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5. Rang 6 / 6

Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neue Dorfmitte Sevelen (CH)

6. Rang / Ankauf

Preisgeld: 5.000 CHF

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

Gauer Architektur GmbH

Architektur

BISCHOFF Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Setzung der beiden, plastisch gut durchgearbeiteten Baukörper schafft aus Sicht des Freiraums eine ruhige, stimmige Gesamtsituation. Der Gemeindesaal steht richtigerweise auf dem Platz, das Wohn- und Geschäftshaus bildet vor dem Storchenbüel sein Rückgrat und seinen Abschluss. Auch die Führung der Zufahrt zur Tiefgarage und ihre geschickte Kombination mit der Zufahrt zu den Parzellen 215/219 entlang des Platzrandes ist raumsparend gelöst, wenn auch die Parkierung die südliche Vorzone des Gemeindehauses etwas beengt. So entsteht ein zusammenhängender Platz mit drei differenzierten Zonen: dem schmalen Vorplatz an der Histengass mit einem Schattenbaum, dem ausgeweiteten Baggastiel und dem eigentlichen Hauptplatz zwischen den beiden Neubauten. Dieser Hauptplatz liegt angesichts der Aufgabe, der Zentrumsbildung, etwas unglücklich abseits des belebenden Strassenraums, bietet dafür aber einen gut gefassten Raum für die gewünschten Nutzungen. Die Freiraumgestaltung stärkt die Qualität der Situation mit einem durchgängigen Bodenbelag: einer dem historischen Kontext angemessenen Pflästerung. Darin liegt eine kraftvolle Baumintarsie im nicht unterbauten Grund, die als gliederndes, räumliches Element, Aufenthaltsort im Schatten und Klima-Element zu loben ist.

Ob diese städtebauliche Idee einer «Dorfmitte» mit einem Markplatz auf der Rückseite des Gemeindesaales realisiert werden kann ist jedoch fraglich. Sowohl Restaurant wie mögliche Drittnutzende werden kaum wahrgenommen. Die angestrebte «Dorfmitte» wird eigentlich ein rückwärtiger Hof, jedoch kaum ein belebter Platz der von der viel befahrenen Strasse profitieren kann. So führt der verbreiterte Baggastiel letztlich an Nebenräumen vorbei zum tiefergelegenen Marktplatz. Zu Bedenken ist auch, dass der Saal primär am Wochenende und an den Abenden genutzt wird, tagsüber jedoch mehrheitlich leer sein dürfte. Die ortsbauliche Idee, die mit einer starken Geste die zukünftige räumliche Entwicklung offenlässt, kann gut nachvollzogen werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die grosse Geste letztlich Solitär bleibt. Bei vergleichbaren räumlichen Situationen, beispielsweise in französischen Kleinstädten, sind solche Hallen im Sinne eines überdeckten Platzes in der Regel von starken baulichen Gevierten gefasst. Hier fehlen die Aussagen in den beiden Perimetern, bzw. sie sind ausgesprochen rudimentär und in Bezug auf die Fassung der «Markthalle» zu wenig präzis.

Neben dem bereits erwähnten knapp bemessenen Vorplatz an der Histengass ist auch das Foyer sehr schmal bemessen. Durch die erhöhte Lage des Saals besteht auch keine Durchgängigkeit in die Tiefe. Die Erschliessung erfolgt dann über ein höher gelegtes Foyer entlang der Südfassade. Da Küche und Anlieferung im Norden liegen, ist der langgestreckte Foyerbetrieb insgesamt anspruchsvoll zu nutzen. Für die Küche, bzw. die Anlieferung fehlt ausserdem ein angemessener, betrieblich notwendiger Vorbereich für die Ver- und Entsorgung des Saals.

Das langgestreckte Gebäude ist einfach strukturiert. Auf Grund der schlanken Gebäudeform erfolgt die Erschliessung über einen Kern und Laubengänge, was die Flexibilität der Nutzungen etwas einschränkt. Architektonisch ist das Haus gut umgesetzt. Aus dem ortsbaulichen Konzept heraus entwickelt, kann sowohl die Form wie die Setzung nachvollzogen werden. Was bleibt ist die daraus resultierende Abschottung des attraktiven, für den Ort wichtigen Storchenbüel und die Burgruine. Nicht gelöst ist die rückwärtige Rampe der Tiefgarage. Die marginale Verletzung des Waldabstandes durch die Erschliessung des Nachbargrundstückes scheint lösbar zu sein. Die Lage und Form der Tiefgaragenerschliessung können jedoch unabhängig davon nicht überzeugen.

Die Tragwerkslösung des Saalgebäudes ist gut durchdacht. Die Dachflächen sind als Scheiben ausgebildet und werden auf den aussenliegenden, mächtigen Eichensäulen abgelagert. Die verfügbaren Betonkerne werden statisch für die Aussteifung des Baukörpers genutzt. Insgesamt eine an sich innovative, jedoch etwas unwirtschaftliche Lösung. Hingegen ist das Wohn-/Gewerbehaus mit der einfachen Geometrie und wirtschaftlichen Spannweiten ressourcenschonend konstruiert. Der vorliegende Entwurf weist eine vergleichsweise grosse Fläche und ein grosses Bauvolumen aus. Der Eingriff in den Baugrund mit grossen unterirdischen Volumen wirkt sich negativ auf die Erstellungskosten aus. Insgesamt liegt der Entwurf im Vergleich der Erstellungs- und Unterhaltskosten markant über dem Durchschnitt.

Zusammenfassend überrascht die ortsbauliche Konzeption positiv, ebenso wie die stringente und logische räumliche Umsetzung. Jedoch kann mit dem Vorschlag die angestrebte «Dorfmitte» kaum erreicht werden, weil die wesentlichen alltäglichen Nutzungen zu abgelegen im Rücken des Dorfsaals liegen. Abgesehen von der grundsätzlichen konzeptionellen Problematik, ist das Projekt in allen Teilen gut durchdacht und durchgearbeitet. Der Vortrag ist in sich schlüssig.
5. Rang 6 / 6