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Award / Auszeichnung | 02/2024

Kölner Architekturpreis 2024

Offene Schule Köln

DE-50999 Köln, Sürther Straße 199

Kölner Architekturpreis 2024

Hausmann Architektur

Architektur

3PLUS FREIRAUMPLANER Kloeters I Müller I Kastner PartGmbB Landschaftsarchitekten + Architekt

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Schulen

  • Projektgröße:

    13.508m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 10/2020
    Fertigstellung: 07/2022

Projektbeschreibung

„Werkstatt Schule“
Wie muss ein Schulgebäude beschaffen sein, damit gute Schule gelingt? Angesichts der aktuellen Herausforderungen im Schulbau – zunehmende Komplexität, steigende Baukosten – stellt sich diese Frage stärker denn je. Im Falle der Offenen Schule Köln war es nicht das makellos edle Schulhaus, sondern ein preiswertes Gebäude, das möglichst viel Raum für Aneignung, Entfaltung und Veränderung bietet. Grundlage dafür war das bewusste Hinterfragen von gewohnten Standards und Wertvorstellungen. Zu knapp waren die finanziellen Möglichkeiten, zu speziell der Bedarf und das Selbstverständnis der privat geführten Schule, um beim Neubau der Offenen Schule Köln konventionelle Schulbaustandards realisieren zu können und zu wollen. Entsprechend sind Raumprogramm, Organisationsstrukturen und die bauliche Umsetzung „ungewöhnlich“ für eine Schule.

Planungsprinzip Industriebau
Mit dem obersten Ziel, ein Maximum an flexibel nutzbaren Flächen zu schaffen, gleichzeitig aber die Bau- und Betriebskosten minimal zu halten, entschied man sich dafür, Planungsprinzipien aus dem Industrie- und Gewerbebau anzuwenden. Im Rahmen eines Bauteamverfahrens konnte dieser Ansatz gemeinsam mit dem Bauunternehmen von Beginn an ausgearbeitet werden – ohne die Bedürfnisse der Nutzer:innen aus dem Blick zu verlieren.

Einfache Gebäudekonstruktion
Die Gebäudekonstruktion und -struktur der Schule ist möglichst einfach gehalten. Das beheizte Volumen wurde maximal reduziert, die Fluchttreppen für die zweiten Rettungswege als simple, außenliegende Stahltreppen in die Gebäudekubatur eingeschrieben.

Offene Lernbereiche
Die Lernbereiche sind konsequent als offene Raumeinheiten geplant. Die daraus resultierenden Erleichterungen hinsichtlich Schall- und sommerlichem Wärmeschutz konnten die Planung und Umsetzung deutlich vereinfachen.

Prinzip des Weglassens
Der Ausbau folgt dem Prinzip des Weglassens. Nach Möglichkeit wurde auf zusätzliche Bauteilschichten und Ausbauelemente verzichtet. Der Rohbau ist weitestgehend oberflächenfertig, Wände unverputzt, Decken oft unbekleidet. An Sichtbetonoberflächen wurden keine erhöhten optischen Ansprüche gestellt. Auf Einbauteile und -leuchten wurde verzichtet, Installationen stattdessen Aufputz verlegt.

Kostengünstige Fassade
Auch die Fassadenkonstruktionen folgen der Logik des Industriebaus. Baustoffe wie Profilgläser, eloxierte Aluminium-Trapezbleche und Fensterelemente sind kostengünstig und lassen sich einfach, schnell und wirtschaftlich montieren. Die reduzierten Fensterformate sind leicht zu öffnen und zu reinigen. Die vollständig lichtdurchlässigen Außenwände mit transluzenter Wärmedämmung (Glasgespinst) sorgen für eine optimale Tageslichtausnutzung. Auch die Lernbereiche mit Raumtiefen von bis zu zwölf Metern werden so ausreichend natürlich belichtet.
Zur Reduktion der Baukosten, vor allem aber zur Vereinfachung des späteren Betriebs, wurde in Abstimmung mit dem Bauherrn auf einen außenliegenden Sonnenschutz verzichtet. Vorhänge zur Abdunkelung werden in Eigenleistung durch die Nutzer:innen montiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das pädagogische Konzept der Offenen Schule ist neu, innovativ und bei Kindern, Jugendlichen sowie Lehrenden beliebt. Die Schule wird zu einem Lern- und Lebensraum, was Engagement von allen erfordert. Die Kernpfeiler dieser Bildungslandschaft bestehen aus Inklusion, individueller Förderung, kleinen und altersübergreifenden Lerngruppen und großer Vielfalt. Die Offene Schule Köln (OSK) ist ein Lernort, den die Schülerinnen und Schüler mit einer Vielzahl von Abschlüssen verlassen können – ohne verpflichtendes Schulgeld und für alle Kinder ohne Selektion nach Leistung, Herkunft und sozialem Status.

Die privat getragene, zweizügige Grund- und Gesamtschule entschied sich für einen Neubau in Köln Rodenkirchen mit „Werkstatt-Charakter“. Das 2022 fertiggestellte Gebäude vom Büro Hausmann Architektur (Aachen, Köln) stellt die Basis der notwendigen Flexibilität im Schulalltag. Die Räume wandeln sich situationsbezogen, bieten den Schülern und Schülerinnen alle Entfaltungsmöglichkeiten und den Lehrenden maximale Flexibilität. Die Architektur erweist sich als äußerst dynamische Form für verschiedenste Bedürfnisse, die trotz ihrer Einfachheit eine maßgeschneiderte Lösung für die individuellen Bedarfe sowohl neuer Jahrgänge als auch einzelner Schülerinnen und Schüler bildet.

Umsetzbar wurde die Idee des veränderbaren Schulgebäudes für das Team von Hausmann Architektur und dem Träger durch das Prinzip der Industriebauweise, die im Kontext vom Bau einer Bildungseinrichtung im ersten Moment unüblich wirkt. Doch liegen die Vorteile auf der Hand. Industriebau ist kostengünstig und robust. Die Verwendung von vorgefertigten Materialien ermöglicht eine schnelle Bauzeit; zugleich machen ihn die Vielseitigkeit in Gestaltung und Anpassung zu einer attraktiven Option für verschiedene Stile. Die Konstruktion besteht aus Stahlbeton.

Die Materialität verleiht dem Schulgebäude ein modernes, zeitgemäßes und zugleich robustes Ausstehen und trägt mit glatten Oberflächen und klaren Linien zu einem offenen Erscheinungsbild bei. Durch die Möglichkeit, die Oberflächen individuell zu behandeln, sind eine Vielzahl von Ideen und Gestaltungen im Innenbereich umsetzbar.

Die Kombination von Stahlbeton mit großen Fronten aus Profilglas erzeugt eine ästhetisch ansprechende Kontrastwirkung. Das solide Erscheinungsbild des Betons bildet einen interessanten Kontrast zur Leichtigkeit der Glasflächen. Diese spannungsvolle Kombination schafft eine zukunftsgewandte, offene Atmosphäre im Gebäude, die viel Tageslicht und eine nahtlose Verbindung zwischen Innen- und Außenbereich ermöglicht.

Überzeugend ist für die Jury bei diesem in aller Konsequenz aufs Wesentliche reduzierte, flexibel nutzbaren Schulneubau auch die durchgehend barrierefreie Planung (!) sowie das gelungene Zusammenspiel der clusterartigen Anordnung von Klassenräumen, Zwischenzonen und Lerneinheiten. Die innere Bespielung und Möblierung füllt die „Werkstatt-Schule“ authentisch mit Farbe, Formen, Materialien und Leben. Hier bleibt Raum für jeden, ist Platz für alle. Mit der OSK haben Hausmann Architektur einen außergewöhnlichen und optimistischen Schulbau geschaffen, der dem berühmten Mies van der Rohe-Zitat „Weniger ist mehr“ eine brillant neue Bedeutungsebene verleiht: „Durch Weniger mehr für alle.“ Die Jury würdigt dieses außerordentliche Projekt in aller Eindeutigkeit mit dem Kölner Architekturpreis 2024.