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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Freiraumgestaltung Innenstadt Bleckede

Marktplatz: Blick über die Platzmitte auf St. Jakobi

Marktplatz: Blick über die Platzmitte auf St. Jakobi

3. Preis

Preisgeld: 14.440 EUR

TGP Landschaftsarchitekten Trüper Gondesen und Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neugestaltung der Innenstadt von Bleckede

Die Entwicklung der Stadt Bleckede erfolgte als lineare Stadtanlage parallel zur Elbe. Einst von der Burg, dann vom Schloss ausgehend entwickelte sich die Stadt entlang der Schlossstraße Richtung Süden. Es folgte der Bau der Stadtkirche und weiterer Lehnshäuser an der Breiten Straße. Sie übernahm als aufgeweiteter Straßenraum die Funktion als Markt- und Handelsplatz. Erst im Anschluss folgte auch eine radiale Stadtentwicklung nach Osten Richtung Elbe mit der heutigen Zollstraße und westlich ins Landesinnere Richtung Bleckwerk.

Noch heute ist die Stadtentwicklung als linearer Stadtraum vom Schloss entlang der Wallmauer bis zur Stadtkirche und zum Marktplatz ablesbar und dieses Rückgrat bildet als Hauptader das urbane Zentrum der Stadt Bleckede.

An dem langgezogenen Straßenraum aus Schlossstraße und Breite Straße reihen sich die bedeutenden Gebäude der Stadt wie Schloss, Amtsgericht, Postamt, Jakobikirche, die Alte Apotheke und große stattliche Fachwerkhäuser der Bürger auf. Die stadträumlichen Übergänge von Schloss, Wall, Stadtkirche und Marktplatz waren seit jeher fließend. Die Aufweitung der Breiten Straße ist als Marktplatz definiert, doch die Übergänge zur Jakobi-Kirche und in den weiteren Straßenverlauf Richtung Süden sind fließende Übergänge.

Aus dem Ansatz der stadträumlich fließenden Übergänge ist in der historischen Innenstadt ein zentraler Kernbereich um den Marktplatz und die Stadtkirche ausgebildet.

Eine homogene Pflasterung von Gebäudekante zu Gebäudekante definiert diesen Stadtraum als Marktplatz und Mitte der Stadt. Darüber hinaus setzt sich diese Pflasterung im gesamten historischen Stadtkern als verbindendes Material in den Nebenflächen fort. Im Anschluss an den Kernbereich sind die mittleren Fahrspuren aus Asphalt ausgebildet. Hier erfolgt die Straßenaufteilung nach dem klassischen europäischen Straßenprofil aus beidseitigen Nebenflächen und mittlerer Fahrbahn. Getrennt werden diese Bereiche durch eine Muldenrinne, die auch auf dem Marktplatz Fahr- und Fußgängerbereiche voneinander unterscheidet. Mit diesem Gestaltansatz baut sich ein Pflasterkanon für die Stadt Bleckede auf.

Ein Pflasterkanon für die historische Altstadt
Der Pflasterteppich für den Altstadtbereich wird aus verschiedenen rötlich-grauen Granitsteinen gebildet. Sechs unterschiedliche Formate bilden ein Pflastermodul, dass sich in den Belagsflächen aneinanderreiht und durch die Farbigkeit der verschiedenen Granite einen lebendigen Pflasterteppich bildet. Diese Pflasterung ist im historischen Altstadtbereich von den Stadttoren im Westen und Süden, bis zum Zollhaus und bis zum Schloss als verbindendes Material vorgesehen.
Auf dem Marktplatz, an Querungspunkten im Straßenbereich und vor der Schlossbrücke werden die Granitsteine in verschiedenen Größen von 8 bis 16cm als homogene ebene Pflasterfläche im Blockverband ausgebildet. Gleich Intarsien gliedern Muldenrinnen aus Granit-Werksteinen mit einer Breite von 40cm die Platzräume in Fahr- und Laufbereiche. Sie führen den Verkehr um die reinen Fußgängerbereiche auf dem Platz. Mit der Ausweisung des Kernbereichs Marktplatz als verkehrsberuhigter Bereich erfahren Fußgänger und Radfahrer hohe Priorität und es entsteht ein gleichberechtigter Verkehrsraum. Angrenzend an den Marktplatz sind die Straßen klassisch dreigeteilt. Eine mittlere Fahrbahn mit einer Breite von 5m nimmt den Verkehr von den Stadteingängen auf und führt ihn zur rein gepflasterten Stadtmitte. Die Fahrbahn als aufgehellter Pfeffer-Salz-Asphalt fügt sich mit der hell-dunkel Struktur durch die hellen Zuschlagsstoffe harmonisch in die Pflasterfläche ein.
Stadtgeschichtlich bedeutende Orte sind über eine Folge von Intarsien hervorgehoben. Die Positionen der alten Stadttore sind über eine Spur aus großen Granitwerkplatten mit einer mittigen blauen Lichtlinie gekennzeichnet. Auf dem Marktplatz betont ein Granitrelief als Stadtbrunnen den Mittel- und Kristallisationspunkt von Bleckede. Auch hier kann sich in den Abendstunden die tiefblaue Illumination wiederholen. Vor dem Schloss finden sich die Intarsien in Form des Schlosswappens wieder.

Außerhalb des historischen Stadtkerns schließen die Nebenflächen aus rotem Pflasterklinker und Hausvorbereichen aus Katzenköpfen sowie einem Schwarzasphalt in der Fahrbahn an.


Der Marktplatz als Stadtmitte

In die durchgängig ebene und barrierefreie Pflasterung des Marktplatzes fügen sich sechs unterpflanzte Bauminseln mit Sitzbänken ein. Die amorphen Gräser-Staudeninseln sind Raumbildner, attraktives Gestaltelement und trennen den Verkehr von den reinen Fußgängerbereichen. Darüber hinaus entsprechen sie grünen wie blauen stadtökologischen Gestaltungsansätzen. Als artenreiche Pflanzung steigern sie die Biodiversität, sind Habitat für Vögel und Insekten und wirken kühlend auf das sommerliche Stadtklima. Die offenen Pflanzflächen nehmen das Oberflächenwasser der Belagsflächen auf und leisten mit den Baumrigolen als Retentionskörper eine Versickerung des Regenwassers Vorort.
Die geplanten Gleditschien (Gleditsia triacanthos 'Skyline') sind stadtklimafeste Bäume. Ihre lichten Kronen lassen den Fachwerkgebäuden des Marktplatzes Präsenz und Sichtbarkeit. Den Stadtbesuchern spenden sie Schatten und bestechen durch eine weiße Blüte im Frühjahr und eine leuchtend gelbe Blattfärbung im Herbst.
Die Pflanzinseln sind frei auf der großzügigen Platzfläche verteilt und nehmen gleichzeitig die Funktion der Verkehrslenkung und Raumbildung für die Aufenthaltsflächen wahr. Auf der westlichen Platzseite bilden sie aufeinanderfolgende Raumsequenzen und definieren die Gastronomiebereiche, die Eintritte in die Twieten und den Standort einer Kleinarchitektur (WC).

Der Marktplatz bildet für die Twieten, insbesondere den Fährweg den Ausgangspunkt um zur Elbe zu gelangen. Im historischen Altstadtbereich sind die Twieten entsprechend den Platz- und Straßenflächen gepflastert. Im Anschluss folgen sie dem Pflasterkanon der Stadt und sind in einem rötlichen Pflasterklinker gehalten.

In der Gabelung der Straßen definieren die Baumstellungen eine Platzmitte, die von einem zentralen Wasserspiel besetzt ist. Ein kreisrundes Brunnenrelief zeichnet die historischen Wasserläufe der Stadt Bleckede nach. Über einen Wasserfilm von 1-2cm sind die Verläufe der Elbe und Altarme erkennbar. In den Sommermonaten wird das Wasserspiel mit kleineren und größeren Fontänen ein lebendiger Anziehungspunkt für Jung und Alt sein. In den Abendstunden bildet das illuminierte Wasserspiel den stadträumlichen Mittelpunkt von Bleckede.
Wie die gesamte Platzfläche ist auch das Wasserspiel überfahrbar und der Bereich kann in den Wintermonaten für die Aufstellung von Veranstaltungen und Weihnachtsmärkten genutzt werden.
Die Platzmitte öffnet sich zur Jakobikirche, so dass der Marktplatz und der Kirchhof fließend ineinander übergehen. Der Baumkranz aus Linden und ein Materialwechsel von Pflaster zu wassergebundener Wegedecke und Wiese kennzeichnen den Wechsel vom weltlichen Stadtraum mit Handel, Wohnen und Gastronomie zu dem geistigen Kirchenraum.

Kirchplatz St. Jakobi

Der Kirchplatz St. Jakobi wird als blühende Spiel- und Liegewiese mit einem umgreifenden Ring aus wassergebundener Wegedecke mit dem Baumkranz aus Linden konzipiert. Unter den Kopflinden sind Bänke, Picknicktische und Spielelemente angeordnet und bauen neben dem urbanen und geschäftigen Marktplatz ein weiteres ruhigeres Angebot des Aufenthalts und der Naherholung auf. Hier können Familien mit Kindern an den Tischen und Spielelementen verweilen, Radwanderer rasten oder Stadtbesucher im Schatten und im Grünen eine Pause einlegen.

Im Übergang zur Schlossstraße wiederholt der Entwurf die Pflanzinseln und Baumpflanzungen des Marktplatzes als vorgelagertes Entrée zur Stadtkirche. Bänke laden die Kirchbesucher hier zum Austausch und Verweilen ein.


Die Schlossstraße
Die Schlossstraße ist als ebener absatzloser Straßenraum mit der Ausweisung als shared space mit einem mittigen Pfeffer-Salz-Asphalt geplant. Nach der 3m breiten Fahr- und Laufspur leiten beidseitige Muldenrinnen in die Pflasterung aus rötlich-grauen Granitsteinen über, die auch hier als verbindendes Material der Altstadt zum Schloss führen. Die stadträumlich bedeutende Führung und Hinwendung der Wallmauer zur Stadtkirche St. Jakobi ist weiterhin freizuhalten und darüber hinaus zu betonen. So sind Ausstattungsgegenstände wie Mastleuchten und Bänke sowie eine lockere Reihe Apfelbäume auf die gegenüberliegende Seite gesetzt. Vor dem Wallgang zum Schloss und in Bezug zum Alten Amtsgericht ist als Auftakt und Entrée ein kleine Platzfläche angelegt. In der Pflasterung sind Intarsien eingelegt, die in Farbigkeit und Form eine Reminiszenz an das Schlosswappen darstellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch eine einfache, klare Struktur mit ihrer guten Übersichtlichkeit in den drei einzelnen Zonen: Zentraler Kernbereich, Straßen des historischen Kerns sowie die Lauenburger Straße als Teil der regionalen Verbindung. Der Entwurf bietet eine gewisse Offenheit, um zukünftige Anforderungen an unterschiedliche Nutzungen adaptieren zu können.

Besonders hervorzuheben ist die Kombination von asphaltierten Bereichen (Pfeffer und Salz) sowie einem Pflasterteppich aus verschiedenen rötlich-grauen Granitsteinen. So werden nachvollziehbare Bereiche unterschieden.

Der Marktplatz wird mit sechs Bauminseln überstellt. Die Auswahl der Gehölze ist stimmig, weil die Verfasser mit Gleditsia triacanthos eine Baumart gewählt haben, deren lichte Kronen sowohl Schatten spendet als auch Blicke auf die historische Bebauung zulässt. Die Anbindung vom Marktplatz zur Kirche ist nicht gelungen. Hinsichtlich der Klimaanpassung und dem Umgang mit Starkregen wurde im Entwurf eher zurückhaltend umgegangen.

Es ist positiv herauszustellen, dass das Umfeld der Kirche zur Aufenthaltszone überplant wurde.
Gut gelungen ist auch der Auftakt/ das Ende der Schlossstraße als visueller Ankerpunkt zur Leitung der Besucher aus der Altstadt bis hin zum Schloss.

Ebenso positiv sind die Intarsien, die über den Stadtboden verteilt sind und u.a. das Große und das Kleine Stadttor abbilden und Besucher durch die Stadtgeschichte leiten können.

Insgesamt wurden von den Verfassern die Flächen für den ruhenden Verkehr nachgewiesen, jedoch ist der Gesamtentwurf im Innenstadtbereich auf den PKW ausgelegt und die Konkurrenz zum Fahrrad- und Fußgängerverkehr nicht aufgelöst.
Schlossstraße: Blick über den Wall Richtung Stadtmitte

Schlossstraße: Blick über den Wall Richtung Stadtmitte

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Lageplan Mitte M 1:200

Lageplan Mitte M 1:200

Detail Marktplatz M 1:50

Detail Marktplatz M 1:50

Lageplan Süd M 1:200

Lageplan Süd M 1:200

Detail Breite Straße M 1:50

Detail Breite Straße M 1:50

Lageplan Nord(1) M 1:200

Lageplan Nord(1) M 1:200

Lageplan Nord(2) M 1:200

Lageplan Nord(2) M 1:200