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Offener Wettbewerb | 03/2013

Neubau Schulhaus Seegarten

4. Rang

Chebbi | Thomet | Bucher Architektinnen AG

Architektur

Schweingruber Zulauf Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau
Das fokussierte Gebiet ist geprägt durch eine heterogene Siedlungsstruktur. Fragmente von Gewerbebauten, Zeilenbauten und Hochhäusern stehen in unmittelbarer Nähe in einer durchgrünten Umgebung. Eingespannt zwischen der Romanshornstrasse und der Seestrasse liegt das Grundstück am Hang. Nachbarschaftlich im Westen des Planungsareals liegen Gewerbebauten, im Osten stehen grössere Wohnbauten.
Das Volumen der Schulanlage verbindet das obere Niveau der Romanshornstrasse mit der unteren Ebene der Seestrasse. Der Haupteingang liegt an der weniger befahrenen Seestrasse und spannt zusammen mit der Turnhalle einen grosszügigen Pausenplatz auf. Die hochgewachsenen, bestehenden Urwelt-Mammutbäume bilden die seitliche Begrenzung des Hartplatzes.
Einen zweiten Eingang, welcher als Nebeneingang funktioniert findet der Nutzer an der Romanshornstrasse. Durch das leicht zurĂĽckversetzte Volumen formt sich der Wendepunkt des Schulbusses, die Zufahrt der Parkierung und der Bereich des Nebeneingangs heraus.
Die neue Schulanlage legt sich als verschränktes Volumen in die Topografie und formt zu beiden Längsseiten unterschiedliche Situationen der Höhenüberwindung. Durch die städtebauliche Disposition des volumetrischen Ensembles erhält die Schulanlage eine eigene Identität.


Umgebungsgestaltung
Eine Baumreihe aus bestehenden Kornelkirschen gliederte den Raum der Romanshornstrasse. Um einen direkten Zugang der Parkierungsanlage und des Nebeneingangs zu ermöglichen wurde die bestehende Bushaltestelle um 20 Meter verschoben. Direkt hinter der neuen Position der Bushaltestelle beginnt ein öffentlicher Weg, welcher die Romanshornstrasse mit der Seestrasse verbindet. Dieser auf der Ostseite liegende Bereich läuft in die Grünzone der nachbarlichen Wohnhäuser über und verbindet die Neuanlage mit dem Quartier. Die bestehenden Bäume teilweise ergänzt durch Neupflanzungen, das Wiesengrün und der Kiesweg prägen die Vegetationsstruktur der Schule. Eingewoben in das Grün, befindet sich ein Spielplatz für den Kindergarten, Tische für den Werkunterricht und Sitzmöglichkeiten.
Der Weg endet am Haupteingang der Schulanlage. Zusammen mit dem Hartplatz, dem überdeckten Pausenbereich vor dem Haupteingang, den Urwelt-Mammutbäume und der Turnhalle, stellt dieser Platz einen wichtigen Orientierungspunkt und das Herz der Anlage dar. Ebenfalls bildet er einen wichtigen Verknüpfungs- und Kommunikationsbereich für das Quartier.
Eine breite Treppe führt zwischen Schulhaus und Turnhalle auf den Rasenspielplatz, der sowohl für den Turnunterricht wie auch für andere Kinder genutzt werden kann. Die getreppte Aussenanlage auf der Südseite zieht sich hangaufwärts zu einem Schulgarten, der von Aussen oder vom ersten Schulzimmergeschoss erschlossen werden kann. Die oberste Terrasse ist für die Parkierung reserviert.

Architektur/Typologie Schule
Eine regelmässige Struktur prägt den einfachen Gebäudekörper sowohl im Innern wie auch im Äussern. Dies ermöglicht eine grosse Flexibilität in der räumlichen Nutzung. Der zweibündigen Anlage mit mittiger Erschliessungszone wird eine tieferliegende Turnhalle mit Nebennutzungen entgegengesetzt. Im Erdgeschoss der Schulanlage befinden sich Foyer, Aula mit Tagesstruktur und die Mediathek. Die grosszügige Eingangshalle wurde so konzipiert, dass auch die Kinder ihre Pause hier verbringen können. Der gesamte Bereich des Erdgeschosses (Ebene 0) steht der betreuten Tagesstruktur zur Verfügung. Alternativ kann die Mediathek als Aufenthaltsort mitbenutzt werden.
Vom Foyer aus erschliesst sich der Turnhallentrakt mit den Garderoben und einer Toilettenanlage. Durch zwei grosszĂĽgige Treppenanlagen mit Zenitallicht gelangt man in die darĂĽber liegenden Schulzimmergeschosse.
Je vier Schulzimmer sind als Einheit volumetrisch zusammengefasst. In der mittleren Zone des Gangbereichs werden die Garderoben mit Aussenraumbezug angeordnet. Dieser Bereich dient der Begegnung, dem An- und Ausziehen und den kurzen Pausen. Eine Toilettenanlage schliesst die Gangzone räumlich ab und ermöglicht dahinter eine möblierbare Lernzone, die als Ergänzung der Schulzimmer benutzt werden kann. An die Klassenräume gliedern sich die Gruppenräume an, welche durch eine Schiebetür zuschalt- oder abtrennbar sind. Die Gruppenräume haben eine direkte Verbindung zur Gangzone, was eine eigenständige Nutzung ermöglicht.
Die gewĂĽnschte zweite Etappe zur Erweiterung der Schulanlage wird analog wie die anderen Schulzimmer an die Gangzone angeschlossen. HierfĂĽr sind vier erweiterbare Zimmer vorgesehen. Das fĂĽnfte Zimmer wird bereits in der ersten Etappe mitgebaut.
Im obersten Volumen sind Werkräume, Förder- und Therapieräume und der Bereich der Lehrer mit ihren Räumlichkeiten untergebracht.


Konstruktion / Materialisierung
Das Gebäude im Hang erscheint von aussen als „erdbezogen“. Dieses Erscheinungsbild wird durch eine Klinkerfassade thematisiert. Das Zweischalenmauerwerk mit einer inneren tragenden Schicht aus Beton und einer äusseren aus Klinker wird strukturiert durch Holzfenster mit Brüstung und Wandteile im Holzbau. Sie können vorfabriziert und unabhängig vom Rohbau in kürzester Zeit eingebaut werden.
Die vertikalen Tragelemente sind in einem regelmässigen Raster angeordnet und bilden eine durchgehende Statik in allen Obergeschossen. Massgeblich zeichnet die hohe Flexibilität des Grundrisslayouts das Grundkonzept und die konstruktive Ausgestaltung der Tragstruktur. Die Reduktion der vertikalen Tragelemente lässt eine flexible Unterrichtsgestaltung zu. Im Inneren werden die Sichtbacksteinwände weitergeführt und mit einem Kunststeinbodenbelag als robuste und zweckmässige Oberfläche ergänzt. In den Schulzimmern ist ein Holzboden vorgesehen, der zusammen mit den Holzfenstern, Raumteilern, Holzmöbeln und Vorhängen eine wohnliche Atmosphäre erzeugt.

Haustechnik / Ă–kologie

Die Wärmeenergie für das Gebäude erfolgt durch Erdwärme. Mit der Wärmepumpe wird der gesamte Wärmebedarf der Lüftung, der Radiatoren/Bodenheizung und des Warmwassers gedeckt. Zur Deckung des Strombedarfs der Gebäudetechnik sind zudem Photovoltaikzellen auf dem Dach vorgesehen. Das ganze Gebäude wird somit mit nachhaltiger erneuerbarer Energie betrieben.
Die Wärmeverteilung in den Schul- und Lehrerzimmern erfolgt primär mittels Fussbodenheizung oder Radiatoren an den Fassaden. Zudem wird die für den hygienischen Luftwechsel notwendige Luftmenge ebenfalls mittels Fernwärme erwärmt. Die Wärmeverteilung in der Turnhalle und den Garderoben erfolgt über eine Fussbodenheizung.
Für die Schul- und Lehrerzimmer wird eine sorptionsgestützte Klimaanlage (DEC-System) eingesetzt. Die Anlage wird für Filtrierung, Luftkühlung, Lufterwärmung und Be- und Entfeuchtung ausgelegt und mit Wärmerückgewinnung aus der Abluft ausgerüstet. Die Lüftungsverteilung erfolgt vertikal in Steigschächten und horizontal in den Korridoren. Neben den Schul- und Lehrerzimmern werden auch die Turnhalle und die dazu gehörenden Garderoben über das gleiche System mit Zuluft versorgt.
Aus Gründen der Geruchsbildung ist für die Turnhalle, die dazu gehörenden Garderoben, die WCs und die Küche eine separate Abluftanlage vorgesehen.

Die Kompaktheit des Gebäudes, eine grosse Flexibilität der Tragstruktur, die Trennung der Elemente und eine nachhaltige Holzkonstruktion in der Fassade entsprechen der ökologischen Bauweise nach Minergie Standard.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt gliedert sich in ein Hauptvolumen mit integrierter Schulnutzung und einen leicht abgerückten Turnhallenbau. Die Gebäude nehmen die Massstäblichkeit der im Westen angrenzenden Gewerbebauten auf und schliessen diese räumlich gegenüber der Wohnzone ab. Über die fein umgesetzte Gliederung von Grundrissfigur und Höhenstaffelung gelingt es, dem Grundstück ein dem Ort und der Institution angemessenes Volumen einzuschreiben.

Das Ensemble spannt sich zwischen Romanshorner- und Seestrasse auf. Der zweigeschossige Kopfbau an der Romanshornerstrasse erscheint dezent und erschliesst die Schulleitung wie auch den Schultrakt. Der Ankunftsort an der Seestrasse wird geprägt durch den dreigeschossigen Schultrakt und die Sporthalle, die gemeinsam einen prägnanten und zugleich adäquaten Auftakt bilden. Allerdings schmälert der frontal angeordnete Hartplatz die Grosszügigkeit und schränkt auch die Funktionalität – trotz direktem Bezug zur Sporthalle – ein. Der östliche Aussen- und Spielbereich bildet einen natürlichen und hochwertigen Übergang zur Grünzone der Wohnbauten. Ein dem Schulhaus vorgelagerter Fussweg verbindet die Romanshorner- mit der Seestrasse. Die Spielwiese und der Schulgarten auf der Westseite erhalten nicht den nötigen Freiraum – zu dichtgedrängt ist ihre Nähe zur Industrie wie auch zum Schulhausbau, wo die Klassenzimmer direkt angrenzen.

Die Erschliessungsfigur der im Grundsatz zweibündigen Schulanlage gliedert sich in drei Vorzonen mit je zugeschriebener Treppenanlage. Die Vorbereiche zu den Klassen- und Gruppenzimmern sind wohlproportioniert und einer Primarschulnutzung angemessen. Aussenraumbezüge quer wie auch längs sowie die Oblichter werten die Erschliessungszone auf. Die Klassenzimmer in Ost- wie in Westrichtung sind klassisch organisiert und widerspiegeln so nicht die pädagogische Grundhaltung der formulierten Absichten. Die übergeordnete Struktur zeigt sich eher starr und lässt wenig Variabilität zu. Einzig die Lese- und Lernzone bildet eine gewünschte klassenübergreifende Nutzungsvariation an. Die Lage von Saal und Mediathek im Erdgeschoss ist hinsichtlich Tagesstruktur nachvollziehbar, jedoch deren Belichtung nicht optimal. Die Erschliessung der Turnhalle als eigenständig in Erscheinung tretendes Volumen ist architektonisch wie funktional geschickt gelöst.

Eine regelmässige Grundstruktur prägt den einfachen Gebäudekörper sowohl im Inneren als auch im Äusseren. Die Massivbauweise in Zweischalenmauerwerk und Klinkerfassade scheint für den Ort angemessen, auch wenn sie in ihrer einheitlichen Fensteranordnung etwas monochrom anmutet. Der Neubau soll nach dem Minergiestandard erstellt werden und wird entsprechend über erneuerbare Energien betrieben. Das zweckdienliche Gleichgewicht von ober- und unterirdischen Bauvolumen, die klare Grundstruktur wie auch die nachhaltige Auswahl der Baumaterialien lässt moderate Investitions-, Betriebs- und Unterhaltskosten erwarten.

Obwohl das Projekt interessante und ausgewogene architektonische Ansätze aufweist, zeigt es trotzdem auf, dass eine differenzierte Grossform, die sich über die gesamte Arealtiefe aufspannt, vor allem aussenräumlich nicht leicht zu bewältigen ist und hier zwangsläufig Defizite mit sich bringt. Weiter würde die Grossform, falls es bei der ersten geplanten Etappe bliebe, ortsbaulich wie auch innenräumlich an Qualität verlieren.