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Einladungswettbewerb | 09/2011

Martinszentrum an der Martinskirche

1. Preis

Feja + Kemper Architekten Stadtplaner PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Zum Städtebau. Durch die städtebauliche Konfiguration des Neubaus werden gemeinsam mit der Martinskirche drei wesentliche Freibereiche definiert: Der schon vorhandene Kirchenvorplatz an der Osterfelder Straße, ein offener und einladender Gemeindehof zwischen Kirche und Neubau sowie ein geschützter Garten für die Gemeinde und die Kindertagesstätte auf der straßenabgewandten Seite.
Der dreigeschossige Hauptbaukörper stellt sich hart an die Kante der Böckenhoffstraße und definiert den Straßenraum, der durch das zurückgesetzte Parkhaus aufgeweitet ist. Mit dem zweigeschossigen abgetreppten Bauteil wird die Traufhöhe der Martinskirche wieder aufgenommen. Die südöstliche Auskragung wirkt als Zeichen für den Eingang und den Gemeindehof und ist bereits von der Osterfelder Straße aus wahrnehmbar.

Zum Gebäude. Das Gebäude öffnet sich mit seinen Hauptzugängen sowie mit dem verglasten Übergang zur Kirche zum Gemeindehof hin. Sowohl der überhöhte Gemeindesaal als auch der das Verwaltungsgebäude sind lesbar und den Eingängen zuzuordnen. Das Gemeindefoyer ist Schnittstelle zwischen Hof, Saal, Küche und Verwaltung und verspricht eine sehr gute Nutzbarkeit und eine hohe Aufenthaltsqualität.
Ein großzügiger Unterschnitt im Gebäudekörper sowie der vorhandene stattliche Straßenbaum definieren den Eingang zur Kindertagesstätte und zu den Jugendräumen. Das angegliederte Treppenhaus lässt sowohl die getrennte Erschließung als auch die Verbindung der beiden Bereiche zu. Der Kinderraum und die beiden Gruppenräume zeichnen sich als Kuben auf der Rückseite des Gebäudes ab und schaffen somit eine eigene Identität des Kinder- und Jugendbereiches. Die Dachflächen der Kuben sind als Terrassen ebenfalls dem Jugendbereich zugeordnet. Der Verwaltungs- und Beratungsbereich liegt im 1. und 2. Obergeschoss des Gebäudes. Die vertikale Erschließung erfolgt über ein großzügiges Treppenhaus, das den Blick auf die Martinskirche zulässt sowie über den Aufzug. Mehrere Aufweitungen gliedern die Flurzonen des Verwaltungs- und des Beratungsbereiches, bilden angemessene Wartebereiche und führen Tageslicht in das Gebäude.

Zum Material. Für die Fassaden des Neubaus wird ein rotbrauner Klinker gewählt, der sich an das Material der Martinskirche anlehnt und eine Zusammengehörigkeit beider Bauten verdeutlicht. Die Klinkerflächen im Sockelbereich sind durch die hervorstehende Köpfe „expressiv“ behandelt; sie markieren auf spielerische Weise den Bereich der Kindertagesstätte. Die Teilung der Fassade folgt einem durchgehenden Raster; es ist frei interpretiert durch das wiederholte Weglassen von Öffnungen, ohne dadurch die flexible Nutzung des Grundrisses einzuschränken.

Zur Martinskirche. Die Sakristei der denkmalgeschützten Martinskirche wird erhalten, der neue Baukörper schließt in gleicher Höhe an den Bestand an. Durch die Glasfassade zum Gemeindehof ist eine deutliche Unterscheidung zwischen Alt und Neu gegeben.
Für den 1953 ergänzten Küsterraum wird der Abriss vorgeschlagen, um den neu entstandenen Gemeindehof weiter zu öffnen und den Eingang des Gemeindezentrums für Besucher von der Innenstadt kommend eher sichtbar zu machen.

Zu den Freianlagen. Das helle Natursteinpflaster des Kirchenvorplatzes wird im Gemeindehof weitergeführt und betont die Zusammengehörigkeit beider Gebäude. Die vorhandene Baumreihe entlang der Kirche wird um einen Baum ergänzt und bis an den Neubau herangeführt. Die Lage des Hauptbaukörpers dicht an der Böckenhoffstraße erlaubt eine relativ große und geschützte Gartennutzung. Der Garten ist im Wesentlichen der Kindertagesstätte zugeordnet, die Lage des großen Saales erlaubt jedoch auch eine Nutzung durch die Gemeinde. Den Gruppenräumen und dem Gemeindesaal sind Terrassen zugeordnet, der übrige Teil des Gartens ist durch Sandflächen, Rasenflächen und Baumbepflanzung kindgerecht und naturnah gestaltet. 10 Stellplätze werden auf dem erweiterten Wettbewerbsgebiet realisiert, der vorhandene Fuß- und Radweg wird erweitert und dient damit gleichzeitig der Erschließung der Stellplätze.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt durch ein einfaches und schlüssiges städtebauliches Konzept. Ein bis zu drei Geschosse hoher Gebäuderiegel wird weit an die Böckenhoffstraße gedrückt; wodurch er bis in die Osterfelder Straße präsent ist und gleichzeitig große zusammenhängende Freiflächen im Garten ermöglicht. Zwischen Martinskirche und Gemeindezentrum entsteht ein angenehmer Platzraum.
Das „Herzstück“ des Gemeindezentrums – der Gemeindesaal – ist über das Foyer an diesen Platz angeschlossen, nutzt aber die ruhige Orientierung zu den Freiflächen. Raumuzschnitt und Lichtführung des Saals sind hervorragend gelöst. Die Sakristei der Kirche bleibt erhalten, im Verbindungsteil zwischen Kirche und Gemeindezentrum sind dienende Funktionen untergebracht. Eine barrierefreie Anbindung wird gewünscht.

Die Orientierung im gesamten Haus ist übersichtlich, die Treppenhäuser richtig platziert. Hervorzuheben sind das große Fenster am Treppenhaus, das weit in den Stadtraum strahlt sowie die Gliederung der Kindergartenräume, die zugleich differenzierte Freiräume schafft. Die Lochfassade mit raumhohen schmalen Fenstern korrespondiert ebenso mit der Martinskirche wie die Materialität, bei der rotbrauner Klinker in Teilbereichen eine überzeugende Tektonik entwickelt.

Insgesamt strahlt der Entwurf eine große Souveränität und klare architektonische Sprache aus. Einfache Konstruktion und günstige Flächenkennwerte lassen eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten.