuentwicklung Stadtquartier Am Weihersberg in Stein

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

toponauten GmbH

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Am Weihersberg im Westen der Stadt Stein soll ein neues Stadtquartier entstehen, das zusätzlichen Wohn- und Arbeitsraum schafft und die unterschiedlichsten Bedürfnisse aus den sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und strukturellen Bereichen deckt. Als zukunftsorientiertes und richtungsweisendes Stadtquartier soll es der Stadt Stein eine Antwort auf die Fragen der stadtplanerischen Entwicklung geben.
• Wie lassen sich heutige Dichtevorstellungen, Mobilitätsansprüche und Lebensentwürfe städtebaulich ausdrücken?
• Wie kann die Stadt sinnvoll ergänzt werden?
• Was macht ein klimaschonendes und -resilientes Quartier aus?

Urbane Stadtbausteine
In der Stadt Stein sind bereits zwei Zentrumsentwicklungen deutlich ablesbar: Der dichte, historische Stadtkern ganz im Osten an der Rednitz, sowie die Hauptstraße in Zusammenspiel mit dem Einkaufszentrum „Forum Stein“ im weiteren Verlauf richtung Westen.
Am Weihersberg entsteht der nächste urbane Stadtbaustein als Quartierszentrum an der Schnittstelle zwischen Wohnen und Gewerbe, zwischen touristischer und sozialer Infrastruktur, zwischen Stadt und Landschaft.
Integrierte Quartiersentwicklung: Die bestehenden Anbindungen nach Ost und West werden durch das Quartier hindurch fortgeführt. Die Erschließungsstränge verbinden das neue Quartier mit der Umgebung und sind Grundgerüst einer integrierten Quartiersentwicklung.
Von Nord nach Süd entsteht eine neue Verbindung, diese verknüpft die bestehenden Stadtbausteine an der Hauptstraße mit dem Weihersberg.
Freiraum als Verbindungselement im Quartier: Die heterogenen Ränder und Schnittstellen, die an den Weihersberg anschließen, verlangen nach differenzierten, verbindenden Antworten. Gleichzeitig ist ein adressbildendes, offenes Quartier mit eigener Identität anzustreben.
Ein extensives Freiraumband schmiegt sich um das Quartier und schafft dort Distanz und Lärmschutz, wo emmissionsreiche Ränder danach verlangen, z.B. entlang der Bundesstraße oder zum lärmintensiven Freizeitbad im Osten. Bei kongruenten Nachbarnutzungen formt das Band offene, verbindende Grünflächen.
Ein intensiv programmiertes Parkband verknüpft den urbanen, nutzungsintensiven Norden mit dem Stadtrand im Süden und führt dabei über verschiedenste Freiraumbausteine im Quartier.
Die beiden Freiraumbänder ergänzen die Ost-West-verlaufenden Erschließungsstränge. Gemeinsam bilden Sie das Grundgewebe des Quartiers.

Freiraumkette als Verbindungselement der Stadtbausteine:
Das intensive Parkband innerhalb des Quartiers ist elementarer Bestandteil der Quartiersübergreifenden Verbindung zwischen den Stadtbausteinen: Vom historischen Zentrum bis zum offenen Stadtrand im Süden reihen sich verschiedene Freiraumbausteine wie eine bunte Perlenkette aneinander. Damit werden die verschiedensten alltäglichen Destinationen in Stein miteinander verknüpft und die Stadt wächst enger zusammen.
Urbane Straßenzüge und Quartiersplätze wechseln sich ab mit intensiven Grünräumen und Landschaftsstrukturen. Als schnelle, einladende Verbindung zwischen Alt und Neu, zwischen Wohnen und Arbeit, zwischen Stadt und Landschaft zwischen Bewohner*innen und Besucher*innen.

Differenzierte Freiräume
Intensive, öffentliche Freiräume: Zwischen Hauptstraße und Weihersberg entsteht über die nördliche Verknüpfungsfläche hinweg eine fußgänger*innenfreundliche Verbindung: Plätze, Boulevards und Parkabschnitte wechseln sich ab.
Im engeren Planungsgebiet folgt zwischen Erlebnisbad und neuem Quartier der nächste platzartige Ankerpunkt der Freiraumkette: Die Quartiersmitte ist wichtiger Dreh- und Angelpunkt zwischen Neuentwicklung und Bestand. Im weiteren Verlauf des Quartiers richtung Westen ändert sich der Charakter des Freiraums vom Platz zum von Promenaden gesäumten Weihersberg-Anger.

Extensive, öffentliche Freiräume: Das extensive Freiraumband rund um die Quartiere ist nur vereinzelt durch Spiel-, Sport- und Aufenthaltsflächen programmiert. Die restliche Fläche dient ökologischen Funktionen wie Wasserretention, Luftzirkulation sowie als ökologische Ausgleichsflächen.
Intensive, halböffentliche Freiräume: Innerhalb der Wohnblöcke entstehen gemeinsame Innenhöfe für die angrenzenden Wohngebäude. Reduzierte private Freiräume ermöglichen großzügige Gemeinschaftsflächen mit Spiel-, Sport- und Nutzgartenbereichen.

Vielfältiges Publikum - vielfältiger Freiraum
Das Gesamtquartier Weihersberg wird von einem vielfältigen Publikum besucht und genutzt. Auf unterschiedlichste räumliche und zeitliche Ansprüche muss reagiert werden.
Die Freiraumkette bündelt sämtliche Akteure und Nutzungen und schafft damit eine dynamisch erweiterbare oder unterteilbare Raumabfolge. Mehrfach codierte Flächen bilden ein zeitlich und räumlich adaptives Freiraumkonzept, das sowohl viele kleine parallele als auch großflächige Nutzungen zulässt. Der öffentliche Raum reagiert damit auf die über den Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus stark wechselnde Ansprüche der Umgebung - ein sich anpassendes, atmendes Freiraumsystem entsteht.

Abgestufte Nachbarschaften
Nachbarschaft „Quartier“: Quartiersübergreifend bilden Gewerbe, soziale Infrastruktur und der Weihersberg Anger die strukturelle Versorgung der Nutzungseinheit. Zudem wird die Energieversorgung quartiersübergreifend geregelt.

Nachbarschaft „Baueinheit“: Auf der Ebene der Baueinheiten werden Mobilitätsangebot mit Parkraummanagement, Kindertagesstätten, extensive Freiräume mit grüner und blauer Infrastruktur und Spiel- und Sportangebot gemeinsam organisiert. Außerdem bieten die Parkhäuser gemeinschaftliche Angebote wie z.B. Ateliers und Werkstätten für die angrenzenden Wohnblocks sowie Quartiersautos.

Nachbarschaft „Wohnblock“: Innerhalb eines Wohnblocks teilen sich die Nachbarschaften wohnungsnahes Spiel- und Sportangebot, Nutzgartenflächen und Aufenthaltsbereiche im Freien. Jedem Block ist zudem eine Auswahl an sharing-Lastenfahrrädern und E-Bikes zu eigen.

Verkehrsreduziertes Quartier
Bereits im Bestand ist der Weihersberg hinsichtlich des motorisierten Individualverkehrs optimal angebunden. Durch geeignete Maßnahmen sollen auch die Schnittstellen der anderen Verkehrsarten optimiert und im Quartier vernetzt werden.
Zu Fuß und mit dem Fahrrad: Die Freiraumkette schafft ein großes Angebot von Verbindungen zu Fuß oder mit dem Fahrrad vom neuen Stadtquartier in die übergeordneten Destinationen der Stadt. Auch das engmaschige Erschließungsnetz des Quartiers ist weitestgehend auto-frei und der Mensch als Fußgänger*in oder Fahrradfahrer*in wird stets priorisiert. In sämtlichen Wohnblöcken befinden sich Stationen für gemeinschaftliche E-Bikes und Lastenräder.
Öffentlicher Nahverkehr: Die Quartiersmitte im Norden ist die Schnittstelle für sämtliche Verkehrsarten. Sie wird tangiert von mehreren Buslinien und der geplanten U-Bahn-Linie. In den Parkhäusern, im Mobilitätshub und in den Freianlagen befindet sich ein großes Angebot an sharing-Fahrzeugen.
Motorisierter Individualverkehr: An den Rändern des Quartiers zur B14 und zur Weihersbergerstraße im Süden sorgen Parkhäuser für ausreichend individuelle Stellplätze in einem ansonsten autofreien Quartier.

Weitere Bauabschnitte
Der den gesicherten Bedarf deckende erste Bauabschnitt wird ergänzt von drei weiteren Bauabschnitten. Die einzelnen Bauabschnitte können wiederum in einzelne Baueinheiten getrennt werden.

Energieneutrales Quartier
Innerhalb des Quartiers entsteht durch die Wohn- und Gewerbenutzungen ein hoher Energiebedarf, allerdings wirkt sich die Nutzungsmischung selbst mit ihren zueinander antizyklischen Energiebedarfsspitzen positiv auf die Energiebilanz aus. Für die Deckung des Energiebedarfs kommen drei Energiequellen aus dem Quartier selbst bzw. dem unmittelbaren Umfeld in Frage:
Solarenergie: Auf sämtlichen Dächern sind fast flächendeckend PV-Module vorgesehen. Die PV-Module auf den Parkhäusern werden für E-Mobilität genutzt.
Nahwärme: Die Abwärme des Freizeitbades wird über das Nahwärmekraftwerk im Osten dem Quartier als Energie zur Verfügung gestellt.
Erdwärme: Die großen, unbepflanzten Flächen des Sportcampuses und des Festplatzes eignen sich zur Gewinnung von Erdwärme über oberflächennahe Kollektoren. Die Energiezentrale befindet sich im Süden des Quartiers an der Weihersberger Straße.
Mit diesem differenzierten Energieangebot muss dem Stadtquartier voraussichtlich keine Energie von außen zugeführt werden.

Nachhaltiges Parkraummanagement
Das Parkraumangebot im engeren Projektgebiet beschränkt sich auf zwei Tiefgaragen, ein kombiniertes Parkhaus mit Hoch- und Tiefgarage sowie zwei Nachbarschaftsgaragen, die dem Wohnen zugeordnet sind.
Da davon auszugehen ist, dass sich insbesondere der Stellplatzbedarf der Wohnblöcke in Zukunft reduzieren wird, werden die Nachbarschaftsgaragen in teilweise reversibler Hybridbauweise erstellt. Die oberen Geschosse können umgebaut bzw. neu errichtet und einer Wohn- oder Gewerbenutzung zugeführt werden. Die unteren Geschosse bilden weiterhin einen massiven Park-Sockel.

Blaue Infrastruktur
Das Stadtquartier funktioniert nach dem Prinzip der Schwammstadt: ein mehrschichtiges System zum Wasserrückhalt puffert unterschiedliche Intensitäten von Starkregenereignissen und schützt damit das Quartier vor den zunehmenden Extremwettersituationen.
Das gesamte Dachwasser von regelmäßig wiederkehrenden Regenereignissen wird in den Substraten der Gründächer zurückgehalten. Dort profitiert die PV-Anlage von der Kühlwirkung während der Verdunstung. Sämtliche Freianlagen werden mit wasserdurchlässigen Belägen ausgeführt, sodass das Niederschlagswasser unmittelbar vor Ort versickern oder verdunsten kann.
Bei Starkregenereignissen sind in den extensiven Freiräumen zwischen den Wohnblocks großzügige Retentionsmulden vorgesehen. Durch die geringen Einstauhöhen können die Mulden multifunktional genutzt werden.
Zusätzlich werden durch Entsiegelung, Wasserrückhalt und hohem Grünflächenanteil das Grundwasser geschont und das Kleinklima reguliert. Offene Freiraumverbindungen in die Kaltluftträger Herbstgraben und Grundbach sorgen für Frischluftaustausch und Kühlung im Quartier.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überrascht mit zwei großzügigen, räumlich gut gefassten Grünzügen. Der eine liegt im Westen mit einem mächtigen Lärmschutzwall, der vor den Emissionen der Bundesstraße schützen soll. In Wirklichkeit kann diese in der Erstellung aufwändige Maßnahme jedoch das Versprechen nicht zur Gänze einhalten. Auch die Verschiebung des Ortseingangs nach Norden wird nicht von allen Mitgliedern der Jury für gut empfunden. Der andere Grünzug verbindet den Norden mit der südlichen Landschaft. Dieser Grünzug kann mit seiner prägnanten Form und klugen Zonierung überzeugen. An der die Häuser begleitenden, in ihrer Länge und Dimension zu großstädtischen Promenade liegt ein baumbestandener Multifunktionsstreifen, der mit seinen Spielflächen ein ideales Aktivierungspotential haben kann. Vor Allem diese zentrale Verbindung stellt eine gelungene Verknüpfung zwischen der Stadt und dem Sport- und Schulgelände dar. Zudem wird durch diese konsequenten Grünvernetzungen in Nord-Südrichtung ein optimaler klimatisch wirksamer Luftaustausch gewährleistet. Vermisst wird jedoch eine entsprechende Vernetzung in Ost-West-Richtung. Bei den Nutzungen kann vor allem der Festplatz überzeugen. Der über einen großen Zeitraum brach liegenden Fläche kann so ganzjährig eine lebendige Nutzung geben werden. Diese Aktivierung kann aber auch aufgrund der zu erwartenden Lärmentwicklung unangenehm für die angrenzende Wohnnutzung werden. Auch die sportlichen Aktivitäten im westlichen Grünzug sind ein interessantes und an dieser Stelle richtiges Angebot.

Westlich und östlich des zentralen Grünstreifens liegen die Quartiere, die in polygonalen „Nachbarschaften“ organisiert sind. Die Form ist gefällig, die Gedanken zum Mikroklima und zur Klimaanpassung sind stimmig ausgearbeitet und auch die autofreie Organisation ist sehr gut gelöst. Leider bietet der Entwurf jenseits des Weihersberger Angers keine Idee, wie die Adressenbildung der Häuser funktionieren kann. Die Hauseingänge liegen in den gemeinschaftlichen Höfen, aber die Zugänglichkeit zu diesen ist über das äußere Wegesystem wenig eindeutig. Gerade für nicht ortskundige zu Fuß gehende Menschen und den Lieferservice kann das vorgeschlagene Wegesystem eine Herausforderung werden.
Die typologische Vielfalt ist gut. Die polygonalen und tiefen Baukörper werden in der Umsetzung eine interessante Herausforderung sein.

Der im Vergleich zu allen anderen Arbeiten hohe Anteil an öffentlichen Freiflächen zieht einen aufwändigen Pflegeunterhalt nach sich. Dies hat auch zur Folge, dass die Wohnbauflächen gering sind. Hier wäre im westlichen Grünraum noch Entwicklungspotential für weitere Baufelder, die dann aber mit diesem Wegesystem zu noch größerer Unübersichtlichkeit führen werden.

Der zentrale Weihersberger Anger mit seiner hohen Prägnanz und klugen Verbindung zur Stadt Stein ist eine große Idee dieses Entwurfs, die leider aufgrund ihrer gestalterischen Rigorosität und der zu erwartenden Nutzungskonflikte stark beeinträchtigt wird.
Insgesamt weist diese Arbeit einen hohen Durcharbeitungsgrad mit sehr guten Vorschlägen auf. Schade ist, dass die Organisation der nicht unmittelbar am Anger gelegenen Wohnquartiere über das Wegenetz und damit bei der Adressenbildung wenig selbstverständlich und intuitiv ist.
Lageplan Vertiefungsbereich

Lageplan Vertiefungsbereich

Quartiersmitte mit Festplatz

Quartiersmitte mit Festplatz

Wohnhöfe

Wohnhöfe