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Offener Wettbewerb | 12/2023

Neubau Schulhaus Aussenwachten in Winterthur (CH)

6. Rang / 6. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

100Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

AM HANG

Als neuer öffentlicher Ort lädt das Schulgelände SchülerInnen, Lehrende, und die BewohnerInnen von Iberg ein, diesen Raum zu nutzen. Durch die mittige Setzung des Baukörpers und die Organisation des Schul-, Hort und Sportgebäudes, wird das Hanggelände von allen Seiten aus erschlossen. An der Ibergstrasse bildet der kleine Dorfplatz den Auftakt zur Schule. Mit einer breiten Arkade verbindet sich hier das Gebäude mit dem Vorplatz. Foyer und Aula können zum Dorfplatz hin geöffnet werden. Kleinere Veranstaltungen wie Flohmärkte oder Strassenfeste finden hier statt. Auf entgegengesetzter Seite, gen Nordwesten, öffnet sich das Schulhaus mit einer Terrasse zu den Sport- und Spielanlagen, zum weitläufigen Gelände, und zum Ausblick in die Ferne bis nach Winterthur. Typisch für Iberg, bildet diese Geste den Abschluss des Hauses und schafft einen fliessenden Übergang von Schulhaus in die nähere grüne Umgebung. Das durchgesteckte Foyer verbindet den Dorfplatz mit der begrünten Pegola. Die Kubatur des Schulhauses entwickelt sich aus der ortstypischen Topographie, dem leichten Hang. Das Gebäude schmiegt sich mit drei höhenversetzten Niveaus möglichst dicht an das gewachsene Terrain und treppt sich sanft von Dorfplatz Richtung Schulterrasse ab. Die Dachlandschaft aus Sheddächern unterstreicht diese Bewegung. So entsteht die angemessene Körnung und Massstäblichkeit für eine Primarschule und die umliegende Bebauung.

Aussenraum als öffentlicher Garten

Mit den neuen Freiräumen erhält nicht nur die Schule eine Vielzahl räumlich fliessender, in ihrer möglichen Funktion differenzierter Flächen. Die allseitig orientierten Freiräume dienen dem Zusammenfügen der näheren Umgebung zu einem offenen, mit der dörflich-urbanen Struktur Ibergs eng verwobenen zeitgenössischen „Parkraum". Das Konzept für die Aussenräume fokussiert folglich auf das Vernetzen (mit Wegen und Flächen), auf das Aktivieren der landschaftlichen Eigenheiten (offene, weite Flächen, locker bestandene Obstwiese, einzelne Baumgruppen, in die Topographie eingeschriebene Einzelflächen), auf das Ermöglichen durch Differenzieren (lineare Elemente aus einfachem Stampfbeton und Beton markieren Raumgrenzen und Belagswechsel, differenzieren Einzelräume, aktivieren die Geländemorphologie mit leichten Terrassen und Höhensprüngen). Zwischen den verschiedenen Oberflächenmaterialien (Asphalt, Chaussierung, Tartan, Sport- und Landschaftsrasen, Wiese) werden auch die Funktionen für Gebrauch und Natur vermittelt. Für alle Flächen gilt, eine langlebige Ausführung gewährleistet die heterogene und hybride Nutzbarkeit. Zusammen mit der Schule sollen einzelne Orte im weitläufigen Areal inhaltlich und didaktisch erschlossen werden (Naturstationen, punktuelle Setzungen von Spielgeräten, Akzentuierungen und Markierungen).

Abgetreppte Lernlandschaft

Alle Klassen- und Gruppenräume sind im Obergeschoss in drei identischen Lernclustern angeordnet. Das Aneinanderreihen von klar definierten, gut belichteten Räumen mit vielzähligen Verbindungstüren, bietet ein komplexes, fliessendes Raumgefüge mit differenzierten Möglichkeiten für Begegnung oder Rückzug im Schulalltag. Die Lernlandschaft kann als atmendes System aus allen Raumtypen unterschiedlich konfiguriert werden und sich so dem täglichen Bedarf anpassen. Das Erdgeschoss beheimatet die Tagesbetreuung mit Zugang über die Terrasse in den Freiraum, weitere flexible Unterrichtsräume, sowie das Lehrerzimmer. Die Schulterrasse kann als grünes Klassenzimmer verwendet werden. Hier wird im Sommer auch zu Mittag gegessen. Die öffentlichen Funktionen, wie Aula, Mehrzweckraum und Bibliothek öffnen sich ebenerdig zum Dorfplatz. Turnhalle und Werkateliers sind im Souterrain angeordnet und werden mittels Oblichtbändern belichtet. Der Zugang zur Turnhalle für Vereine erfolgt über den seitlichen Eingang im Süd-Westen. Es entsteht ein kompaktes Gebäude mit kurzen Wegen.

Elementierte Bauweise mit reduziertem CO2-Ausstoss

Das Gebäude ist als offene, hybrid konstruierte Struktur konzipiert. Die verschiedenen Baumaterialien werden jeweils so eingesetzt, dass der Materialverbrauch auf ein Minimum reduziert werden kann. Das Volumen des Gebäudes mit seiner Abtreppung im Hang ermöglicht einen ökonomischen Aushub des Erdreichs. Eine Betonwanne im Untergeschoss bildet die notwendige Dichtigkeit und Gründung, darüber hinaus kommt kein Ortbeton zum Einsatz. Die tragende Struktur in Erdgeschoss und Obergeschoss wird in Holzstützen und Unterzügen aufgelöst. Die Decken werden als Brettstapeldecken mit einem Estrich aus Stampflehm ausgeführt. Mit diesem Aufbau ist ein Minimum an Zement notwendig. Die Zwischenwände werden, wo statisch möglich, aus Lehmsteinen erstellt, die thermische Aktivierung sorgt für ein gutes Raumklima auch im Sommer. Eine leichte Konstruktion aus Stahlträgern und Trapezblech bildet das Dach. Gen Norden gerichtete Oberlichter versorgen die Lernlandschaft mit ausreichend blendfreiem Licht. Durch die Oblichter in den Sheddächern wird die Nachtauskühlung gewährleistet. Die Oblichter ermöglichen tiefere Klassenräume und damit ein kompaktes Gebäudevolumen. Gelochte Trapezbleche an der Decke wirken vollflächig schallabsorbierend und schaffen eine ideale Lernatmosphäre für den Unterricht. Die Brettstapeldecken sind durch Perforation akustisch wirksam. An der Fassade schützen dünne Bleche die hochgedämmten Holzrahmenbauelemente effizient vor der Witterung. Insgesamt ist die Konstruktion einfach, zweckmäßig und kostengünstig, dennoch robust und langlebig. Die elementierte Bauweise ermöglicht Rückbau und gröstenteils eine Wiederverwendung der einzelnen Bauteile. Die gesamte Dachfläche ist Richtung Süden orientiert und wird mit PV belegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der niedrige, grossflächige und durch sein Sheddach gegliederte Baukörper fügt sich massstäblich und geometrisch gut in die Bebauungsstruktur westlich der Ibergstrasse ein. Im Ausdruck ist das Schulhaus ein pragmatisches und klares Abbild seiner rigorosen Struktur- und Landschaftsidee. AM HANG steht für eine schöne landschaftliche Gesamtidee auf verschiedenen Betrachtungsebenen. Der Neubau steht im Wiesland und folgt der Topografie. Der gut gelegene Dorfplatz an der Ibergstrasse bildet mit Brunnen und Einzelbäumen den Auftakt zur Schule. Leider verstellt die Längsparkierung die freie Zugänglichkeit zur Anlage. Das Gebäude schmiegt sich mit seiner inneren Topografie an das sanft nach Norden abfallende Gelände und verbindet über die abgestufte, längs durch das ganze Schulhaus führende Halle den Dorfplatz mit dem Pausenplatz. Empfangen wird man mit einer angemessenen Geste eines kolonnadenartigen Portikus, der auf der Nordwestseite in Form einer etwas überdimensionierten Laube zur Landschaft eine Entsprechung findet. Die landschaftlichen Eigenheiten von offenen und weiten Flächen mit bestehenden Obstwiesen und einzelnen Baumgruppen sollen die neue Umgebungsgestaltung prägen. Dieses Versprechen wird nur zum Teil eingelöst und widerspricht sich stellenweise in der gestalterischen Ausformulierung. Die linearen Elemente aus Stampfbeton oder Beton terrassieren und kontrastieren auch sehr stark das natürlich abfallende Gelände. An dieser Stelle wirken der Pausenplatz und die Durchwegung stark verbaut. Die Durchwegung entlang der westlichen Parzellengrenze wirkt hart und unvermittelt und die Abböschung entlang des Gebäudes ist unschön. Ein orthogonal ausformulierter Baumhain in der Wiese befremdet, steht dieser doch bezugslos zur gelobten Landschaft. Der Eingriff der neuen Erschliessungsstrasse zugunsten der Parkierung ist an dieser Stelle heute unverhältnismässig. Im Obergeschoss entsteht aus der Disposition der gebauten Landschaft eine überaus attraktive, lichtdurchflutete Lernlandschaft. Die auf drei leicht versetzten Niveaus angeordneten Cluster mit je vier Klassenzimmern, Gruppenräumen und zenital belichteten und frei möblierbaren zentralen Garderobenhallen sind vielfältig nutzbar und erfüllen die didaktischen Anforderungen der Primarschule bestens, auch wenn vier Klassenzimmer an der Südwestfassade nicht direkt mit einem Gruppenraum verbunden sind. Die öffentlich zugänglichen Räume wie Mehrzweckraum, Tagesbetreuung, Schulleitung, usw. liegen folgerichtig im Erdgeschoss, dessen tiefer Grundriss punkto Belichtung nicht mehr die Qualitäten des Obergeschosses erreicht. Verbunden werden die beiden Geschosse mit zwei zur Halle offenen Treppen. Damit wird die Halle zum Bestandteil des Fluchtweges, was jegliche Nutzung und Möblierung – mit Ausnahme von fest eingebauten Garderoben – aus feuerpolizeilichen Gründen praktisch verunmöglicht und somit der Idee eines offenen und öffentlichen Empfangsraumes entgegensteht. Vollständig zuwider läuft dem schlüssigen Konzept des Landschaftsbezugs die unterirdische Anordnung der Turnhalle, welche als Folge der Abstufung des Gebäudes entlang des Geländes um zwei Geschosse ins Erdreich eingegraben werden muss. Der öffentlichen Funktion der Turnhalle folgend, müsste diese separat erschlossen sein. Überdies fehlt es an ausreichender Belichtung. Auch die Räume für textiles und technisches Gestalten im ersten Untergeschoss können mittels Abgrabung nur mangelhaft mit Tageslicht versorgt werden. Oberirdisch ist bei diesem Entwurf zwar nur ein zweigeschossiger Bau zu sehen; dies wird aber durch ein überdurchschnittlich grosses unterirdisches Gebäudevolumen erkauft. Damit verursachen die zwei Untergeschosse für die Sporthalle und für die Räume für textiles und technisches Gestalten eine schwierige Ausgangssituation für die Nachhaltigkeit. Namentlich resultieren aus dem grossen Aushubvolumen sowie dem damit einhergehenden Einsatz von Stahlbeton grosse Mengen an Treibhausgasemissionen. Oberirdisch wird der konsequente Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit vermisst. Zwar werden für die Decken wie auch für die Innenwände ökologische Materialien in Form von Holz und Lehm vorgesehen. Jedoch wird bei der Dach- und Aussenwandkonstruktion auf Metall, einen treibhausgasemissionsintensiven Baustoff, gesetzt. Die Verfassenden scheinen dies in Kauf zu nehmen, indem sie die Nachnutzbarkeit der Materialien und Konstruktionen in den Vordergrund stellen. In seinem architektonischen Ausdruck distanziert sich das Haus mit dieser Materialwahl unnötigerweise vom Kontext. Die Eigenstromerzeugung ist effizient gelöst. Die Scheddächer sind rechteckig, grossformatig und nach Süden geneigt. Lediglich die Eigenverschattung sollte noch optimiert werden. Die Jury würdigt den ausserordentlich schönen Beitrag des Schulgeschosses in Verbindung mit der landschaftlichen Grundidee, sieht aber in der mangelhaften Konzeption der Untergeschosse und der Fluchtwege sowie im Umgang mit den Fragen zur Nachhaltigkeit wenig Potenzial.
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