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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Umgestaltung Herne-Bay-Platz und Platz von Gardelegen in Waltrop

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Hintergrund
Der in die Jahre gekommene Innenstadtbereich Waltrops bedarf eines positiven Entwicklungsimpulses zur Stärkung der Stadt als regionalem Zentrum. Dabei ist es das erklärte Ziel mit begrenzten finanziellen Mitteln möglichst viel in Bewegung zu setzten. Der Freiraumbestand des Stadtkerns mit Dortmunder Straße, Isbruchstraße, Hagelstraße, Rösterstraße und Kirchplatz soll daher im Bestand erhalten und mit einer Neugestaltung besonderer Orte zukunftsfähig werden. Entsprechend ist eine intuitive Einbindung der neuen Gestaltung in den Bestand von größter Bedeutung. Auch eine darüber hinausgehende Stichpunktartige Umgestaltung, mit der vor allem die Aufenthaltsqualität sowie die Klima- und Starkregenanpassung verbessert werden soll ohne mit großen Maßnahmen in die Fläche einzugreifen, ist Teil des Konzeptes.
Die Beiden Platzsituationen des Herne-Bay-Platzes sowie des Platzes von Gardelegen bilden zusammen mit dem Kirchplatz die wichtigsten Freiräume der Innenstadt. Während der Herne-Bay-Platz als Verlängerung des Marktplatzes und Eingangstor zur Innenstadt Heute kaum Aufenthaltsqualität aufweist und einen zur Umgebung ehr undifferenzierten Raum bildet, präsentiert sich der Platz von Gardelegen mit seiner attraktiven städtebaulichen Rahmung als kompakter, urbaner Aufenthaltsplatz.

Übergeordnetes Gestaltungskonzept
Die Beiden neu zu gestaltenden Plätze werden als „Inkubatoren“ für die zukünftige Entwicklung gesehen. Dennoch soll die Neugestaltung auch funktionieren, wenn die angrenzenden Freibereiche möglicherweise für viele Jahre ihre derzeitige Gestaltung beibehalten. Entsprechend bezieht das Konzept die vorherrschenden roten Klinkerbeläge mit ein und ordnet die neuen Platzsituationen als helle Intarsien bzw. „Inseln“ im Klinkerbelag an. Der Klinkerbelag visualisiert zukünftig klar die Bewegungsbereiche der Straße sowie der Platzsituationen. So entsteht für die gesamte Innenstadt ein – unabhängig von zukünftigen Entwicklungsschritten – einheitliches Gesamtbild. In einer möglichen zweiten Phase wäre eine kostengünstige Low-Impact-Umgestaltung der innerstädtischen Fußgängerbereiche wünschenswert. Bei dieser würden die Bestandsbeläge in der Fläche bestehen bleiben, jedoch von grünen Aufenthaltsbändern durchdrungen. Diese würden sowohl für eine moderne Zonierung mit neuen Angeboten für Sitzbereiche, Spiel- und Gastronomie sorgen, als auch für eine klimagerechte partielle Begrünung mit Sickerbeeten, Schattenbäumen mit Baumrigolen und wasserdurchlässigen Bereichen. Dieses Grüne Band verbindet in Zusammenspiel mit den Beiden Plätzen Moselbachpark und Stutenbachpark.

Platz von Gardelegen
Der im Zentrum der Innenstadt gelegene Verteilerplatz ist der wichtigste fußläufige Knotenpunkt Waltrops. Mit den fünf sternförmig von ihm abgehenden Straßen entsteht ein reger Betrieb mit Verbindungen in alle Richtungen – eine offene Gestaltung ist daher Grundvoraussetzung. Zentrale Idee ist die Ausbildung einer geschichteten Platzintarsie – umspült vom traditionellen roten Klinkerbelag entsteht eine besondere, hochwertige Platzsituation die auf engstem Raum zahlreiche Funktionen kombiniert. Ein Aufenthaltsrahmen aus großformatigen Recyclingbetonplatten, durchbrochen von grünen Baumscheiben und zweiseitigen Bankelementen bildet die äußere Zone der Intarsie. Die begrünten Baumscheiben werden als Sicker- und Verdunstungsbeete mit biodiversem Staudenbewuchs bepflanzt. Verschiedene Klimabäume werden, mit Baumrigolen ausgestattet, noch zusätzlich für die Extreme des Klimawandels vorbereitet. Zusätzlich sorgen die Rigolensysteme für eine deutliche Minderung der negativen Folgen von Starkregenereignissen. Aufenthaltsbereiche sind jeweils an den Gebäudeseiten des Platzes angeordnet, wohingegen die Rahmung an den Übergängen zu den Straßenbereichen eine einladende offene „Türschwelle“ ausbildet. Das Innere der Platzintarsie wird von einer weiten offenen Fläche aus hellen Natursteinplatten charakterisiert und bietet als multikodierte Fläche Platz den täglichen Austausch, diverse Veranstaltungen und als Bewegungsraum. Die historische Kiepenkerlskulptur als identitätsstiftendes Element wird im Schnittpunkt der Sichtachsen angeordnet. Ein ebenerdiges Fontänenfeld inszeniert die Skulptur und lädt an heißen Sommertagen zum kühlenden Spiel ein. Das Mahnmal „Steine gegen das Vergessen“ werden im nördlichen Zugangsbereich des Platzes gut sichtbar angeordnet. Außengastronomie (sowie Fahrradstellplätze) finden ebenso in den Außenbereichen des Platzes mit Blick auf die zentrale Bühne Platz.

Herne-Bay-Platz
Der heute weitgehend ungerahmte Platz, der sich als Fortsetzung des Marktplatzes darstellt soll mit der Umgestaltung einen eigenen Charakter mit ausgeprägter Aufenthaltsqualität erhalten. Zunächst wird dazu eine Platzintarsie aus einer Betonplattenrahmung und einem Natursteinpflasterinlay gebildet, die den Platz vom umfließenden roten Klinker abhebt. Ein in den Rahmen eingelassenes System Grüner Schollen bildet eine transparente Raumkante zur Umgebung und grenzt den Platz zu den angrenzenden Verkehrsräumen ab. Die Durchlässe zwischen den Schollen sind an den Hauptzugängen zum Platz zum Marktplatz bzw. der Isbruchstraße, zum Busbahnhof und Mobilitätsstation im Osten sowie zur Verbindungsgasse Richtung Dortmunder Straße im Süden angeordnet und leiten intuitiv in diese Richtungen. Untergeordnete Verbindungen bieten eine ausreichende Durchlässigkeit zu den Erdgeschosszonen der angrenzenden Gebäude. Zu Platzmitte sind die Grünen Schollen mit Sitzelementen ausgestattet, die auf die offene, multifunktionale „Bühne“ ausgerichtet sind. Die Schollen selber sind tiefgelegte Beete mit biodiverser, insektenfreundlicher Staudenbepflanzung. Eine geschützt gelegene Scholle im Südwesten bietet hingegen als Kinderspielplatz eine Sonderfunktion. Teilbereiche der Schollen können ebenso als Flächen für die Außengastronomie und für Fahrradabstellplätze genutzt werden. Zahlreiche Neupflanzungen von Klimabäumen beschatten die Aufenthaltsbereiche der Grünen Schollen. Anfallendes Regenwasser fließt über die Sickerbeete in tieferliegende Baumrigolen und stärkt die Bäume so auch in Dürreperioden. Die Einfahrt zur Privaten Tiefgarage wird in einer Grünen Scholle gefasst, die Zufahrt geht als Shared space über die Platzmitte zur Isbruchstraße. Eine Umnutzung des südlich angrenzenden Gebäudes in Form z.B. einer Gastronomie mit Außenbestuhlung wäre als Folge des Impulses durch die Umgestaltung und weitere Aktivierung des Platzes wünschenswert.

Beurteilung durch das Preisgericht


Die Verfassenden schlagen für die beiden Plätze das Konzept von im Material abgesetzten Intarsien vor, die jeweils eine freigehaltene Platzmitte rahmen.

Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass das bestehende Klinkerpflaster bis um die Intarsienrahmen heran bestehen bleibt und so unabhängig von einer späteren Umgestaltung der übrigen Fußgängerzone schon jetzt ein stimmiges Gesamtbild entstehen kann.

Dabei steht der Klinkerbelag für die Bewegungsbereiche und die Intarsien aus Natursteinpflaster für die Platzflächen. Durch die Konzentration von Möblierung und Bepflanzung an den Rändern entstehen auf beiden Plätzen gut proportionierte und funktional nutzbare Flächen sowohl für den Alltag, als auch für Veranstaltungen.

Die ähnliche Ausgestaltung dieses räumlichen Prinzips auf den beiden städtebaulich sehr unterschiedlichen Plätzen wird jedoch kontrovers diskutiert.

Auf dem Herne-Bay-Platz überzeugt der Ansatz durch die grünen, baumüberstandenen Inseln eine räumliche Fassung des nach zwei Seiten offenen Platzes zu schaffen und einen deutlich grüneren Akzent im Stadtgefüge zu setzen.

Zusätzliche Nutzungen wie ein Kinderspielplatz und eine Mobilstation sind gut platziert und auch der Zugang zur Verbindungsgasse auf selbstverständliche Weise integriert. Auch die funktionalen Bezüge und Anfahrbarkeiten sind bis auf die nördliche Zufahrt zur Kornbrennerei gelöst.

m Kiepenkerlplatz kann das räumliche Prinzip weniger überzeugen. Der neue Belag und damit auch die Baumpflanzungen werden sehr nah an die Fassaden geführt, sodass vor den Gebäuden unnötig beengte Situationen entstehen. Geh- und Fahrbeziehungen verlaufen weiterhin ohne einschränkende Elemente über die Platzfläche.

Auch wenn dieser Platz einen urbaneren Charakter hat, wäre eine etwas grünere Ausgestaltung wünschenswert gewesen. Unklar ist, wie die erhöhten Baumbeete im Süden in die Intarsie integriert werden.

Der hohe Anteil an Natursteinpflaster und -platten sowie der im Vergleich eher geringe Anteil unversiegelter bzw. begrünter Flächen ist hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit kritisch zu bewerten, aber auch im Hinblick auf einen klimagerechten Stadtumbau wird das Potenzial der Plätze nicht ausgeschöpf