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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2012

Neubau des Bettenhauses der Tropenklinik, Paul-Lechler-Krankenhaus

Entwurf HDR TMK (ehemals TMK Architekten)

Entwurf HDR TMK (ehemals TMK Architekten)

ein 1. Preis

Telluride Architektur

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Situation
Das zu beplanende Wettbewerbsgebiet liegt in einer spezifischen topografischen Umgebung mit starker Hangneigung. Das markante Bestandsgebäude der Tropenklinik ist aufgrund der exponierten Lage von weitem sichtbar und wird von einem in die Jahre gekommenem Park mit altem Baumbestand umschlossen.
Die angrenzende Bebauung ist geprägt durch 2-3 geschossige Wohnhäuser in offener Bauweise und ist stark durchgrünt.

Städtebauliches Konzept
Der Entwurf beabsichtigt, die vorhandene Topografie durch Gliederung und Höhenstaffelung des geplanten Baukörpers zu integrieren und somit die Landschaft mit dem Neubau zu verschmelzen.
Die Schmalseiten nehmen den Maßstab der vorhandenen Nachbarbebauung auf, der Altbau (Paul-Lechler Klinik) bleibt durch das Abrücken des Neubaus im Süden allseitig als Solitär zu erkennen.
Im Norden entsteht durch die Vergrößerung des Vorplatzes eine neue markante Eingangssituation, die auf angenehme Weise den Altbau mit dem Neubau verbindet.
Dabei werden die Ausblicke in den Park sowie der Fernblick auf Tübingen akzentuiert, da sich das Gebäude in Anlehnung an die Traufhöhen der Nachbarbebauung in geringen Höhensprüngen hangaufwärts entwickelt.

Landschaftliches Konzept
Die Lage des Neubaus gliedert den Landschaftspark in zwei Bereiche.
Vorhandene Bäume werden weitestgehend erhalten und in die Neugestaltung integriert.
Im nördlichen Teil des Geländes erstreckt sich der auch öffentlich zugängliche Bereich oberhalb des Neubaus. Ein Fußweg mäandert zwischen kommunikativen Plattformen mit Weitblick über die Landschaft und lädt zum Verweilen ein. Auch die Terrassen und
Zugänge zu den Gebäuden (Albblick, Difäm, Neubau) sind daran angegliedert. Darüber hinaus zieht sich eine Laufschule durch den Park, der von allen Besuchern des Parks genutzt werden kann.
Der private Patientengarten / Demenzgarten schließt sich im Süden unterhalb des Neubaus an und ist nur über die Gebäude angebunden.
Durch die Höhensprünge im Gelände entsteht ein natürlich eingegrenzter geschützter Bereich mit vielfältigen Gärten für unterschiedliche Sinneserfahrungen. Bunt blühende Stauden, Gräser und Kräuter sowie eine Wasserfläche vermitteln Sinnesreize,
die für die Selbsterfahrung und Stabilisierung der Persönlichkeit von großer Bedeutung sind. Mit dem Bewegungsgarten werden therapeutische Maßnahmen zur Wiedererlangung der Gehfähigkeit unterstützt. Der Gemüse - und Obstgarten läd zur Betätigung im Freien ein.
Alle Gartenniveaus sind behindertengerecht über Rampen miteinander verbunden und sind nur bestimmten Nutzergruppen vorbehalten, die diese Bereiche selbständig erreichen können. Mit dem Freiraumkonzept sollen neue Impulse im Hinblick auf Menschen mit Behinderungen gesetzt werden. Diese sollen sich Garten und Park durch gärtnerische Betätigung aktiv erschließen, da sich der Umgang mit Pflanzen beruhigend, stabilisierend und anregend auf die Genesung der Patienten auswirkt.

Architektonisches Konzept
Das Gebäude ist als Teil der Landschaft konzipiert, großzügige Terrassen umfassen das Gebäude und gehen auf unterschiedlichen Niveaus in das Gelände des attraktiv gestalteten Parks über. Die geknickte Gebäudeform löst sich gestalterisch bewusst vom Altbau und lässt die Landschaft bis ins hell belichtete Atrium hineinfließen.
Ein großzügiger, zweigeschossiger Luftraum verbindet die Atriumsebene mit der Eingangsebene und mit den Gärten im Süden, sodass immobile Patienten die Landschaft ebenfalls erleben können. Der Neubau wird bewusst vom Altbau abgerückt, um dem neu gestalteten Vorplatz alle Blickbeziehungen direkt freizugeben.
Die Anbindung der beiden formal eigenständigen Gebäude findet lediglich in der neuen Eingangsebene und im Untergeschoss über einen Verbindungsgang (bettengängige Anbindung der bestehenden Ambulanzen des Altbaus mit dem Pflegeebenen des Neubaus sowie logistische Anbindung der Essensversorgung) statt.
Beim Betreten des Gebäudes erhält man einen beeindruckenden Ausblick über Tübingen sowie einen Blick in den Park und auf die Patientengärten.
Auf dem Weg vorbei am Café zur zentralen Erschließung werden diese Blickbeziehungen ansprechend inszeniert und helfen dadurch bei der Orientierung innerhalb des Gebäudes.
Das zentrale, begrünte Atrium wird durch die Anordnung der Treppen und Aufzüge zum Herzstück der vertikalen Erschließung. Die daran angegliederten, offen gestalteten Pflegestützpunkte und Patientenaufenthaltsräume werden durch die Sichtbeziehungen in
sämtliche Richtungen zu wichtigen Treffpunkten für Patienten, Besucher und Mitarbeiter und ermöglichen zudem die Erschließung der Terrassenbereiche oder der Parkflächen.
Daran schließen jeweils drei Pflegeeinheiten mit 10 Betten an, die in sich abgeschlossen sind und dadurch kurze Wege für das Personal gewährleisten.
Alle Treppenhäuser können durch die Höhenstaffelung des Neubaus direkt ins Freie geführt werden, auf allen Ebenen sind Fluchtwege über Terrassen und Balkone mit Anbindungen an das Gelände möglich. Auch der Altbau wird teilweise über die neuen
Terrassen entfluchtet.
Das Farb- und Materialkonzept orientiert sich an den Bedürfnissen der zukünftigen Nutzer und sollte grundsätzlich sonnig, hell und freundlich gestaltet sein und wird in enger Abstimmung mit dem Bauherrn rechtzeitig verifiziert.

Wirtschaftlichkeit
Mit dem vorgeschlagenen Entwurf wird durch die Anordnung kurzer Wege ein für den Krankenhausbetrieb ökonomisches Gebäude entwickelt.
Durch die zentralen Pflegestützpunkte und die reichhaltigen Blickbeziehungen wird die Orientierung auf den unterschiedlichen Ebenen erleichtert und die Wiedererkennbarkeit der Funktionsbereiche gesteigert. Der geplante Stahlbetonskelettbau mit Flachdecken bietet ein maximales Maß an Flexibilität für zukünftige betriebliche Entwicklungen
und ist bei dem gewählten Stützenraster sehr wirtschaftlich zu realisieren. Bei der vorhandenen Geländesituation empfiehlt sich eine Flachgründung mit einer Kombination aus Streifen- und Einzelfundamenten.
Mit der Kombination von Holz-Pfosten-Riegelfassade mit Holzpaneelen und Stahl-Pfosten-Riegelfassade im Atrium und in der zweigeschossigen Halle wird eine schöne, wohnliche Atmosphäre erzeugt, das Glasdach des Atriums erhält außenliegende Sonnenschutzlamellen mit Mitlenkfunktion und Tageslichtlenkung, um ein behagliches Innenklima zu erzeugen.
Die auskragenden Terrassen und Balkone bieten einen konstruktiven Sonnenschutz, sodass auf zusätzliche Maßnahmen weitestgehend verzichtet werden kann. Im Bedarfsfall werden in Übergangsbereichen neutrale Sonnenschutzverglasungen angeordnet. Sämtliche Dächer werden extensiv begrünt und führen damit die Landschaft auf den Dächern des Neubaus optisch weiter. Bei einem möglichen Einsatz von Geothermie (trotz Flachgründung) können zusätzlich Photovoltaikanlagen zur Versorgung der Wärmepumpen herangezogen werden. Die Stahlbetondecken dienen als Speichermasse mit eingelegten Akustiklinien.

Ideenteil
Die Grundidee des höhengestaffelten kompakten Gebäudekörpers, der die Topografie aufnimmt, wird analog des Entwurfes für den Realisierungsteil auch für das Difäm weitergeführt. Dadurch ergeben sich auch für dieses Gebäude Panoramaausblicke nach Süden und Westen.
Das Difäm ist städtebaulich vom neuen Eingangsvorplatz und von der Straße abgerückt, um den Platz zu öffnen. Der Neubau wird über einer zweigeschossigen Sockelgarage (55 Plätze) errichtet, um weitere bauliche Eingriffe in den Hang zu vermeiden.
Erschlossen wird das Difäm gemeinsam mit den Wohnplätzen über einen Treppen- und Aufzugskern, das Difäm erhält zusätzlich eine Treppe mit Luftraum. Die Anlieferung erfolgt über ein Ladedock im Erdgeschoss für die Arzneimittelhilfe.
Die Wohnplätze sind in zwei Gruppen, jeweils mit Balkonen, Dachterrassen oder Gartenhöfen organisiert. Insgesamt entsteht ein gut proportioniertes Gesamtensemble, welches einerseits behutsam mit der vorhandenen Landschaft und dem
Altbau umgeht, sich andererseits aber selbstbewusst und formal eigenständig behaupten kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau des Bettenhauses wird als freie skulpturale Form interpretiert, die vom Hauptgebäude abgerückt wird und deren Einbindung in die Topografie durch Terrassierung erfolgt.
Mit dem Mittel der terrassierten Ebenen wird die Verbindung zum Hauptgebäude und damit die neue Eingangssituation erzeugt. Dadurch bleibt der landschaftliche Charakter des Ortes erhalten, die Einbettung in den Hang ist an jeder Stelle ablesbar.
Mit diesem Konzept gelingt der Übergang an den verschiedenen Gebäudeseiten gut, jedoch mit einem aufwändigen Instrumentarium an Stützmauern und Terrassierungen.
Nach Süden wird ein schöner, differenziert gestalteter Freiraum geschaffen, wobei die barrierefreie Erschließung auch der südlichen Freifläche mit aufwändigen Rampen und Stützmauern erkauft wird.
Bei aller Eleganz der Erscheinung, wird ein großes Volumen geschaffen, welches in seiner Angemessenheit zur Bauaufgabe kontrovers diskutiert wird.
Im Inneren wird eine lebhafte Landschaft von Wegen und Funktionsflächen erzeugt, mit einem kommunikativen Mittelpunkt an dem Flure, Treppen und Aufzüge zusammentreffen.
Die differenzierte Gestaltung erzeugt im Inneren sowohl Identifikation, Wiedererkennung, stellenweise aber auch Verwirrung.
Die Funktionsverteilung ist gut, negativ ist die Trennung von Liegendkrankenvorfahrt und Patientenaufnahme eine Ebene höher.
Die Gestaltung der Fassaden und des Innenausbaus, auch der Zimmer, ist ambitioniert und gut geeignet, eine angenehme Atmosphäre zu erzeugen.
Das Fassadenkonzept mit Holzfassaden und Stahl-Glas-Fassaden an Halle und Atrium ist der Aufgabe angemessen, die Aussage, dass durch die auskragenden Decken auf weitere Sonnenschutzmaßnahmen verzichtet werden kann, ist zu prüfen.
Die Opulenz des Entwurfes kostet ihren Preis. Die komplexe Geometrie, die zerklüftete Hülle, die auskragenden Decken, die aufwändigen Freianlagen lassen erhöhte Kosten erwarten.
Insgesamt bietet der Entwurf hohe Qualitäten, wobei die Wirtschaftlichkeit nachzuweisen wäre.
Lageplan

Lageplan

Ansicht/Perspektive

Ansicht/Perspektive

Innenperspektive

Innenperspektive

Grundriß EG

Grundriß EG

Ansicht

Ansicht

Ansicht

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