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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neue Dorfmitte Sevelen (CH)

Visualisierung

Visualisierung

5. Rang / 5. Preis

Preisgeld: 5.000 CHF

raumfindung architekten gmbh

Architektur

Zwischenraum – Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

PIRMIN JUNG

Tragwerksplanung

wlw Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

In einer umfassenden Analyse leitet das Verfasserteam die Lesung des Ortes als Dorfmitte nachvollziehbar her. Im Winkel der beiden mächtigen Baukörper entsteht mit gutem Bezug zur Histengass eine kleine, doch gut situierte Platzfigur. Die Treppenanlage zum Baggastiel fasst den Raum nach Osten offen und trennt klar zwischen Fahrbereich und Platz. Die Platzgestaltung allerdings wirkt eher fragmentierend: Drei grundsätzlich nachvollziehbare Nutzungsbereiche – der gepflästerte Dorfplatz, der chaussierte Biergarten und das ebenfalls chaussierte Musikfoyer – liegen im durchgehenden Hartbelag. So entsteht weniger der Eindruck eines zusammenhängenden Dorfplatzes, sondern eher das Bild dreier von Wegen durchschnittenen Platzintarsien. Wenige Bäume beschatten die Nutzungszonen rudimentär. Etwas zu abgekoppelt liegt die Baumintarsie hinter dem östlichen Baukörper. Hier wird viel Raum für eine kaum bespielbare Fläche verbraucht. Eine weitere nutzbare Freifläche wird mit dem «Burggarten» auf dem Zwischendach des Ost-Baus vorgeschlagen. Das ist denkbar.

Der Entwurf arbeitet mit drei Gebäuden die sich auf den Dorfplatz orientieren. Scheinbar. Denn die Setzung des Restaurants und des Geschäftshauses drängen den Gemeindesaal stark in den Hintergrund. Dieser wird dann auch nicht aus dem eigentlichen Dorfplatz erschlossen, sondern über eine kleine vorgelagerte Platznische. Aber auch diese Erschliessung ist nur scheinbar, den der Eingang befindet sich im niedrigen Zwischenbau neben dem Eingang zum Restaurant, bzw. dem Zugang zur Tiefgarage. Um diese schon schwierige Situation weiter zu verschärfen ist eine über beide Gebäude vorgelagerte Arkade vorgesehen. Hier stossen zu viele unterschiedliche Funktionen an einem Ort zusammen, die in betrieblicher Hinsicht zwar sinnvoll erscheinen, der ortsbaulichen Absicht jedoch nicht zuträglich sind. Es fehlt die Hierarchisierung der Gebäude. Insbesondere der Gemeindesaal, der zusammen mit dem neuen Platz die neue Dorfmitte schaffen soll, erscheint hinter allen funktionalen Bedingungen räumlich nur am Rande.

Begrüsst wird die Höhe des Gewerbebaus, der sich klar dem Rathaus unterordnet. Das führt dann jedoch zu einem sehr tiefen Baukörper, der in der Folge wesentlich zur Zurücksetzung des Saals beiträgt. Auch die breite Stirnfassade an der Histengass gegenüber dem Rathaus überzeugt nicht vollständig. Positiv gewertet wird die Durchlässigkeit zur nördlich gelegenen Nachbarschaft.

Die städtebaulichen Vorschläge für die Histengass sind interessant angedacht. Hier müsste der Strassenraum dominieren und entsprechend gefasst sein. Das Haus unmittelbar am Platz scheint etwas zu kurz für einen Platzabschluss, wobei auf den freien Ausblick Richtung Süden nicht verzichtet werden sollte. Diese Vorschläge unterstützen die gute Einfügung des Dorfplatzes in den Siedlungskörper unterhalb des Storchenbüel.

Die Gebäude besitzen eine gute innere Organisation. Interessant sind die möglichen Synergien zwischen Restaurant und Saal, wobei das Foyer etwas zu knapp bemessen scheint. Der rückwärtige Anlieferungshof mit der Tiefgaragenzufahrt und den Besucherparkplätzen ist an sich gut konzipiert. Schade ist nur, dass dieser Hof unmittelbar unterhalb des Foyers liegt und den Ausblick an diesem räumlich interessanten Ort etwas trübt.

Architektonisch sind die drei Bauten unterschiedlich umgesetzt. Dieser Ansatz verhindert eine inselhafte Überbauung. Das kann, gut umgesetzt, zu einer guten Integration in den Ort führen. Der Gemeindesaal erhält als einziges dieser neuen Gebäude eine farbliche Fassung. Es ist zu vermuten, dass er damit etwas aus seiner versteckten Randposition erlöst werden soll. Dieser Eindruck wird durch die analoge farbliche Fassung der vorgelagerten Arkade noch verstärkt und damit die ortsbauliche Problematik offensichtlich gemacht.

Der Entwurf überzeugt mit einfachen und angemessenen Tragwerklösungen bei den Wohn- und Gewerbebauten. Dort sind Tragwerk und Architektur gut abgestimmt. Das Tragwerk über dem Saaltrakt scheint jedoch aus gestalterischen Überlegungen gewählt. Die Rahmenecken und Verbindungen der diagonal verlaufenden Hauptträger sind konstruktiv nur aufwändig lösbar, während die gewählte Geometrie statisch kaum Vorteile bringt. Der Entwurf weist einen sehr kleinen Flächenbedarf mit entsprechend kleinem vergleichbaren Bauvolumen aus. Er ist sehr kompakt. Auch das unterirdische Volumen ist vergleichsweise gering. Der Flächenanteil ist etwas hoch, besitzt aber einen geringen Anteil an Verglasungen. Insgesamt verspricht das Konzept wirtschaftliche Erstellungs- und Betriebskosten.

Zusammenfassend besitzt der Entwurf ein gutes Mass in Bezug auf die gewählten Gebäudehöhen und Gebäudeproportionen, die Rücksicht auf die bestehenden Strukturen nehmen. Der etwas knapp bemessene Dorfplatz kann durch die vorgeschlagene Gestaltung der Idee einer «Dorfmitte» nur bedingt nachkommen. Es bleibt die städtebauliche Problematik des abseitig gelegenen Gemeindesaals, die bei allen positiven Aspekten die der Entwurf besitzt, nicht bewältigt werden kann.