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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Erschließungs- und Freiraumplanung Hintere Insel Lindau

Visualisierung: David Willner

Visualisierung: David Willner

Anerkennung

Preisgeld: 17.000 EUR

adlerolesch GmbH

Landschaftsarchitektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Fortführung Rahmenplanung: „Wir bauen weiter“
Der vorgelegte Entwurf für die Freiraumplanung der hinteren Insel greift die ausgereiften Ideen der städtebaulich-freiraumplanerischen Rahmenplanung auf und formuliert diese auf der Ebene der Objektplanung aus. So werden insbesondere die übergeordneten Grundideen wie die Zonierung der Stadträume über Grünflächen und Bäume, sowie der durchgehende Stadtboden aus Granitpflaster als wertvolle Grundlage für eine Ausformulierung gesehen.
Auch wenn der übergeordnete gestalterische Rahmen gesteckt ist, werden die einzelnen Platz- und Grünräume in diesem neu entstehenden Stadtgebiet von Lindau als einzigartige und wieder erkennbare Freiräume entworfen. Auf den Ebenen Raumbildung durch Bäume, Sondermaterial auf dem Boden, Mobiliar, Wasser und Beleuchtung erhält jeder der einzelnen Orte besonderes Augenmerk, welches auf den jeweiligen Genius Loci reagiert. Das Gesamtbild soll dabei gestalterisch zeitlos, langlebig, klimatolerant und angemessen sein.

Der neue Bahnhofsplatz: „Inselportal“
Für den neuen Bahnhofsplatz wird ein ruhiges und geordnetes Gesamtbild angestrebt. Das Ankommen und Abfahren, sowie das Durchströmen von Ost (Altstadt) nach West (Hintere Insel) soll ermöglicht werden. Dafür wird eine der nördliche Platzbereich am großen Bahnhofsdach von einer unterbrochenen Baumreihe (Platanen) besetzt und mit großmaßstäblichen Bahnhofsbänken ergänzt. Notwendige Ticketschalter, Infotafeln und Schließfächer werden linear vor Kopf der Gleisenden verortet. Südlich der Platanen wird der Bahnhofsplatz als Verkehrs- und Bewegungsraum freigehalten. Vorgelagert vor den Bäumen werden hohe Lichtmasten in Reihe gesetzt.

Platz am Hauptpostamt: „Auftakt Maximilianstraße“
Dieser Platz lebt vom historischen Hauptpostamt und der Tatsache, dass etwas weiter östlich die Fußgängerzone von Lindau, die Maximilianstraße, beginnt. Beides soll zukünftig hier erlebbar werden. Damit der der Platz räumlich funktioniert, wird dieser durch eine mittige Baumgruppe (mehrstämmige blühende Gehölze wie Kobus Magnolie und Zierkirsche) künstlich verengt. Somit erhält auch das Radhaus ein eigenes Vorgelege. Der Endpunkt der Maximilianstraße wird als große hölzerne Sitztribüne ausformuliert, welche vom regulären Lagern bis zur Eventnutzung verschiedene Möglichkeiten bietet.

Quartiersplatz Süd: „Klimaplatz“
Der Quartiersplatz Süd wird im Gegensatz zu den oben genannten Plätzen räumlich geschlossener gesehen. Hier steht eine Nutzung auf Quartiersebene im Vordergrund. Aus diesem Grund wird ein flächiges Baumdach hier als Motiv gewählt. Dieses soll in Form eines Klimahains mit unterschiedlichen Klimabäumen (Schnurbaum, Zürgelbaum, Blumenesche, Gleditsie) auf einem Feld von wassergebundener Decke erfolgen. Unter das Baumdach werden verschiedene Angebote platziert: Ein lockerer Rahmen aus hölzernen Liegen, ein flaches Wasserbecken aus Ortbeton und ein korrespondierendes Kletterelement. Die Gesamtgestaltung dient auch kurzfristig als tragfähig wenn die angrenzenden Baufelder erst sukzessive entstehen.

Quartiersplatz Mitte: „Auf verschiedenen Ebenen“
Der Quartiersplatz Mitte hat herausfordernde Ränder im Osten (Brauerei) und im Westen (Tiefgaragenabfahrt). Aus dieser Not macht der vorliegende Entwurf eine Tugend und konzentriert die Gestaltung bewusst auf diese Ränder. So wird die hohe Mauer zur Brauerei durch eine vorgelagerte Stufenanlage nicht mehr so dominant und der Schatten der dahinter stehenden Bestandsbäume wird nutzbar. Auch gegenüber ist das Arbeiten mit verschiedenen Höhenniveaus Thema: Zwei Bestandsahorn können auch hier erhalten werden und gemeinsam mit zwei Neupflanzungen (Spitzahorn) auf eine leicht angehobenen Ebene (+ 15 cm) aus wassergebundener Decke gestellt. Die dahinter liegende TG-Zufahrt wird über eine mit Stauden bepflanzte Terrassierung versteckt. Als Wasserthema wird hier ein linearer Wassertisch vorgeschlagen, der mit leichtem Gefälle einen stetigen Wasserfluss aufweist und zur Kühlung beiträgt und Spielwert besitzt. Insgesamt wird auch hier ein Fokus auf die Quartiersnutzung gelegt.

Südpark: „Gleispark und grünes Bodenseeufer“
Der Südpark lebt von seinem bereits aktuell wertvollen Kontext. Die Eilguthalle als bauliches Relikt begrenzt den Park eindeutig nach Osten und wird bereits jetzt gastronomisch im Süden genutzt. Zentral liegen die Gleisanlagen und am Uferweg beeindrucken die großen Kastanien und der Blick auf den Bodensee. Diese Dinge werden aufgegriffen und ergänzt. Als zentrales Element wird eine klar gefasste Parkwiese (multifunktional auch für Events) eingeführt. Die Gleise sowie die prägnanten Gleisleuchten werden als Relikte in die Gestaltung integriert. Als neues Element werden bewegliche Sitzdecks vorgeschlagen welche vor der Eilguthalle (Sonne) und unter den neuen und alten Bäumen im Osten (Schatten) Platz finden. Zur Kühlung wird eine feine Seilkonstruktion mit Nebeldüsen über der Parkwiese gespannt. Der aktuell lückenhafte Baumbestand am Ufer wird aufgedoppelt und ragt über die Uferpromenade in die Parkwiese hinein.

Konstruktion Fußgängerbrücke: „Form follows function“
Grundlegend für die Wahl eines geeigneten Tragsystems für die Brückenkonstruktion waren die folgenden Randbedingungen: Nutzung aller zur Verfügung stehenden Auflagerpunkte zur Minimierung der Spannweiten | Wahl eines Tragsystems mit oben liegendem Tragwerk zur Reduktion der Treppenlängen unter Berücksichtigung der geforderten Lichtraumprofile an den Brückenenden | Integration der freien Blicke in Richtung des Bodensees und der Alpen | Aufgreifen der Sichtachsen zwischen Gebäude N4 und N6 der neuen Quartiere im Westen sowie zwischen Bestandsgebäuden und Diebsturm im Osten | Einfaches Montagekonzept mit Nutzung der Vormontageflächen im Bereich zwischen der Thierschstraße und dem Gleisfeld.
Ausgehend von diesen Randbedingungen entwickelt sich ein trogförmiger Stahlbauquerschnitt mit dem Momentenverlauf angepassten Brüstungshöhen. Im Bereich geringer Beanspruchung werden Brüstungsöffnungen zur Ausbildung von Aussichtsplattformen angeordnet. Hier tragen ausschließlich die in das Brückendeck integrierten seitlich angeordneten Stahlhohlkästen.
Die Absturzsicherung erfolgt über ein alternierendes Stabgeländer. Über die Geländer sowie die Hohlkästen wird der Holm aus Holz in einem durchgehenden Band ausgebildet. Im Bereich hoher Beanspruchungen wird der Stahlhohlkasten in der gesamten Brüstungshöhe mit seitlichen Stahlwangen und oben sowie unten liegenden Flanschverstärkungen tragend ausgebildet.
Der Trogquerschnitt liegt im Bereich der Gleise über im Unterbau integrierte Querträger auf mittig angeordneten Stahlbetonstützen auf. In Querrichtung wird der Trogquerschnitt über die in der Brüstung integrierten Steifen in Verbindung mit den Bodensteifen stabilisiert. Die Bodensteifen im Raster von 1,25 Metern wirken gleichzeitig als Querträger und tragen das Bodenblech und das unterseitige Deckblech. Im Bereich der Stützen werden die Bodensteifen mit Flanschverstärkungen zur Querverteilung der Auflagerlasten ausgebildet.
Die Brückenkonstruktion ist in integraler Bauweise konzipiert und wird über die Einspannung der Stahlbetonstützen ausgesteift. Die Gründung der Stahlbetonstützen erfolgt über Bohrpfähle und darüber angeordneten Pfahlkopffundamenten.

Nachhaltigkeit/Wirtschaftlichkeit Fußgängerbrücke: „Nur so viel Material wie notwendig“
Der Brückenquerschnitt unter der Gehwegfläche sowie die Trogseiten sind dichtgeschweißt und mit einem Korrosionsschutzsystem gemäß ZTV-KOR versehen. Die Wahl des Tragsystems in integraler Bauweise ohne Lager, das Dichtschweißen der Hohlkästen und die ebene Untersicht der Brücke minimieren den Aufwand bei Brückeninspektionen. Der hohe Vorfertigungsgrad, das effiziente Tragwerk, geringe Sperrzeiten bei der Montage, die Brückenkonstruktion aus recycliertem Baustahl und die mögliche spätere leichte Demontierbarkeit der Konstruktion mit klarer Materialtrennung sorgen für eine nachhaltige und gleichzeitig robuste Bauart.

Bauablauf Fußgängerbrücke: „Modulare Vorfabrikation“
Die vormontierten Trogquerschnitte werden in Einzellängen von bis zu 35m über die Thierschstraße an das Baufeld geliefert und mit zwei Mobilkränen auf die vorab erstellten Stahlbetonstützen und in diesem Bereich temporär angeordneten Traggerüsten in die Endlage eingehoben und bauseits witterungsgeschützt verschweißt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Thierschstraße als Haupterschließung wird auf der Westseite mit Einzelbäumen gegliedert, die gut nutzbare Stellplätze für das nördliche Quartier bereitstellen. Mit Beginn des südlichen Quartiers mündet die Thierschstraße in einen gut ausgebildeten Wendebereich, der dafür sorgt, dass der MIV nicht weiter einfahren kann. Die Haltestellen für den ÖPNV sind in räumlich funktionalem Bezug zum Bahnhofsbereich und somit gut positioniert. Auch Taxistände und Kurzzeitstellplätze sind sinnvoll angeordnet. Die Abfolge der urbanen Plätze und die Klarheit in deren Raumstrukturen überzeugt. Es wird eine klare Abfolge von Grünstrukturen in Form von Baumpflanzungen bis zum Südpark erreicht, welche die Bereiche zwischen den Gebäudekörpern gut gliedern.

Der Bahnhofsplatz selbst wird durch eine Baumreihe strukturiert, die sich in einer wassergebundenen Decke mit Sitzgelegenheiten befindet. Dies ermöglicht es den Bahnkunden, auf kurzen Wegen und ohne Überqueren der Straßenfläche den Bahnhalt zu erreichen. Allerdings stellt die Baumreihe ein sehr reduziertes Gestaltungselement dar und gliedert den Bahnhalt nur bedingt. Es bleibt der Eindruck einer großflächig versiegelten, offenen Fläche bestehen. Auch die Einbindung des südlich begrenzenden Baukörpers ist gestalterisch nur schwach ausgeprägt. Das dargestellte Ende der Maximilianstraße wird mit der „Maxibühne“ aufgefangen, es ist fraglich, ob diese an der richtigen Stelle liegt da das Gebäude „Alte Post“ künftig keine öffentliche Funktion mehr haben wird. Folglich hat dieser Platz in Zukunft eine untergeordnete Bedeutung. Die Ergänzung der Verschattung der Parkplätze auf der Ostseite wird als gelungen angesehen. Die Gestaltung des Quartiersplatzes Mitte verspricht eine hohe Aufenthaltsqualität und verbindet die Funktionen Ausruhen, Aufenthalt und Sport. Der Quartiersplatz im Ideenteil wird durch ein enges Baumraster mit offener Wasserfläche ausgebildet und schafft so eine hohe Aufenthaltsqualität und Unverwechselbarkeit des Ortes. Der Südpark „Fuchsloch“ wird strukturell zweigeteilt. Am West- und Südrand erfolgt eine dichte Bepflanzung der Promenade mit Bäumen während im zentralen Bereich eine rechteckige Platzfläche mit Schotterrasen ausgebildet multifunktional nutzbar sein soll. Während kleinere Veranstaltungen auch unter den Bäumen im Randbereich möglich wären, müssen größere Veranstaltungen im zentralen Bereich untergebracht werden. Schwierig scheint der Übergang zwischen urbanem Raum und Grünfläche im nördlichen Bereich. Er schafft keine räumliche Klarheit.

Die Materialität der Beläge wird als gut bewertet. Die Auswahl der Baumarten mit exotischen Gehölzen spiegelt die besondere Situation von Baumstandorten im Stadtraum wieder und wird als angemessen bewertet.

Der Bahnhofsplatz ist verkehrlich funktional gut ausgebildet. Die Platzgestaltung der Quartiersplätze Mitte und Süd ist gut nutzbar. Der Entwurf erfüllt die Anforderung des Fuchslochs an einen Multifunktionalen Gebrauchspark durch die Ausbildung als Schotterrasen. Durch das Belassen vorhandener Bahninfrastrukturen wird die Nutzbarkeit jedoch teilweise erschwert.

Das geplante Brückenbauwerk ist als Trogbauwerk aus Stahl / Stahlbeton geplant und scheint in Längsabwicklung elegant. Die Geländer sind teilweise als Staketengeländer, teilweise mittels flächiger Blechfüllung vorgesehen, was planerisch positiv zu werten ist. Kritisch wird die Aussichtsplattform gesehen, da die beabsichtigten Sichtbeziehungen in die Alpen und in die Altstadt teilweise durch nicht historische Gebäude versperrt werden. Das statische System ist nicht durchdacht und wird so nicht funktionieren.

Die Kostenansätze insbesondere der Brücke scheinen als zu niedrig angesetzt und diesbezüglich werden auch erhöhte Unterhaltskosten erwartet.

Die Planung weist im urbanen Teilbereich einen hohen Versiegelungsgrad mit Pflasterbelägen auf, die jedoch als wasserdurchlässig gelten. Es ist dennoch starke Hitzeentwicklung vor allem im Sommer zu erwarten. Gut gelöst hingegen sind der Quartiersplatz Süd mit dem intensiven Baumraster sowie die Randbegrünung im Westen und Süden des Fuchslochs.
Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3

VisuSkizze

VisuSkizze

VisuSkizze

VisuSkizze

Detail/Ansicht Brücke

Detail/Ansicht Brücke

Schnitte

Schnitte