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Begrenzter Wettbewerb auf der Grundlage für die Auslobung von Wettbewerben (RAW) mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 09/2005

Neugestaltung der Fußgängerzone

Gestaltungsplan-Pferdemarkt

Gestaltungsplan-Pferdemarkt

Preisgruppe

Büro für Architektur Stadt- und Freiraumplanung Lichtplanung Anke Deeken

Architektur

Erläuterungstext


Stadtraum und Fassaden
Das von seiner einzigartigen historischen Bausubstanz geprägte unverwechselbare Stadtbild ist die Visitenkarte Hamelns. Die Häuser und ihre Fassaden erzählen authentisch ihre eigene Geschichte und spannende Geschichten der Stadt, nicht nur die des Rattenfängers.
Die Straßen, Gassen und Plätze der Altstadt sind die Bühne, auf der sich das städtische Leben abspielt und auch heute noch neue Geschichten schreibt.
Eine offene Gestaltung mit wenigen räumlichen Schwerpunkten und Einbauten trägt dem Rechnung.

Der Stadtboden
Der Stadtboden strahlt Ruhe aus und ist neutraler Rahmen für die unterschiedlichen Fassaden. Ein hochwertiges, ortsangemessenes Material und der zurückhaltende Einsatz von Stadtmöblierung unterstreichen die Architektur der raumbegrenzenden Fassaden.

Als Antwort auf die wertvollen Renaissancefassaden wird die Verlegung gelbgrauen Sandsteins mit gesägter Oberfläche vorgeschlagen. Die gewünschte Zonierung der niveaugleichen Oberflächen wird mit Platten in kleinen Formaten entlang der Häuserkanten und größeren Formaten für die inneren Straßen- und Platzflächen erreicht.
An den Aufweitungen der Straßenräume werden flache Sitzplateaus auf die Fläche aufgelegt. Einseitig aus der Fläche herauswachsend, sind sie barrierefrei begehbar.

Die Rinne
Die Oberflächenentwässerung erfolgt über eine Werksteinrinne, die gleichzeitig Flächengliederung und lineares Schmuckelement ist. Aus dem gleichen Material wie die Platten gefertigt, trägt sie abschnittsweise Schriftintarsien aus Messing, die Hinweise auf die Stadtgeschichte geben und sich an historisch bedeutenden Gebäuden verdichten.

Die Bühne
Der Bühne „schwebt“ als freigestelltes Podest zwischen der Marktkirche und dem Hochzeitshaus. Im Osten lediglich mit wenigen Zentimetern Vorstand zur Platzfläche eingebaut (und so zum Aufbau befahrbar), wächst sie im Westen um bis zu 70 cm aus dem Platz heraus. Eine Höhenstaffelung der mobilen Bestuhlung stellt gute Sichtverhältnisse für das Publikum sicher.

Schlanke Stahlmasten am Rand der Bühne nehmen die Technik auf. Weitere Scheinwerfer und die Lautsprecher sind in einem umlaufenden Schlitz in der Oberfläche der Plattform untergebracht.

Eine flexible Anordnung der Kulissen ermöglicht unterschiedliche Tiefenwirkungen und ein abwechslungsreiches Bühnenbild.

Die Bühne ist für vielfältige Aktivitäten nutzbar: Theateraufführungen und Konzerte, Dichterlesungen und Vorträge (Bestuhlung auf der Bühne), Außengastronomie Hochzeitshaus, Feste und Tanzveranstaltungen, etc.. Textile Sonnensegel (gleichzeitig Regenschutz), die im Winter eingeholt werden, schaffen im Sommer einen angenehmen Raum und weiches Licht auf der Bühne. Am Abend werden die Segel von den Masten angestrahlt, bei besonderen Anlässen auch farbig.

Bespielbar
Der ruhige, leere Stadtraum lädt ein, ihn zu bespielen. Tagsüber die Geschäfte mit ihren bunten Auslagen, Kunden, Reisegruppen und Schulklassen. Inschriften im Stadtboden, Brunnen und Wasserspiele fordern zum Entdecken auf.
Mittags und abends der Rattenfänger auf der Bühne am Hochzeitshaus.
Am Abend die Flaneure, die Gäste der Restaurants und Eisdielen und die Besucher der Stadt auf der Suche nach den Geschichten. Interaktive Lichtspiele erzählen Kindern und Erwachsenen die Geschichte der Stadt und der Weserrenaissance.

Interaktion - Die Stadt und ihre Geschichte(n) entdecken
Heute führt der Rattenfänger durch die Stadt. Mit der Erlebniswelt Weserrenaissance tritt der e_guider als interaktives Informationsmedium hinzu.
Auf Informationssäulen wird zukünftig verzichtet. Die Stadt selbst mit all ihren Schichten, Räumen und ihrer Architektur ist steinerner Zeuge der Vergangenheit. Das Stadtbild als gebautes Informationssystem. Seine erzählerische Kraft soll - unabhängig von virtuellen und medialen Informationssystemen - mit der Neugestaltung des öffentlichen Raumes gestärkt und unterstützt werden.
Um die Stadt und ihre (Bau)Geschichte auf spielerische und nachhaltige Weise zu erfahren, treten Besucher, vor allem auch Kinder, in Interaktion mit der gebauten Stadt selber:

Inschriften:
Am Tage geben die Inschriften im Stadtboden und in den Einbauten Hinweise auf die Stadtgeschichte.
Am Abend, wenn es in den Straßen ruhig geworden ist und die Dunkelheit einsetzt, geben einige dieser Inschriften - mit Sensoren versehen - weitere Stadtgeschichten preis. Der Besucher wird zum Spurensucher. Wie am Tage der Rattenfänger, so lockt ihn am Abend der eigene Entdeckergeist. Die Berührung eines Sensors löst an anderer Stelle, aber in Sichtweite, eine Reaktion aus. Projektionen mit Text- und Bildfragmenten erscheinen auf dem Stadtboden, die - in Zusammenhang gebracht - Schlaglichter auf die Stadtgeschichte werfen. Details an den Fassaden, typische Elemente der Weserrenaissance (Pilaster, Obelisken; Voluten, Masken und Neidköpfe), an denen man am Tage vielleicht achtlos vorübergegangen ist, treten für eine kurze Sequenz ins Rampenlicht. Durch Ausprobieren und Kombinieren tastet sich der Besucher durch die Stadtgeschichte.

Glasquader:
Vor den Weserrenaissance-Häusern und anderen Baudenkmälern sind rechteckige Glasquader in den Stadtboden eingelassen („Rattenspur“). Mit Texten versehen, geben sie am Tage Informationen zu den Häusern. Mit Solarenergie betrieben, beginnen sie in der Dämmerung durch fluoreszierendes Licht geheimnisvoll zu glimmen. In ihrem Innern erscheint, ähnlich einer Holographie, eine 3D-Lasergravur. Blaue Quader in den Aufmündungen der Gassen deuten den Weg zur Weser an.

Größere Glasquader, 2,10 m hoch, ebenfalls am Abend über Solarenergie mit fluoreszierendem Licht beleuchtet, stehen als markante Kultursäulen auf den zentralen Plätzen der Stadt und an den Eingängen zur Fußgängerzone. Beidseitig eingelassene Vitrinen für Plakataushänge geben Auskunft über Veranstaltungen und über besondere Themen der Stadt.

Brunnen:
Die Brunnen an den Aufenthaltsbereichen laden zum Spielen und Entdecken ein:
Der Markt-Brunnen:
Ein flaches Wasserbecken, begehbar, im Boden ein Wasserspiel aus Schaumsprudlern und Nebeldüsen. Das Spiel der Schaumsprudler wiederholt sich als Choreographie, während die Nebeldüsen durch einen Taster ausgelöst werden können. Der Steinblock am Rande des Beckens ist mit Bronzenachbildungen von Masken und Neidköpfen aus den Schmuckfassaden der Altstadt besetzt und wird so zum Suchspiel für die Stadterkundung. Über Tastsensoren in den Bronzeköpfen werden einige als Wasserspeier in Aktion gesetzt.
Der Brunnen Bäckerstraße:
Der Boden des niedrigen Brunnenbeckens ist als Stadtrelief ausgebildet, das von den Seiten mit Wasser überspült wird. Am Abend beginnen die historisch bedeutenden Gebäude und die Uferkanten der Weser zu leuchten.
Der Brunnen Osterstraße:
Ein langgestreckter Wassertisch mit Schaumsprudlern lockt, am Tage höher eingestellt, mit seinem lebendigen Wasserspiel die Kinder und beruhigt, am Abend gedrosselt, mit leisem Plätschern die Gemüter.

Begrünung und Ausstattung:
Wenige große Bäume akzentuieren den steinernen Stadtraum und spenden Schatten für die Aufenthaltsbereiche, die Lindenreihe nördlich der Marktkirche und einzelne große Bäume mit lichtdurchlässigen Kronen in den Aufweitungen der Straßenräume.

Die Ausstattung beschränkt sich auf das Notwendige. Schlichte Anlehnbügel für Fahrräder werden in kleinen Gruppen dezentral im Stadtraum eingebaut, Papierkörbe unauffällig entlang der Fassaden angeordnet. Außerhalb der Plateaus werden weitere Sitzmöglichkeiten als Einzelelemente in regelmäßigen Abständen im Straßenraum angeboten.

Unterführung Bäckerstraße:
Die Unterführung Bäckerstraße wird zugunsten einer oberirdischen Fußgängerquerung aufgegeben.

Lichtkonzept
Nicht das Design der Leuchtenkörper, sondern die jeweilige Beleuchtungssituation und die Lichtwirkung kennzeichnen das Beleuchtungskonzept. Das Licht dient der Sicherheit und Orientierung, unterstützt die Architektur und Raumwirkung und setzt Akzente. Es malt poetische Bilder der Stadt und erzählt deren Geschichte.

Auf einen Einsatz von Mastleuchten wird verzichtet. Unauffällig an den Fassaden angebrachte, kompakte Scheinwerfer mit Straßenleuchtenoptiken, warmweißer Lichtfarbe und guter Farbwiedergabe sorgen für eine gleichmäßige Beleuchtung der von den Fußgängern hauptsächlich frequentierten Bereiche entlang der Gebäude und für eine sehr zurückhaltende Aufhellung der Fassaden. Wie die Betonung der Raumkanten, so unterstützt auch die Anordnung von Hell- und Dunkelzonen und von Lichtinseln die Spannung und (Tiefen)Wirkung des Raumes. Darüber hinaus erleichtern örtlich differenzierte Leuchtdichten die Orientierung sehbehinderter Personen.

Zur Gliederung der Straßenräume werden die Gebäudeecken an den Einmündungen der Gassen durch Übereck-Anordnung der Leuchten und durch Lampen mit einer höheren Farbtemperatur hervorgehoben. Die Wege zur Weser werden so am Abend markiert.
Auf dem Markt wird das platzbeherrschende Ensemble der Kirche und des Hochzeitshauses mit der Bühne durch eine individuelle Beleuchtung und Anstrahlung aus der Schattenzone des inneren Platzes herausgehoben.

Die Bühne „schwebt“ am Abend durch eine indirekte Beleuchtung unter der Plattform. Auf die breite Freitreppe fällt Licht von oben aus den Masten auf der Bühne. Auf der Plattform sind - entsprechend der Nutzung (Aufführung) und gewünschten Lichtwirkung (Restaurantterrasse, Weinfest) - unterschiedliche Lichtszenarien abrufbar, über direkte Beleuchtung aus den Masten und dem Technikschlitz oder über indirekte Beleuchtung durch Reflexion von den beleuchteten Fassaden und dem Sonnensegel.

Eine indirekte Beleuchtung der Plateaus an den Aufweitungen der Straßenräume und der steinernen und hölzernen Bänke und Sitzelemente verleiht diesen Bereichen am Abend eine ruhige und intime Atmosphäre.

Die Brunnen setzen mit ihren beleuchteten Wasserspielen auch am Abend Akzente und bilden räumliche Schwerpunkte. Eine kältere Lichtfarbe hebt sie aus dem Umfeld hervor.

Leuchtende Glasquader und Projektionen auf dem Stadtboden beschreiben die Sehenswürdigkeiten und leiten die Besucher durch die Stadt.

Türme und Dachreiter werden als Merkpunkte im Stadtbild akzentuiert und bilden ein virtuelles Netz aus Sichtachsen über den Dächern der Stadt.

Durch Dimmen und/oder Abschalten von Teilen der Beleuchtung wird die Helligkeit der Straßen- und Platzräume entsprechend der Tageszeit der jeweiligen Nutzungsintensität angepaßt, Störungen von Anwohnern und Lichtverschmutzung werden so vermieden.

Die Beleuchtung der Weserrenaissance-Fassaden:
Für die Fassaden der Weserrenaissance wird jeweils ein individuelles Beleuchtungskonzept entwickelt. Während der Fassadenstruktur des Dempterhauses und des Rattenkruges eher eine flächige Anstrahlung entspricht, kann die Charakteristik stark profilierter Fassaden durch eine kleinteilige, gebäudenahe Anbringung der Leuchten besser herausgearbeitet werden, z.B. bei der Giebelfassade des Leisthauses.
Die besonderen Merkmale der einzelnen Häuser werden am Abend mit Licht herausgearbeitet, z.B.:

Das Rattenfängerhaus:
Die Sandsteinfassade des Rattenfängerhauses ist - als Ganzes betrachtet - flächig, wenn auch im Detail sehr reich an Zierquadern, Rauhbändern, etc.. Typisch für diese Fassade sind die mit Steinpfeilern gekoppelten Fenster. Vorgeschlagen wird daher eine „Negativ“-Beleuchtung durch Betonung der Fenster (Hinterleuchtung der Fenster
und Anstrahlung der Laibungen mit kleinen Scheinwerfern und warmweißem Licht), während die Fassade weitgehend im Schatten bleibt. Zusätzlich können (als kurze Zeitsequenz) die Köpfe unter den Gesimsen durch kleine LED-Strahler mit einer kühleren Lichtfarbe akzentuiert werden.

Das Leisthaus:
Das Leisthaus zeichnet sich durch den zierlichen und farbigen Fassadenschmuck und durch eine Vielzahl von Pilastern aus, die als ionische und korinthische Säulen ausgearbeitet sind und auf dem Giebel in Form von Obelisken ihren Abschluß finden. Die feine, nahezu feierliche Haltung der Fassade wird am Abend durch ein Nachzeichnen der Pilaster mit Licht unterstrichen. Einzelne Elemente des reichen figürlichen Schmucks, z.B. die Lucretia in der Giebelnische des Erkers, werden zusätzlich akzentuiert.

Das Dempterhaus:
Die horizontale Teilung in Steinfassade und Fachwerkgiebel mit vorkragenden Geschossen und die in diesem Zusammenhang eigenartig anmutende Utlucht mit ihrem reichen Giebelschmuck kennzeichnen den Charakter des Dempterhauses. Vorgeschlagen werden eine weitgehend flächige Anstrahlung der Fassaden und eine Betonung des Erkers und seines Giebeldreiecks.
Pferdemarkt-Nachtansicht

Pferdemarkt-Nachtansicht

Lichtkonzept

Lichtkonzept

Rattenfängerhaus

Rattenfängerhaus

Bühne

Bühne

Brunnen

Brunnen