Herangehensweise
Die anstehende Sanierung der Langen Gasse und der Oberen Gasse aufgrund der geplanten Verlegung und Ergänzung der Infrastrukturen stößt einen wichtigen Erneuerungsprozess für die Stadt Iphofen an. Die Art der Gestaltung und Materialität, der Umgang mit Regenwasser und Pflanzen soll Vorbild für weitere Sanierungen im Altstadtgebiet, wie auch mittelfristig am Marktplatz sein.
Übergeordnete Ziele dabei sind eine höhere Aufenthaltsqualität für Gäste und Anwohner, ein weiterhin wertiges Gestaltungskonzept des Stadtbodens, eine höhere Durchgrünung und Reduzierung sommerlicher Aufheizung. Weiterhin soll die Umsetzung des anstehenden neuen Parkraumkonzeptes mit deutlicher Einschränkung und Mehrfachnutzung von Flächen des ruhenden Verkehrs ermöglicht werden.
Konzept übergeordnet
Abgeleitet von den definierten Zielen konzentriert sich der freiraumplanerische Entwurf in die Neuordnung des Verkehrs in den Gassen sowie am Marktplatz/Eiermarkt, aus welcher sich – nahezu allein durch die vielfältige Verwendung des gewünschten Natursteinpflasters aus Muschelkalk - klar ablesbar die Aufteilung in Bewegungsflächen und Nebenflächen für Begrünung, Parkierung und Aufenthalt untergliedert. Dabei wird die vorhandene Gliederung des Stadtbodens in reine Gehweg- und Straßenbereiche aufgegeben. Weitergehend ersucht der Entwurf einen klima- und zeitgemäßen sowie funktional sinnvollen Umgang bei der Verwendung von Stadtgrün und der damit in enger Verbindung stehenden Schwammstadtprinzipien. Zur gestalterischen Aufwertung und zur Steigerung der Aufenthaltsqualität werden insbesondere am Marktplatz neue Sitzelemente „Lange Bänke“ inszeniert sowie die historischen Brunnen zurück ins rechte Licht gesetzt und erlebbar gemacht. Der Eiermarkt wird vom heißen, steinernen Parkplatz zum kühlen, entsiegelten Verweilbereich im lichten Schatten grüner Bäume.
Konzeptionelle Elemente zur Umsetzung des Entwurfs
„Der Grüne Meter“
Die Iphofener lieben offensichtlich das Grün vor und an ihren Gebäuden. So ist an vielen Stellen im Bestand zu beobachten, wie Gebäude mit Wein berankt sind, Töpfe und Kübel in verschiedensten Größen vor die Gebäude gestellt werden und sich das Grün in den Pflaster-Fugen pittoresk ausgebreitet hat. Diese Stimmung wird mit der Idee des „Grünen Meters“ aufgegriffen und als durchgehendes Element stadträumlich wirksam neu umgesetzt.
Der Grüne Meter: Staudenbeete, Pflanz-Kübel, Fassadenbegrünung, Rasenfugenpflaster, Hausbänke
Überall, wo es vertretbar ist (nicht an Hauszugängen, Schaufenstern, Zufahrten etc.) wird innerhalb einer Zone von ca. 1 Meter parallel zu den Gebäudefassaden eine bepflanzte oder grün bespielte (Kübel-) Vorzone vorgeschlagen. Dieser Bereich steht gestalterisch-funktional in Verbindung mit den rauen Pflaster-Bereichen (siehe unten „Iphofener Stadtboden“) und den Schwammzonen (siehe unten „Schwammstadt & Nachhaltigkeit“). Form und Gestalt der jeweils verwendeten Bespielungselemente des „Grünen Meters“ soll in enger Abstimmung mit der Stadt Iphofen erfolgen und sich an den Vorgaben der Iphofener Gestaltungssatzung orientieren.
Klimabäume für die Altstadt
Bäume sind aus kleinklimatischen und ästhetischen Gesichtspunkten wünschenswert für die Altstadt Iphofens. Gleichzeitig müssen vor dem denkmalpflegerischen Hintergrund die Standorte behutsam gesetzt werden, um die wertvollen historischen Fassaden nicht über die Maßen zu verdecken. Aus diesem Grund werden im vorliegenden Konzept nur an einigen wenigen Standorten Bäume gesetzt, wo es stadträumlich vertretbar ist und wo in Verbindung mit Mobiliar zusätzliche Aufenthaltsqualität entstehen kann.
Solitärbäume: Lange und Obere Gasse
Hier kommen klimaverträgliche Solitärbäume mit lichter Krone zum Einsatz, wie die Gleditschie, Blasenesche oder Gold-Robinie.
Baumgruppen, Baumhain: Marktplatz, Eiermarkt
In den Gruppen können zu den oben genannten Arten zusätzlich Großbäume, wie der jap. Schnurbaum eingesetzt werden. Im Baumhain kommen auch mehrstämmige Solitärgehölze zum Einsatz. Der Baumhain soll so offen sein, dass weiterhin Blicke auf die Fassaden am Eiermarkt zugelassen werden.
Iphofener Stadtboden
Für die Gestaltung der Oberflächen (Pflasterteppich) wird auf die vorhandene Materialität des Muschelkalks (Geist des Ortes) und auf die bekannten Pflasterverbände zurückgegriffen. Diese werden mit nachvollziehbaren Gestaltungsregeln neu sortiert und können eine Blaupause für einen homogenen Stadtboden für die gesamte Altstadt darstellen.
Glatt = Bewegungszone
Hier kommt Pflaster gesägt mit engen Fugen zum Einsatz. Dies gilt für Fahrbereiche, aber auch für Hauseingänge und Zufahrten in Hinterhöfe
Rau = Nebenflächen und Gebäude-Vorzonen
Hier kommt Pflaster bruchrau, z.B. aus dem Bestand mit weiten Fugen zum Einsatz. Eine stellenweise Vergrünung der Fugen ist gewünscht. Diese Gestaltung ist für Stellplätze (PKW, Fahrräder) sowie für Gebäudevorzonen vorgesehen.
Brunnenstadt Iphofen
Die formulierte Absicht der Stadt Iphofen das Thema Wasser in Form von Brunnen im Stadtbild sichtbar zu machen wird mit dem vorliegenden Konzept konsequent umgesetzt. Bestehende Brunnen werden neu in Szene gesetzt, verschlossene Standorte neu geöffnet und gestaltet.
Lange Gasse: Schöpfbrunnen
In der Langen Gasse wird der alte Brunnenstandort reaktiviert und in Form eines kleinen Schöpfbrunnens (z.B. für die private Bewässerung des „Grünen Meters“) baulich formuliert.
Eiermarkt: Trinkbrunnen, Marktplatz: Wasserbecken
Der Trinkbrunnen am Eiermarkt wird im Baumhain (siehe oben) neu gesetzt und mit aktueller Wassertechnik ausgestattet. Die beiden verschlossenen Brunnenstandorte am Marktplatz werden in Form eines flachen Wasserbeckens für Aufenthalt, Spiel und Kühlung positioniert.
Rathaus: Marienbrunnen
Der Marienbrunnen wird mit aktueller Wassertechnik ausgestattet und durch einen Baum nach historischem Vorbild ergänzt.
Schwammstadt & Nachhaltigkeit
Um sich zukunftsfähig auszurichten ist es das bestrebte Ziel der Stadt Iphofen Schwammstadtprinzipien in der Altstadt umzusetzen. Dies wird im vorliegenden Konzept in Form von unterirdischen Schwammzonen umgesetzt.
Baumquartiere und „raue“ Nebenflächen: Schwammzonen
Der mittig liegende Bewegungsraum (siehe oben „Iphofener Stadtboden“) wird als Verkehrsraum und Raum für das Leitungspaket von Entwässerungs- und Retentionsthemen freigehalten. In den „rauen“ Gebäudevorzonen und Nebenflächen wird unterirdisch ein Grobschlag eingebaut, der über sein Porenvolumen Wasser speichert, puffert und an Pflanzflächen sowie Baumquartiere weitergibt. Der Grobschlag ist hochbelastbar und im Tiefbau bautechnisch bekannt und unproblematisch. Das private Dachwasser kann über einen Schwammstadtablauf (mit Schieber) kontrolliert in das System eingeführt werden.
Beleuchtung/Mobiliar
Das bestehende Beleuchtungskonzept in der Langen/Oberen Gasse sowie am Marktplatz mit historisch anmutenden Mastleuchten und Fassadenleuchten wird ersetzt. Es werden in den Randzonen, wie in den bereits erneuerten Straßenbereichen am Kirchplatz, schlichte Lichtstelen mit nach unten gerichteten LED-Leuchtmitteln und Nachtabsenkung zum Einsatz gebracht - im Erscheinungsbild zurückhaltend - aber ausreichend hell zur Verkehrssicherheit. Zur Inszenierung der neuen Gestaltungselemente auf dem Marktlatz wird eine neue Effektbeleuchtung der Marktbrunnen, der „Langen Bänke“ und in Form von LED-Bodeneinbaustrahlern einzelner Bäume vorgeschlagen.
Weitere Möblierungselemente, wie Poller, Mülleimer, Fahrradstellbügel, E-Bike Ladepunkte und Infoschilder/-tafeln werden ebenfalls aus dem Repertoire des neueren Ausstattungsbestands am Kirchplatz übernommen, um letztendlich ein einheitliches Stadtbild gem. Gestaltungssatzung für die gesamte Altstadt zu ermöglichen.
Eventnutzung
Die Flächen des Marktplatzes ermöglichen weiterhin genügend Aufstellfläche, um das Bestuhlungskonzept des Iphofener Weinfestes und des Weihnachtsmarktes wie in den letzten Jahren umzusetzen. Rettungsgassen können wie im Bestand freigehalten werden. Versenkbare Versorgungseinheiten können für die Marktnutzung an geeigneten Stellen positioniert werden. Durch die wegfallende Differenzierung in Straße und Gehweg, die Verwendung von transportfähigem Mobiliar (Bänke) und die generell reduzierte Haltung gegenüber der Bestückung der Flächen mit Mobiliar ist die Marktplatzfläche für Events zukünftig deutlich flexibler bespielbar.