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Award / Auszeichnung | 01/2024

Deutscher Hochschulbaupreis 2024

Studierendenhaus der TU Braunschweig

DE-38106 Braunschweig, Pockelsstr. 1

Auszeichnung

Gustav Düsing

Architektur

Büro Hacke Architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

energydesign braunschweig GmbH

TGA-Fachplanung, Bauphysik

Technische Universität Braunschweig

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 11/2022

Projektbeschreibung

Die post-pandemische Hochschulwelt unterliegt einem ständigen Wandel, das neue Studierendenhaus bietet Antworten auf die Frage, was die Rolle des Universitären Campus in der Zukunft sein kann, wenn Vorlesungen und Präsentationen im digitalem Raum stattfinden und KI klassische Lernmodelle herausfordert.

Das Studierendenhaus der Technischen Universität Braunschweig ist ein innovatives, zweigeschossiges Campusgebäude, das für studentische Arbeitsplätze aller Fachrichtungen konzipiert wurde. Das Gebäude auf dem Zentralcampus ist direkt an der Oker gelegen und bildet einen neuen städtebaulichen Auftakt zur Hauptachse entlang des Audimax, Altgebäudes und dem Forumsplatz und gliedert sich in die bestehenden Laufwege der Studienreden ein.

Ziel war es, einen für alle Studierenden zugänglichen und multifunktionalen Raum zu schaffen, der als Ergänzung zu den bestehenden Campustypologien eine neue Art von zeitgemäßer Lernlandschaft bietet. Das Ergebnis ist ein offenes Raumkonzept, das vielfältige Aktivitäten unterstützt und eine flexible Umgebung für Gruppenarbeit, Seminare, Vorträge oder auch Entspannung bietet.

Das Gebäude ist vollkommen hierarchiefrei gestaltet und fördert durch eine freie räumliche Organisation die zwischenmenschliche Kommunikation und interdisziplinäre Wissensgenerierung von Studierenden und Lehrenden gleichermaßen und versteht sich dabei als Gegenmodell zu Räumen der einseitigen Wissensvermittlung wie z.B. Hörsälen.

Die Struktur bildet dabei die Grundlage für alle Aktivitäten und bietet den Studierenden maximale Freiheit in der Nutzung. Um ein Studienfach übergreifendes Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen war das Ziel einen durchweg gleichwertigen Raum zu schaffen in dem es weder Verkehrsflächen noch eine räumliche Trennung zwischen den Geschossen gibt. Anstelle von festen Wänden wurden Zonen entwickelt die als Inseln im Raum über eigene Treppen und Zugänge erschlossen werden. So entstanden verschiedene Bereiche die zu unterschiedlichen Aktivitäten einladen. Von zweigeschossigen Lichtungen zu intimen Rückzugsbereichen und Präsentationsflächen. Das Studierendenhaus zeichnet sich zudem durch eine vollverglaste Fassade aus, die eine hervorragende Tageslichtqualität für alle Bereiche bietet und den Innen- und Außenraum nahtlos verbindet. Schallschluckende Vorhänge, Teppich und Akustikdecken sorgen für eine angenehme Raumakustik die ein gesprächige Atmosphäre erlaubt.

Das Ordnungsprinzip des Gebäudes folgt der Idee der Superstructure, die eine ständige Neukonfiguration des Grundrisses ermöglicht. Diese Flexibilität im Layout macht das Gebäude ephemer und reaktionsschnell, so dass es als neuer Campusbaustein lange relevant bleibt.

Die innovative Stahl-Holzhybridkonstruktion ist komplett demontierbar und ermöglicht eine einfache Montage und De-Montage und folgt dem Prinzip des „Design for Disassembly“. Das auf einem quadratischen 3 x 3m Achsmaß konzipierte Primärtragwerk, bestehend aus Trägern und Stützen, ist modular geplant und setzt sich aus dem immer gleichen 10 x 10cm Quadrathohlprofil zusammen. Die in die Trägerrahmen eingelegten Holzrippen-Decken sind nur punktuell verschraubt, die Fassade ist nicht verklebt und ebenso demontierbar. Neben einer möglichen Nachverdichtung durch das Einziehen weiterer Plattformen könnte das Gebäude auch an einem anderen Ort in einer anderen Form wieder aufgebaut werden und folgt so dem Prinzip des "Materiallagers der Zukunft", in dem nicht nur Gebäudematerialien wiederverwendet werden können sondern ganze Bauteile im Sinne des „zirkulären Bauens“ neue Verwendung finden.

Das energetische Konzept basiert auf einer Fernwärmeversorgung aus 80% regenerativen Energiequellen in Kombination mit Erdsonden zur sommerlichen Kühlung. Der 3m tiefe Laubengang mit Vordach und Balkonen verschattet die Fassade im Sommer und generiert gleichzeitig, wenn im Winter die Sonnen tief steht und die Bäume keine Blätter haben, einen solaren Wärmeertrag. Die bis zu 200 an Laptops arbeitenden Studierenden sorgen zusätzlich für passive Wärmeerträge. Das Gebäude wird über Kippfenster und eine zentrale Oberlichtkuppel natürlich Be- und Entlüftet. Die Steckdosen, Beleuchtung im OG und die nötige Kabelführung sind in die Stützen und Träger integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jura des Deutschen Hochschulbaupreises zeichnet dieses Projekt als vorbildhafte Weiterentwicklung neuer Raumgefüge zum Lernen aus.
Das Studierendenhaus der TU Braunschweig ist eine Aufforderung zur Aneignung. Ein Ort, wo Planen und Bauen neu gedacht wird. Wo Erhalt und Rückbau selbstverständlicher Bestandteil des ganzheitlichen Konzepts darstellt. Das Gebäude bietet einen Ort, der einladende Leichtigkeit und Optimismus ausstrahlt, wo Austausch und Inspiration interdisziplinär gelebt werden können. Das Haus fügt sich sehr selbstverständlich in den innerstädtisch dichten Kontext des Campus, neben dem Hauptgebäude. Die dadurch entstehende stadträumliche Verdichtung führt zu einem räumlichen und inhaltlichen Mehrwert für den Ort und für die Studierenden.

Das offene Raumkonzept ist von allen vier Seiten zugänglich und gibt hinsichtlich der Nutzung und Benutzung keine Bewegungsrichtung im Gebäude vor. Zufallsbegegnungen sind über freie Wahl der Treppennutzung auch hier vorprogrammiert. Der hierarchiefreie Grundriss bietet situative Durchlässigkeit und ein hohes Maß an Flexibilität für unterschiedliche Lernkonstellationen. Das Projekt stellt einen wertvollen Beitrag dar, wie in Zukunft Lernorte für Studierende konzipiert sein können.

Die Konstruktion des Gebäudes basiert konsequent auf einem sparsamen Einsatz von Material und Standards. Teilweise experimentelle Bauweisen sind dabei zukunftsweisend hinsichtlich effizientem Materialwahl und -einsatz zum Beispiel durch die sehr schlanken, vorgefertigten Stahlbauteile. Diese trifft sowohl auf das Tragwerk, wie auf die Fassade als auch auf den Innenausbau zu. Eine sortenreine Rückbaubarkeit der Holz-Stahl-Hybrid-Konstruktion wurde durch den alleinigen Einsatz von Verschraubungen erreicht.

Das Studierendenhaus ist insgesamt sehr kommunikationsfördernd mit einem sehr guten Bezug zum Außenraum. Die Skelettbauweise weist eine sehr gute Anpassungsfähigkeit auf, welche auch durch die Verortung der Nebenflächen nage der treppenhauskerne begünstigt. Die geplante noch nicht realisierte Dachbegrünung wäre wünschenswert. Durch die Erstellung eines Lebenszykluskonzepts (insbesondere der Schutz der Fassadenbauteile durch Auskragungen) werden einfache Wartungsmöglichkeiten begünstigt.