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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2011

Langsamverkehrspasserelle Ausserholligen

3. Rang / 1. Ankauf

Preisgeld: 19.000 CHF

Conzett Bronzini Gartmann AG

Tragwerksplanung

Holzhausen Zweifel Architekten

Architektur

Inderbitzi Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

verkehrsteiner

Verkehrsplanung

Kaori Kuwabara Lichtgestaltung

Lichtplanung

nachtaktiv GmbH - more than architectural lighting

Lichtplanung

Philipp Schaerer, dipl. Arch. ETH/SIA

Visualisierung

Erläuterungstext


"SIR ALEC"

Leitgedanke
Das Gebiet zwischen dem SBB-Bahnhof Ausserholligen und dem ESP Weyermannshaus Ost präsentiert sich aktuell als heterogenes, gewerblich-industriell geprägtes Stadtgebiet ohne kohärente räumliche Struktur. Das bestehende Autobahn-Viadukt ist die einzige prägende Raumfigur, welche diese lose Aneinanderreihung von städtischen „Nicht-Orten“ unter einem „Dach“ zusammen zu fassen vermag. Dieses stadträumliche Potenzial ist momentan weitgehend ungenutzt und wird als städtischer Raum mit einer starken Präsenz zur Zeit in seiner Bedeutung für den Ort vernachlässigt. Dennoch finden an seinen Rändern Aufwertungen (geplante Neugestaltung Europaplatz) statt, welche erste Versuche zeigen diesen „Brückenraum“ als aktiv genutzten Stadtraum zu etablieren.
Hier setzt der Entwurf für die Linienführung und bauliche Ausbildung der neuen
Langsamverkehrspasserelle Ausserholligen an.
Die bereits vorhandenen Massnahmen zur Aktivierung des durch den Viadukt bestehenden Brückenraumes werden als Anlass verstanden, diesen in seiner Gesamtheit als städtischen Raum zu aktivieren. Anstatt mit einer seitlichen Linienführung der neuen Passerelle eine weitere bauliche Präsenz in die bestehende räumliche Unordnung einzufügen, wird der vorhandene Raum durch eine leichte Konstruktion mit direkter Linienführung im Brückenraum für die Stadtbevölkerung in Besitz genommen und stadträumlich aktiviert. Damit wird einer dauerhaften Etablierung des Brückenraums als „Nicht-Ort“ entgegengewirkt und die strukturelle und räumlich starke Präsenz des permanent-prägnanten Autobahn-Viadukts als stadträumliches Potenzial begriffen und
angemessen gestärkt.

Städtebau
Die vorhandene, durch das Viadukt dominierte Identität des Gebietes ist für uns Anlass, diese längerfristige Permanenz als identitätsstiftendes Merkmal für den Ort zu nutzen. Die
ortsübergreifende Präsenz des Viadukts als bestehende Orientierungsstruktur wird durch die direkte Linienführung im Brückenraum genutzt und gleichzeitig gestärkt. Die vorhandenen freien Sichtbezüge im sowie die ungestörten Ausblicke vom geschützten Brückenraum dienen somit der Übersichtlichkeit der neuen Passerelle und etablieren einen klaren, neu aktivierten Stadtraum mit eigener Identifikations- und Aufenthaltsqualität. Durch die bauliche Ungestörtheit ergeben sich freie Blickbezüge über den S-Bahnhof hinaus Richtung Europaplatz sowie über grosse Längen freien Blick zwischen den beiden Anschlusspunkten. Die beidseitige Aussicht über das Gleisfeld, als auch die jederzeit freien Sichtbezüge sowohl zum Gebiet Weyermannshaus-Ost, als auch zum Gebiet S-Bahnhof Ausserholligen und Euopaplatz, verankern die Passerelle und den gesamten Brückenraum dabei nachhaltig im öffentlichen Stadtraum.

Architektonisches Konzept
Dem übergeordneten Leitgedanken und dem städtebaulichen Konzept entsprechend, bezieht sich der konkrete bauliche Entwurf auf die vorhandene Raumpräsenz des Viadukts und ergänzt diese, zur Stärkung der räumlichen Wirkung der bestehenden Betonstruktur, mit einer leichten Hängekonstruktion. Die filigrane Betonplatte der neuen Langsamverkehrspasserelle ist dabei eher als dazugehöriges Bauteil des grösseren Ganzen gedacht, anstatt mit einer Präsenz als singuläre Neuheit eine Konkurrenz aufbauen zu wollen. Gleichzeitig wird durch die konstruktive Feinheit und die filigrane Einfachheit der einzelnen Bauteile dem bisherigen schroffen Charakter eine ansprechende, sinnliche Komponente und somit ein menschlicherer Massstab hinzugefügt. Der Brückenraum wird als städtischer Bewegungs- und Aufenthaltsraum für die neuen Nutzer und Anwohner aktiviert.
Die konzipierte, eng stehende Struktur der schrägen Zugstangen wird dabei genutzt, dem
entstehenden Raum eine der Funktion entsprechende subtile Dynamik und Bewegung zu
verleihen. Zusammen mit dem Rhythmus des feingliedrigen Rundstaketengeländers wird das Moment des Fortbewegens in einer leicht changierenden Manipulation der räumlichen
Ausdehnung des Passerellenraumes als sinnliche Erfahrung in Szene gesetzt.
Dem Prinzip der Zugehörigkeit folgend, reichen die Zugangsrampen und Treppen als abgestützte, betonierte Bauteile an die abgehängte neue Passerelle heran und fixieren diese somit visuell im grösseren baulichen Kontext des Autobahn-Viadukts. Das vorhandene Bild des funktional einfach ausgeführten Viadukts wird somit um eine weitere Nuance ergänzt. Dem „harten“ Verkehrsraum auf dem Viadukt wird dabei ein neuer Stadtraum unter dem Viadukt als „weiche“ Ergänzung untergeschoben.

Landschaftsarchitektonische Intervention
Das räumliche Umfeld ist geprägt von Industrie, den Wiesen des Weyermannshausbades und relativ grobkörniger Struktur. Dies wird auch das neue zukünftige Bild der Aussenanlagen sein. Der Ungewissheit der weiteren aussenräumlichen Entwicklung des Gebietes entsprechend wird eine darauf abgestimmte Pflanzstrategie gewählt.
Die Einfachheit der neuen Brückenanlage wird auf den Aussenraum übernommen und bei den Einstiegsportalen weitergezogen. Zwei flächendeckende, zurückhaltende Gräser-Landschaften laden die Menschen zum Durchqueren und Spazieren ein. Im Wind bildet sich ein wunderbar ruhiges Spiel der Grashalme, welches der Härte der vorhandenen baulichen Umgebung eine sinnliche Ergänzung zufügt. Die Weichheit der Bewegungen und der feinen Gräser übernimmt dabei das architektonische Prinzip der neuen Passerelle im Zusammenspiel mit dem bestehenden Viadukt und dem vorhandenen Brückenraum. Mit der rostig goldenen bis gräulichen Herbstfärbung verschmilzt das Gras mit der neuen Passerelle zur optischen Einheit.

Statisches Konzept
Beim anfänglichen Konzept des Steges unter dem Weyermannsviadukt waren Stützen im Raster der vorhandenen Brückenpfeiler vorgesehen, die den neuen Steg mit regelmässigen Spannweiten von ca. 37 m trugen. Diese Lösung könnte ohne weiteres umgesetzt werden. Störend dabei waren dennoch die Anordnung von Stützen auf den untenstehenden Nutzflächen und die massive und aufwendige Bauweise. In der weiteren Ausarbeitung des Projektes wurden Schritt für Schritt die grossen Vorteile einer leichten und feingliederig aufgehängten Lösung klar.
Der Steg ist so konzipiert, dass jederzeit Gerüste unter der Brücke montiert und Kontrollen und Instandsetzungen ausgeführt werden können. Die Aufhängungen und die Elemente mit dem Geländer sind so dimensioniert und ausgebildet, dass einzelne Aufhängungen, Netz und Geländer komplett entfernt werden können. Somit ist jederzeit die Zugänglichkeit zum Viadukt gewährleistet. Der vorfabrizierte Steg könnte sogar komplett entfernt und neu montiert werden.
Die gleichmässig verteilten Aufhängungen beidseitig des Steges werden an der Untersicht des bestehenden Viaduktes in einem Abstand von 1.5 m befestigt. Die Befestigung erfolgt an den statisch unproblematischen Stellen der beiden Hohlkasten und nimmt Rücksicht auf die vorhandene Bewehrung. Der Steg ist aus zusammengespannten vorfabrizierten Rippenplatten aus Beton konzipiert. Die einzelnen Platten weisen Abmessungen von 4.90 m x 3.00 m und eine Konstruktionshöhe von nur 20 cm auf. Seitlich sind durchgehende Kanäle angeordnet, die Platz für die vorgespannten Stangen und die Stromerschliessung für die Beleuchtung bieten. Die vertikalen Lasten werden von den Rippenplatten über die seitlich angeordneten Zugstangen aufgenommen. Die Spannweite beträgt somit lediglich 5.00 m und erlaubt eine wirtschaftliche Querschnittausbildung. Horizontal ist der Steg längs an den beiden in Ortbeton ausgeführten Rampen und Treppentürmen fixiert. Zwei Bewegungsfugen befinden sich im mittleren Teil des Steges. Die horizontalen Auswirkungen in Querrichtung, hauptsächlich aus Nutzlast, Wind und Erdbeben bestehend, werden über die steife Stegplatte an den beiden Brückenenden und an die
zwei Treppentürme abgegeben. Die filigrane und wirtschaftliche Tragstruktur schmilzt somit mit den funktionalen Elementen der Langsamverkehrspasserelle zusammen.

Beleuchtungskonzept
Das Beleuchtungskonzept knüpft an den städtebaulichen Leitgedanken über die Erschaffung einer Verbindungslinie vom Bereich des Bades zum zukünftigen Quartierbereich südlich des Stadtbachs an und markiert diese neue Linie im Luftraum auf zurückhaltende, dennoch eindeutig sichtbare Weise.
Durch die akzentuierte Beleuchtung der leichten Aufhängekonstruktion wird der neue Raum in seiner vertikalen Rhythmik unterstrichen. Sehr eng strahlende, unscheinbar kleine Spots sollen dank der direkten Positionierung an den Seilaufhängungen dessen subtile Bewegung mitverfolgen und der Aussicht auf die Umgebung einen leicht feierlichen Charakter verleihen. Die minimale Beleuchtungsstärke ermöglicht eine dezente Inszenierung der Filigranität und dient zur Orientierungshilfe durch die Fernsicht auf die Passarelle ohne dabei eine statische Signalwirkung auslösen zu müssen.
Die Passarelle selber wird durch ein funktionales Licht über Seilpendelleuchten in grossen
Abständen der Bewegung der Passarelle leicht folgend beleuchtet. Mit einer optimalen
Gesichtserkennung wird ein angenehmes Sicherheitsgefühl gewährleistet. Die Lichtreflexion über den hellen Betonboden auf die Untersicht des Viadukts verstärkt sich während des leichten Anstiegs der Passarelle, so dass am Höhepunkt des Weges der Raum tendenziell heller wirkt und so einer Beengung entgegenwirkt. Zeitlose Mastleuchten führen die Beleuchtung über die grosszügig angedachten Zugangsrampen weiter.
Durch die Anwendung von gezielt einsetzbaren LED Leuchtmitteln in angenehm warmweisser Lichtfarbe und der Steuerungsmöglichkeiten zur Anpassung an die Helligkeit, soll das Beleuchtungskonzept neben der funktionalen und ästhetischen Aufwertung des städtlichen Nachtbildes auch hohen ökonomischen Ansprüchen genügen.

Materialisierung
Die Materialisierung der neuen Passerelle orientiert sich in ihrer Einfachheit an den vorhandenen Infrastrukturbauten wie dem S-Bahnhof Ausserholligen, dem Autobahn-Viadukt und den über das gesamte Gebiet zu findenden Stützmauern, Einfriedungen, Zäunen und bestehendem Stadtmobiliar. Dabei wird eine durchgehende Einfachheit angestrebt, welche die Passerelle zum einen als selbstverständlichen Bestandteil im vorhandenen Stadtraum verankert, zum anderen der angestrebten Robustheit entgegenkommt. Die einfache Materialität lässt dabei einen einfachen Unterhalt und eine hohe Langlebigkeit erwarten.
Über die angestrebte Feinheit und Filigranität der gesamten neuen Konstruktion werden dabei Beton, Stahl und Draht aus dem rauen Kontext der unmittelbaren Umgebung herausgelöst und in ihrer Verwendung für die sinnliche Erfahrungen der Nutzer veredelt. Die neue Passerelle zeigt sich somit ihrem Entstehungsumfeld entsprechend, jedoch auf die Bedürfnisse ihrer Zielnutzung verfeinert.
Aussenansicht Passerelle

Aussenansicht Passerelle

Innenblick Passerelle

Innenblick Passerelle

Blatt 01

Blatt 01

Blatt 02

Blatt 02

Blatt 03

Blatt 03

Lichtkonzept

Lichtkonzept