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Award / Auszeichnung | 03/2024

BDA Regionalpreis Niederbayern Oberpfalz 2024

Ins Licht. Fortschreiben der Christuskirche Neumarkt in der Oberpfalz

DE-92318 Neumarkt in der Oberpfalz, Kapuzinerstraße 3

Auszeichnung | Kategorie: Oberpfalz

Brückner & Brückner Architekten GmbH Tirschenreuth I Würzburg

Architektur

LERZER ING+Plan GmbH

Tragwerksplanung

TEAM FÜR TECHNIK GmbH

TGA-Fachplanung

SL Elektroplanung GmbH

TGA-Fachplanung

Die Lichtplaner

Lichtplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauphysik

Goetz Architektur & Brandschutz

Brandschutzplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Sakralbauten

  • Projektgröße:

    770m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 05/2021
    Fertigstellung: 06/2023

Projektbeschreibung

Diese Kirche hat in den letzten fünf Jahrhunderten nicht nur konfessionell, sondern auch baulich und funktional eine wechselvolle Geschichte erlebt. Sie war katholische Klosterkirche und evangelisch-lutherisches Gotteshaus, aber eben auch Kornspeicher, Militärlazarett, Bäckerei und Wohnung; war immer wieder Zerstörungen und Umbauten ausgesetzt. Der Kirchenraum wurde zuletzt in den 1930er Jahren gestaltet und atmet theologisch wie gestalterisch den Geist dieser Zeit. Die Christuskirche ist auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher gewachsen als geworden, ohne stimmiges Gesamtkonzept. Das alles hat Spuren und auch Wunden hinterlassen. Die Kirche hatte bauliche, (brandschutz-)technische, funktionale, liturgische und gestalterische Defizite: So mussten etwa Dachstuhl und Gewölbe dringend saniert, Haustechnik und Brandschutz auf den aktuellen Stand der Technik gebracht, die Eingangssituation optimiert und Barrieren abgebaut werden.
Auch bei der Christuskirche schließt sich durch die Neugestaltung ein Kreis. Wir wollen den Charakter der Christuskirche freilegen und gleichzeitig diese Kirche weiterentwickeln, im 21. Jahrhundert weiterbauen und für die Zukunft rüsten. Das Kirchengebäude und die gelebte liturgische und gottesdienstliche Praxis der Kirchengemeinde sollen wieder eine Einheit werden, ein gemeinsames Ganzes, ein würdiger Raum für den lebendigen Glauben. Gemeinsam mit dem Team der Christuskirche, der evangelischen Landeskirche, den Denkmalschutzbehörden und vielen weiteren Fachleuten und Handwerkern haben wir uns auf den Weg gemacht.
Zuerst schaffen wir eine neue Adresse: Die Gläubigen und Konzertbesucher betreten ihre Kirche künftig nicht mehr nur über das Hauptportal an der stark befahrenen Straße, sondern auch über eine Seitenkapelle an der Nordseite der Kirche, alternativ barrierefrei über einen Seiteneingang im Süden. Vor dem neuen Haupteingang befinden sich ein kleiner Platz und der Kirchgarten, diese empfangen die Besucher und laden zum Verweilen ein. Ein neuer Ort der Begegnung und Kommunikation. Vor und nach dem Gottesdienst oder dem Konzert – oder ganz losgelöst davon.
Unser leidenschaftlichstes Bild für das Innere der Christuskirche ist ein helles, lichtes Gefäß für den Glauben. Für Gottesdienste, Seelsorge, stilles Gebet, Musik, aber auch Gespräch und Begegnung. Ein Kirchenraum muss berühren. Für sich wirken. Nicht ablenken. Ein Raum für die gelebte Gemeinschaft. Die neugestaltete Christuskirche wirkt schlicht, trägt aber viel in sich und lädt zum Entdecken und immer wieder Herkommen ein. Der Kirchenraum verändert sich mit den Tages- und Jahreszeiten. Die Architektur gibt Hinweise. Alles kommuniziert mit allem.
Wir öffnen den Chor wieder und brechen alle räumlichen Kanten, entmaterialisieren. Der Raum ist aus Licht gebaut, schafft abstrakten Raum für eigene Gedanken. Bringt uns vielleicht für einen Moment ins Wanken, entgrenzt. Der Blick geht ins Unendliche, ins Numinose – das Licht am Ende, ein Symbol der Auferstehung. Gleichermaßen ein begehbares Altarbild auf einer Ebene und auf Augenhöhe mit der Gemeinde. Für ein Erleben und Empfinden, das im Gedächtnis bleibt, Geborgenheit schafft und den Menschen sinn- und identitätsstiftende Momente bietet. Der Raum kann separat vom Langschiff bespielt werden, etwa für Konzerte, Taufen, Werktags- oder Krabbelgottesdienste. Auch im Kirchenschiff sind viele lebendige Formate denkbar. Man kann eine lange Tafel aufstellen, um gemeinsam zu essen, einen Flügel für ein Konzert oder eine Leinwand für einen Vortrag.
Die neue Empore, durch zwei breite Wendeltreppen aus dem Kirchenraum erschlossen, spielt sich frei, lässt Licht durch die Kirchenfenster und beherbergt die bestehende, jedoch generalüberholte Orgel mit neu gestaltetem Prospekt. So wird auch der enge Treppenanbau von 1937 überflüssig und das Hauptportal erlangt seine reduzierte Klarheit zurück. Der gesamte Kirchenraum wird schlicht, reduziert, warm und hell – Boden, Möbel und Prinzipalien aus einem Guss. Einheit auch in der Materialität ermöglicht Ruhe, Geborgenheit und innere Einkehr. Orte der Erinnerung mit figürlichen oder erzählenden Elementen finden in der neuen Seitenkapelle ihren Platz. 150 Gläubige können auf den Stühlen Platz nehmen. Für besondere Anlässe können Kirchenraum, Chor und Empore mit bis zu 120 weiteren Stühlen für Besucher sowie 80 Hockern für Musiker flexibel möbliert werden. Auch die Nebenräume werden funktional neu geordnet und bieten klare Orientierung. Dort befinden sich (barrierefreie) Toiletten, Sakristei, Stuhllager sowie ein Gruppenraum.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Neumarkter Christuskirche hat ihren Ursprung im 17. Jahrhudert, sie war Scheune und Wirtschaftsgebäude, seit 1855 wird sie von evangelischen Christen genutzt. Das wuchtige Kreuz, das den gemarterten Christus zeigt und die Kanzel aus den 1930er-Jahren entsprachen nicht mehr dem zeitgemäßen, modernen Glauben. Der schlichte Bau mit hohem, spitzen Turm, war zudem marode, daher entschied die Gemeinde sich für eine Sanierung und Umgestaltung.
In Workshops setzten sich die Architekten Brückner & Brückner mit den Vorstellungen und Wünschen der Mitglieder auseinander: Nach zwei Jahren Bauzeit zeigt sich die Christuskirche seit Mai 2023 als überzeugend lichter, monchrom weiß gehaltener Kirchenraum, der zum zeitgemäß sakralen Ort werden kann - für unterschiedliche Arten von Gottesdiensten, für Gemeinschaft und Miteinander verschiedener Generationen und Konfessionen, für Ruhe und Meditation, Kunst und Kultur. Die Jury wertschätzt die Klarheit und Reduktion der Architektur. Der asketische Raum, in dem die Raumkanten zu verschmelzen scheinen, lässt sich von außen nur durch kleine, fein gesetzte Eingriffe erahnen und wirkt im Inneren umso überwältigen-der. Seine Entsprechung findet er in den sorgsamen Details und der qualitätvollen Ausführung.