modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Innovationsquartier zur Landesgartenschau 2027 in Wittenberge

ein 3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Zimmer frei! – Die blau-grüne Stube am Külzberg

Platte neu gedacht: Das Quartier zum Mitmachen!
Das gab es noch nie: Eine Landesgartenschau in Wittenberge. Dazu werden in der Elbstadt Maßnahmen ergriffen, um bestehende innerstädtische Grünflächen zu optimieren, innovative Nutzungskonzepte für nicht mehr benötigte Wohnflächen zu entwickeln, ungenutzte grüne Infrastruktur nachhaltig umzugestalten und das städtische Grün an den Klimawandel anzupassen. Mittendrin und als Teil der LAGA liegt das Plattenbauviertel Külzberg aus DDR-Zeiten. Wohnraum für Licht, Luft und Sonne, der über die Jahrzehnte den modernen Anforderungen an städtisches Wohnen nicht mehr standhalten kann. Wohnungen stehen leer und der Freiraum, der die Bauten umgibt, sehnt sich nach Nutzungsmöglichkeiten, um die Nachbarschaft zu beleben. Ein Umdenken ist nötig, um das Quartier zukunftssicher und das Wohnen wieder attraktiv zu gestalten. Zwei nahezu leerstehende Wohnblöcke an der Straße der Einheit werden abgetragen und ein angrenzender Wohnblock so transformiert, dass durch attraktivere Grundrisse eine Mehrgenerationen-Bewohnerschaft einziehen kann. Durch den Abriss der Wohneinheiten entsteht hier eine Freifläche, die mit Leben gefüllt werden muss. Dabei soll mehr als eine homogene Rasenfläche gestaltet, werden um als grünes Innovationsquartier Teil der grünen Transformation Wittenberges zur Landesgartenschau 2027 am Standort Külzberg beizutragen.

In unserem Sinne soll das Quartier mit und für die Bewohner*innen aus dem Viertel gestaltet werden. Die Innovation steckt dabei bereits in den Anwohnern selbst. Als Basis dafür ist ein landschaftsarchitektonischer Entwurf für das Quartier, der mit dem Klimawandel plant, Regenwasser nutzt, Material aus den ehemaligen Plattenbauten recycelt und die Geschichte des Ortes bewahrt. Durch das Einbeziehen der Nachbarschaft entsteht im Innovationsquartier ein neuer Ort, der die persönlichen Prägungen und Erinnerungen der Anwohner*innen beinhaltet.

Die Phasen/ Der neue Lebenszyklus der Plattenbauten
Startschuss für das Innovationsquartier ist der Abriss der ehemaligen Plattenbauten. Dabei werden die Bausteine der Gebäude gesammelt und aufbereitet. Was mal Wand war, wird im neuen Quartier die Grundlage für den Wegebau bilden und als Boden für nachbarschaftliche Treffen fungieren. Die typischen Wäschestangen aus den durch meist ungenutzte Rasenflächen bestehenden Vorgärten werden gerettet und gelagert. Baumaterial für zukünftige Projekte! In der zweiten Phase wird mit der Nachbarschaft Külzberg in einem Mitmachlabor die Innovation entworfen. Zusammensitzen, Ideen sammeln und vor allem gemeinsam anpacken. Aus den Überbleibseln des Plattenbaus werden Pavillons, Bänke und Beete für das Quartier und die LAGA gebaut. 2027 ist es dann so weit, Phase 3 beginnt. Wittenberge blüht auf und im Innovationsquartier herrscht ein reger Austausch zwischen Ausstellungen und Workshops zum Thema Wasserkreislauf, Nachhaltiger Planung, etc. Nach Abschluss der Landesgartenschau wird das Quartier wieder an seine Bewohner*innen übergeben. Phase 4 und damit die letzte Phase leitet den neuen Alltag und das Zusammenleben im Quartier ein. Gemeinsames Gärtnern, Grillen oder kleine Feste sollen den Freiraum prägen. Zu besonderen Festen wie Ostern trifft sich die Nachbarschaft, um zu schauen, wer beim Eiertrudeln vom neuen Spielberg die Nase vorn hat.

Das Neudenken / Der Entwurf
Unser landschaftsarchitektonischer Entwurf arbeitet eng mit der Geschichte des Ortes zusammen. Ziel ist es, die Plattenbauten als Zimmer / Räume ohne Grenzen erlebbar zu machen und eine neue, grüne Mitte zu erschaffen.
Der Grundgedanke ist, nicht nur das Material der Platten zu recyceln, sondern auch den ehemals alltäglichen Lebensraum von innen nach außen in den Freiraum zu projizieren. Die ehemaligen Grundrisse der Gebäude werden mit recyceltem Material der Geschossdecken und Außenwandblöcken befestigt und dienen als Community und Bewegungsfläche. Zwischen den Platten werden grüne Fugen ausgebildet, um die befestigte Fläche versickerungsfähig zu gestalten. Das Freiraummobiliar besteht aus den gestapelten Bauteilen der Plattenbauten. Eingefasst von einem Rundweg entsteht zwischen den neuen Plätzen eine Grüne Mitte mit Retentionsmulde, Bauwiese, Blühwiese mit Klima-Hain und Spielberg. Die neue Mitte wird durch einen üppigen Blühsaum umschlossen. Im Norden ist das Innovationsquartier an den Friedhof und den Stadtpark angebunden. Im Süden wird das Quartier über die Straße der Einheit erschlossen.

Grüne Mitte
Die Grüne Mitte besteht aus drei verschiedenen Zonen. Im Westen, abgesetzt in einer Mulde, befindet sich ein Retentionsraum sowie die Bauwiese. Mittig befindet sich eine artenreiche, klimaresiliente Blühwiese, die durch den Altbestand der Bäume ergänzt wird und zum neuen schattigen Klima-Hain wird. Hier finden sich ausreichend großzügig dimensionierte Bänke die zum Verweilen einladen. In der dritten Zone wurden Spielberge als leichte Rasenhügel aufgeschüttet, die als Bewegungslandschaft für die Kinder im Quartier dienen. Die Grüne Mitte versteht sich als neuer informeller, öffentlicher Treffpunkt im Quartier.

Der grüne Rahmen
Ein üppiger Rahmen aus Blühwiesen bettet die neue, Grüne Mitte harmonisch in das Gesamtgefüge ein. Dabei bildet der neue Blühsaum einerseits eine natürliche Barriere zur Straße im Süden und andererseits eine nahtlose Grünverbindung zu den benachbarten Parkflächen im Norden. Dieser artenreiche Blühsaum trägt zu einer Erhöhung der Biodiversität im Quartier bei. Im Westen geht er in eine Wiese über und stellt so eine natürliche Verbindung zum angrenzenden Modellwohnblock und Cafe-Garten dar. Zusätzlich wird der Bestand an Bäumen durch eine Vielzahl an klimaverträglichen Neupflanzungen ergänzt.

Plattensammlung & Grüner Pavillon
Die Plattensammlung bietet Raum für Feste, Flohmärkte oder Workshops. Der Ort fungiert als kleiner Quartiersplatz und kann während der LAGA als Ausstellungsort genutzt werden. Mit Sitzkante zur Grünen Mitte kann der Platz als Bühne und die Wiese als Sitzfläche genutzt werden. Der Grüne Pavillon ist während der zweiten Phase durch die Anwohner*innen aus den Wäschestangen des Quartiers entstanden. Rankende Pflanzen lassen den Ort zu einer grünen Stube werden, wo sich die Nachbarschaft zum Austauschen trifft. Hier kann während der Landesgartenschau ein innovativer Umgang mit Wasser gezeigt und veranschaulicht werden. Im Alltag spenden die gewachsenen Grünstrukturen daraufhin weiteren Schatten für die Anwohner*innen.

Bewegungsbereich & Nachbarschaftsgarten
Im Spielzimmer gibt es Raum, in dem sich die Kinder des Quartiers austoben können. Während der zweiten Phase haben die Kinder und Heranwachsende die Möglichkeit mitzuentwerfen und die Spielgeräte für ihr Spielzimmer mitzuplanen. Neben einem Spielzimmer für die Kinder gibt es einen Bewegungsraum mit einer Calisthenics-Anlage für (herangehende) Erwachsene. Südlich der Bewegungsräume befindet sich der Nachbarschaftsgarten von Külzberg. In Hochbeeten und auf Ackerflächen können die Anwohner*innen hier eigenes Gemüse anpflanzen und zusammen gärtnern.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich durch zwei zentrale Elemente aus: 1. Der umfassende Beteiligungsprozess vom Entwurf über die Umsetzung bis zur späteren Nutzung unter Einbeziehung der Bevölkerung Wittenbergers und insbesondere des Quartiers ist zeitgemäß und soll die Akzeptanz der Neugestaltung und Aneignung der Flächen sichern. Dieser Beteiligungsprozess ist konsequent über mehrere Phasen vom Realisierungsprozess über die Zwischennutzung LAGA bis zur späteren Erstnutzung und Weiterentwicklung durchdacht. Er entspricht zudem dem genossenschaftlichen Charakter, der im Quartier verhaftet ist. Die Arbeit ist im Wettbewerbsfeld die einzige, die dies in diesem Umfang und Konsequenz darstellt. Das zweite Element ist der Grundgedanke des Entwurfs - zwei Wegeachsen im Norden und im Süden, die die Anbindung der Fläche an die Umgebung abdecken und dennoch eine Verbindung zur „(grünen) Mitte“ zulassen. Die „(grüne)Mitte“, die zentral im Entwurfsgebiet auf den Gebäudeumrissen der abgerissenen Blöcke ausgebildet wird, ist das klar erkennbare Herzstück des Entwurfs. Dort wer- den mehre Anforderungen der Wettbewerbsaufgabe erfüllt - Erinnerungskultur (Umrisse der Blöcke) - Gemeinschaftsflächen / Quartiersplatz - Urban Gardening - Spiel und Spaß - Grün- und Freiraum. Durch die Kombination von Grün- und Freifläche mit befestigter Fläche ergibt sich auf einem räumlich eingegrenzten Bereich eine große Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten, die der Entwurf umfassend darstellt. Dadurch wirkt er allerdings auch überfrachtet. Die Offenheit und die Experimentierfreude, die der Entwurf durch das Beteiligungskonzept vermittelt, wirkt durch die komplett durchgeplante „(grüne) Mitte“ mit fixen Nutzungszuweisungen und Wegestrukturen einschränkend. Hier ist mit den am weiteren Entwurfsprozess beteiligten Personen klar zu definieren, mit welchen Elementen man beginnt. Ob die Entwicklung dann weitergehen wird, wird der Beteiligungsprozess zeigen. Der Entwurf bildet einen klaren Rahmen der zukünftigen kooperativen Weiterentwicklung. Der Raum, der die „(grüne) Mitte“ umgibt ist absichtlich weit weniger stark strukturiert. Der Verfasser spricht hier von einem Blühsaum ohne näher auf die Art und Weise und die Verantwortlichkeiten einzugehen. Das ist Chance und Risiko zu gleich. Der Entwurf ist sowohl bezogen auf den Entwicklungsprozess, als auch hinsichtlich der Nutzungsviel- falt überfrachtet. Diesbezüglich müssen die zahlreichen Ansätze kritisch hinterfragt und auf Machbarkeit geprüft werden. Der hohe Innovationsgrad steht und fällt mit dem Gelingen der Beteiligung der Bevölkerung und diesbezüglich ergeben sich aus bisherigen kommunalen Beteiligungsprozessen durchaus Zweifel, ob diese von der Phase 1-4 so umgesetzt werden können, dass ein dauerhaft funktionierendes partizipatives Nutzungskonzept entwickelt werden kann. Auch die zahlreichen Ideen des Upcylings werden im Hinblick auf Realisierbarkeit kritisch betrachtet. Schwächen weist der Entwurf insbesondere bei der konkreten Auseinandersetzung mit dem Thema „Bepflanzung“ auf. Hierzu sind nur allgemeine Aussagen zu finden, die eine diesbezügliche Auseinandersetzung mit dem Ort vermissen lassen.
Konzeptplan

Konzeptplan

Präsentationsplan

Präsentationsplan