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Mehrfachbeauftragung | 01/2024

Neubau Schulcampus Schnelsen in Hamburg

Blick von der Hofseite

Blick von der Hofseite

Teilnahme

tun-architektur Tommy Müller / Nathalie Dudda PartGmbB

Stadtplanung / Städtebau

Landschaftsarchitektur+ Holzapfel-Herziger & Benesch PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Gesamtidee

Klare Gebäudekonturen an den Außenkanten, offenes Platzgefüge im Inneren: Während sich der Schulcampus - insbesondere zur Holsteiner Chaussee - prominent über die Architektur präsentiert, bestimmen lebendige, vielseitige Freiräume den Innenbereich.

Stadträumliche Integration des Umfelds

Der zukünftige Schulstandort bewegt sich im städtebaulichen Spannungsfeld zwischen kleinmaßstäblichen Strukturen im Nordosten, industriellen Großformen im Südwesten und der weiten Landschaft im Westen des Grundstücks. Der Footprint orientiert sich dabei an den industriellen Großformen und fügt sich im Schwarplan entsrpechend ein. Das Bauvolumen ist in den oberen Geschossen in kleinteilige Baukörper unterteilt, deren Kubaturen angemessen auf das städtebauliche Umfeld reagieren.

Adressbildung

Der Schulcampus Schnelsen wird in Zukunft aus 2 Gebäudekörpern (Schulgebäude und Sportgebäude) bestehen, wobei das Schulgebäude im Erdgeschoss als "Tisch" für die darüber befindlichen Cluster ausgebildet wird und dem Campus eine prägnante Identität gibt. Der Baustein "Stadtteilcafé" an der Holsteiner Chaussee wird über den östlichen Laubengang adressbildend angeschlossen. Das Sportgebäude schafft zusammen mit den angrenzenden Sportflächen einen Abschluss des Grundstücks zur angrenzenden Landschaft und schließt damit den Campus ab.

Maßstäblichkeit der Bebauung und Raumbildung

Die Maßstäblichkeit der Bebauung orientiert sich an den Großformen im städtebaulichen Umfeld. Durch die Höhenentwicklung von 3 bis 4 Geschossen wird die kleinteilige Nachbarbebauung gewürdigt. Insbesondere zu den nördlichen Nachbarn wird ein großzügiger Abstand eingehalten. Durch die Staffelung der Obergeschosse und dem Abstand dieser Gebäudeteile zueinander wirkt das Bauvolumen zum Schulhof hin differenziert kleinteiliger. Durch die Position der Sportgebäudes und den Abstand zum Schulgebäude entsteht ein räumlicher Campuscharakter.

Verteilung der Funktionsbausteine und Umsetzbarkeit des Raumprogramms

Die Funktionsbausteine sind bezüglich der gewünschten Zusammenhänge der Phase 0 verteilt worden. Im EG befindet sich das "Herz der Schule", die Verwaltung, die Werkhalle, das Atelier, der Mint-Space für die Jahrgang 7/8/9 und dem angrenzenden Makerspace. Offene Erdgeschosszonen mit größeren und teilweise im inneren verbundenen Nutzungseinheiten vernetzten sich mit dem Außenraum. Eine innere Verbindungsachse, die sich entlang der großzügigen Innenhöfe entwickelt, stellt das Rückgrat der Erschließung dar. In den gestaffelten "Häusern" der Obergeschosse werden die Jahrgangscluster mit den zugehörigen Flächen Mint-Space für die Oberstufe und Beratungsangebote untergebracht. Das Sportgebäude bildet mit den beiden Hallenkörpern und den Nebenräumen eine bauliche Einheit.

Umweltqualität (Besonnung/Verschattung/Windverhältnisse/Versiegelung/Regenwasser)

Durch die Ausbildung von kompakten Gebäudekörpern mit gutem A/V Verhältnis und den Einsatz von Holzmodulbauweise werden mit dem neuen Campus höchste ökologische Anforderungen erfüllt.
Die Freianlagen zeichnen sich durch einen hohen Anteil unversiegelter, versickerungsfähiger Fläche aus. Die versiegelte Campusfläche wird vielfach von Vegetationsinseln unterbrochen, in Teilen abgesenkt als Retentionsmulden für noch mehr Regenwasseraufnahme. Zusätzlich erhöht wasserdurchlässiger Belag der Sportfelder und Stellplatzanlagen die Versickerungsfähigkeit des Areals. Zahlreiche Baumneupflanzungen sowie der weitgehende Erhalt des Baumbestands erzeugen ein besonders hohes Grünvolumen. Dieses sorgt für Luftkühlung und ausreichende Beschattung der Schulhofflächen an Sonnentagen.
Die Gebäude erhalten begrünte Innenhöfe sowie Gründächer. Sie werden auf den oberen Dachflächen mit PV-Anlagen ergänzt, für die unteren Dachflächen ist zur Förderung der Biodiversität eine besonders artenreiche Bepflanzung vorgesehen. Durch diese ergeben sich von den höhergelegenen Geschossen reizvolle Ausblicke, was als zusätzlicher Mehrwert zum Wohlbefinden der Nutzer:innen beiträgt.

Zonierung der Freiräume insbes. der schulischen Außenräume

Der zentrale Schulhof zeigt sich als zusammenhängender, flexibel nutzbarer Freiraum. Über die gesamte Schulhoffläche verteilte Grüninseln bieten Platz für Vegetation, aber auch Sitzmöglichkeiten oder Spiel- und Sportangebote. Einige Grüninseln sind als aufgehügelte Plateaus ausgestaltet, andere dienen abgesenkt als Retentionsmulden.

Teilbereiche der Campusfläche sind den Jahrgangsstufen als sog. Activity-Hubs zugeordnet. Diese stehen in direktem Dialog mit der Nutzung des Gebäudes und seinen Zugängen, räumlich differenziert durch die Platzierung der Grüninseln. Im südlichen Teil des Areals steht vor allem den Kindern der Jahrgänge 5 bis 7 der Learn&play-Hub zur Verfügung. Hier bündeln sich pädagogisch nutzbare Funktionen wie Schulgarten, grünes Klassenzimmer und ein interaktives Yalp-Bildungsspiel. In der Mitte des Campus regt der Sport&Fun-Hub die Schüler:innen der Klassen 8 bis 10 mit Skate-Bahn, Tischfußball und Tischtennis zur sportlichen und spielerischen Aktivitäten an. Die Oberstufenschüler:innen der Jahrgänge 11 bis 13 erhalten mit dem Sit&talk-Hub im nördlichen Teil des Campus einen ruhigeren Aufenthaltsbereich mit besonders vielen Sitzmöglichkeiten, der sich zum Entspannen oder Lernen anbietet.

Sämtliche Sportfelder sind an den Außenbereichen des Grundstücks angeordnet und so auch für NutzerInnen aus der Nachbarschaft über den umlaufenden öffentlichen Weg oder die farbig abgesetzte Laufstrecke erreichbar, ohne dass es die Querung der zentralen Schulhoffläche erfordert. Die Freilufthalle südlich des Schulgebäudes erhält eine vielseitig nutzbare Terrasse.

Funktionalität der Erschließung einschl. der Verortung des ruhenden Verkehrs

Die Erschließung des Campusgeländes durch FußgängerInnen und RadfahrerInnen erfolgt über zwei Zugänge von der Holsteiner Chaussee (Haupteingang und Nebeneingang) sowie über einen Nebeneingang am Ellerbeker Weg. Ein öffentlicher Weg um das Campus-Areal ermöglicht die Erschließung unabhängig vom Schulbetrieb.

Eine Zufahrtschleife für PKW und Feuerwehr ist nördlich des Schulgebäudes platziert. An dieser sind 18 PKW-Stellplätze und die gewünschte Kiss&Drop-Zone angeordnet. Die erforderlichen Fahrradstellplätze finden sich in direkter Zuordnung zum Haupteingang, den Nebeneingängen Holsteiner Chaussee und Ellerbeker Weg, an der Sporthalle sowie an der Freilufthalle.

Auf Höhe des Haupteingangs werden ein Zebrastreifen oder eine Fußgängerampel für eine sichere Querung der Holsteiner Chaussee vorgeschlagen. Der Vorplatz mit Vegetationsinseln und Sitzmöglichkeiten zwischen Schulgebäude und Holsteiner Chaussee leitet zum Haupteingang des Gebäudes und bildet eine klar erkennbare Adresse aus.

Die Anlieferung für Küche und Café/Lehrküche erfolgt über eine südlich von Lehrküche/Café verlaufende Zufahrt. So bleibt der Vorplatz frei von motorisiertem Verkehr und damit FußgängerInnen und RadfahrerInnen vorbehalten.

Realisierbarkeit (Bauabschnittsbildung, Umsetzbarkeit in Modulbauweise) und Wirtschaftlichkeit

Die Gebäude wurden auf Grundlage eines wirtschaftlichen Modulbaurasters (2,5 m) geplant. Die Erdgeschosszonen mit den größeren Nutzungseinheiten werden dabei als Tisch in Massivbauweise erstellt. Die Obergeschosse werden in Holzmodulbauweise mit massiven Kernen erstellt. Der vorliegende Grundriss ermöglicht einen 2.BA für Teile der Oberstufe und die darunterliegende Werkstatt und das Atelier, wir würden aber empfehlen, diese Flächen gleich mitzuerstellen.

Zusammenfassung

Klare Gebäudekonturen an den Außenkanten, offenes Platzgefüge im Inneren: Während sich der Schulcampus - insbesondere zur Holsteiner Chaussee - prominent über die Architektur präsentiert, bestimmen lebendige, vielseitige Freiräume den Innenbereich. Die Maßstäblichkeit der Bebauung orientiert sich an den Großformen im städtebaulichen Umfeld. Die Höhenentwicklung würdigt die Nachbarbebauung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgelegte städtebauliche Entwurf greift bestehende Großformen der Umgebung auf, die südlich des Schulcampus zu finden sind, und positioniert den Schulcampus in Form einer städtebaulichen Großform entlang der östlichen Grundstücksgrenze. Die Formgebung positioniert sich eigen ständig und selbstbewusst gegenüber der Nachbarbebauung, und das Gebäude strahlt jene Urbanität aus, wie man sie in direkter Straßenlage erwarten würde. Doch ist diese harte Kante gegenüber der Bestandsbebauung „in zweiter Reihe“ nicht überzeugend, weil insbesondere die Erschließung zwischen Neubau und Bestand als nicht passend gewertet wird.

Der städtebauliche Ansatz, fast alle Funktionen in einem Gebäude zu bündeln, verschafft dem Campus einen großen Schulhof, der in seiner landschaftlichen Ausprägung weit mehr ist als ein Schulhof. Doch gelingt es nicht überzeugend, die Trennung zwischen der Strenge des Gebäudes mit seinen klaren Kanten und der Lebhaftigkeit des Außenraums aufzuheben. Selbst die um Transparenz bemühten Zwischenräume der Obergeschosse, die lichtdurchflutete Erdgeschosszone oder die stichartigen Zugänge zum Außenraum vermögen es nicht, Innen und Außen sinnfällig miteinander zu verknüpfen.

Die Idee des „Tisches“ wird als konsequent vorgetragene Idee gewürdigt, doch sind mit dieser funktionalen und gestalterischen Idee zu viele Fragezeichen verbunden (u. a. Belichtung und Erschließung). Nicht zuletzt bleibt die überzeugend vorgetragene Anforderung an eine abschnittsweise Realisierbarkeit im Ungefähren stecken.

Die Zugänglichkeit zum Grundstück ist erfreulich klar ausformuliert. Durch die Positionierung des Stadtteilcafés und der Lehrküche im Erdgeschoss entsteht ein gelungener Auftakt an der Magistrale der Holsteiner Chaussee.

Hinsichtlich der Freiraumplanung stechen die vergleichsweise geringe Versiegelung und die Öffnung des Schulhofes zum Moorgraben heraus. Hingegen kann die Positionierung des Sportfelds im Süden nicht hinreichend überzeugend.

Bedauerlicherweise kann die Organisation der Schule in den Obergeschossen nicht überzeugen. Die Abstände zwischen den Riegeln sind deutlich zu gering ausgeprägt, und auch das avisierte Erschließungssystem über zwei Treppenräume ist ebenso kompakt, wie in seiner alltäglichen Nutzung unvorteilhaft.

Insgesamt wird ein Konzept vorgelegt, das recht selbstbewusst die Idee einer Campusschule in einem Baukörper verfolgt, dem aber schlussendlich die Verknüpfung mit dem Außenraum und mit der Nachbarschaft zu wenig zu bedeuten scheint.