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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Erneuerung Sägmühlsteg in Ebermannstadt

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Büro für Strukturmechanik GmbH

Tragwerksplanung

JOMA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

umarchitekt

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Konzept Realisierungsteil Sägmühlsteg

Naturraum und Leitgedanke
Die Idee zur Kontur des neuen Sägmühlsteges ergibt sich aus der funktionalen Neuausrichtung der Wegeführung an der Wiesent. Mit einfacher Geste winkelt in Brückenmitte der neue Fuß- und Radweg-Steg am Gegenufer zum Scheunenviertel nach Süden ab und rückt näher an das Stadtzentrum heran. Die versteckte Lage hinter dem Lebensmittelmarkt wird entschärft und verbessert die Orientierung am Stadtausgang auf dem Weg zum Scheunenviertel. Stadtseitig ist der neue Sägmühlsteg nun leicht auffindbar und fügt sich mit Form und Lage sowohl in die Stadtlandschaft als auch in den Naturraum an der Wiesent harmonisch ein.

Architektur und Wahrnehmung
Der neue Sägmühlsteg liegt wie ein gestürzter Holzstamm in der Flussaue und erinnert an die Ursprünge des Brückenschlagens. Wie ein gefallener „Baumriese“ schmiegt er sich in die Flussaue und prägt den Naturraum an der Wiesent zum Scheunenviertel. Von beiden Seiten weitet sich der Steg barrierefrei zur höhergelegenen Brückenmitte und ermöglicht eine freie Sicht nach Streitberg ins obere Wiesenttal bzw. flussabwärts zur Altstadt mit Pfarrkirche.
Der massive Mindestquerschnitt des Blockträgerprofils wird an den Rändern und an der Unterseite konkav gevoutet und erzeugt so einen weichen Übergang zu den schräg zur Konstruktionsachse gestellten neuen Auflagern auf den Bestandsfundamenten. Dadurch überbrückt der Sägmühlsteg die Wiesent mit konstruktiver Leichtigkeit und schwebt über dem Gelände am Westufer und ermöglicht die gewünschte Unterquerung am Westufer. Mit den abgewinkelten Holz-Holmen des Geländers wird diese Wahrnehmung auch noch verstärkt und assoziiert einen Heuwagen. Als Besonderheit zeigt der Steg mittig ein verdichtetes Weidengeflecht, welches „treibgutartig“ ungerichtet geflochten erscheint.
Wie eine „Mistelzweig“ markiert das Geflecht die Mitte des Steges und verliert sich zu den Auflagern, so dass dort die Konstruktion der Holzholme wieder sichtbarer werden. Durch dieses Wechselspiel werden je nach jahreszeitlicher Wetterlage im Nebeldunst die Weidenruten mit Raureif bzw. winterlichen Eiskristallen überzogen und tauschen die Aue mit den Spiegelungen und Reflexionen im Fluss in eine anmutende Stimmung. Diese Besonderheit lädt zum Innehalten und Verweilen ein und bietet auch wünschenswerte Diversität für Singvögel. Die Neuordnung des Brückenschlags und die Umgestaltung des angrenzenden Westufer erzeugt ein sinnstiftendes Naturschauspiel, welches als Attraktion mit Alleinstellungsmerkmal von überregionaler Bedeutung sein wird.
Freianlagen
Der neue Sägmühlsteg gibt den Rhythmus für die Gestaltung der Freianlagen vor. Die Freiflächen an den beiden Brückenzugängen werden mit wenigen einfachen Mitteln gestaltet. Am Westufer entsteht eine Uferwiese in nur leicht angepasster Topografie. Ein großzügiger Kiesstrand mit Findlingen lädt zum Spielen ein und wird als zusätzliche Bootsanlegestelle genutzt. In der artenreichen Uferwiese bieten Hangsofas und Holzdecks Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten im Grünen an. Der Deich zur westlichen Bebauung hin bleibt unverändert. Eine Attraktion ist die nahegelegene Abenteuerinsel mit üppiger Ufervegetation und Stein- und Kiesflächen.
Östlich schließt der Sägmühlsteg am Mühlenplatz an, der an zentraler Stelle mit Sitzbänken und Holzbrunnen eine neue Aufenthaltsqualität schafft. Der Platz dient als Bindeglied zum Oberen Scheunenviertel und ist Auftakt zum neuen Holzsteg und oberes Wiesenttal. Der Flussübergang wird dadurch deutlich markiert und das Scheunenviertel stärker in das Ortsgefüge integriert.

Konzept Ideenteil Scheunenviertel

Stadträumlicher Leitgedanke Scheunenviertel
Die Idee zur städtebaulichen Neuausrichtung und Belebung des Scheunenviertels ergibt sich aus dem Ensemble der denkmalgeschützten Scheunen-Typologie selbst, die durch drei räumlich ablesbare Scheunengruppen mit unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten aufgewertet wird. Als Initialmaßnahme werden der Mühlplatz und die Binnenwege mit einfachster Oberflächengestaltung erneuert, um nicht zuletzt die charakteristische Gassenathmosphäre erlebbar zu machen. Wenige Umbauten einzelner Scheunen dienen dabei als „Anker“ für den saisonalen Betrieb bzw. auch als ganzjähriges Angebot. Ohne weitere Großeingriffe bietet die „Außenstelle Scheunenviertel“ am Tag des „Offenen Tores“ Raum und Räumlichkeiten zur Angebotserweiterung bestehender oder zusätzlicher Festveranstaltungen von Ebermannstadt, wie z. Bsp.

Scheunengruppe GENUSS + KULINAR
Das nördliche Scheunenfeld wird als „kulinarischer“ Schwerpunkt mit Genussangeboten identifiziert und könnte neben dem vorhandenen Schwanenbräu-Keller weitere Scheunen für Schau -und Kommunbräu, Fischräucherei und Obstpresse bzw. -brennerei temporär und saisonal genutzt werden. Die Verlegung des Biergartens auf die Südseite verbessert mit der umgebauten Ausschankscheune die zentrale Binnenlage im Scheunenviertel und ermöglicht eine störungsfreie Brauereianlieferung auf der Nordseite. Ein zusätzlicher Zughalt ermöglicht wegen der Höhengleichheit zum Gleiskörper hier einen sicheren Ausstieg und erhöht die Besucherfrequenz im Scheunenviertel.

Scheunengruppe HEIMAT + FREIZEIT
Im mittleren Scheunenfeld wird ein Angebot für Aktivitäten rund um das Thema „Heimat und Freizeit“ geschaffen. Wenige Eingriffe in die Bausubstanz sollen die Attraktivität an der Mühlenstraße mit Fahrrad- und Bootsverleihgarage sowie Kanu-Point mit Anglerbedarf steigern. Am Mühlplatz mit Holzbrunnen, der Wanderer-Info-Scheune inkl. „IndoorBoulder for Kids“ und Backofenhaus als saisonale Ankereinrichtung belebt die Aufenthaltsqualität im Quartier. Die Scheunen im Rückraum dienen weiterhin für Vereine, Feuerwehr und Firmenlager. Im Leerstand wären einfache Ausstellungen vorstellbar, wie z. Bsp. „Haus des Handwerks“ mit Lehrlings-, Gesellen- und Meisterstücken, so wie für Oldtimer, Traktoren, Dampfloks und anderer Technische Geräte denkbar, bis hin zum Angebot eines „Männerschuppen“ bzw. „Frauenzimmer“ für RentnerInnen zum Reparieren und Basteln. Scheunengruppe GASTRO + KULTUR Die Umnutzung der eheml. Sägmühle als Bed-and Bike-Hostel mit kleinem Cafe/Gasthof und Freiterrasse über dem Mühlbach bildet hier den stadträumlichen Schwerpunkt im gesamten Scheunenviertel und stellt ein Übernachtungangebot für Besucher bzw. Aktivsportler der Fränkischen Schweiz bereit. Darüber hinaus entstehen Räume für Hochzeits- und Geburtstagsfeiern, Bürgerstube und Vereine, so wie VHS-Kurse und kleinere Seminare. Dabei werden baufällige Nebengebäude abgebrochen und der vorhandene Mühlbach zur Energieversorgung im Viertel durch Wasserkraft genutzt. Der Blick in die „Sägmühlaue“ wird nun frei und läd zum Flanieren unter Bäumen auf der Blühwiese mit Kräutergarten ein. Die östlich angliedernde Scheunengruppe bietet Raum für ein einfaches „Heuhotel“ als Schober für Matratzenlager auf Strohballen zum Ausruhen bzw. Übernachten für WallfahrerInnen, Freeclimber, RadfahrerInnen, WanderInnen, KanufahrerInnen, „Auf der Walz“, u.a.m. In der Einzeldenkmal-Scheune könnten Sommerkino und Musikveranstaltungen stattfinden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Mittelpunkt des städtebaulichen Teils der Arbeit steht die touristische Entwicklung des Scheunenviertels mit den drei Schwerpunkten Genuss und Kulinarik, Heimat und Freizeit, Gastronomie und Kultur. Die genannten Nutzungsideen zusammen mit neuem Zughalt und Vorschlägen zur Energieversorgung lassen eine vielfältige, lokal verankerte Funktionsmischung aus kleinteiligem Gewerbe und Dienstleistungen erkennen, die vielversprechend erscheint, deren Realisierbarkeit aber von der Jury kritisch diskutiert wird.

Eine Abfolge von Gassen und Plätzen durchzieht das dichte Quartier und mündet am östlichen Brückenkopf in den mit einem Brunnen ausgestatteten Mühlenplatz. Die Gestaltung dieser Räume erzeugt Bilder, die für die kleinstädtisch- landschaftlichen Örtlichkeit als zu urban bewertet werden.

Die Freianlagen am Westufer der Wiesent, bestehend aus einem Kiesstrand mit Bootsanleger und vorgelagerter Abenteuerinsel, lassen eine landschaftliche Herangehensweise erkennen, die im Ansatz angemessen erscheint.

Die Wegeführung der Querung über die Wiesent wird durch einen bewusst gesetzten Knick am westlichen Sägmühlufer akzentuiert. So wird die Ost-West-Passage auf den weiterführenden Uferweg ausgerichtet und auch aus der Gegenrichtung eine natürliche Bewegung hin zur Brücke ermöglicht.

Der als blockverleimtes Brettschichtholz ausgeführter Überbau wird mit einem direkt aufgesetzten Gehbelag aus Gussasphalt ausgeführt. An beiden Flanken des BSH-Trägers werden ‚Opferlamellen‘ in Form von angeschraubten Brettschichtholzlagen als konstruktiver Holzschutz vorgesehen, auf die das Geländer aufgesetzt ist.

Die aus der gewählten Konstruktion resultierenden Beanspruchungen der bestehenden Mittel-Widerlager sind in der Größenordnung der vorab bestehenden Brücke. Somit kann von einem Weiternutzen der Widerlager ausgegangen werden.

Die Dauerhaftigkeit der Holzkonstruktion wird kritisch gesehen: die als wesentliches Brückenelement (Halterung Handlauf, Ergänzung Brückenquerschnitt) notwendige ‚Opferlamelle‘ ist nur mit großem Aufwand auswechselbar. Das Preisgericht würdigt den Ansatz einer bewussten Lenkung der die Brücke Passierenden. Der durch den Knick geschaffene Ort auf der Brücke weist nach Ansicht des Preisgerichts jedoch keine Aufenthaltsqualität auf, die dem Herstellungsaufwand adäquat wäre.
Sägmühlsteg

Sägmühlsteg

Schnitt, Schnittansicht

Schnitt, Schnittansicht

Querschnitt

Querschnitt