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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Münster Modell Quartier (MMQ 2) Busso-Peus-Straße

Blick zum grünen "Spiel- und Sportband"

Blick zum grünen "Spiel- und Sportband"

ein 3. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

raumwerk Gesellschaft für Architektur und Stadtplanung mbH

Stadtplanung / Städtebau

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Angenvoort+Barth

Wasserbau

Erläuterungstext

Wissenskiez Münster
„Die Hochschulen sind das Elixier für die Stadt.“

Der neue Wissenskiez begreift Wissenschaft & Forschung als Teil der Stadtgesellschaft. Die Wechselbeziehungen zwischen Universität und Stadt und der entstehende Wissenstransfer tragen zu einer belebten Quartiersentwicklung bei. Alle Funktionen des täglichen Lebens werden mit den Hochschulnutzungen in einem Quartier vereint, sodass eine Stadt der kurzen Wege entstehen kann. Raumbildung und Nutzungsvielfalt sind zentrale Entwurfsgedanken, die den Hochschulcampus zu einem Wissenskiez werden lassen. Wohnen und Dienstleistungsangebote für den täglichen Bedarf ergänzen das Nutzungsspektrum. Nachbarschaftsplätze und zentrale Quartiersplätze dienen als Kristallisationspunkte und werden mit Quartiershäusern als Anker mit gemischten Nutzungen wie Nahversorgung, Gemein-schafts- und Arbeitsräumen, Labs, Wohnungen für Studierende geplant. Die multicodierten Plätze schaffen eine differenzierte und breite Freiraumqualität und bieten dabei eine Abfolge öffentlicher Trittsteine an, die ein übergeordnetes Wegesystem und räumliches Gerüst für den neuen Stadtteil bieten. Im Zentrum entsteht eine öffentliche grüne Mitte, die das verbindende Element zwischen den Teilquartieren ist und sich gleichzeitig in das bestehende übergeordnete Wegesystem einbettet.

Städtebau und Programmierung
Der städtebauliche Entwurf entspringt einer einfachen Grundidee: Der bestehende und zentral gelegene, linear verlaufende Baumhain sowie die stadträumlich erforderliche Frischluftschneise werden als landschaftsarchitektonisches Element zu einem Park zusammengefasst. Alle benachbarten Stadtteile und angrenzenden Quartiere können so mit einem urbanen Landschaftspark miteinander verbunden werden. Von Osten kommend fließt der universitäre Wissensboulevard in das neue Quartier hinein und verknüpft alle angrenzenden Stadtteile sinnvoll miteinander. Nördlich und südlich des neuen Parks ist der neue Stadtteil über die grüne Mitte sowie beidseitig, zentral angeordnete Quartierplätze vernetzt. Das Raumbild der neuen Stadt orientiert sich an gut proportionierten, blockartigen und aufgelösten Blockstrukturen, regelmäßige Platzabfolgen und orthogonal verlaufende Straßenräume, die das innere Gerüst des neuen Stadtteils bilden.

Der Wissenskiez gliedert sich in drei Bereiche. Im Norden entsteht Raum für eine wissensintensive Wirtschaft vereint mit dem Appartementhaus der WWU. Er wird mit kompakten, geclusterten Baustrukturen den Anforderungen an produktive Räume für verschiedene Unternehmen, Firmen und auch Start-ups gerecht. Im Süden entsteht ein Wissenskiez mit einer Mischung aus familiengerechten Wohnnutzungen und hybriden Hochschulnutzungen. Insbesondere die Ankergebäude an dem urbanen Quartiersplatz zeichnen sich durch eine Stapelung von Nutzungen durch belebte Sockelzonen mit quartiersbezogener Versorgung, Gastronomie, Dienstleistung, Nachbarschaftsräumen sowie Gemeinschaftszonen der sozialen Infrastruktur aus. Neben den sehr durchmischten Gebäuden werden auch Wohnhöfe mit großzügigen Innenhöfen als Rückzugsmöglichkeit geboten. Vorgesehen sind Generationswohnen, Seniorenwohnen, Clusterwohnungen, Baugemeinschaften und kombinierte Wohn-Arbeitsbereiche. Ziel ist es, eine große soziale Mischung zu erzeugen und dabei die Vielfalt der Stadtgesellschaft insgesamt abzubilden. Der dritte, landschaftlich geprägte Raum begreift sich als gemeinsame grüne Mitte und bindet die beiden Teilquartiere zusammen. Nördlich angrenzend befindet sich die Erweiterung der Waldorfschule, die sich in die grüne Mitte sinnfällig einbettet und somit eine besondere Stellung im Städtebaulichen Konzept einnimmt.

Prozessdesign
Der Entstehung des Wissenskiez liegt die Idee zu Grunde, dass dieser Stadtteil sich prozesshaft und flexibel entwickelt. Hierfür wird ein robustes städtebauliches Grundgerüst angeboten, das sich in verschiedene Richtungen und mit zeitlich voneinander unabhängigen Entwicklungsabschnitten umsetzen lässt. Das städtebauliche Grundgerüst baut zunächst auf den übergeordneten Grünverbindungen auf. Die Entwicklung der Baufelder gründet auf einer Rasterstruktur mit überwiegend orthogonalen Geometrien, sodass Gebäude flexibel innerhalb des Grids platziert werden können. Das Grid berücksichtigt alle wichtigen Verbindungs- und Anknüpfungspunkte, um die Durchlässigkeit des Quartiers zu betonen. Wichtig für den Erfolg der städtebaulichen Entwicklung sind die zentralen hybriden Gebäude an den Quartiersplätzen, die als Impulsgeber für eine urbane Qualität sorgen.

Freiraum
Die Grundstruktur des Freiraumes baut auf den vorhandenen Grünraumqualitäten auf und entwickelt diese unter Berücksichtigung der klimatischen Anforderungen (Windrichtung, Kaltluftabfluss) weiter. Gerahmt von den beiden neuen Teilquartieren, entsteht so ein zentraler öffentlicher Grünraum, der sich in Nordwest-Südost-Richtung erstreckt und den Hochschulcampus und das Stadtteilzentrum von Gievenbeck verbindet. Die Landschaft fungiert als verbindende Struktur zwischen den Quartieren und stellt eine landschaftlich-städtebauliche Beziehung zwischen Umland und Innenstadt her. Die vorhandenen Heckenstrukturen, Wasserflächen und Bestandsbäume können so überwiegend erhalten bleiben bzw. werden in die Freiraumgestaltung integriert und renaturiert. Klimatisch gesehen fungiert der zentrale Grünraum als Klimaanlage für die benachbarten Quartiere. Es entsteht zusätzliche Kaltluft, die an heißen Sommertagen für Abkühlung sorgen wird und die Windströmung fördert. Entlang der urbanen Kante und der grünen Mitte entsteht eine repräsentative Promenade, die das Zentrum von Gievenbeck mit der Röntgenstraße verbindet. Die neue Promenade ist als Membran gestaltet, die den Übergang von Landschaft zur Stadt schafft. Ein vielseitiges und großzügiges Sportangebot gepaart mit einer vielseitigen urbanen Erdgeschosszone lassen einen besonderen Freiraum entstehen, indem Wissenschaft und Stadtgesellschaft zusammenkommen.

Wassersensible Stadt
Das Regenwasserkonzept nimmt die Idee der Schwammstadt auf. Es sieht vor sämtliche Neubauten mit Gründächern (extensive + intensive Dachbegrünung) zu versehen, um deren Regenwasserabfluss zu reduzieren bei gleichzeitiger Schaffung von Verdunstungsflächen zur Verbesserung des Mikroklimas. Das überschüssige Regenwasser der Straßen, Wegeflächen und Neubauten wird durch neu geschaffene Retentionsflächen im Quartier bzw. in den Wohnstraßen gepuffert und so der Infiltration/ Transpiration zugeführt. Für extreme Starkregenereignisse sind Überflutungsflächen in der zentral gelegenen grünen Mitte und im südwestlichen Bereich zwischen der Michaelschule und dem neuen Wissenskiez geplant. Für die normale Entwässerung soll innerhalb der zentralen Grünflächen ein Transportgraben erstellt werden. Dieser soll zwischen 3,0 m und 4,0 m breit sein. Die Querungen der Verkehrsflächen/Wege soll über Rechteckprofile erfolgen. Der Transportgraben liegt zentral in einem ausgemuldeten Bereich. Dieser Bereich stellt weiteres Volumen zur Verfügung und sichert ausreichend Rückhaltung für den Starkregenfall. Die höhenmäßige Gestaltung des Transportgrabens sieht ein leichtes Sägezahnprofil vor. Dies sichert, dass der Abfluss reguliert wird und das Rückhaltevolumen kontrolliert genutzt werden kann. Weiterhin ermöglicht dieses Profil einen gedrosselten Auslauf in das bestehende Fließgewässer. Die Zuleitung des Regenwassers zu den Gräben erfolgt oberflächlich. Die Teilgebiete 1 bis 3 werden an den Hauptgraben angeschlossen. Teilgebiet 4 liegt umschlossen von Transportgräben. Daher ist eine Entwässerung in jeden dieser Gräben möglich und nicht an eine Richtung gebunden. Auch die Mulden der Appelbreistiege können als Rückhalteflächen genutzt werden. Die Retentionsflächen in der grünen Mitte sind als Naherholungsgebiet gestaltet und werden als Teil der Freiraumgestaltung begriffen. Hier entsteht ein natürlicher Wasserspielplatz, der das Freizeitangebot ergänzt. Auch die Waldorfschule kann von einer aktiven Wasserbewirtschaftung profitieren und das Regenwasser zur Bewässerung der Gärten nutzen.

Verkehr
Der neue wissensintensive Forschungscampus im Norden wird vom Gievenbecker Weg und von der Busso-Peus-Straße im Osten erschlossen. An der nördlichen Quartierszufahrt befindet sich eine zentrale Quartiersgarage (Mobilitätspunkt), um den PKW-Verkehr frühestmöglich abzufangen und den internen Verkehr auf ein Minimum zu reduzieren. Der südliche Wissenskiez wird von der Busso-Peus-Straße erschlossen. Beide PKW-Erschließungssysteme sind bewusst getrennt voneinander geplant, um die zukünftig entstehenden Verkehre zielgerichtet leiten zu können. Einen Notüberlauf zwischen beiden Quartieren wird eingerichtet und soll nur für Rettungsdienste und Müllfahrzeuge oder als Baustellenzufahrt genutzt werden. So werden die andienungsintensiven Gewerbenutzungen wie zum Beispiel das außeruniversitäre Forschungsinstitut im Norden untergebracht, um die Anlieferverkehre zu bündeln. Somit kann das Verkehrsaufkommen im südlichen Wissenskiez auf ein Minimum reduziert werden, sodass die Freiraumqualitäten und die Fuß- und Radwegeverbindungen im Vordergrund stehen. Um den PKW-Stellplatzbedarf für das südliche Quartier zu decken wird eine zentrale Quartiersgarage geplant und durch Tiefgaragen ergänzt. Die Quartiersgaragen werden mit ergänzenden Nutzungen als Mobilitätshubs ausgebildet. Das gesamte Quartier ist von einem feinmaschigen Fuß- und Radwegenetz durchzogen, das nicht nur die wichtigen Verbindungen in die Nachbarschaften gestaltet, sondern der „sanften“ Mobilität Vorfahrt einräumt. Die Abstellplätze für Fahrräder sind im gesamten Quartier dezentral in den Erdgeschossen und im öffentlichen Raum für Besucher verteilt. Im Falle einer möglichen Busliniennetzverlegung wäre die Neuanlage von Halterstellen in unmittelbarer Nähe der neugeschaffenen Einmündungen möglich und somit auch eine optimale Anbindung an den ÖPNV gegeben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag „Wissenskiez“ schlägt einen Grünkorridor in Form eines landschaftlichen Bogens vor, der zwei dicht bebaute Quartiere mit homogenem Höhenabbild für das Nutzungsspektrum von Hochschule, Wohnen, Forschung und Wissenschaft rahmt. Der Bogen fungiert auch als Promenade entlang der beiden Quartiere. Innen zeigen sich gut ausformulierte Promenadenbegrenzungen, während äußere Ränder schwer lesbare Räume bilden. Die Überlagerung des Grünzugs entlang der Wallhecke mit der bogenförmigen Promenade wird kritisch gesehen, ebenso die Standorte der MobiHubs und die Barrierebildung durch Sportflächen entlang des Landschaftsbogens.

Die zentrale Lage der Fachhochschule wird positiv betrachtet, ebenso das zentrale Sportangebot. Die Planung eines großen Grünzugs bis zur Busso-Peus-Straße wird kritisiert, da die Trennung zu stark empfunden wird. Die innere Verbindungsachse zwischen den Teilquartieren wird generell gelobt, aber die Plätze liegen nicht entlang dieser Achse. Kontroverse Diskussionen gibt es zum wechselvoll gestalteten Umgang mit dem Stadtraum der Busso-Peus-Straße und den zahlreichen Anbindungen an die Busso-Peus-Straße und Öffnungen im nördlichen Teil des Quartiers.

Das Entwässerungskonzept muss weiter detailliert werden, insbesondere Fließwege und -verbindungen. Die Ableitung nach Süden ist topographisch zu überprüfen, und für Starkregenereignisse muss Gefährdungspotenzial in den Querachsen vermieden werden. In der Hauptachse ist Staunässe an Bäumen zu verhindern.

Das Gesamtkonzept wirkt recht formal, ist mit einer klassischen Blockrandbebauung sicherlich recht robust, jedoch haben die Quartiere und Randausbildungen im Gesamtkontext Schwächen. Die Freiräume trennen mehr als sie verbinden.
Lageplan M 1:1.000

Lageplan M 1:1.000

Promenade, Sportband und natur M 1:500

Promenade, Sportband und natur M 1:500

Schnitt M 1:500

Schnitt M 1:500