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Award / Auszeichnung | 07/2011

Hugo-Häring-Auszeichnung 2011 BDA Mannheim

Turnhalle plus X

DE-68159 Mannheim, Werftstraße 10

Auszeichnung

scholl architekten partnerschaft mbB scholl.balbach.walker

Architektur

Stadt Mannheim

Bauherren

bgc. Architekten + Ingenieure BDA

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Kultur-, Veranstaltungsgebäude, Sport und Freizeit

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 06/2008

Projektbeschreibung

Die Situierung des neuen Bürgerzentrums mit Sporthalle und Bolzplatz im Mannheimer Stadtteil Jungbusch reagiert auf den topografischen und städtebaulichen Kontext. Das neue Gebäude ist nicht nur architektonische Form, sondern ist Teil eines Raum- und Landschaftskonzepts. Zwei räumliche Ebenen städtischer Nutzung verweben sich in dem neuen Bürgerzentrum und präsentieren ein besonderes Angebot. Turnhalle, Mehrzweckräume und ein prägnanter Bolzplatz auf dem Dachniveau erweitern das städtische Angebot.

Ein großzügiges Dach-Plateau erweitert das Niveau der Freherstraße, die das Grundstück im Norden nach Süden abgrenzt. In entgegen gesetzter Richtung schiebt sich die etwa 4 m tiefer liegende Platzfläche an der Werftstraße unter die Dachebene. Alle Nutzungen der Turnhalle + X entwickeln sich höhengleich im Verschnitt dieser beiden Ebenen. Es bedarf keiner Treppe und keines Aufzugs. Der Anteil der Erschließungsflächen reduziert sich dadurch auf ein Minimum.

Das Volumen der Turnhalle zeichnet sich ab, indem es das Plateau durchstößt. Über den Höhenversatz der Dachebenen kann der Innenraum natürlich belichtet werden. Beide Dachflächen sind über die ganze Fläche begehbar. Eine Außentreppe auf dem Plateau erschließt das Dach der Turnhalle, auf dem sich ein Bolzplatz und Streetball-Court befinden.

Das Spielfeld auf dem Hallendach wird durch ein transparentes Netz umhüllt, das in seiner dreidimensionalen Form als signifikantes Zeichen in den Stadtteil wirkt. Die präzis gesetzten Kanten der Dachebenen definieren den Außenraum.

WEGE UND ERSCHLIESSUNG
Alle Wegbeziehungen verbinden sich auf Platzniveau in der zentralen Zugangssituation vor der Südfassade. Eine neue Achse, ausgehend von der Popakademie, verbindet die Promenade am Hafen über die Hafenstrasse mit dem Stadtteilzentrum und der Schule. Die Ostfassade öffnet sich zum Schulhof der angrenzenden Jungbuschschule. Hier befindet sich ein Zugang, der direkt in die Umkleiden der Turnhalle führt.

BLICKBEZIEHUNGEN
Über vielfältige Blick- und Wegebeziehungen wird das Gebäude in den Kontext des Quartiers eingebunden. Gleichzeitig ist es über die reine Nutzung hinaus auch Objekt der Identifikation, indem es als Signal zeichenhaft über den Stadtteil hinauswirkt.

FREIFLÄCHENNUTZUNG
Die Turnhalle plus X ist ein im Inneren wie im Äußeren bespielbares Objekt. Die begehbaren Dachflächen schränken die Freiflächen nicht ein, sondern werten den öffentlichen Außenraum als Erlebnis- und Aktionsfläche auf. Die Anlage ist in Bereiche für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zoniert, die nicht streng getrennt, aber doch räumlich differenziert sind.

Der südliche Bereich vor dem Plateau ist der öffentlichen und kulturellen Nutzung im Inneren der Halle zugeordnet. Der Bürgersaal kann hier bei Festen miteinbezogen werden. Der Aufenthalt unter den Bäumen spricht vor allem Erwachsene und Familien an. Für Kinder und Jugendliche wurde der westliche Bereich der vorgelagerten Grünfläche mit Sandflächen, Geländemodellierung und Spielgeräten aufgewertet. Das Aktionsangebot ergänzt der neue Streetball-Court auf dem Dach der Turnhalle.

NUTZUNGSKONZEPT
Die öffentliche Nutzung sowie die Turnhalle werden über das sich zum Vorplatz hin öffnende Foyer des Bürgersaals erschlossen. Die Turnhalle und die Umkleideräume sind zusätzlich über einen separaten Zugang erreichbar, so dass bei Parallelveranstaltungen eine Überlagerung der Erschließung vermieden wird. Die Nutzungen sind schichtweise vom Vorplatz über den Bürgersaal, den Gymnastiksaal bis zur Turnhalle aufgebaut. Der mittige Gymnastikraum fungiert als Schaltraum zwischen den beiden flankierenden Nutzungen.

Bei größeren Festen oder Veranstaltungen kann der Bürgersaal über eine komplett öffenbare Trennwand um die Fläche des Gymnastiksaals erweitert werden. Die Turnhalle ist über große Türanlagen dem Gymnastiksaal bzw. dem Bürgersaal für Veranstaltungen bis 400 Personen zuschaltbar.

ENERGIEKONZEPT
Das Projekt zeichnet sich durch ein Energie- und Haustechnikkonzept aus, das auf lange Sicht die Energieressourcen schont, die CO2-Emissionen reduziert und gleichzeitig eine hohe Aufenthaltsqualität bietet. Zur Reduzierung des Primärenergiebedarfs werden alle Räume durch eine Ersatzluftanlage mit Wärmerückgewinnung konditioniert, die sich im Winter die internen Wärmegewinne zunutzen macht und über die Nacherwärmung der Zuluft den Heizwärmebedarf weitgehend abdeckt. Lediglich die Erschließungsflächen sind mit statischen Heizkörpern ausgestattet.

Die Speichermassen der sichtbaren Gebäudekonstruktion aus Stahlbetonfertigteilen sorgen für ein ausgeglichenes Raumklima, im Sommer durch Nachtkühlung, im Winter durch Speicherung der Heizenergie und der internen Lasten in den massiven Wänden und Decken. Während der Heizperiode vermindert eine wärmebrückenfreie Dämmung der Gebäudehülle die Wärmeverluste.

Den elektrischen Energiebedarf reduziert eine nutzungsgesteuerte, mit hocheffizienten Leuchtmitteln und Vorschaltgeräten bestückte elektrische Beleuchtung auf das notwendige Minimum. Selbstschlussarmaturen sorgen für einen geringen Wasserverbrauch.

GESTALTUNGS- UND MATERIALKONZEPT
Authentische Materialien wie Sichtbeton, Stahl und Aluminium, Glas, Holz und Linoleum stehen für Nachhaltigkeit bei Konstruktion und Ausbau, für Verantwortung zu Ökologie und Ökonomie, für Ruhe der Gestalt und eine Ästhetik des Schlichten und Zeitlosen.

Beschichtete Flächen werden frei von modischen Strömungen zueinander in Kontrast gesetzt: Ausbauelemente wie Leichtbauwände, Vorsatzschalen, Abhangdecken, Einbaumöbel und Türen in weiß, Fassadenprofile, Außenwandbekleidungen und lose Möblierung in schwarz. Bindeglied dieses Farbkonzepts sind die unbehandelten naturgrauen Betonoberflächen der Gebäudekonstruktion und der durchgängig in warmen Rot gehaltene Linoleumbodenbelag.

GEBÄUDEHÜLLE
Der konzeptionelle Ansatz der Einbindung in die bestehende Topographie findet seine Entsprechung in der Zusammensetzung der Kubatur auf eine raumgreifende Platte, einen zentralen Kubus und eine exponierte Freiform. Unterstützt wird dieses Konzept durch die Konzentration auf wenige kostengünstige und gleichzeitig hochwertige Materialien.

Die aus der Topographie heraustretende Gebäudehülle unter dem Plateau reduziert sich auf eine raumhohe, vertikal gegliederte Glasfassade auf der Süd- und Ostseite, die an den beiden Enden bündig in eine Schicht aus Gitterrosten vor geschlossenen Außenwänden übergeht. Die schwarzen Oberflächen kontrastieren mit der hellen Fläche der Sichtbetonkanten.

Schwarz beschichtete Gitterroste bekleiden auch die Außenwände des Gebäudeversatzes auf Plateauebene. Diese Schicht homogenisiert die unterschiedliche Funktion und Ausbildung der wärmegedämmten Hülle als Fensterband oder als geschlossene Wand mit Wärme- und Rauchabzugsanlagen zu einer gestalterischen Einheit.

Aufkantungen der Geschossdecken in hellgrauem Sichtbeton gliedern die beiden Fassadenebenen horizontal, auf Plateauebene zweiseitig auskragend, auf Ebene des Streetball-Courts mit der Außenwandbekleidung zu einem Kubus verschmolzen. Funktion und Gestaltung bilden eine Einheit.

Die Beläge der Dachflächen sind durch die Nutzung bestimmt: Das Plateau mit einem Belag aus Betonplatten, der Bolzplatz mit einem fugenlosen Asphaltbelag. Damit die Umwehrung des Plateaus von der Platzfläche aus in den Hintergrund tritt, ist sie zur Plateaufläche hin geneigt. Ein zurückhaltendes Erscheinungsbild erhält sie durch eine homogene Füllung aus Maschendraht, die zwischen zwei horizontalen Rundholmen gespannt sind.

Vielfältige Blick- und Wegebeziehungen binden das Gebäude in den Quartierkontext ein. Gleichzeitig ist es über die reine Nutzung hinaus ein Objekt der Identifikation, indem es als Signal zeichenhaft über den Stadtteil hinaus wirkt. Der Bolzplatz, mit Maschengewebe aus verzinktem Draht umgrenzt und über Bögen aus Stahlrohren gespannt, erhält eine plastische dreidimensionale Form, die sich wie eine „Krone“ über das neue Stadteilzentrum erhebt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bürgerzentrum und Turnhalle, bzw. die Sport und Freizeitflächen, stellen auf einfache und selbstverständliche Weise einen Aktionsraum für das angrenzende Quartier her. Unprätentiös wird in einfacher Materialität ein räumliches und soziales Zentrum geschaffen, das in seiner vielfältigen Nutzbarkeit überzeugt und angenommen wird. Auf dem Dach wird die Außenfläche mit einem Sportplatz wertvoll erweitert. Die vorgelagerten Außenflächen sollten dem Ensemble gestaltet werden.