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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2024

Freiflächengestaltung Wilhelm-Leuschner-Platz in Leipzig

1. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

Rendercircle - Christian Marrero

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept „Ökotopia“ gibt eine selbstbewusste und konzeptionell eigenständige Antwort auf die aktuellen klimaspezifischen Anforderungen zeitgemäßer öffentlicher Freiräume. Der Platz soll dabei gesamthaft als für Flora und Fauna ökologisch und stadträumlich wertvoller Parkraum entwickelt werden. Seine konzeptionelle Umsetzung und Formsprache sieht dabei die wesentlichen Anbindungen in den Stadtraum vor und lebt im weiteren Kern eine klare und eigenmächtige selbstbewusste Entwurfssprache. Der dabei sehr hohe unversiegelte Bereich ermöglicht eine gute Voraussetzung für langfristig vitale Vegetations- und Baumstrukturen. Der gewählte Anteil an nutzbaren und erlebbaren Wiesen- und Pflanzflächen gegenüber versiegelten Arealen erscheint proportional ausgewogen. Der Ansatz möglichst viel Bestandsmaterial und Bodenbeläge wiederzuverwenden wird gewürdigt. Definierte Grüninseln sind überwiegend in den Rändern programmatisch gefüllt und reagieren gut auf die angrenzenden Nutzungen und städtebauliche Übergänge. Die landschaftlich locker verteilte Baumstruktur unterstützt raumbildend die in den Flächen definierten Nutzungseinheiten ohne wichtige Blickbezüge auf angrenzende Bauwerke wie die Bibliothek zu stören. Sie gibt ausreichende Variabilität bzgl. Licht und Schatten und Dichte und Weite. Der Jury erscheint die dabei gewählten Größenverhältnisse, Proportionen und die oft nah angrenzenden Nutzungsinhalte teilweise zu knapp bemessen.

Das Konzept zum Regenwassermanagement ist intelligent in die Topografie integriert und schafft somit kostensparende, stadtklimatisch positive und nachhaltige Versickerungs- und Verdunstungsmöglichkeiten.

Die gesamte naturadaptierte Formsprache lässt eine selbstbewusste und identitätsstiftende Struktur in sehr großer Einzigartigkeit gegenüber dem angrenzenden Städtebau und Freiräumen entstehen. Es ergeben sich daraus eine Vielzahl von Aufenthalts- und Nutzungsangeboten in der Kernfläche und an den Übergängen in Form von kleinteiligeren Platzbereichen. Dort generieren sich eigenständige adressbildende Plätze, die z.B. beim Bibliotheksplatz mit dem Lesebrunnen individuelle Treffpunkte markieren. Räumliche Versprünge und Nischen in der Außenform nehmen variable Anforderungen wie die bei der Außengastronomie auf.

Der Eingang zur S-Bahnstation erhält gegenüber dem zu erwartenden hohen Nutzerdruck ausreichend Freiraum, wird mit Abstellmöglichkeiten für Räder sinnhaft bestückt und lässt mit den dort nachvollziehbar platzierten Angeboten für Spiel- und Sport einen lebendigen Ort erwarten.

Der um den westlichen Platzbereich geführte schnelle Hauptradweg in Nord-Süd Richtung verhindert zusammen mit der entschleunigten Wegestruktur im Kernbereich Konfliktpotential auf dem Platz. Die Radverbindung von West nach Ost birgt eine Engstelle am Naturkundemuseum.

Kritisch wird die zu wenig erkennbare Gebäudefuge zum Naturkundemuseum (NKM) aufgrund der davorliegenden Bauminsel gesehen. Besonders gelungen ist in diesem Bereich jedoch die nahe Zuordnung des Naturkundegartens zum NKM. Ob Kleinsteinpflaster in allen Bereichen, auch bei hoher Fahrbelastung verwendet werden kann, ist näher zu untersuchen. Ebenso der Metallstegweg, speziell in Verlängerung der Zuwegung zum Quartiersplatz ist bzgl. seiner dort hohen Frequenz, Rutschsicherheit und Barrierefreiheit näher zu betrachten. Die Mobilitätsstationen sind nicht ausformuliert und der Standort an der Bibliothek ist im Hinblick auf die historische Fassade und am Straßenbereich ist kritisch zu hinterfragen. Das Gesamtareal erscheint verkehrssicherheitstechnisch gut ausgeleuchtet. Die vorgeschlagene, an den Fassaden abgespannte Beleuchtung um den Quartiersplatz wird bzgl. der statischen und privatrechtlichen Abhängigkeiten kritisch gesehen.

Das Versprechen eines echten Biotopangebotes „Ökotopia“ auch für die angedachte Fauna gilt es in der Unterhaltung und Nachnutzung abschließend prüfend zu bewerten. Hier sind verbindliche Pflege – und Nachsorgezusagen der Stadt erforderlich.

Der vorgeschlagene Standort für das Freiheits- und Einheitsdenkmal in der südlichen Wiese erscheint als Grundlage für den Kunstwettbewerb möglich. Das Konzept lässt eine Platzierung an den programmierten Rändern oder in der Mitte zu – dort allerdings nur in linearerer oder unauffälliger Art, um die freigestellte Blickachse zur Bibliothek nicht zu stören.

Insgesamt ist der Entwurf ein mutiger Vorschlag für einen parkähnlichen ökologisch-modernen Stadtraum mit Alleinstellungsmerkmalen, der zeitgemäße Anforderungen an die Klimaresilienz und variable Nutzbarkeit für AnwohnerInnen, BesucherInnen und NutzerInnen gut erfüllen kann. Seine konsequente Typologie lässt allerdings zukünftig nur kleinteiligere Nutzungsanpassungen innerhalb der Gesamtstruktur zu. Ebenso sind die Abstandsverhältnisse der Intarsien untereinander und die Proportionen der freien und dichten Bereiche final bzgl. ihrer Wirksamkeit zu bewerten.