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Offenes Bewerbungsverfahren | 02/2005

Stahlhof Belval Ouest

Ansicht von Norden

Ansicht von Norden

1. Preis

AllesWirdGut

Architektur

ErlÀuterungstext




"what was has always been,
what is has always been,
what will be has always been" Louis I. Kahn

grundsÀtzliche Fragestellung

Wie schafft man es, die stille, nebelverhangene Stonehenge-AtmosphÀre des verlassenen Industriehofs mit den Anforderungen eines modernen, lebendigen und reprÀsentativen Stadtplatzes zu verbinden?

Wir schlagen ein Konzept vor, das auf den folgenden 5 Grundprinzipien aufbaut:
- gestalterische ZurĂŒckhaltung: → „TEPPICH“
- dafĂŒr aber bestmögliche Ausnutzung des vorhandenen stĂ€dtebaulichen Potentials: → „FRANSEN“
- rĂ€umliche Konzentration der Gestaltung zugunsten der Weite des Platzes: → „INSELN“
- die Dauerbaustelle als Chance: nur soviel bauen wie nötig: → „FUGEN“
- dezente Veredelung der verwendeten industriellen Rohmaterialien: → „NETZ“


01: TEPPICH (Grundform des Platzes)

Der Platz wÀchst wÀhrend der 15-jÀhrigen Bauzeit zu einem eigenstÀndigen ebenen Objekt heran, das zwischen den GegensÀtzen liegt, die ihn umgeben (s. 04: FUGEN).

Dieses Platzobjekt besteht in seiner Grundsubstanz aus einfachem Beton: es bezieht sich deutlich auf die industrielle Vergangenheit seines Ortes. Die OberflÀchen jedoch sind auf verschiedene Weise veredelt und werden so der neuen Funktion dieses Ortes gerecht (s. 05: NETZ).

Im Norden und Osten grenzt der vorhandene Höhenunterschied den Platz deutlich von den umliegenden FlĂ€chen ab. Im Westen an den TreppeneinmĂŒndungen wird die Kante des Platzes durch einen deutlichen Belagswechsel kenntlich gemacht. Im SĂŒden ĂŒbernimmt die große Freitreppe die Pufferfunktion zwischen tieferliegendem Platz und Straße: Ein kleinteiliger Steinbelag setzt sie ab von ihren NachbarflĂ€chen. Großformatige, die Stufen begleitende Wasserbecken aus rostendem Stahl und GrĂŒnflĂ€chen schaffen eine industrieparkartige AtmosphĂ€re als Eingang zum versunkenen Stadtplatz.


02: FRANSEN (Einfluss der stÀdtebaulichen Situation)

Die beiden dominanten LĂ€ngsseiten des Platzes besitzen stark unterschiedliche Charaktere:

Die Westseite ist eine glatte gerade Kante gebildet von moderner Bebauung. Hier mĂŒnden die ZugĂ€nge aus Square Mile und UniversitĂ€tsviertel auf den Platz. Auch der sĂŒdseitige Hauptzugang vom Bahnhof orientiert sich durch die Position von Hotel und Viadukt II zur Westseite. Hier scheint die Sonne vormittags, die GeschĂ€fte im Erdgeschoss der neuen GebĂ€ude stiften stĂ€dtische AtmosphĂ€re. Es ist die dynamische, moderne Seite des Platzes.

Die Ostseite hingegen liegt versteckter hinter Hotel und Viadukt, die kleinteilige Bebauung der Platzkante bildet intime Nischen, die vor allem Nachmittagssonne erhalten. Über allem dominiert hier das an den Platz drĂ€ngende industrielle Massiv aus alter StĂŒtzmauer mit der Seitenwand der Möllerei darĂŒber sowie den alles ĂŒberragenden Hochöfen. Die Ostseite ist die ruhige der Vergangenheit zugewandte Seite des Platzes.

Unser Entwurf nutzt diese Eigenschaften des Ortes um mit verstĂ€rkenden Akzenten auf einfache Weise differenzierte Bereiche zu schaffen: Der westliche, baufĂ€llige Viadukt I wird abgetragen: Seine Linienform wird auf die Punkte der Betonpfeiler reduziert. Auf der schnellen Seite des Platzes gibt es so weniger optische Hindernisse. Durch Aufsatz von großformatigen, leuchtenden WerbewĂŒrfeln erhalten die Pfeiler auf der Westseite eine neue, zeitgemĂ€ĂŸe Funktion. Dieser Umbau der westseitigen Pfeiler sollte sobald wie möglich geschehen, um bereits 2006 ein wegbegleitendes deutliches Zeichen der zukĂŒnftigen VerĂ€nderungen auf dem Platz zu setzen.

Im Gegensatz dazu wird der Viadukt II auf der Ostseite des Platzes erhalten. Er erhĂ€lt die nötige IntimitĂ€t fĂŒr die kleinen PlĂ€tze und Nischen entlang der alten StĂŒtzmauer und kann im Sommer als Schattenspender dienen fĂŒr im Freien sitzende CafĂ©besucher. Er ist ein unangetasteter Vorposten des Alten auf dem neuen Platz.

Wir schlagen vor, die Erschliessung der Hochofenterrasse mit den neuen TransmittergebĂ€uden zu verknĂŒpfen. Zwei der GebĂ€ude werden zugunsten eines noch differenzierteren Nutzungsangebotes geteilt und können in den entstehenden ZwischenrĂ€umen die geforderten Treppen zur Hochofen-terrasse aufnehmen. Gleichzeitig kann man mithilfe dieser GebĂ€ude die unterirdischen Bereiche der Möllerei ebenfalls vom Stahlhof aus erschliessen, um so noch mehr Funktionen an den Platz zu holen. Die Gestaltung der ZugĂ€nge zur Hochofenterrasse als Schluchten und Tunnel dramatisiert ihren Einfluss auf den Platz.

Die Nischen zwischen den GebĂ€uden bleiben so als ruhige PlĂ€tze erhalten und die alte StĂŒtzmauer als atmosphĂ€rischer Hintergrund der Ostseite des Platzes wird nicht zusĂ€tzlich angetastet. Nur eine durchlaufende Bank am Fuße der Mauer schafft zurĂŒckgezogene SitzplĂ€tze in der Westsonne.


03: INSELN (Sonderzonen auf dem Platz)

Um die großzĂŒgige Leere des Stahlhofs nicht abzuschwĂ€chen, konzentieren wir die gestaltenden Elemente auf einige klar definierte Punkte: Inseln, die aus dem Platz emporwachsen, ruhige, abgesetzte Orte des RĂŒckzugs.

Diese Inseln lagern sich hauptsÀchlich im ruhigeren nordöstlichen Teil des Platzes an.

Im SĂŒden hingegen befindet sich die einzige von West nach Ost spannende FlĂ€che des Platzes, die nicht durch die Viadukte von den PlatzrĂ€ndern abgeschirmt wird.

Mithilfe von gleichmĂ€ĂŸig verteilten VersorgungsschĂ€chten wird sie, ohne aus dem Gesamtplatz herauszufallen, zu einer multifunktionalen Plattform ausgebildet, die je nach Jahreszeit unterschiedlichste Veranstaltungen wie Messen, MĂ€rkte, Feste, Konzerte etc. beherbergen kann.
Die Inseln im einzelnen von Nord nach SĂŒd:

01 SitzwĂŒrfel

Betonblöcke in Sitzhöhe, zusammengefasst und vom Platz abgehoben durch ein gemeinsames Podest, bilden einen intimen Steingarten. In jeden Block eingelassen sind eine hölzerne Sitzbank und eine stÀhlerner Pflanztrog. Als Bepflanzung werden hochwachsende GrÀser vorgeschlagen.

02 Sitzgarten

Eine breite, niedere Betonmauer umfasst einen Birkenhain. In diese Mauer eingearbeitet sind verschiedene hölzerne Sitzschalen, die je nach Position gesellige oder ruhige, sonnige oder schattige Aufenthaltsorte bieten. MĂŒllbehĂ€lter und FahrradstĂ€nder sind ebenfalls in die Mauer integriert.

03 Kanzel

Die freistehende Betontreppe ermöglicht einen Perspektivwechsel und damit eine zusĂ€tzliche Art der Kontaktaufnahme mit den ĂŒbrigen Platzbenutzern. In ihrem Bauch befindet sich eine wettergeschĂŒtzte Sitzhöhle.

04 Sonnendeck mit Tretbecken

Ein erhöhtes Rechteck aus Holzrosten und Wasserstreifen bildet einen Ort der Entspannung mitten im Zentrum des Platzes. Einzelne BĂ€ume sorgen fĂŒr Schatten und die nötige rĂ€umliche Verankerung.

05 Catwalk/BĂŒhne

Entlang des Hauptwegraums schafft eine großflĂ€chige Plattform eine vielfĂ€ltig nutzbare PrĂ€sentationsflĂ€che. Hier kann das örtliche Autohaus die neuen Modelle vorstellen, der Kunstverein stellt seine Werke aus, der russische Matrosenchor singt fĂŒr den Weihnachtsmarkt.

06 Treffpunkt am Fahrstuhl

Der Fahrstuhl wird mit einem Podest im Platz verankert, das durch seine Sitzstufen zum Aufenthaltsort wird und damit zu einem natĂŒrlichen Treffpunkt am Übergang vom Platz zum Rest der Welt.

archÀologische Fenster: der alte Stahlhof

An drei Punkten wird die FlĂ€che des neuen Platzes ausgespart, sodass die alte Stahlhof-OberflĂ€che sichtbar bleibt. Je nach Frequentierung des Platzes können diese Bereiche entweder als ParkflĂ€chen benutzt werden (z.B. zum Boulespielen) oder sie bleiben Reservate fĂŒr die örtliche Natur inmitten des neuen Stadtzentrums.


04: FUGEN (Bauphasen)

Ein Netz aus deutlich akzentuierten Fugen setzt durch einfaches Aufnehmen der stÀdtebaulichen Grundlinien die Platzbestandteile mit den PlatzrÀndern in Beziehung. Platz und Umgebung werden so auf ablesbare Weise buchstÀblich miteinander verwebt.

Diese Fugen fassen die Betonierabschnitte des Platzes in Stahlkanten ein und grenzen sie durch Bewegungsfugen voneinander ab. Ein Patchwork aus unterschiedlich großen Platten entsteht.

Mit diesem System ist es möglich, den Platz zusammen mit der sukzessiv entstehenden Bebauung Schritt fĂŒr Schritt weiterzubauen: Nach jeder Bauphase (s. Blatt 4) entsteht so ein in sich fertiger, den derzeitigen Bedingungen angepasster Platz.

In das Fugenmuster sind die nötigen linearen EntwÀsserungen (ACO E 150 K, Gussrost D400) integriert.

Fast zwei Jahrzehnte werden Baustellen Teil des Stahlhofs sein. Daher sehen wir die notwendigen temporĂ€ren Einrichtungen wie BauzĂ€une und Überfahrschutz von bereits fertiggestellten Platz-abschnitten als Teil der Platzgestaltung an. Wir schlagen dafĂŒr wiederverwendbare Metallplatten vor, die zusammen mit den Baustellen als horizontale und vertikale Abschirmungen ĂŒber den Platz wandern.


05: NETZ (Materialien, Möblierung, Beleuchtung)

Ein zweites, feineres Linienmuster aus Dehnungs- und Zierfugen, das gleichmĂ€ĂŸig ĂŒber den gesamten Platz gezogen wird, fasst die einzelnen Betonierabschnitte wieder zusammen und gliedert gleichzeitig die PlatzoberflĂ€che in großformatige Betontafeln. Die Dehnungsfugen werden nachtrĂ€glich geschnitten, so dass die entstehenden Tafeln wie sorgfĂ€ltig verlegte, große Bodenplatten erscheinen.

Auf verschiedene Weise werden nun die sichtbaren OberflĂ€chen veredelt: Der Beton zieht einen stadttauglichen Smoking ĂŒber seine Arbeitskluft.

Materialien

Das Grundmaterial ist ein einem Industrieboden Àhnlicher Monolithbeton mit pigmentierter Hartkorneinstreuung, dessen OberflÀche mit einem Besenstrich versehen wird.

Jede der verschiedenen Bauphasen des Platzes allerdings erhĂ€lt ihre eigene Betonfarbe. Der erste Abschnitt 2006 ist noch verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig dunkel. Im Laufe der Zeit hellt sich der Platz dann immer mehr auf. Über diese mehrfarbige Grundlage legt sich zusammen mit dem Dehnungsfugennetz ein Streifenmuster aus lackierten, imprĂ€gnierten und naturbelassenen OberflĂ€chen. Der Beton der Inseln wird allseitig sandgestrahlt, was ihnen eine monolithische Wirkung verschafft.

Durch diese Maßnahmen entsteht eine subtile Differenzierung der PlatzoberflĂ€che, die den Platz einheitlich und abwechslungsreich zugleich erscheinen lĂ€ĂŸt.

Möblierung

Aus dem Dehnungsfugenraster wĂ€chst zugleich die Möblierung des Platzes empor. Einfache lineare Möblierungsgruppen aus MĂŒllbehĂ€lter, RadstĂ€ndern und Sitzbank verteilen sich in Beziehung zu den Betonpfeilern gleichmĂ€ĂŸig ĂŒber den Platz. Auch hier ergeben sich auf West- und Ostseite des Platzes dem jeweiligen Charakter der Platzseite entsprechende Möbelpositionen.

Alle verwendeteten Materialien existieren bereits am Ort: SitzflĂ€chen bestehen aus unbehandelten Holzbohlen (FINNFOREST Thermowood, Kiefer), MĂŒllbehĂ€lter-EinsĂ€tze, RadstĂ€nder und Pflanztröge sind aus vorgerostetem Stahl.

Beleuchtung

Da direkte Lichtstrahlung von oben nach unten erstens einen drĂŒckenden, schwarzen Himmel erzeugt, und zweitens Mastleuchten den Betonpfeilern unnötig Konkurrenz machten, schlagen wir ein horizontal entlang der BodenflĂ€che gefĂŒhrtes Beleuchtungssystem vor. Auf diese Weise nimmt die LichtintensitĂ€t nach oben hin ab und geht in den Abendhimmel ĂŒber.

Die fĂŒr eine gleichmĂ€ĂŸige Ausleuchtung des Platzes nötigen Bodenfluter (ERCO Visor HIT-CRI 35W) lassen sich außerdem in die Möblierungsgruppen integrieren. Unnötige Objektansammlungen auf dem Platz können so vermieden werden.

ZusĂ€tzliche Akzentbeleuchtungen heben nachts die Sonderbereiche des Platzes hervor: LichtbĂ€nder am Fußpunkt der Inseln, Bodenfluter unterhalb der BĂ€ume, die leuchtenden WerbewĂŒrfel der Westseite, sowie in die Sitzbank integrierte Wandfluter entlang der alten StĂŒtzmauer im Osten schaffen atmosphĂ€rische Beleuchtungsschwerpunkte.

Mit dem Stahlhof wird nach und nach urbanes und stÀdtisches Leben in den Standort Belval-Quest einziehen und somit ein aussergewöhnliches Ambiente zwischen Vergangenheit und Zukunft geschaffen.
Ansicht SĂŒden

Ansicht SĂŒden

Lageplan

Lageplan

Grundriss 1:200

Grundriss 1:200

Bauphase I bis IV

Bauphase I bis IV

Platzansicht

Platzansicht