modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Studienauftrag | 06/2023

Überbauung Espen in der Bruggwaldstrasse in St. Gallen (CH)

Teilnahme

Baumschlager Hutter Partners

Architektur

rajek barosch landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Zukunft des Areals zwischen Bruggwaldstrasse und Langgasse wird mutig und architektonisch kraftvoll als neuer “Stadtbaustein“ verstanden und konzipiert. An der Bruggwaldstrasse entsteht als Auftakt und Adressierung ein Punktwohnhaus, das Bezug zur Villentypologie des westlich gelegenen Quartiers nimmt. Die Zufahrt zur allgemeinen Tiefgarage wird darin elegant integriert. Das historische Gebäude wird aufgewertet und von dem nördlich angebauten Haus Nr.22 befreit; an dessen Stelle entsteht ein räumlich selbstverständlich wirkender Ort, ein Platz für Warenumschlag und für Verkehrsmittel von Bewohnern wie Besuchern.

Gegen das Arealinnere bilden zwei L-förmige Baukörper zusammen mit dem Bestandsbau, dem neuen Punkt- und dem südlichen Nachbarhaus je einen Hof. Zur Langgasse hin fassen sie die markante Hangkante aber auf unterschiedliche Weise: der nördliche Neubau liegt hoch und zurückgesetzt auf der Geländeterrasse und setzt die nördlich gelegene Bauzeile fort. Der südliche Neubau wird hingegen näher, auf die Baulinie an die Langgasse gesetzt, sodass durch den stark und schräg abfallenden Hang ein zusätzliches Untergeschoss entsteht. Gleichzeitig entsteht ein direkter Bezug zur Bauzeile auf Strassenniveau, die an diesem Punkt beginnt. Diese unterschiedliche Verknüpfung der Neubauten im Kontext markiert die besonderen Eigenschaften des Orts und schafft städtebauliche Identität. Der Bezug zur weiten Landschaft im Osten entsteht in der Arealmitte zwischen den zwei Neubauten, wo er aber für die Siedlung als Ganzes keine zentrale Rolle spielt.

Zwei Höfe und das Ausloten des ganzen Grundstückes, inklusive des Hanges an der Langgasse, prägen den Freiraum. Es entsteht keine gemeinsame Mitte für alle vier Baukörper, sondern die beiden Höfe sind eindeutig dem jeweiligen Winkelgebäude zugeordnet. Die beiden Neubauten an Bruggwaldstrasse erhalten schmale Vorgärten und ähnlich schmale Gärten zu den Höfen. Der öffentliche Weg wird entlang der südlichen Grenze geführt. Durch die Form und Setzung der vier Baukörper, sowie der Wegführung und Vegetationsanordnung, wirkt der Freiraum nicht als eine Anlage, sondern als wären es vier unterschiedliche Parzellen. Der hohe Grünanteil wird geschmälert durch viele Wege und der wenig attraktiven Stellplatzfläche im Nordwesten.

Die L-Bauten mit drei Voll- und einem Attikageschoss sind im Regelgrundriss identisch, sie sind kompakt, klar strukturiert und erzeugen eine grosse Nutzfläche und eine hohe Anzahl von Wohnungen. Der gewünschte Wohnungsmix wird bei den kleineren Wohnungen nicht erzielt. Rund Zweidrittel der Neubauwohnungen sind gegen Osten auf die attraktive Hügellandschaft ausgerichtet. Gleichzeitig sind sie aber dem Strassenlärm der Langgasse ausgesetzt, wobei dieser Nachteil sich beim südlichen Neubau infolge der grösseren Nähe zur Strasse und des zusätzlichen Untergeschosses verschärft.

Die Haupteingänge liegen unverwechselbar und mit prägnantem Bezug zum jeweiligen Hof in der Gebäudeecke, von wo im Innern natürlich belichtete Wege zu zwei Treppenhäusern einem Zwei- und einem Vierspänner - führen. Die Aussenräume der Wohnungen sind grosszügige, teilweise ins Volumen eingezogene Balkone. Für die dazwischen liegenden Wohneinheiten – welche fast die Hälfte der neuen Wohnungen ausmachen – erzeugen die grossen und tiefen Balkone eine ungenügende Belichtung der inneren Ess- und Küchenbereiche. Das Punkthaus weist villenähnlich pro Geschoss je eine grosszügige, attraktive Wohnung auf. Die Tiefgarage ist für die Wohnungen gut erreichbar, die Platzanzahl ist aber ungenügend.

Die Fassadengestaltung ist für die Identität des «Stadtbausteins» von zentraler Bedeutung. Vorgeschlagen wird ein radikaler Formenkanon von wenigen Elementen wie dem Fenster, dem Balkon und von Wandscheiben, welcher die Baukörper fasst und eine grafisch abstrakte wie auch plastische Sprache entfaltet. Das traditionelle, nachhaltige und beliebte Material des Backsteins, mit welchem die Elemente vorfabriziert sind, wirkt der eher harten wie schematischen Architektursprache zwar entgegen, trotzdem bleibt sie im Programmatischen verhaftet.

Das Projekt mit den meisten Neubauwohnungen (52 Stück) weist trotz Rückbau Haus 22 eine sehr hohe Ausnutzung auf. Die sehr hochwertige Materialisierung der Fassade und die teilweise exponiert gelegenen Wohnungen wirken sich aber nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes aus.

ZWEI HÖFE ist ein wertvoller Beitrag, der die städtebaulichen Bedingungen präzise auslotet und eine anspruchsvolle, gestalterische wie auch ökonomische Messlatte aufzeigt. Trotz dem Vorteil der hohen Dichte überwiegt in der Gesamtbeurteilung der Nachteil der hohen Anzahl lärmbelasteter Wohnungen im südlichen Neubau.